Überraschungsbesuch mit Folgen
Kapitel 29
"Ally, aufstehen", riss mir jemand die Decke vom Körper. Verschlafen setzte ich mich langsam auf. Was war denn jetzt los?
Ich beobachtete, durch halb geschlossenen Augen, wie Hanna hektisch in meinem Zimmer umher lief und das Fenster auf riss. Draußen war es dunkel. Kalte Nachtluft wehte mir entgegen. Schützend schlang ich meine Arme um meinen Oberkörper und stand langsam auf.
"Was ist denn los?", brummte ich leise und ging zum Fenster hinüber.
"Der König und die Königin von Alachba sind zu besuch", sagte sie laut und flitze zu dem Kleiderschrank.
"Und jetzt?", fragte ich unbeeindruckt und machte das Fenster wieder zu.
"Das sind die Eltern von König Lukas und Lord Merlin", holte sie nun ein Himmel blaues Kleid heraus.
"Warum nennt man überhaupt Merlin Lord, wenn er doch der Bruder von Lukas ist?", fragte ich verwirrt und setzte mich an den Tisch.
"Weil er ein Soldat ist und nicht Prinz genannt werden will. Steht sogar so im Gesetz!"
Verwundert nahm ich das Kleid entgegen, was sie mir in die Hand drückte.
"Und was genau machst du da?", fragte ich leicht lächelnd, als sie sich bückte und auf dem Boden des Schrankes herum wühlte.
"Dich fertig machen. Der König will dich beim Empfangsessen bei sich haben."
"Dann sag ihm mal schön, dass ich keine Lust habe und mich wieder schlafen lege", stand ich auf, legte das Kleid behutsam über den Stuhl und schmiss mich wieder in mein Bett. Mit meinem Kopf auf dem weichen Federkissen und mit dem Bauch auf der Matratze schloss ich wieder meine Augen. Ich hatte eindeutig zu wenig geschlafen. Wie war ich hier überhaupt her gekommen? Ich war doch bei Sir Ivan im Unterricht und habe auf die Kräuterbeutel gewartet... war ich eingeschlafen?
"Ally!", rief Hanna empört aus. Ich sah zu ihr nach hinten. Sie hielt himmelblaue Schuhe in der Hand. Genervt stöhnte ich auf.
"Na gut. Aber ich zieh kein Kleid an!", nuschelte ich in das Kissen.
"Und was dann?", fragte sie verwirrt. Ich stand wieder auf und stellte mich neben sie vor den Schrank. Suchend glitt mein Blick über die Regale. Schnell fischte ich mir ein großes, weißes Hemd und eine schwarze Hose heraus.
"Um Gottes Willen. NEIN!", nahm sie mir die Kleider wieder aus der Hand.
"Jetzt lass mich doch mal machen!", sagte ich zickig. Sie reichte mir zögerlich meine Sachen, woraufhin ich duschen ging. Nur mit einem Handtuch bekleidet, kam ich aus dem Bad. Die Salbe, welche mir Lukas aufgetragen hatte, war nun leider runter gespült, weshalb meine Wunde nun wieder offen war. Aber es lief zum Glück kein Blut heraus. Nur durchsichtige Flüssigkeit bildete sich darauf, die nachher hoffentlich zur Kruste wurde.
Schnell zog ich mich um und stopfte, wie immer, das übergroße Hemd zwischen meinen Hosenbund.
"Ally! Du kannst doch nicht so zu einem Essen mit dem König gehen", sagte Hanna entrüstet.
"Doch", streifte ich mir meine Stiefel über die Füße. Meine Haare band ich mit einem Stoff Tuch zu einem hohen Zopf zusammen. Das war immer so knifflig! Ich vermisste meine Haargummis!
"Ich werde bestimmt Ärger vom König bekommen", sagte sie leise und setzte sich geschaffen auf einen Stuhl.
"Blödsinn", winkte ich abwehrend mit meiner Hand und stellte mich wieder gerade hin. "Und wenn doch sag es mir. Ich mach ihn dann zur Sau", sagte ich ernst und trat an die Tür.
"Kannst du Magie anwenden?", fragte sie mit großen Augen.
Ich seufzte auf, ließ die Schultern hängen und murmelte "Nein. Das ist nur ein Sprichwort dafür, dass man jemanden beschimpft." Sie nickte verstehend. "Kommst du jetzt, oder willst du weiter da sitzen bleiben?", öffnete ich die Tür. Schnell stand sie auf, ging an mir vorbei durch die Tür und führte mich durch die vielen Gänge des Schlosses. Das sie sich nicht verirrte! Na gut! Es hingen noch Gemälde an der Wand, an denen man sich orientieren konnte, aber sonst sah alles gleich aus.
