Wut

Kapitel 24

"Ally, wach auf."

Grummelnd drehte ich mich zur Seite und schlug die Hände von meinen Schultern, die mich durch rüttelten.

"Lass mich noch ein paar Minuten schlafen", kuschelte ich meinen Kopf mehr in das Kissen und umschlang meine Decke mit den Beinen. Ein verzweifeltes Stöhnen war zu hören.

"Es ist schon sechs Uhr und in einer halben Stunde musst du fertig sein. Danach haben wir nochmal eine halbe Stunde, damit du in die Akademie kommst. Heute fängt deine Stunde schon um halb acht an und hört um einundzwanzig Uhr auf. Also hopp!"
Genervt warf ich mir mein Kissen über den Kopf und drehte mich auf den Bauch. Ich hatte ganz vergessen, dass heute Montag war und somit die zweite Woche anbrach, in der ich früher aufstehen und später nach Hause gehen musste.
"Ich will nicht", weinte ich theatralisch und strampelte mit meinen Füßen. Kalter Wind kam dadurch unter meine Decke.
"Jetzt stelle dich nicht so an", rief Hanna. "Ich muss noch früher aufstehen als du!"
Meine Beine ließ ich schlapp auf die Matratze fallen, weshalb man ein dumpfes 'bumm' hörte. Schmunzelnd rollte ich zur Bettkante und krabbelte von dort aus, mitsamt Decke, hinunter.
"Was machst du da?", fragte Hanna verwirrt und zog eine Augenbraue hoch. Sie saß an dem runden Tisch und hatte vor sich ein Buch liegen.
"Ich stehe auf. Was denn sonst?", antwortete ich mürrisch. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Müde schlang ich die Decke um meinen Körper und kroch, wie eine Raupe, auf den Tisch zu. Vor dem Stuhl, mit der runden Sitzfläche, stemmte ich mich auf meine Knie und kam mit meinen Händen auf dem dunklen Holz auf. Mit Schwung schwang ich mich auf den Stuhl und betrachtete den Tisch. Käse, Schinken und Trauben standen darauf. Dazu noch Milch, Wasser und Orangensaft. Seufzend nahm ich eine Brotscheibe, welche in einem geflochtenen Korb steckte, und legte sie auf den Porzellanteller. Wie blöd, dass sie noch keine Nutella erfunden hatten. Die hätte ich jetzt gebraucht.

~ ° ~

Nachdem ich gefrühstückt und geduscht hatte, begab ich mich mit Hanna zu den Ställen. Dort wartete Melbo mit meinem Pferd auf mich. Verwirrt blickte ich in die braunen Augen der Stute und streichelte über ihren Hals.
"Warum ist sie hier?", sah ich an ihr vorbei zu Melbo.
"Als du gestern ankamst, ist sie einfach stehen geblieben. Als du nicht mehr zurückgekommen bist, spazierte sie zu den Ställen und suchte sich selbstständig eine Box aus", zuckte er mit den Schultern. Ich nickte und schaute wieder zu der Stute. Ob sie jetzt verärgert war, weil ich sie einfach stehen gelassen hatte?

"Hast du ihr schon einen Namen gegeben?", fragte Hanna lächelnd.

Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Mir ist noch kein passender eingefallen!"
"Und wie wäre es, wenn wir sie Freya nennen. Das heißt Göttin des Lebens. Oder Yarischa, die Kämpferische", schlug Hanna vor.
Grübelnd schüttelte ich den Kopf. "Nein das passt nicht so ganz, obwohl es wirklich sehr schöne Namen sind... Wie wäre es denn mit Thesa oder Tessa? Es bedeutet so viel wie: die Wilde, die Jägerin!"
Beide nickten lächelnd.
"Gut", sah ich die Stute an. "Ab sofort heißt du Tessa", grinste ich sie glücklich an. Sie wieherte einmal und stieß ihre Nüstern an meine Hand, welche ich nach oben hielt. Verträumt blickte ich auf ihr weißes Fell und streichelte ihren Nasenrücken.
Was meine Mutter jetzt wohl dazu sagen würde? Sie liebte Pferde über alles und träumte schon seit längerem von einem Hof. Freuen würde sie sich bestimmt mehr, als ich!
"Ally, wir müssen los", holte mich Hanna aus meinen Gedanken zurück und schob mich auf Tessas Rücken zu.

