Das Geschenk
Hi, da bin ich. Fast zwei Jahre zu spät, ich weiß. Ich weiß auch nicht genau wie das passiert ist, aber ich bin gerade einfach nur froh, dass ich es zu Ende gebracht habe. Hoffentlich könnt ihr mir meine ewigen Schreibblockaden verzeihen, ich werde echt versuchen daran zu arbeiten. Es ist echt lange her, dass ich an dieser Geschichte geschrieben habe und ich hoffe ich habe es geschafft wieder richtig in die Charaktere reinzufinden und euch ein akzeptables Leseerlebnis zu bieten. Ich hoffe ihr habt noch nicht alles vergessen, was vor diesem Kapitel passiert ist, wenn doch kommt hier eine kleine Zusammenfassung um euer Gedächtnis wie aufzufrischen.
– Lily macht unfreiwillig beim Wichtelclub der Rumtreiber mit und muss James ein unvergessliches Weihnachtsgeschenk machen
– sie freundet sich mit ihm an um eine Idee für sein Geschenk zu finden und die beiden kommen sich dabei immer wieder näher, was Lily ziemlich durcheinanderbringt
– gleichzeitig planen die beiden eine Weihnachtsfeier für Hogwarts, die nach einem gemeinsamen Ausflug auf den Weihnachtsmarkt in Lily Heimatstadt eben dieses Thema erhält
– nach langem Überlegen hat Lily endlich eine Idee für James' Geschenk und verschickt einen geheimnisvollen Brief
– bei einem zweiten Weihnachtsmarktbesuch bricht ein Streit zwischen den beiden aus, nachdem James Lily auf ihre schlechte Beziehung mit Petunia anspricht
So und jetzt viel Spaß mit dem letzten Kapitel!
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Die Wintersonne weckte Lily. Sie schickte ihre schwachen Strahlen durch das Fenster des Schlafzimmers und riss sie aus ihren unruhigen Träumen. Lily öffnete die Augen und richtete sich in ihrem Bett auf. Sie war froh wach zu sein. In letzter Zeit schien sie nicht einmal im Schlaf Ruhe zu finden.
Doch nach der ersten Erleichterung setzte die Aufregung ein, als Lily sich erinnerte welcher Tag heute war. Der letzte Tag vor Beginn der Weihnachtsferien. Der Tag an dem das Fest stattfinden würde. Der Tag an dem sie James sein Geschenk machen würde. Ihr wurde ein wenig schlecht beim Gedanken an ihn. Sie hatten kaum gesprochen seit dem Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt und Lily war irgendwie froh gewesen, doch jetzt würde es die Dinge nur komplizierter machen. James machte immer alles komplizierter. Das war einer der vielen Gründe warum sie nie etwas mit ihm zu tun haben hatte wollen. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass das mit dem Wichteln eine schlechte Idee gewesen war. Und, dass sie versucht hatte sich mit ihm anzufreunden. So getan hatte als ob.
Lily hätte einfach einen seiner Freunde fragen sollen, dann war es das eben mit der Geheimhaltung. Es war sowieso eine dumme Regel gewesen. Hätte sie einfach Remus nach einer Idee gefragt. Dann wäre das alles nie geschehen. Dann wären sie sich nie so nahe gekommen.
Hätten diese Grenzen nicht überschritten, von der Lily erst bemerkt hatte, dass sie da war, nachdem sie sie hinter sich gelassen hatte.
Egal wie sehr sie sich eingeredet hatte, dass es nur eine kurze Sache war und sie alles vergessen würde ohne, dass es es Spuren hinterlassen würde. In James. Vielleicht auch in ihr.
Lily schüttelte energisch den Kopf um diese Gedanken zu vertreiben. Es war eindeutig zu früh und ihr Magen eindeutig zu leer um solch runterziehenden Überlegungen nachzuhängen.
Rasch schlüpfte sie aus ihrem Bett und wurde sogleich von der Kälte ihres Zimmers empfangen. Lily schauderte und beeilte sich zu ihrem Kleiderschrank zu gehen, um in ihren dicksten Pullover zu schlüpfen.
