Der Wichtelclub
„Claire, wie lang willst du mich eigentlich noch durch ganz Hogwarts zerren?", stöhnte Lily genervt, als ihre Freundin sie um die hundertste Ecke zog.
Von Lilys Tonfall unbeeindruckt rollte Claire mit den Augen. „Lily, jetzt sei doch nicht so ungeduldig! Sirius hat gesagt es ist wichtig und, dass wir uns alle heute in der Mittagspause treffen sollen."
„Und seit wann hören wir auf Black?", murrte Lily.
Claire überging die Frage und fuhr fort: „Er hat gesagt er hat eine ganz besondere Idee. Fragst du dich nicht auch, was er vorhat?"
„Ich sterbe beinahe vor Neugierde", knurrte Lily und erntete dafür einen Ellenbogen in die Rippen.
„Du solltest echt mal an deiner Einstellung arbeiten. Manchmal frage ich mich echt warum wir beide Freunde sind.", seufzte Claire.
„Ich mich auch", grummelte Lily und strich sich wehleidig über ihre Seite.
„Ich meine es doch nur gut, Lily. Irgendwer muss sich doch um dein Sozialleben kümmern, wenn du immer nur in der Bibliothek hockst.", meinte Claire versöhnlich.
„Also erstmal habe ich ein Sozialleben, Du, Alice und Kate reicht mir aber voll und ganz und zweitens ist lernen wichtig! Tut mir leid, dass ich mich für meine Zukunft nach Hogwarts interessiere!", empört funkelte Lily Claire an.
„Das werfe ich dir ja garnicht vor. Aber Das ist unser letztes Schuljahr und du könntest dir wenigsten Mühe geben, dass wir uns alle gut verstehen, glaub mir, später wirst du dir wünschen du hättest es getan.", bestand Claire.
„Na gut, wenn du meinst.", grummelte Lily, wenn auch nur um fürs erste ihre Ruhe zu haben. Claire lächelte und blieb vor der nächsten Tür stehen.
„So, wir sind da!", verkündete sie mit einem Strahlen und klopfte. Einen Moment herrschte Stille, dann erschallte Sirius Blacks unverkennbare Stimme von der anderen Seite der Tür her: „Passwort?"
„Mach die scheiß Tür auf, Black!", knurrte Lily ungehalten.
„So sehr ich mich auch freue deine freundliche Stimme zu hören, Evans, das ist leider falsch.", meinte Sirius belustigt.
„Willst du mich eigentlich ver...", setzte Lily an, wurde jedoch von Claire unterbrochen, bevor sie ausreden konnte: „Weihnachtsgeschenk"
Statt einer Antwort öffnete sich die Tür und das Grinsende Gesicht von Sirius erschien.
„Treten sie doch ein meine Damen", flötete er und deutete eine Verbeugung an. Lily verdrehte die Augen und Claire kicherte. Sie betraten den Raum und Lily sah sich um. Es war ein ganz gewöhnlicher Klassenraum, doch Lily konnte sich nicht daran erinnern jemals da gewesen zu sein. In der Mitte des Raumes saßen auf den Tischen Alice, Kate und die übrigen drei Rumtreiber. Sirius schloss die Tür wieder und gesellte sich zu James auf das Pult, währen Claire und Lily neben den anderen Platz nahmen.
„So, da wir nun versammelt sind, der gesamte siebte Jahrgang des Hauses Gryffindor, erkläre ich die erste Sitzung des Wichtelclubs für eröffnet!", verkündete Sirius und blickte in die Runde.
„Die Sitzung von was?", fragte Alice.
„Die Sitzung des Wichtelclubs!", wiederholte Sirius stolz.
„Und wer soll dieser Wichtelclub sein?", wollte Lily wissen.
„Na wir!", rief Sirius, „Doch bevor ich euch erkläre, was es damit auf sich hat, erst ein paar Regeln: 1. Nichts was hier besprochen wird verlässt diesen Raum. 2. Alle Mitglieder verpflichten sich zu absolutem Stillschweigen gegenüber Außenstehenden und Mitgliedern. 3. Jeder wird seine Aufgabe bestmöglich erledigen. Noch Fragen?"
Lily hob die Hand.
„Ja, Evans?"
„Wie kann man diesen komischen Club verlassen?", fragte Lily.
„Indem man stirbt.", antwortete Sirius und blickte sie todernst an.
„Ok, er ist eindeutig verrückt.", flüsterte Lily.
„Schwört ihr alle die Regeln des Wichtelclubs zu befolgen und im Falle des Falles zur Bruderschaft zu stehen?", erwartungsvoll blickte Sirius sie an.
„Wir schwören!", kam es etwas zu feierlich von den übrigen Rumtreibern.
„Wir schwören!" kam es auch von Claire, Kate und Alice und sogar Lily nuschelte etwas in die Richtung.
„Wunderbar!", begeistert klatschte Sirius in die Hände und hatte dabei ziemliche Ähnlichkeiten zu einem kleinen Jungen, der gerade ein Geschenk bekommen hat.