Augen verdrehend murmelte ich "Ja ja, ist ja gut", und stieg auf mein Pferd.

Die Zofe nickte und sah auf den Pferderücken. Zweifelnd fragte sie "Ist das wirklich so eine gute Idee ohne Sattel und Zaumzeug zu reiten?"
"Ja. Sie prescht ja nicht gleich, wie ein Gepard los!", verdrehte ich die Augen grinsend.
"Was ist ein Gepard?"
Entgeistert sah ich sie an. Gab es hier etwa keine Geparden?
Stockend antwortete ich "In meiner Stadt ist es ein sehr schnelles Tier."
"Verstehe... Wenn du das sagst", murmelte das blonde Mädchen. Trotz meinen Worten bildete sich eine Sorgenfalten auf ihrer Stirn.
"Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen!", sprach ich ruhig zu ihr und lächelte milde. "Sie reitet ganz langsam, versprochen! Und außerdem vertraue ich ihr. Das solltet ihr auch tun", forderte ich nickend.
Beide murmelten ein "Ja, vielleicht hast du recht."

Ich nickte bekräftigt und trat leicht meine Fersen gegen Tessas Bauch. Geschmeidig langsam Schritt sie los.
Lächelnd winkte ich beiden zum Abschied und rief "Bis um einundzwanzig Uhr!"

~ ° ~

An der Akademie angekommen, stieg ich von Tessa ab und klopfte ihr zum Abschied freundschaftlich auf den Hals. Galoppierend ritt sie den Weg zurück und in den Wald hinein.

Seufzend rieb ich mir über meine müden, brennenden Augen und spazierte langsam zu dem großen Metalltor, welches geräuschlos aufging.

Wachen standen hinter den Toren und sahen emotionslos vor sich. In ihren silbernen Rüstungen und den Helmen, die alles, außer ihre Augen verbargen, sahen sie bedrohlich aus. Da wir uns mittlerweile vom Sehen her kannten, machten sie mir die Türen ohne umschweifen auf. Mir war es aber trotzdem ein Rätsel, wie sie mich erkennen konnten, ohne mich zu sehen. Es gab zwar einen dünnen Schlitz, der eine Klappe vorne hatte, doch nie sahen sie dadurch, wenn ich davor stand.
"Morgen", begrüßte ich automatisch den Mann, an dem ich vorbei ging.
"Guten Morgen", grüßte er zurück. Leicht überrascht blieb ich stehen und drehte mich langsam um.

Vor mir erblickte ich einen großen Mann mit schulterlangen, grauen silbernen Haaren sowie einem hell grauen, bis zur Brust reichenden Bart. Ein himmelblaues, seidiges Gewand umhüllte seinen dünnen, zerbrechlich wirkenden Körper. Lachfalten umgaben seine Augenpartien sowie sein Gesicht, dass viele Altersflecke aufwies. Mit hell grauen Augen musterte er mich neugierig.

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Das ein Mann mir guten Morgen sagte, war ein Wunder. Sonst ignorierten sie mich immer.
"Wie komme ich zu der Ehre von einem Mann guten Morgen gewünscht zu bekommen?", fragte ich neckend und grinste.
"Einer jungen und vor allem hübschen Dame sagt man doch gerne Guten Morgen", meinte er verwundert, mit kratziger Stimme. Leicht wanderten seine dünnen, fast nicht sehbaren Augenbrauen nach oben und legten die Stirn in Falten.
"Das sehen anscheinend nur sie so", stemmte ich meine Hände in die Taille und legte meinen Kopf lächelnd schief. Der Mann strahlte Sympathie und Weisheit aus. Kein Wunder! Wer weiß, wie alt er schon war!
"Oh. Das ist aber bedauerlich", sagte er bedrückt.
Zustimmend nickte ich.

Nach Sekunden der Stille streckte ich ihm spontan meine Hand entgegen und sagte "Ich bin Ally. Schön sie kennen zu lernen."
Lächelnd griff er sanft nach dieser und umschloss sie schwach. Ich drückte leicht zu und schüttelte sie ein wenig.
"Mir ist es eine Ehre Euch kennenzulernen. Ich bin Ivan", nickte er.
Ich grinste und ließ seine knochige Hand los. Der Name Ivan passte zu ihm. "Ich muss jetzt leider gehen. Ich hoffe wir werden uns bald mal wieder sehen."
Er nickte. "Da bin ich mir sicher. Noch einen schönen Tag wünsche ich Ihnen Ally Smar." Er drehte sich um und ging leise davon. Seine Füße schliffen dabei über den gefliesten Boden.