Nachdem sie sich warm angezogen hatte fühlte sie sich sofort besser. Auf dem Weg zur Tür warf sie beiläufig einen Blick aus dem Fenster und blieb wie angewurzelt stehen. Auf der schneebedeckten Wiese unter sich erblickte sie eine Schar Menschen, die damit beschäftigt waren Holzgerüste Aufzustellen. Die Vertrauensschüler hatte also schon mit dem Aufbau begonnen.
Es versetzte Lily einen kleinen Stich, dass niemand es für nötig gehalten hatte sie darüber in Kenntnis zu setzen, doch es sollte sie eigentlich nicht wundern, da James sie von Anfang an gänzlich aus der Planung herausgehalten hatte. Sie ertappte sich dabei, wie sie versuchte ihn in der Gruppe Winterumhängen ausfindig zu machen und riss ihren Blick vom Fenster weg.
Frühstücken, sie wollte Frühstücken. Und bevor ihre Gedanken oder Augen sie wieder Verraten konnten machte Lily sich eilig auf den Weg in die Großen Halle.
Dort angekommen entdeckte Lily am Gryffindortisch ihre Freundinnen und steuerte auf diese zu. Ein wenig Normalität konnte ihr nur gut tun.
Sie ließ sich neben Clair auf die Bank fallen u d wurde sogleich von dieser empfangen: „Lily! Wir dachten schon du versuchst wieder zu überwintern und schläfst den ganzen Tag durch!"
Die Augen ihrer Freundin blitzten schelmisch und Lily konnte ein Grinsen nicht verhindern, während sie sich ihren Teller mid Toast und Rührei belud.
„Die alte Geschichte schon wieder. Ich habe es nur einmal Versucht und das in der ersten Klasse. Wenn man ein bisschen darüber nachdenkt ist es eigentlich auch ziemlich nachvollziehbar und du warst in damals auch nicht gerade ein Paradebeispiel an Intelligenz!", verteidigte sich Lily, nachdem sie ihren ersten Bissen genommen hatte.
„Ja, aber so blöd war ich trotzdem nicht.", lachte Claire darauf.
Lily beschränkte sich auf einen vernichtenden Blick über ihr Frühstück hinweg, bevor sie sich von Claire ab zu Kate und Alice hin wandte.
„Na, was haben meine echten Freundinnen heute so vor?", fragte sie wobei sie das Wort ˋechte' extra betonte.
Alice lachte „Eigentlich hatten wir vor einen schönen Winterspaziergang zu machen, aber anscheinend is es uns nicht erlaubt vor heute Abend das Schulgebäude zu verlassen. Nur Vertrauensschüler und Schulsprecher."
Auch Clair und Kate blickten sie vorwurfsvoll an.
„Und dass an unserem einzigen freien Tag vor den Ferien", fügte Kate hinzu, „Wir sind zutiefst verletzt.
Lily verdrehte die Augen. „Ihr seid vielleicht dramatisch. Bei der Kälte will doch eh niemand raus. Und dafür gibt es heute Abend eine Überraschung, die euch für alles entschädigen wird."
„Das hören wir schon seit Wochen, aber um was genau es geht sagst du uns trotzdem nie", schmollte Claire.
„Wo wir gerade bei Überraschungen sind", unterbrach Kate sie, „hast du schon dein Wichtelgeschenk bekommen, Lily?"
Lily blickte ihre Freundin verwirrt an. „Mein Wichtelgeschenk? Nein, ich hab noch nichts gekriegt" Sie war vollkommen perplex. Sie hatte in den letzten Wochen so viel über James' Geschenk nachgedacht und dabei war ihr kein einziges Mal eingefallen, dass auch sie etwas bekommen würde. Dieser ganze Stress tat ihrem Gehirn wirklich nicht gut. Glücklicherweise würde das alles nach heute vorbei sein.
„Habt ihr denn schon was bekommen?", fragte Lily schnell, als sie merkte, dass sie eine Sekunde zu lang stumm vor sich hingestarrt hatte.
Claire lachte und Alice rief tiefrot an.