„Also, hier drin habe ich Zettel mit den Namen jeder Person drauf. Ich gebe den Beutel jetzt rum und jeder zieht. Der Person, die ihr zieht, versucht ihr ein Geschenk zu machen, das so toll ist, das dieses letzte Weihnachten in Hogwarts für uns alle unvergesslich wird!", Sirius zog einen Beutel aus seiner Umhangtasche, nahm ein Stück Pergament heraus und reichte ihn an James weiter.
Lily war die letzte, die den Beutel bekam und sogar sie konnte nicht verhindern, dass sie etwas aufgeregt war, als sie den verbliebenen Zettel herausholte. Vorsichtig faltete sie das Pergament auf und las den Namen, der dort in Sirius' krakeliger Schrift geschrieben stand. James.
Lily wollte schreien. Jeder, wirklich jeder wäre ihr recht gewesen, doch nicht er! Sie musste sich stark zusammenreißen um einen neutralen Gesichtsausdruck beizubehalten. Was sollte sie Potter denn schenken? Sie hatte von Anfang an gewusst, dass das eine dumme Idee gewesen war, aber hatte Claire zuliebe mitgemacht. Aber das ging zu weit, sie würde ihrem Erzfeind doch nichts zu Weihnachten schenken! Leicht hob sie den Blick um ihn anzusehen und traf direkt auf seine Augen. Er musste sie schon eine ganze Weile beobachten. Lily verzog leicht das Gesicht und sofort blickte James ertappt weg. Unauffällig musterte sie ihn und hoffte inständig, dass er sie nich gezogen hatte, denn dann wäre Weihnachten für sie gelaufen. Doch er starrte sie auch so öfters an, da gab es also keinen Zusammenhang. Lily senkte ihren Blick wieder, bevor Potter es noch merkte und auf dumme Gedanken kam. Schlecht gelaunt knüllte sie den Zettel zusammen und schob ihn in ihre Rocktasche.
„So, in zehn Minuten geht der Unterricht wieder los, wir sollten also gehen. Wen ihr gezogen habt dürft ihr ab dem Weihnachtsmorgen sagen, bis spätestens dann solltet ihr auch das Geschenk ausgeliefert haben.", gab an und sprang vom Pult. Gemeinsam verließen die Rumtreiber den Raum und ließen die vier Mädchen zurück. Als sie alleine waren stöhnte Lily genervt auf „Wie kann man nur so einen Aufriss um einfaches Wichteln machen? Er hätte einfach im Gemeinschaftsraum mit uns darüber reden können, aber nein, er schickt uns in die letzte Ecke des Schlosses! Und diese bescheuerten Regeln!"
„Also ich finde es eigentlich eine echt schöne Idee. Das macht es alles viel aufregender!", entgegnete Claire, Alice und Kate nickten zustimmend. Lily verkniff sich ein seufzen. Insgeheim gab sie den anderen Recht, doch das würde sie niemals freiwillig zugeben.
„Lasst uns gehen, Geschichte der Zauberei ruft.", sagte sie stattdessen und bekam ein einstimmiges Stöhnen zurück. Lily lachte und hatte für einen kurzen Augenblick sogar den Zettel vergessen.
Nach dem Abendessen saß Lily allein in auf ihrem Bett in den Schulsprecherräumen. Vor ihr lag der kleine Zettel mit James' Namen. Böse starrte sie ihn an, in der Hoffnung, dass der Name dadurch einfach verschwinden würde. Tat er aber nicht.
Schließlich griff sie nach ihrem Zauberstab. Mit einem kurzen Spruch ging das Pergament in Flammen auf und zerfiel zu Asche. Leider nur eine kurzzeitige Lösung des Problems. Frustriert ließ sich Lily rückwärts auf die Matratze sinken.
Das war doch nicht fair! Bestimmt hatten die Rumtreiber die Zettel so manipuliert, dass sie Potters zog, ja ganz sicher! So ein Pech konnte doch nichtmal sie haben! Oder? Und selbst wenn es Zufall war, sie konnte ihm doch nichts schenken. Das würde er bestimmt ganz falsch auffassen. Als ob sie ihn doch mögen würde.
Lily schauderte, auf gar keinen Fall würde sie Potter etwas schenken! Doch andererseits...Es war ja nicht seine Schuld und es wäre ungerecht ihm gegenüber, wenn er als einziger kein Geschenk bekäme. Lily seufzte, Potter musste ihr das Leben auch wirklich immer schwer machen. Sogar wenn er nichts davon wusste.
Aber selbst wenn sie ihm etwas schenken wollte, hatte sie doch gar keine Ahnung, was er sich wünschte. Außer sie ins Bett zu kriegen, aber den Gefallen würde sie ihm ganz bestimmt nicht machen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fiel Lily auf, dass sie überhaupt nichts über James wusste. Nicht das sie es je gewollt hätte. Und das schlimmste war, dass sie auch niemanden fragen konnte, sonst wäre es viel zu offensichtlich, dass sie sein Wichtel war. Wenn sie keinen seiner Freunde fragen konnte musste sie eben eine Freundin werden, schoss es ihr durch den Kopf. Doch sie verwarf den Gedanken sofort wieder. Sie und Potter Freunde? Niemals!