Irritiert sah ich ihm nach. Woher kannte er meinen vollständigen Namen? Seufzend schüttelte ich leicht den Kopf. Wahrscheinlich wusste die ganze Stadt, oder noch schlimmer, das ganze Land meinen Namen. Kein Wunder! Dass ein Mädchen auf eine Akademie ging, war bestimmt der Skandal des Jahres.
Wie viel Uhr war es? Suchend blickte ich mich um. Keine Sonnenuhr. War ja klar!

Mit hängenden Schultern spazierte ich zu meinem Zimmer. Von weitem konnte ich sehen, wie meine Tür schief in den Angeln hing. Erschrocken rannte darauf zu und blieb vor dem verwüsteten Raum stehen.

Mein Schrank stand schief an der Wand. Löcher waren in das dünne Holz geschlagen worden. Porzellan Scherben lagen überall verstreut, auf dem nun wieder dreckigen Holzboden, und glänzten leicht im Tageslicht, das durch das Fenster schien. Meine Matratze war zwei geteilt, die Kissen und die Decke aufgeschlitzt, sodass Federn überall herum flogen. Der kleine Nachtschrank war auseinander gefallen. Das einzigste, was heil geblieben war, waren die Schublade des Schränkchens und die Glühbirne.

Fassungslos trat ich in das Zimmer hinein. Die blauen Blumen und die Holzsplitter knisterten unter meinen Fußsohlen.

"Das gibt's doch nicht", flüsterte ich und hob meine Zahnbürste auf. Langsam drehte ich mich um. "Rache", war groß in die Holzwand hinein geritzt.

Frustriert und sauer schrie ich auf. Mit festen Schritten marschierte aus meinem Zimmer und den langen Gang entlang, zurück in die Eingangshalle. Währenddessen gingen Türen auf und wütende, müde Gesichter streckten ihre Köpfe hinaus.

"Ally?", hörte ich jemanden fragen. Ich ignorierte Simon, welcher müde neben mir her trottete und sich die Augen rieb. "Was ist denn los? Warum hast du geschrien?"

"Zuerst werde ich im Schloss eingesperrt", fing ich an zu schimpfen. "Und dann komme ich hier an und MEIN ZIMMER IST EIN TRÜMMERHAUFEN", schrie ich zornig.

Wir waren im Empfangssaal angekommen. Mit Schwung öffnete ich die Tür, welche rechts von uns war.

Der lange, runde Steintisch stand immer noch mitten auf dem weißen Fliesen und wurde von massiven, grauen Holzstühlen umrundet. Es war der Raum, indem ich nach meiner Ankunft ausgefragt wurde. Niemand war zu sehen. Ich schloss die Tür wieder.

"Wo ist der Direktor dieser Akademie?", drehte ich mich zu Simon um. Verdutzt blickte er mich an und zuckte mit den Schultern. Frustriert schubste ich ihn zur Seite und nuschelte "Nichtsnutziges Pack!"

Nun bog ich nach rechts ab und marschierte in den Speisesaal. Fragend sahen uns die am Tisch sitzenden Männer an. Dazu zählten auch Hunter und Lord Merlin, auf die ich nun zu ging. Wütend knallte ich meine Hände auf die Tischplatte und beugte mich zu beiden hinüber.

"Wie kann es sein, dass mein Zimmer verwüstet wird, während Männer gleich nebenan in ihren Träumen schlummern?", zischte ich ihnen zu.

"Dein Zimmer wurde verwüstet?", fragte mich Hunter ungläubig.

"Nein", zog ich das Wort lang, "ich mach nur Scherze. NATÜRLICH WURDE ES ZERSTÖRT, VERWÜSTET WIE DU ES AUCH IMMER NENNEN WILLST!" Wütend haute ich meine Fäuste auf den Tisch, weshalb das Besteck laut klapperte.