Vor zwei weißen Flügeltüren blieben wir stehen.
"Oh Gott Ally! Ich bin so nervös", drehte sich Hanna hibbelig zu mir um und wedelte sich mit den Händen Luft zu. Ihre Augen huschten von einem Punkt zum Anderen.
"Warum denn das?", lachte ich leise.
"Ich treffe König Lukas Eltern und das ist eine wahnsinnige Ehre für mich. So was passiert mir nicht alle Tage", murmelte sie. "Sehe ich gut aus?", fragte sie mich nun aufgeregt. Nachdenklich wanderte mein Blick an ihr herab. Hier und da zupfte ich an ihrem Kleid und ihren Haaren herum, bis ich zufrieden war und lächelnd nickte. Die Soldaten neben uns sahen uns schmunzelnd zu.
Hanna nickte sich selber zu und trat hinter mich.
"Ich schaffe das", hörte ich sie flüstern. Lächelnd schüttelte ich den Kopf und gab den zwei Männern das Zeichen zum Öffnen. Die Soldaten machten die Türen langsam auf.
Gelangweilt und jetzt schon genervt von Lukas Anwesenheit trat ich in den Saal. Auf beigen Mamorfliesen stand mitten im Saal ein großer, langer sowie linsenförmiger Ebenholztisch. Er war mit einer Vase, die voller Marinblauen Blumen waren, gedeckt. Rechts, am Ende des Tisches, saß eine hochgewachsene Frau. Sie hatte schwarze Haare, die zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt waren, ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und einen sehr dunklen Hautton, der ihre blau, grauen Augen betonte. Ihre zwei dünnen Augenbrauen zogen sich kritisch nach oben. Nachdem sie meine Kleidung gemustert hatte, reckte sie ihr Kinn arrogant in die Höhe und sah mich herablassend an.
Ich zog eine Augenbraue nach oben. Nur weil sie ein Gewand aus Goldfäden und Ketten aus Diamanten an hatte, musste sie sich ja nicht einbilden, dass ich weniger Wert war, als sie!
Mein Blick glitt nach links. Dort saß ein braun haariger Mann, der mich nun freundlich an lächelte. Seine grün, braunen Augen musterten mich aufmerksam, während ich auf den Tisch zu ging und mich an den einzigen Stuhl setzte, der noch frei war. Lukas und Lord Merlin saßen mir gegenüber und unterbrachen nun ihre leise Unterhaltung. Hanna stellte sich ein paar Meter hinter mir an die weiß verputzte Wand. Angespannte Stille herrschte. Ein lautes Räuspern des Mannes links von mir unterbrach sie.
"Nun denn", sprach er und beobachtete uns. Er hatte eine angenehm tiefe Stimme. "Da nun alle da sind, würde ich sagen speisen wir. DIENER!" Er klatschte zwei Mal in die Hände. Hanna und noch zwei Jungen kamen mit Tabletten zu uns und stellten jedem jeweils einen Suppenteller vor die Nase. Daneben lagen drei unterschiedlich große Löffel, Messer und Gabeln. Dankend nickte ich und lächelte Hanna an. Schüchtern machte sie kurz einen Knicks und ging in ihre Ecke zurück. Ich seufzte in mich hinein. Ich mochte dieses unterwürfige Verhalten überhaupt nicht! Ratlos sah ich nun auf die Löffel und kratzte mich nachdenklich an meinem Hinterkopf. Wofür brauchte man so viele? Einer reichte doch vollkommen aus! Vorsichtig schielte ich zu Lukas und Merlin hinüber. Wegen der großen Vase, vor mir, konnte ich sie aber leider nicht sehen, weshalb ich mich ein wenig nach rechts lehnte. Nun sah ich ihre Hände. Sie hatten den mittleren Löffel in der Hand. Schnell nahm ich ihn und tunkte ihn in die hell braune sowie cremige Suppe. Unauffällig roch ich daran. Pilzsuppe?! Leicht lächelnd steckte ich mir den Löffel in den Mund. Hammer! Wie lange hatte ich so etwas schon nicht mehr gegessen!
"Wie ich sehe, schmeckt es dir", unterbrach der Mann mein Genießen und lächelte mich amüsiert an. Schnell schluckte ich hinunter und nickte.
"Ich hab schon lange keine Pilzsuppe mehr gegessen. Sie schmeckt wirklich köstlich", lächelte ich zurück.