„Also Claires weißt du ja schon und ich habe auch noch nichts bekommen, aber Alice hier hat gestern Abend etwas ganz besonderes erlebt, stimmt's Al?", Kate klopfte dieser auf die Schulter, worauf sie kaum möglich noch röter wurde.
Gespannt blickte Lily nun zu Alice, die sich verlegen räusperte.
„Also gestern Abend im Gemeinschaftsraum, als wir grade hoch ins Bett gehen wollten, ist Frank zu mir gekommen und hat gefragt, ob er kurz mit mir allein reden kann. Wir haben uns dann auf das Sofa ganz am Kamin gesetzt und er meinte, dass jemand mit ihm geredet hat und ihn das letztendlich überzeugt hat mich zu Fragen, ob ich mit ihm ausgehen will. Er hat es anscheinend schon länger überlegt aber sich nicht getraut und ja. Er meinte er solle Liebe Grüße von meinem Wichtel ausrichten. Es war echt süß", Alice verstummte wieder und blickte verlegen zu Boden.
„Das ist ja großartig, Alice!", rief Lily, ehrlich erfreut über das Glück ihrer Freundin.
„Und es wurde auch langsam mal Zeit. So wie die beiden immer umeinander herumgeschlichen sind.", lachte Claire.
Lily stimmte mit ein, doch dann fiel ihr Blick von Alice auf den Eingang der großen Halle und ihr Gesicht erstarrte.
James trat gerade ein und ihr Herz begann zu rasen.
Sie riss ihren Blick von ihm los und wieder zu ihren Freundinnen.
„Wieviel Uhr ist es?", ihre Stimme klang genauso hektisch wie sie sich fühlte.
Kate sah auf ihr Handgelenk und dann stirnrunzelnd zu Lily. „Es ist viertel nach elf. Wieso? Alles in Ordnung?"
Innerlich schalt sie sich, sie hätte besser aufpassen müssen. Das könnte jetzt knapp werden.
„Jaja, alles bestens", beeilte sie sich, „ich muss nur noch etwas erledigen. Schulsprecherkram.", hängte sie noch knapp an, während sie bereits aufstand.
Claire warf ihr einen zweifelnden Blick. „Weißt du, nur weil es mit unserem Schulsprecher zu tun hat, macht es das nicht automatisch zu „Schulsprecherkram""
Doch Lily antwortete ihr nicht mehr sondern ging geradewegs auf James zu, der dem Gryffindortisch entgegenkam.
Er sah sie ebenfalls und versuchte nicht ihrem Blick auszuweichen. Lily achtete nicht darauf, was er ihr mit seinen Augen mitteilen wollte, sondern lief weiterhin schnurstracks auf ihn zu.
Dann stand sie direkt vor James, versperrte ihm den Weg und auch er hielt an. Einen Moment starrten sie sich nur stumm an.
„Ich muss nach Hogsmeade", platze es aus Lily heraus.
James blickte sie verwirrt an. „Okay?"
Sie hätte sich Ohrfeigen können für ihre Unfähigkeit. „Mit dir", hängte sie viel zu spät an, „jetzt".
Nun sah er noch verwirrter aus.
„Ich... Mir ist noch etwas eingefallen, was wir für heute Abend brauchen und der Laden macht bald zu, also müssen wir gleich los", erklärte sie sich schließlich.
Innerlich gratulierte sie sich für ihren ersten geraden Satz.
James nickte verstehend „Ich kenne einen schnellen Weg"
Darauf hatte Lily gehofft.
Wieder schwiegen sie beide. Sie spürte wie seine Augen über ihr Gesicht wanderten, als ob sie nach etwas suchten.
„Also... gehen wir?", fragte sie schließlich
Er riss unmerklich und nur ganz kurz die Augen etwas weiter auf. „Ja. Klar.", dann wandte er sich um und Lily folgte ihm.
Es war irgendwie merkwürdig, dachte Lily, während sie James durch die belebten Korridore folgte. Irgendwie anders. Anders. Als ob es jemals ein normal bei ihnen gegeben hätte. Sie machte sich zu viele Gedanken, das war ja wohl klar.