Ein unterdrücktes Kichern war hinter mir zu hören. Ruckartig drehte ich mich um, griff Simon an das Ohrläppchen und zog ihn an diesem zu mir herunter. "Das findest du witzig, hm?", sagte ich laut sowie wütend in sein Ohr und übte Druck auf sein Läppchen aus. Er verzog sein Gesicht vor Schmerzen zu einer Grimasse.

"Wir beruhigen uns jetzt mal alle", stand Hunter auf und kam auf mich zu.
"Ich soll mich beruhigen?", brüllte ich hysterisch.
"Ja, das solltest du", nickte er und entfernte meine Finger von Simons Ohr. Ich entriss ihm mein Handgelenk und haute nach seinem Arm. Feste packte er mich an meinen Schultern. "Jetzt hör aber mal auf", brüllte er, "Es ist nur dein Zimmer. Sonst nichts!"
"Sonst nichts?!", rief ich empört aus. "Erstens", zählte ich an meinen Fingern auf, "ist es mein einziger Privatraum, in dem ich mich zurückziehen kann. Und zweitens: Was wäre mit mir passiert, wenn ich in meinem Zimmer geschlafen hätte. Wahrscheinlich wäre ich jetzt verletzt oder noch schlimmer! TOT! Mal davon abgesehen. Wie konnte das denn überhaupt passieren? Das hier ist doch eine Akademie voller Soldaten, die als Krieger ausgebildet werden!" Verständnislos sah ich ihn an.

"Ich verstehe dich ja und du hast auch recht, aber der junge Soldat kann bestimmt nichts dafür."
"Nein kann er nicht. Aber ganz zufällig haben alle Jungs in dem Flur, mit eingeschlossen Simon, einen sehr tiefen Schlaf gehabt, während mein Zimmer zertrümmert wurde!"
"Wir haben heute Nacht alle Wache gehalten", verteidigte sich Simon.
Ungläubig zog ich eine Augenbraue hoch. "Is klar! Alle zusammen oder wie?"
"Die Wachen sind in Gruppen eingeteilt, die sich einen Flur teilen", erklärte Lord Merlin. Nachdenklich bildete sich ein Strich zwischen meinen Augenbrauen. Jetzt stellte sich mir nur noch die Frage, wer das Chaos angerichtet hatte. Das Bild meiner Wand, auf der groß 'Rache' hinein geritzt war, schoss durch meinen Kopf. War es der Verkäufer, dem ich in die Magengrube geschlagen hatte?
"Wo hat der Mann, von gestern, übernachtet?", wandte ich mich an Lord Merlin und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Hunter ließ zögerlich meine Schultern los. Grübelnd kaute ich auf meiner Unterlippe herum.
"Im Schloss. Wieso?"
Also konnte man ihn schon mal ausschließen. Wem hatte ich noch geschadet, der sich rächen wollte? Da fiel es mir, wie Tomaten von den Augen.
"Was ist mit Sir Gindom passiert?"
"Er wurde entlassen. Dadurch, dass er dich töten wollte, wurde gegen ihn ermittelt, weshalb man herausfand, dass er viele Regeln und Gesetzte gebrochen hat. Mit einbezogen Menschenhandel. Er ist immer noch auf der Flucht. Wir sind ihm aber dicht auf den Fersen!", erklärte Hunter sachlich.
"Dann war er es gewesen", nickte ich überzeugt. Metallig süßes Blut schmeckte ich auf meiner Zunge. Meine Lippe hatte ich mir aufgebissen. Simon reichte mir ein kleines, weißes sowie rechteckiges Tuch. Ich nickte dankend und tupfte meine Lippe damit ab.
"Kandor hat mir schon erzählt, dass, wenn du nachdenkst, dir gerne auf der Lippe herum kaust. Eine wirklich anregende Eigenschaft", grinste mich Simon an. Ungläubig blickte ich in seine Augen. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt, oder?

Für ein paar Sekunden betrachtete ich ihn stumm, bevor ich den Kopf schüttelte und meinte "Zurück zum Thema. Wenn ihr ihn findet, könntet ihr mir dann bitte Bescheid sagen.. Ach ja und vielleicht auch noch dem König ausrichten, dass ich sofort ein neues Zimmer will. Oder er lässt es reparieren, mir egal." Fragend sah ich in die Runde. Schmunzelnd nickte Lord Merlin "Ich werde es ihm ausrichten."