Fieberhaft überlegte sie, was sie sonst tun konnte, doch ihr wollte einfach nichts einfallen. Lily dachte so lange nach, bis die Müdigkeit sie überrollte und sie einfach einschlief. Hinüberglitt in eine Traumwelt voller Wichtel, Geschenke und Potter.
Am nächsten Morgen erwachte Lily sehr früh. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und die Fenster waren mit Frost besetzt. Es war ein Samstag und somit hatte sie den ganzen Tag frei. Lily beschloss in die Bibliothek zu gehen und schonmal die Hausaufgaben fürs Wochenende zu erledigen.
Den ganzen Vormittag verbrachte Lily in der Bibliothek und vergaß sogar das Frühstück. Bis elf Uhr hatte Hatte sie drei Aufsätze geschrieben und entschied, dass es für den Moment reichte. Also packte sie ihre Sachen zusammen und wollte die Bibliothek verlassen, um ihre Freunde zu suchen, als sie ihn plötzlich an einem der Tische entdeckte. James saß inmitten von Büchertürmen und schrieb eifrig etwas auf ein Pergament. Wie erstarrt blieb Lily stehen und beobachtete ihn kurz, bis sie sich wieder fing. Wenn sie keine Freunde fragen konnte musste sie eine Freundin werden.
Der Gedanke vom Vortag kam ihr wieder und bevor sie weiter denken konnte, fasste sie sich ein Herz und ging auf ihn zu. Vor Aufregung schlug ihr Herz schneller und sie merkte, wie sie leicht zitterte. James blickte auf, als sich Lily direkt gegenüber von ihm an den Tisch setzte. Ungläubig starrte er sie an, als sie begann Pergament und Feder auszupacken.
„Hi.", grüßte sie ihn kurz und widmete sich dann wieder ihrem neuen Aufsatz. Die ganze Zeit über spürte Lily, dass James sie beobachtete. Unwohl strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und hob dann den Kopf, bis sie James ansah. Seit sie sich zu ihm gesetzt hatte, hatte er kein Wort weitergeschrieben.
„Kann ich das Buch da haben?", fragte Lily und wies auf einen der dicken Wälzer. James brauchte einen Moment, bevor er antwortete: „Eh...Ähm...redest du mit mir?", stotterte er verunsichert und lief ganz leicht rosa an. Irritiert sah Lily ihn an.
Warum benahm sich Potter so merkwürdig?
„Mit wem denn sonst?", antwortete sie belustigt.
„Stimmt. Klar. Hier ist ja sonst keiner.", James grinste ein Grinsen, dass Lily noch nie bei ihm gesehen hatte. Sie wartete.
„Also, krieg ich jetzt das Buch?", wiederholte sie dann schließlich.
Das Grinsen verschwand von James' Lippen und er drehte sich hastig, um ihr das Buch zu reichen.
„Danke, James.", sagte Lily und lächelte leicht. Als sie seinen Vornamen nannte, zuckte er zusammen, als ob sie etwas schlimmes gesagt hätte. Lily schüttelte leicht den Kopf, verschwendete dann aber keinen weitere Gedanken an Potter und schrieb weiter.
Nach einer Weile wurde ihr sein Blick auf ihr wieder bewusst und sie räusperte sich.
„Ist irgendetwas?", fragte Lily.
Nein, nein. Nur...was machst du hier?"entgegnete James.
Verwirrt zog Lily die Augenbrauen zusammen, „Ähm, Hausaufgaben."
„Schon klar, aber warum hier? Bei MIR?"
„Wieso nicht?"
„Naja, du hasst mich irgendwie."
„Ich hasse dich doch nicht! Zugegeben, ich konnte dich nie sonderlich gut leiden, aber langsam finde ich, dass wir etwas zu alt sind für diese dumme Feindschaft. Und bald ist Weihnachten, das fest der Nächstenliebe, da kann ich ja mal versuchen etwas netter zu dir zu sein."
James lächelte leicht und für einen Moment sah es für Lily fast so aus, als ob Potter ernsthaft nett sein könnte. Dann blickte sie wieder auf das Pergament vor sich und auch James richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Aufsatz.
Lily grinste in sich hinein. Was sie gesagt hatte war genau das, was ihre Freundinnen ihr seit Jahren predigte. Dass sie es nicht ernst meinte musste Potter ja nicht erfahren, immerhin tat sie das ja nur für ihn.
Das war dann wohl der Beginn einer grauenhaften Freundschaft.
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So, habe ich es doch noch geschafft rechtzeitig zum ersten Advent ein Kapitel zu schreiben.
Diese Geschichte ist eine Art Adventskalender: Jeden Adventssonntag so wie Nikolaus, Heilig Abend und den Weihnachtsfeiertagen wird jeweils ein Kapitel erscheinen und euch hoffentlich die Weihnachtszeit versüßen.
Aber wie fandet ihr die Geschichte bis jetzt? Lasst mir doch gerne einen Kommentar da. Noch einen schönen ersten Advent. LG–Lita.
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