Trotzdem konnte Lily das das Gefühl nicht abschütteln, das etwas nicht stimmte zwischen ihnen. Was lächerlich war, denn eigentlich gab es überhaupt nichts zwischen ihnen, wie könnte es dann nicht stimmen?
Aber es war nicht mehr eifach. Nicht das je wirklich einfach mit James gewesen war. Aber in den letzten Wochen. Es war doch irgendwie leicht gewesen. Manchmal hatte es sich sogar natürlich angefühlt. Echt.
Sie hatte sich nicht unwohl mit ihm gefühlt. Aber heute war es wieder schwer, so wie früher.
Lily wusste nicht, was sie sagen könnte und nichtmal James' vorlautes Mundwerk schien die richtigen Worte zu finden. So schwiegen sie den ganzen Weg durchs Schloss und auch nachdem er sie in einen Geheimgang hinter der Statue einer buckligen Hexe geführt hatte.
Sie staunte stumm über das neue Wunder, während sie ihm im fahlen Licht seines Zauberstabs durch die Dunkelheit folgte.
Sie erreichten das Ende des Gangs und James streckte sich um eine Falltür zu öffnen, die Über ihnen in der Decke lag. Dann legte er einen Finger auf die Lippen und bedeutete Lily still zu sein, was so absurd war, dass sie beinahe gelacht hätte.
James kletterte aus der Luke in den Raum über dem Gang und streckte Lily nach einem Augenblick des Zögerns die Hand entgegen. Dankbar griff sie danach und ließ sich von James durch die Falltür ziehen. Neugierig schaute sie sich um. Es war ein niedriger Kellerraum, der bis an die Decke mit Kisten und Kartons voll gestapelt war und in einer Ecke entdeckte sie etwas, was wie ein übergroßer Schokoladenbrunnen aussah. Auf einer der Kisten konnte sie einen bunten Schriftzug ausmachen auf den sie als „Bertie Botts Bohnen" entziffern konnte. Schlagartig wurde Lily bewusst, wo sie sich befanden.
Sie drehte sich zu James, der sie während ihrer kurzen Entdeckungstour beobachtet haben musste „Sind wir im Honigtopf?", flüsterte sie aufgeregt.
Er nickte nur grinsend. Lily war sich noch nicht sicher, ob sie sich fürchtete oder freute, doch die Begeisterung musste ihr ins Gesicht geschrieben sein, denn er lächelte auf diese spezielle Art, wie er es immer dann tat, wenn er zufrieden war.
Auch Lily war gerade sehr zufrieden. Mit dem Wissen über diesen Geheimgang öffneten sich ihr wortwörtlich neue Türen. Sie würde auf jeden Fall ein anderes Mal wiederkommen, wenn sie mehr Zeit hatte, das schwor sie sich.
So plötzlich wie die Euphorie begonnen hatte, war sie auch wieder verschwunden. Sie hatten keine Zeit und sie hatte sich verdammt nochmal ablenken lassen.
Lily machte einen Schritt in Richtung der Treppe, die in das obere Stockwerk führen musste und spürte, wie etwas sie zurück hielt. Schnell blickte sie zurück und bemerkte erst da, dass ihre Hand noch immer in der von James lag. Die ganze Zeit, während sie sich hier umgeschaut hatte, hatten sie Händchen gehalten und es war ihr nicht einmal aufgefallen. Schnell riss sie ihre aus seiner Hand und spürte wie sie tiefrot anlief. Kein Wunder, dass James die ganze Zeit so glücklich gegrinst hatte.
Lily räusperte sich peinlich berührt „Geht es dort raus?". Sie wies auf die Treppe.
Wieder nickte James nur und sie sah, wie die Hand, die sie bis eben noch gehalten hatte zu seinen Haaren flog.
Sie beobachtete wie er mit schnellen und geübten Griffen die Falltür wieder schloss und einen Teppich darüber schob. Wie oft er das wohl schon gemacht hatte? Ihre Blicke trafen sich wieder und aus Mangel an Optionen schenkte sie ihm ein unverbindliches Lächeln. James lächelte zurück, doch Lily sah die Vorsicht dahinter und irgendwie tat es ihr weh das zu sehen.