Zufrieden bildete sich ein Lächeln auf meinen Lippen. "Gut. Dann müsste ich jetzt nur noch wissen, was ich jetzt habe", murmelte ich. Gedankenverloren blickte ich auf den Boden.
"Hier", reichte mir Hunter ein Blatt Papier. "Ich habe dir die Zahlen der Räume und der Flure aufgeschrieben. Du musst also nur noch vergleichen. Den Namen der Lehrer wirst du dann erfahren."
Irritiert sah ich vom Blatt auf. "Warum vergleichen. Ich bin doch nicht blöd und kann Zahlen nicht lesen!"
"Du kannst Zahlen lesen?" Alle machten große Augen.
"Jaaaa", zog ich das A verwirrt lang und runzelte die Stirn. "Ich kann rechnen, lesen schreiben und ein wenig malen. Warum? Kann doch jeder, oder nicht?"

Stille.

Die drei Männer betrachteten mich entgeistert. "Jetzt seht mich nicht so an", schimpfte ich und wurde bei den Blicken leicht nervös.
"Der König muss wirklich einen wahrlich schwerwiegenden Grund haben einer Frau die Männerkunst, schreiben und lesen beizubringen", murmelte Simon.
Jetzt war ich total verwirrt. "Der König hat mir das nicht beigebracht!"
"Wer dann?", fragte er und setzte sich langsam auf die Holzbank. Eine lockere, schwarze Hose und ein weißes Hemd verbarg sein Körper. Barfuß standen seine Füße auf den kalten Fliesen.
Ich zuckte die Schultern "Meine Grundschullehrerin."
Alle sahen mich skeptisch an.
"Beweist es", grinste Lord Merlin herausfordernd. Die Männer, welche mit an der Bank saßen, blickten neugierig zu mir hoch.
Seufzend wanderten meine Augen durch die große Halle, auf der Suche nach Buchstaben.
"Hat jemand ein Stift und Papier? Dann könnt ihr mir was diktieren und ich schreib es auf." Ich quetschte mich zwischen Simon und Hunter, um mich dann auf die Bank zu setzten. Auf den langen Holztisch legte ich das Blatt. Hunter reichte mir eine Feder und ein kleines Gefäß mit Tinte. Oh je! Das konnte ja was werden! Vorsichtig öffnete ich den breiten Korkendeckel und tunkte die Feder leicht in die Tinte. Mit sauberer Druckschrift schrieb ich meinen Namen auf das Blatt. Dabei hörte man ein stetiges Kratzen.
"Du kannst nicht schreiben. Wusste ich es doch", rief Simon siegessicher.
Verständnislos zog ich die Stirn kraus. "Das ist ja wohl saubere Druckschrift. Was kann man da nicht lesen?"
"Was für Druckschrift?"
"Na gut! Dann schreibe ich es halt in Schreibschrift", verdrehte ich die Augen und schrieb wieder meinen Namen. Ein Raunen ging durch die Halle.
"Ich diktiere dir jetzt was: Lasset uns aufbrechen in die dunkle Nacht", sagte Hunter hinter mir. Seufzend ließ ich die Buchstaben auf dem Papier erscheinen. Danach zeigte ich es den Männern.
"Du kannst mir gerade mal sagen, wie die Namen der Lehrer sind und ich schreibe sie dann auf."
Der schwarzhaarige Mann nickte und zählte den Stundenplan auf.

"Du hast immer 15 Minuten Zeit, um an den Unterrichtsort zu kommen. Eine Stunde geht 45 Minuten lang", fügte Hunter hinzu und sah mich an.
Ich nickte, während ich den letzten Buchstabe zu Ende schrieb. Es war sehr ungewohnt wieder in Schreibschrift zu schreiben, da ich das zuletzt in der sechsten Klasse gemacht hatte.
Hunter betrachtete prüfend mein Blatt. Er nickte. Seufzend faltete ich das Papier zusammen und steckte es zwischen meinen Hosenbund. "Wir werden uns ja gleich sehen. Nicht wahr?", drehte ich mich zu Hunter um. Er bejahte lächelnd. Ich nickte, murmelte ein "Gut", und stand auf. Ich wandte mich an Simon "Richte Kandor und Toni einen schönen Gruß von mir aus."
"Mache ich", lächelte er.

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