Kapitel 3
„Melisandre", wiederhole ich den Namen dieser Welt hier und schaue mich noch einmal um. Ich kann es immer noch nicht ganz fassen, dass wir in den ‚Spiegel' hineingezogen wurden. Aber ändern kann man daran in der jetzigen Situation nichts.
„Was ist das denn für ein altmodischer Name?", fragt Bella nun belustigt. „Es klingt wie ein schöner Name aus einem Fantasy Buch. Findest du nicht?" „Du liest zu viel", lacht Bella weiter. „Man kann nie zu viel lesen", verteidige ich mich. Dann wende ich mich wieder dem kleinen Eichhörnchen zu. „Wie heißt du eigentlich?" „Ich bin Kasimir", sagt es und streckt mir seine Hand aus. Lächelnd bücke ich mich, um diese zu schütteln. „Ich bin Maria und das ist meine beste Freundin Bella. Bella das ist Kasimir" „Nun denn, freut mich euch kennengelernt zu haben. Ich muss jetzt auch weiter", erklärt das Eichhörnchen und winkt noch einmal zum Abschied. Dann verswindet es hinter den Bäumen.
Lachend schüttle ich den Kopf. „Ich kann das alles nicht glauben. Wenn ich mit Tieren reden kann, dann musst du doch bestimmt auch eine Fähigkeit haben, oder?", überlege ich. „Ich weiß nicht, es kann ja auch sein, dass nur bestimmte Leute diese Fähigkeiten haben. Wir werden es bestimmt noch herausfinden" Sie zuckt mit den Schultern und schaut sich noch einmal um. „Aber irgendwie fühle ich mich hier gerade nicht so wohl. Ich weiß nicht, irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir beobachtet werden. Komm, lass uns etwas weiter gehen"
Wieder laufen wir ein paar Schritte, bis eine fremde Stimme hinter uns erklingt. „Wohin des Weges, die Damen?" Ruckartig drehen wir uns um. Hinter uns steht ein hübscher Junge mit blonden langen Haaren. Er sieht nicht viel älter aus als wir und trägt grün-braune Kleidung. Wo ist er so plötzlich hergekommen? War er die ganze Zeit schon hier? „Ähh, hi", übernimmt Bella zum Glück das Reden und begrüßt den Fremden. „Hallo, oh wie unhöflich von mir. Ich bin Aleidis Amaury, Prinz des Königreiches Melisandre", stellt sich der Junge mit einer leichten Verbeugung vor.
Bella und ich tauschen verwirrte Blicke aus, doch dann stellen auch wir uns vor. „Freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Darf ich fragen, was euch zu uns führt? Es kommen nicht oft solche wie ihr in unser Königreich" ‚Solche wie wir?' Was meint er damit? „Ähm, Entschuldigung. Ich kann dir nicht so ganz folgen. Was meinst du mit solche wie wir?", frage ich nach. „Nun, ihr seid keine Elfen, das sehe ich an euren Ohren und Geschichten aus der Vergangenheit erzählen von solchen Lebewesen, die hierhergekommen sind und auch geblieben sind, weil es hier viel schöner ist als in ihrer eigentlichen Welt", erklärt er uns. Erst jetzt fällt mir auf, dass er spitze Ohren hat, so wie man es aus den Geschichten kennt. Und diese Personen, die hergekommen sind, sind wahrscheinlich verschwundene Familienmitglieder.
„Oh, okay. Gibt es denn die Möglichkeit zurückzukehren?", fragt Bella verunsichert. „Ja die gibt es. In unserem Schloss gibt es einen Spiegel, der zurück in eure Welt führt. Wenn ihr wollt, kann ich euch hinführen", schlägt der Elf vor. Erleichtert nicken wir. „Dann folgt mir"
Auf dem Weg erzählt uns Aleidis viel über diese Welt und erklärt uns, dass jeder Elf und jede Person, die hierher gelangt, eine bestimmte Fähigkeit hat. Ich bin begeistert von allem hier, denn es sieht so viel schöner und fröhlicher aus als in unserer realen Welt. Nur Bella scheint sich noch nicht so wohlzufühlen, denn sie schaut sich immer verunsichert um. Als wir aus dem Wald heraustreten, werden wir fast vom Anblick eines riesigen Schlosses erschlagen. Es ist eines, wie die aus den Märchen.
Vor dem Schloss schlängelt sich ein kleiner Bach durch die Blumenwiese. Vereinzelt stehen Weiden mitten auf dem Gras und lassen ihre Zweige ins Wasser hängen. Ein paar Rehe und Hasen sitzen auf der Wiese oder trinken aus dem Bach und Vögel singen fröhlich ihre Lieder. Am meisten aber beeindrucken mich die Farben. Alles ist viel bunter und die Farben sind kräftiger.
„Was ist eigentlich deine Fähigkeit?", frage ich Aleidis, während wir über eine kleine steinerne Brücke auf die andere Seite des Baches gehen. „Schau", sagt er nur und verschwindet ganz plötzlich. An der Stelle, wo er eben stand, ist nichts mehr. Fragend sehe ich zu Bella, welche auch erstaunt scheint. „Aleidis, bist du weg oder einfach nur unsichtbar?", frage ich vorsichtig. In diesem Augenblick kommt er wieder zum Vorschein und grinst uns an. „Ich kann mich der Natur anpassen und wirke dann unsichtbar", erklärt er und wir setzten unseren Weg fort.
Als wir die Pforte zum Schloss erreichen, stellt sich uns ein weiterer Elf in den Weg. Er ist groß und hat auch blonde lange Haare. In seinem Gesicht hat er Tattoos und in seiner rechten Hand hält er einen Speer. „Sie wissen, dass sie im Moment keine Fremden ins Schloss lassen dürfen, Aleidis", sagt der Elf streng. „Ist schon gut. Es ist wieder passiert. Die beiden sind keine Elfen", erklärt Aleidis beschwichtigend. Abschätzig betrachtet uns der andere Elf und nickt schließlich. „Okay", sagt er und öffnet das Tor.
Vor uns legt sich das Bild eines großen Schlosshofes. An den Mauern schlängeln sich ein paar Ranken und in vielen Ecken stehen Tontöpfe mit unterschiedlichen Blumen. „Wer war das?", fragt Bella neugierig. „Das ist Cuno, unser Wächter. Er ist manchmal ein bisschen harsch, doch eigentlich ist er ganz nett", lässt uns Aleidis wissen und deutet uns an, ihm weiter zu folgen. Er geht auf eine große Holztür am anderen Ende des Hofes zu. „Es ist so, meine Schwester ist vor drei Tagen spurlos verschwunden und seitdem sind die Regeln hier im Schloss ein bisschen schärfer" „Das ist ja schrecklich", sage ich mitleidig. „Ja, meine Eltern sind ganz durcheinander, denn Gisele würde nie von allein weglaufen. Dazu ist sie viel zu lieb!" Wir erreichen nun die Tür, welche Aleidis schwungvoll öffnet.
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