Die beiden Gryffindors verließen den Honigtopf ohne weitere Probleme und traten auf die vereisten Straßen des weihnachtlichen Hogsmeade. Viele der Häuser und Läden waren mit Girlanden oder Tannenzweigen geschmückt und blinkende Lichterketten säumten die Straße. Doch Lily hatte kaum einen Blick für diese Schönheit. Eine unangenehme Aufregung hatte von ihr Besitz ergriffen und es war nicht nur die Kälte, die sie Zittern ließ. Sie atmete tief durch und erinnerte sich, was in dem letzten Brief stand, den sie erhalten hatte. Zwar war sie noch nie dort gewesen, aber sie wusste wo sie hinmusste.
Wortlos übernahm sie die Führung und James folgte ihr ohne Einwände. Lily war froh, dass er keine Fragen stellte, sie war furchtbar schlecht was Ausreden anging. Diesmal war die stille zwischen ihnen auch nicht mehr so unangenehm wie sie es zuvor gewesen war. Irgendetwas an der Situation eben hatte es wieder leichter gemacht. Vertrauter.
Sie bogen um eine Straßenecke und dann sah Lily nur wenige hundert Meter von ihnen den Eberkopf liegen. Davor standen zwei in Winterumhänge gehüllte gestalten.
Lily hatte James' Eltern nie zuvor gesehen, auch nur wenige Briefe mit ihnen gewechselt, doch als sie die beiden dort sah, fand sie, dass es Sinn ergab. Ihr Aussehen schrie gerade zu nach Reichtum, doch ihre Gesichter waren freundlich und ganz und gar nicht unnahbar. So wie James.
Er bemerkte sie nicht sofort, sein Blick fand sie erst nach einigen Sekunden, doch sobald er die beiden erkannt hatte gab es kein Halten mehr.
Lily blieb unter einer Straßenlaterne stehen und beobachtet aus sicherer Entfernung wie James auf seine Eltern zu rannte und sie begrüßte. Es freute sie ihn so glücklich über ihr Geschenk zu sehen, doch fühlte sie sich etwas fehl am Platz und wusste nicht wo sie hingucken sollte.
So bemerkte sie James erst, als er sie beinahe wieder erreicht hatte. Erschrocken fuhr sie zu ihm herum. Gefiel es ihm doch nicht? War es eine schlechte Idee gewesen?
„Ich... Es tut mir leid. Ich wollte wirklich nicht übergriffig sein oder so. Aber ich weiß wie es ist seine Familie an Weihnachten nicht zu sehen und da dachte ich... Ich weiß es ist nicht ganz zu Hause und es ist nicht ganz Weihnachten aber...", doch er ließ sie nicht ausreden, sondern zog sie stürmisch an sich und schloss sie in eine feste Umarmung.
Lily schnappte erschrocken nach Luft, doch sie ließ es geschehen. Lehnte ihren Kopf an seine Schulter und atmete tief seinen vertrauten Duft ein.
„Danke, Lily. Danke", flüsterte er leise in ihre Haare.
Bei seinen Worten breitete sich eine Gänsehaut auf ihrem gesamten Körper aus.
Dann löste er sich von ihr, blickte sie noch ein letztes Mal mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an, bevor er zu seinen Eltern zurückkehrte und die Potters im Eberkopf verschwanden.
Lily blickte noch einige Zeit auf die geschlossene Tür der Kneipe, bevor sie sich in Bewegung setzte und auf den Weg zurück nach Hogwarts machte.
Der Weihnachtsmarkt war atemberaubend. Anders konnte Lily es nicht beschreiben. Es war kaum zu glauben, doch ein Haufen Zauberer hatte den schönsten Weihnachtsmarkt auf die Beine gestellt, den sie je besucht hatte. Nachdem sie aus Hogsmeade zurückgekehrt war hatte sie den Vertrauensschülern helfen wollen, doch diese hatten ihr Werk bereits beendet und so hatte Lily bis abends warten müssen, als Dumbledore den Weihnachtsmarkt für eröffnet erklärt hatte. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Ohne das Tageslicht wirkte ein Weihnachtsmarkt viel gemütlicher und magischer und mit den Schülermassen, die sich durch die Gassen zwischen den Hütten bewegten, fühlte es sich beinahe so an wie zu Hause, was Lily trotz aller Schönheit einen Stich versetzte.