"Man merkt es an deinem lauten Atem und der unakzeptablen Haltung", sagte die Frau rechts von mir leicht angewidert. Automatisch setzte ich mich gerade hin und schaute zu ihr hinüber. Arroganz und Strenge strahlte sie aus. Eindeutig Diva!
"Du bist also die Frau, die auf die Soldatenakademie geht?", sagte der Vater von Lukas nachdenklich. Ich nickte.
"Als Frau kann man sie wohl nicht mehr bezeichnen. Bei dieser Kleidung!", meldete sich die Mutter von Lukas wieder zu Wort. Spott schwang in ihrer Stimme mit.
"Nur weil ich keine Kleider trage, heißt das noch lange nicht, dass ich keine Frau bin", erwiderte ich empört. Sie zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.
"Wie heißt du denn?", fragte der Mann lächelnd und unterbrach somit den Anfang einer Diskussion.
"Ally", murmelte ich.
"Ally?! Was für ein schrecklicher Name! Ist es dein vollständiger Vorname?", fragte die blau äugige interessiert. Verwundert sah ich zu ihr.
"Naja. Nein", nuschelte ich zögerlich, sah auf meinen Teller und zuckte mit den Schultern.
"Hast du deine Zunge verschluckt, oder warum sprichst du so undeutlich?", fragte sie und zog eine Augenbraue hoch. Ich seufzte ergeben auf. Warum war sie so streng?
"Mein richtiger Name lautet Allyson. Aber jeder nennt mich Ally", antwortete ich laut und deutlich.
"Das hört sich doch schon mal besser an", nickte sie zufrieden und verzog ihre dünnen Lippen zu einem Lächeln.
"Du heißt Allyson?", riefen Lukas und Merlin überrascht aus. Ich nickte. Hatte ich ihnen das noch nicht gesagt? Langsam aßen wir unsere Suppe auf.
"Ähm...", zeigte ich auf den Mann.
"Derion", lächelte er.
"Ja. Derion. Wenn ich fragen darf: Warum kommen Sie gerade jetzt ihre Söhne besuchen?", fragte ich neugierig.
"Wir haben.. geschäftliche Dinge zu klären", antwortete er zögerlich. Ich nickte verstehend. Also nicht zum Urlaub machen hier. Ob sie lange bleiben würden? Hoffentlich nicht! Mit Lukas Mutter würde ich keine zwei Tage auskommen!
"Ich habe gehört, dass mein Sohn sich des öfteren über dich aufregt", grinste Derion nun. Ich lachte einmal humorlos auf und sah ihn an.
"Wenn schon müsste ICH mich über IHN aufregen", zeigte ich auf mich und zog die Augenbrauen nach oben.
"Stimmt nicht", erwiderte Lukas sogleich. Jemand trat mir gegen das Schienbein.
"Au", zischte ich und trat gleichdarauf feste zurück. "Es stimmt wohl!", sagte ich nun verärgert. "Und wissen Sie auch warum?", sah ich wieder zu dem braunhaarigen Mann. Er schüttelte verwundert den Kopf. "Weil er einfach Sachen über meinen Kopf hinweg bestimmt!", erklärte ich weiter. Die Vase vor mir schob jemand zur Seite.
"Was für Sachen?", fragte Lukas verwirrt und ließ das Gefäß los.
"Der weiße Sattel!?", erinnerte ich ihn genervt daran und verdrehte die Augen.
"Aber das war doch nur nett gemeint", meinte er verdattert.
"Ich brauch keine extra Portionen. Klar", sagte ich angepisst. Lukas seufzte ergeben auf.
"Dir kann man auch gar nichts recht machen. Aber wie du willst. Dann frage ich dich das nächste Mal." Ich nickte.
"Übrigens wurde mein Zimmer zerstört. Ich gehe davon aus, dass das Sir Gindom war, da in der Wand mit schön großen Buchstaben 'RACHE' eingeritzt war." Lukas nickte, verschränkte seine Finger ineinander und legte sein Kinn auf diese. Die Ellbogen hatte er rechts und links neben den Teller abgestützt.
"Davon habe ich schon erfahren. Du wirst ab jetzt in meinem Schloss wohnen und in dem Zimmer schlafen, indem du heute morgen aufgewacht bist."
"Nein", rief ich harsch und setzte mich gerade hin. Meine Hände klatschte ich auf das lackierte Holz. "Ich will keine extra Portionen. Ich schlafe in der Akademie!", bestimmte ich verärgert.
"Allyson, sei doch vernünftig", mischte sich Lukas Vater ein. "Sir Gindom ist immer noch auf freiem Fuß. Und außerdem kann er Komplitzen in der Akademie haben. Da nützen mehr Wachen überhaupt nichts", warf er seinem Sohn, beim letzten Satz, einen vielsagenden Blick zu. Lukas verdrehte die Augen und sah wieder zu mir.
