7. Kapitel (Die Füchsin):

Aus dem Säugling wird mit den Jahren ein kleines Mädchen.
Die Zeit lässt sich nicht aufhalten.
Trotz des Misstrauens der anderen Füchse hat sie sich schnell an die Gesetze des Waldes gewöhnt und spricht die Sprache der Tiere. Die Fuchswelpen sind ihre Geschwister, Menschen existieren für sie nicht mehr.
Beides sind getrennte Welten.
Ohne Angst spielt und tobt sie mit meinem übermütigen Nachwuchs, während ich alles wachsam im Auge behalte. Man weiß ja nie, was die Welpen mit ihren winzigen Zähnen der zarten Haut des Kindes antun können... Und doch scheint das Mädchen keine Angst vor den Tieren zu haben, zu sehr sieht sie sich als eine von ihnen. Das Kind weiß nichts mehr von ihrem früheren Leben, zu kurz hat sie unter Ihresgleichen verbracht, um sich an die Zeit mit ihren leiblichen Eltern zu erinnern. Die Tiere sagen ihr nichts, denn obwohl sie nicht ganz begreifen, was dass für sie bedeuten würde, wird ihr verschwiegen, dass sie zurückgelassen wurde.
Sie wissen, dass es ihr wehtun würde.
Ist ihr Schweigen auch eine weitere Lüge, die das Leben der Kleinen prägen? Zu viele Geheimnisse haben sie in ihrem kurzen Leben schon begleitet...
Würde sie es überhaupt verstehen?
Bedeutet es ihr etwas?
Trotzdem wird sie es nie erfahren! Dafür werde ich sorgen...

Erschrocken fahre ich aus dem Schlaf.
Ich muss vor meinem Bau zusammengebrochen und ohnmächtig geworden sein, bevor sich dieser seltsame Traum in meinen Kopf geschlichen hat.
Mit enormer Kraftanstrengung schaffe ich es schließlich doch mich auf die Pfoten zu hieven, denn ich muss mich trotz meiner Trauer, die scheinbar nie wieder enden wird, um meinen verbliebenen Nachwuchs kümmern.
Der Geist hat es befohlen.
Leise, um die Kleinen nicht zu wecken, ich ein weiteres Mal durch den unterirdischen Gang, bis ich die Höhle erreiche, in der ich die Welpen zurückgelassen habe.
Doch irgendetwas stimmt nicht.
Statt fünf winzigen Fuchskörpern liegen sechs vor mir. Ungläubig trete ich näher heran, senke meinen Kopf und schnuppert ausgiebig an jedem von ihnen.
Es sind wirklich sechs!
Ein roter Pelz überzieht den schlanken Tierkörper des früheren Säuglings. Jetzt hat sie spitze Ohren und einen puscheligen Schwanz.
Sie ist ein Fuchs, ein richtiger Fuchs!
Der Waldgeist hat ihr ein neues Leben geschenkt, hat ihr eine Familie gegeben und ihre Seele den Tieren geweiht.
Auch sie ist jetzt ein Teil des Waldes.
Nur wie?
Der Geist ist mächtig und vermag vieles, außerdem hat er sein Wort gehalten.
Jetzt kann sie als eine von uns glücklich im Wald bleiben, lebt wie wir, verhält sich wie wir und folgt unseren Gesetzen.
Sie ist so unendlich weit weg davon ein Mensch zu sein...
Ist sie überhaupt noch menschlich?
Jetzt nicht mehr.

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