In den Hütten selbst saßen die Hauselfen und verteilten allerlei weihnachtliche Muggelleckerreien an die Schüler, an manchen Ständen gab es auch kleine Geschenke, Holzfiguren oder Kerzen.
Lily hatte mittlerweile schon mehr gebrannte Mandeln gegessen, als wahrscheinlich gut für sie war, doch sie fühlte sich so unglaublich glücklich. Seit sie James sein Geschenk gemacht hatte, war eine riesige Last von ihren Schultern gefallen und sie fühlte sich seit langem endlich wieder vollkommen zufrieden. Jedenfalls beinahe. Etwas nagte an ihr und es war auch der Grund, weshalb sie sich vor einiger Zeit im Gedränge von ihren Freundinnen getrennt hatte und nun so einsam wie man in einer Schülermenge eben sein konnte über den Weihnachtsmarkt spazierte. Sie wollte allein sein, musste allein sein.
Lily wusste nicht einmal was es war, dass dafür sorgte, dass sie sich so merkwürdig fühlte und sie dazu brachte, dass sie rastlos den gesamten Platz auf und ab lief. Doch sie konnte es nicht loswerden. Es war als ob sie etwas vergessen hätte, was sie noch dringend erledigen musste oder als ob sie nicht daran gedacht hätte, dass sie gleich eine Prüfung schrieb. Doch es gab nichts dergleichen. Lily war der Frustration nah.
Sie achtete kaum wo sie lang ging, ließ sich in der Menge treiben und plötzlich war sie an einer Stelle des Weihnachtsmarktes, an der sie noch nicht gewesen war. Die Gasse öffnete sich hier zu einem Platz, wodurch die Menge sie lichtete und Lily mitten auf dem Platz zurückblieb. Aus wenigen Metern Entfernung hörte sie das ausgelassene Geschrei der unteren Klassen.
Lily hob den blick und da stand es. Direkt vor ihr und drehte sich passend zu seiner treibenden Musik.
Vieles auf diesem Weihnachtsmarkt sah dem sehr ähnlich, was es bei ihr zu Hause gab, doch das Karussell war eine exakte Kopie.
Wie hypnotisiert starrte Lily es an, beobachtete, wie es immer wieder anhielt und wieder losfuhr, sah die Kinder, die hektisch auf– und abstiegen und hörte die klimpernde Melodie, die sich seit Kindertagen tief in ihre Erinnerung eingebrannt hatte.
James hatte sich wirklich selbst übertroffen.
Lily wusste nicht wie lange sie auf das Karussell gestarrt hatte, doch irgendwann fühlte sie das Kribbeln. Es kroch ihren Nacken herab und huschte über ihren gesamten Körper.
Langsam drehte sie sich um und dann trafen ihre Blicke sich, zischend heiß in der eisigen Abendluft.
Sie war sich nicht sicher wer auf wen zuging, da standen sie auch schon direkt gegenüber voneinander.
„Du bist zurück", stellte Lily schließlich fest.
James lächelte sanft „Ja, das bin ich"
Die Luft zwischen ihnen schwirrte vor Schneeflocken und ungesagter Worte.
Er räusperte sich leise „Danke, nochmal, das bedeutet mir echt viel. Danke, dass du das für mich gemacht hast. Ich hatte schon aufgegeben bevor ich es überhaupt versucht habe. Die letzten Jahre wollte ich immer eine Lücke finden um doch noch mit ihnen zu feiern, aber es hat nie funktioniert. Deswegen habe ich es dieses Jahr einfach sein lassen, ich wollte die Enttäuschung ersparen und mir nicht wieder falsche Hoffnungen machen. Danke, du hast dafür gesorgt, dass mein Weihnachten doppelt so schön wie sonst ist. Oder sogar mehr"
Lily spürte wie sie erneut rot wurde „Klar doch, ich meine, das war ja immerhin meine Aufgabe als Wichtel.", stammelte sie verlegen.