"Aber-", wollte ich weiter protestieren, doch wurde von Lukas unterbrochen.
"Kein aber. Du wirst dort bis zum Ende deiner Ausbildung schlafen", sagte er streng. Wütend zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Du lässt mich ja noch nicht mal ausreden!", beschwerte ich mich.
"Ja. Weil du immer so stur bist. Und umso mehr du was sagst, umso zickiger und biestiger wirst du", begründete er ruhig.
"Na und! Dann lass mich doch zickig und biestig werden. Das hat ja auch einen Grund."
"Der wäre?", fragte er misstrauisch.
"Weil ich empört und sauer bin und das nicht will! Ich müsste viel früher aufstehen, wenn ich im Schloss schlafe, und komme auch viel später hier her. Das ist total scheiße!", erklärte ich.
"Es bietet sich doch an. Du musst für ein paar Tage sowieso noch meine Aufträge erfüllen", zuckte er mit den Schultern.
"Ja, aber doch nicht das ganze Jahr über!", schüttelte ich verständnislos den Kopf.
"Hättest du dich an die Regeln gehalten, müsstest du jetzt nicht meine Aufträge erfüllen", zuckte er lässig mit den Schultern.
"Oh. Jetzt bin ich die Schuldige oder was?", rief ich empört, zeigte auf mich und zog die Augenbrauen nach oben. "Tut mir leid, dass ich mich gegen diesen Schnösel von König gewehrt hab", sagte ich ironisch. "Außerdem hab ich dann viel weniger Freizeit!"
"Mein Gott! Du bist doch selber Schuld daran!", rief er genervt. Eine kleine Pulsader kam an seiner Hand zum Vorschein, als er sie zu Fäusten ballte.
"Ja und? Du musst mir aber nicht immer was vorschreiben! Ich bin keine zwei Jahre alt mehr, sondern ZWANZIG!" Ich zeigte ihm den Vogel und lehnte mich mehr zu ihm nach vorne. Sein Gesicht verzog sich vor Wut, als er ruckartig aufstand, weshalb sein Stuhl laut scheppernd auf den Boden fiel. Zornig brüllte er "Ich bin der König und darf dir so viel vorschreiben, wie ich will!"
"Und ich darf nicht machen, was ich will, oder was?", schrie ich zurück. Mein Stuhl schlitterte über den Boden und fiel rückwärts um, als ich es ihm gleich tat.
"Nein darfst du nicht", haute er auf den Tisch und lehnte sich wütend zu mir nach vorne.
"Ach und warum nicht?", schrie ich ihn an. Wir starrten uns in die Augen. Unsere Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, weshalb ich sein herbes Parfum roch.
"Weil du nichts Wert bist. Du bist ja noch nicht mal ein Elf!", brüllte er wutentbrannt. "Du dienst nur dazu, um diesen Krieg zu gewinnen. Was mit dir danach passiert, ist hier allen egal. Hast du das verstanden!"
Laut hallten seine Worte in dem Saal umher, als ich ihn fassungslos ansah.
"Das hast du gerade nicht wirklich gesagt", hauchte ich den Tränen nahe.
"Und ob ich das gesagt habe", zischte er. Ich atmete tief ein und schloss meine Augen kurz. Und ich dumme dachte er mochte mich wenigstens ein wenig! Doch jetzt wurde mir alles klar! Er sah mich als Gebrauchsgegestand, den man nachher weg schmeißen konnte, und nicht als Frau, als Mensch an. Das er so zu seinen Gefolgsleuten oder Menschen hinunter sehen würde, hatte ich nie gedacht.
Langsam öffnete ich meine Augen wieder, blinzelte die Tränen weg und stellte mich gerade hin. Meinen Blick hatte ich auf meine Hände gerichtet, die zu Fäusten geballt waren. Es war totenstill. Ich schluckte den Glos in meinem Hals mehrere male hinunter und wandte mein Gesicht Derion zu.
Mit heißerer Stimme flüsterte ich "Es hat mich gefreut Sie beide kennen zu lernen." Anschließend drehte ich mich mit gesenktem Kopf um, hob den Stuhl auf und schob ihn an den Tisch. Leise schallten meine Schritte auf dem Mamorfliesen wieder, als ich hastig zu den Ausgangstüren ging. Die Soldaten öffneten die weißen Flügeltüren. Ich nickte ihnen dankend zu und kam nun auf dem roten Teppich des Flures zum Stehen. Die Türen schlossen sich mit einem lauten Knall hinter mir. Trauer und Verzweiflung machte sich in mir breit. Was sollte ich jetzt tun? Ich wollte nicht mehr hier in dieser Welt bleiben. Sie kam mir plötzlich so fremd und ungemütlich vor.