„Du warst wirklich ein toller Wichtel", James lachte, „wenn auch nicht der subtilste"
Lilys Herz setzte einen Schlag aus. „Wie meinst du das?"
Er lachte wieder, doch dieses Mal war es ohne jegliche Freude. „Ach komm schon, Lily, dein plötzlicher Sinneswandel? Dein plötzliches Interesse an mir? Dass du plötzlich mit mir redest und mich behandelst wie einen normalen Menschen? Das war nicht gerade unauffällig von dir."
Lily blickte auf ihre Schuhe, auf die Spitze des Rechten war gerade eine Schneeflocke gefallen, die nun langsam zu schmelzen begann. „Ich–", sie brach ab, wusste nicht was sie sagen sollte.
„Alles gut, ich bin dir echt dankbar. Die letzten Wochen waren wie ein einziges Geschenk", James lächelte warm, wenn auch etwas gezwungen, „Ich hab übrigens auch noch was für dich"
Er griff in seine Manteltasche und holte einen Briefumschlag hervor. Mit einer übertriebenen Geste reichte er ihn ihr und Lily nahm ihn neugierig entgegen. Das Kuvert war sehr viel weißer und glatter als Pergament, solche Briefe waren in der Zaubererwelt eher unüblich. Es war kein Absender zu lesen, also öffnete Lily den Umschlag und faltete den Brief auseinander
Liebe Lily,
hiermit lade ich dich ganz herzlich ein das diesjährige Weihnachtsfest nach Jahren der Unterbrechung wieder mit uns gemeinsam zu Hause zu feiern. Es würde mir wirklich sehr viel bedeuten, wenn du kommst. Mum, Dad und ich erwarten dich schon sehnlichst und freuen uns dich bald wieder in unsere Arme schließen zu können.
Weihnachtliche Grüße
Petunia
PS: Bitte richte diesem unerträglichen Jungen aus, dass er es nie wieder wagen soll mir so viele Eulen zu schicken. Ich bin allergisch!
Ungläubig blickte Lily von dem Brief auf.
„Was um alles in der Welt ist das?", fragte sie entgeistert.
„Na dein Weihnachtsgeschenk natürlich! Ich wollte es dir eigentlich schon früher geben, aber ich habe vorhin nicht mehr dran gedacht.", erklärte James ihr grinsend.
Lily starrte ihn an, als ob er den Verstand verloren hätte „Und wo hast du das her?"
„Deine Schwester hat's mir geschickt", meinte er nonchalant.
Ihr fehlten die Worte, das war doch absurd. „Aber wie?"
„Naja ich habe ihr geschrieben, dass du Weihnachten so gerne zu Hause feiern würdest, dich aber nicht traust und habe an ihr gutes Herz appelliert."
Auf Lilys zweifelnden Blick hin fügte er noch hinzu: „Und ich habe jeden Tag ungefähr zwanzig Eulen geschickt, ich denke das hat auch eine gewisse Rolle gespielt"
Das war wirklich zu verrückt. Er war zu verrückt.
„Aber sie hasst mich doch", murmelte sie verwirrt.
„Na, glaub mir mich hast sie noch viel mehr", darüber schien James sehr glücklich zu sein. Vielleicht waren Lily und Petunia sich doch ähnlicher, als sie gedacht hatte.
Ein warmes Gefühl breitete sich in Lily aus. Sie würde nach Hause fahren. Sie würde Weihnachten mit ihrer Familie feiern.
Sie blickte zu James, der immer noch so zufrieden und dämlich grinste und konnte nicht anders, als ihn stürmisch zu umarmen.
Er schien nicht damit gerechnet zu haben, doch erwiderte sie eben so inbrünstig.
„Danke", sagte Lily und sie meinte es auch so.