Eine einzelne Träne bahnte sich einen Weg meine Wange hinunter und hinterließ einen dunklen Felck auf dem Teppich. Energisch wischte ich die Nässe weg. Was gab ihm das Recht mich so zu behandeln? Ich war kein Elf, na und? Ich war trotzdem ein Lebewesen mit Gefühlen!
"So ein Arschloch", schiefte ich leise. Erschrocken fuhr ich zusammen, als mir jemand eine Hand auf die Schulter legte. Ruckartig sah ich nach rechts. Hanna stand neben mir und lächelte mich mitfühlend an. Schnell wandte ich mein Gesicht von ihr ab und senkte wieder den Kopf.
"Sei nicht traurig. Er hat es bestimmt nicht so gemeint", murmelte sie.
"Das glaubst du doch wohl selber nicht", schnaubte ich spöttisch und lachte humorlos. Hanna sagte dazu nichts. Sie sah mich einfach nur aufmerksam an.
"Was soll ich denn jetzt machen Hanna?", schluchzte ich und sah zu ihr nach hinten. "Meine Familie ist in einer anderen Welt und die einzigste Person, die mich wieder zurück schicken kann, ist Lukas!" Heftige Schluchzer verließen meinen Mund. Ich war verzweifelt und hilflos. Zuhause konnte ich immer alles regeln, doch hier waren mir die Hände gebunden! Ich konnte nichts anderes machen, als die Befehle von Lukas entgegenzunehmen. Wer weiß wo ich enden werde, wenn ich nicht das machte, was er sagte. Angst mischte sich in mein Gefühlschaos. Beruhigend strich mir Hanna über meine Oberarme.
"Sei einfach die stolze, mutige und taffe Frau, wie bisher", lächelte sie mir aufmunternd zu. Langsam beruhigte ich mich wieder und atmete tief durch.
"Das ist leichter gesagt, als getan", sagte ich mit etwas stabilerer Stimme und wischte mir meine Tränen mit meinem Handrücken weg. Hanna nickte zustimmend und seufzte.
Zusammen gingen wir zu meinem Zimmer zurück.
~ ° ~
Hanna war sehr neugierig und fragte mich mindestens zwei gute Stunden über meine Welt aus. Zugegebenermaßen kam mir das Gelegen. So war ich abgelenkt und konnte nicht über das Gesagte von Lukas nachdenken.
Doch jetzt, wo ich alleine in meinem Bett lag, und es um mich herum ganz still war, kam alles wieder hoch. Ich konnte mich selber nicht verstehen. Warum taten mir Lukas Worte so weh? Es war doch von anfang an klar gewesen, dass ich nur hier war, um diesen Krieg zu klären. Warum also, war ich so geschockt, als er es mir sagte.
Weil ich es nicht wahr haben wollte, beantwortete ich mir selber meine Frage. Frustriert seufzte ich auf und schlug die Decke über meinen Kopf. Das war doch alles zum Haare raus reißen!
Meine Gedanken wurden von dem leisen quietschen meiner Tür unterbrochen. Verwirrt zog ich die Decke von meinen Augen und starrte vor mich auf einen hellen Lichtstreifen, der draußen vom Flur kam. Neugierig drehte ich meinen Kopf nach links und betrachtete die Silhouette, welche zwischen dem Türrahmen stand. Sie war eindeutig männlich. Das erkannte ich an den breiten Schultern und der großen Statur.
Langsam setzte ich mich auf, weshalb der Stoff leise raschelte, und beobachtete, wie er die Tür leise hinter sich schloss. Misstrauisch kniff ich meine Augen zu Schlitzen zusammen. Das Mondlicht, welches rechts von meinem Fenster schien, beleuchtete speerlich mein Zimmer. Während er die paar Schritte zu mir ging, knarrten die Dielen laut unter seinen schweren Schritten.
"Wer ist da?", fragte ich laut. Ich hatte keine Angst. Ich vertraute darauf, dass die vielen Wachen im und um das Schloss herum, Sir Gindom und Fremde nicht hinein lassen würden.
Die Matratzte ging bei seinem Gewicht nach unten, als er sich neben mir auf die Kante setzte. Das hell graue Licht des Mondes schien nun auf die Hälfte seines Gesichtes. Verwundert starrte ich in seine grünen Augen.
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