James zuckte mit den Schultern „Nichts zu danken, ich habe nur getan, was ein guter Wichtel so tut. Anscheinend haben wir beide ein bisschen Hilfe von außen gebraucht"
Lily lachte leise „Ja, wir sind wohl beide ein bisschen unfähig in solchen Angelegenheiten"
Sie hatten sich wieder voneinander gelöst und standen sich erneut gegenüber. James' Augen waren auf Lilys fixiert.
„Das stimmt wohl", meinte er leise.
Schweigen legte sich über die beiden und sie sahen einander nur an, versuchten aus dem Gesicht des anderen zu lesen, was sie selber sagen wollten.
Schließlich löste James seinen Blick von Lilys und straffte die Schultern.
„Also ich gehe dann mal und schaue wo die anderen so stecken", verkündete er, „Danke nochmal. Für alles"
Sie wusste, was er ihr damit sagen wollte. Er meinte nicht nur dad Geschenk. Er meinte alles, was geschehen war, seit sie beschlossen hatte sich mit ihm anzufreunden. Die Zeit, die sie gemeinsam verbracht hatten, die Gespräche, die sie geführt hatten, jeder Streit und jedes Lächeln. Und es klang verdächtig nach einem Abschied.
Lily sah wie er davon ging und sie wusste genau, was sie tun musste.
„James"
Er drehte sich zu ihr um, sein Gesicht eine einzige Frage.
„Ich hab mich gefragt, ob du nicht vielleicht erst noch eine Runde Karussell fahren willst", schlug sie so lässig wie möglich vor.
Wiedererkennung huschte über James' Gesicht, als er ein zögerliches „Ich weiß nicht, ich will ja keinem Kind den Platz wegnehmen", verlauten ließ.
„Ach, die werden das schon verkraften", meinte Lily lächelnd.
James gab sich unentschlossen. „Nein, lieber nicht"
„Dann komm mit auf mein Pferd, da nimmst du niemandem den Platz weg. Ich sehe doch, dass du eine Runde fahren willst", sie wartete nicht darauf, dass er antwortete, sondern nahm einfach seine Hand, so wie er es getan hatte und gemeinsam gingen sie zum Karussell.
Lily stieg zuerst auf und James hinter ihr. Wie er es schon einmal getan hatte griff er um sie herum zur Haltestange, sodass Lily sich wieder zwischen seinen Armen eingeschlossen fand. Vorsichtig lächelten sie sich an.
Die Musik setzte ein und das Karussell begann langsam sich zu drehen. Diesmal versuchte Lily nicht von ihm wegzurücken und als das mysteriöse Schwindelgefühl sie überkam ließ sie es zu.
Sie ließ zu, dass ihr Körper sich entspannte und gegen den von James lehnte. Sie ließ zu, das ihr Kopf sich an seine Schulter lehnte und ihre Augen sich schlossen. Sie ließ es zu, als sie seine Hand über ihre Wange fahren spürte. Und sie ließ zu als er ihr Kinn mit seiner Hand anhob und seine Lippen auf ihre legte.
Das kribbeln in ihr wurde immer stärker, als sie den Kuss zögerlich erwiderte. Sie lösten sich voneinander und Lily öffnete ihre Augen. Sofort blickte sie in James' und auf ihren Lippen breitete sich das gleiche selige Lächeln aus wie auf seinen.
Lily strich sanft ein paar Schneeflocke weg, die sind in James' Haare verirrt hatten, bevor sie zu Sprechen anhob: „Wieso haben wir das nicht letztes Mal schon so gemacht?"
Er lachte nur und schüttelte leicht den Kopf. „Ich glaub, wenn ich das versucht hätte, hätte ich dieses Weihnachten nicht mehr erlebt"
„Das wäre aber schade gewesen, wo es doch so ein tolles Geschenk gab", neckte sie ihn.
„Da hast du Recht", murmelte James und sah sie dabei an, „das beste Geschenk von allen"
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The end. Und hat es euch gefallen? Bitte lasst mir doch gerne einen kleinen Kommentar da, ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich das Ende finden soll.
Ich danke euch allen fürs Lesen und hoffe es hat euch gefallen. Fast zwei Jahre nachträglich frohe Weihnachten, euch allen.
Bis zum nächsten Mal
–Lita
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