Ihre wahre Bestimmung

Kapitel 44

Schrill schrie ich auf und klopfte mir hektisch auf meine zerrissene Kleidung, damit die Flammen verschwanden. Jedoch waren keine zu sehen, als mein Blick an mir hinunter glitt.

"Was-?" Verstört starrte ich auf meine zitternden Hände.
Hatte ich halluziniert? Nein! Ich spürte die Wärme an meiner Haut und wie meine Haare mich im Gesicht kitzelten, da die heize Luft der Flammen hoch stieg, also musste das alles echt sein! Aber warum sah ich die Flammen nur in dem Glas?

Meine Gedanken wurden von dem penetranten Geruch nach verbranntem Fleisch abgelenkt. Angeekelt hielt ich mir meine Nase zu und schaute mich nach der Ursache für diesen Gestank um. Mein Blick blieb an der Spiegelung über mir hängen.

In meinem Arm hatten sich riesige Löcher gebrannt. Statt Knochen und Blut sah ich auf das Orange von Magma. Ungerührt, da ich keinen Schmerz spürte, und fasziniert von dem Magma war, beobachtete ich das Verbrennen meiner Haut und wie ich der Flammenfrau immer ähnlicher wurde. Als auch meine Kleidung in der Spiegelung verbrannte und die Fetzen wie brennendes Papier gen Boden schwebten, konnte ich das ganze Ausmaß begutachten. Mein Körper war Magma. Meine Haare wie gesponnene Flammen. Nur meine hell grüne Augenfarbe, die meinen ganzen Augapfel bedeckte, und der Diamant in meiner Stirn waren geblieben und stachen wie Sterne in einer finsteren Nacht hervor.

Einen Wimpernschlag später sah ich in der Spiegelung wieder die Flammenfrau. Sofort wich ich einen Schritt zurück und brüllte: "Was hast du mit mir gemacht?"
Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.
"Nichts", hauchte sie. "Ich habe dir nur das gegeben, was du gesucht hast." Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Ich habe eine Waffe gesucht. Und nicht das hier!", schrie ich aufgebracht und betrachtete meine Haut. Orange, rot leuchteten nun auch meine Blutadern im Takt meines schnellen Herzschlages auf. Gleich darauf schaute ich wieder zu ihr hoch. Missbilligend hatte sie ihr Gesicht verzogen.
"Ich habe dir gegeben, was du wolltest. Mich!"
"Was?"
"Mich", wiederholte sie.
"Ich..." Tief atmete ich ein. "Ich versteh das alles nicht", gab ich verzweifelt von mir und fing vor Frustration an zu weinen. Das war alles viel zu viel für mich. In meinem Kopf war ein heiden Durcheinander, das ich nicht ordnen könnte.
Erschöpft schloss ich meine angeschwollenen Augen, um mich ein wenig auszuruhen, und setzte mich ungeschickt auf den Boden.
"Ich zeige dir unsere Geschichte", hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf.
Bevor ich mich fragen konnte, was sie damit meinte, tauchten vor meinem Inneren Auge Bilder der Kriegsmänner auf, die auf den Höhlenwänden zu sehen waren. Erschrocken zuckte ich zusammen und öffnete meine Augen. Jedoch brachte das nicht viel. Denn immer noch sah ich die vier Männer nebeneinander stehen und wie sich ihre Rüstung mit einem Windhauch in Sand auflösten. Zum Vorschein kamen Frauen, die nicht verschiedener sein konnten.

Links eine zierliche, braunhaarige Asiatin, als zweites eine hochgewachsene Elfe mit blasser Haut und neben dieser eine schwarzhaarige, stämmige Afrikanerin mit bernsteinfarbenen Augen und einer Narbe auf ihrer rechten Schulter. Eine rothaarige Irländerin mit geisterblauen Augen bildete den Schluss. Alle standen mit weißen Stirn-Diamanten stolz und anmutig nebeneinander.
Mehrere male blinzelte ich.
"Es waren alles Frauen", hauchte ich ungläubig und starrte, wieder meine Sehkraft erlangt, auf den Boden.
"Richtig."
"Aber- wie? Die Elfen hatten immer gesagt, dass es Männer waren. Es steht sogar alles in dem blauen Sagabuch." Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. "Die Saga, die Waffe! Bitte sag mir..." Entsetzt sah ich zu der Flammenfrau hinauf.
"Das du nicht die Waffe bist? Das kann ich leider nicht tun. Das würde nicht der Wahrheit entsprechen", meinte sie gleichgültig.
Mein Gesicht verzog sich zu einer schrecklichen Grimasse, als ich aus leibes Kräften ein "NEIN", brüllte und los weinte. "Ich will diese Verantwortung nicht auf meinen Schultern tragen! Mach es rückgängig! MACH WAS DAGEGEN!" Ich hatte meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle. Ohne nachzudenken warf ich meine Waffe von mir und schmiss die Säule um. Durch mein Gefühlsausbruch merkte ich erst nach Minuten, dass sich Schmerzen in meinem Körper ausbreiteten und immer schlimmer wurden. "WARUM?", schrie ich und sank auf die Knie, als sich meine Muskeln immer wieder verkrampften. Hektisch atmete ich ein und aus.
"Hör auf dich dagegen zu wehren, sonst werden die Schmerzen nur noch schlimmer", hörte ich leise den Rat der Flammenfrau. Genau in diesem Moment legte sich bei mir ein Schalter um und alles wurde schwarz vor meinen Augen.

~ ° ~

Verschlafen und verwirrt blinzelte ich das düstere Licht um mich herum an und setzte mich schwerfällig auf. Meine Muskeln taten wie bei einem sehr schlimmen Muskelkater weh.
"So eine verdammte Scheiße", fluchte ich deshalb leise und ließ meine Finger knacken. Ich lauschte. Nur das stetige Plätschern eines Wassertropfens in eine Wasserlache war zu hören. Tief atmete ich durch.
"Ich bin Die ewige Flamme", sagte ich emotionslos. "Oh Gott. Ich werde so am Arsch sein, wenn Lukas und die anderen das erfahren", dachte ich resigniert.
"Flammenfrau, bist du da?", rief ich nun und blickte mich um. Als ich nach Minuten keine Antwort bekam, stand ich vorsichtig auf und sammelte unter Schmerzen meine Waffe ein. Sie lag halb in einer Wasserlache und glänzte im sachten Licht. Bedauernd und mit Reue, da ich sie achtlos und vor Wut gegen die Wand geschmissen hatte, griff ich nach ihr. Perplex starrte ich nun auf meinen rechten Arm. Dunkel blaue, schon fast schwarze Linien schlängelten sich ab den zwei tiefen Löchern des Schlangenbisses hinunter zu meinem Daumen. Vorsichtig strich ich über meine Haut. Taub. Bestürzt versuchte ich meine Hand zu einer Faust zu schließen. Zu meinem Entsetzten zuckte meine Hand nur ein paar mal.
"Scheiße", fluchte ich und hob mit meiner linken Hand schnell die Waffe auf. Während ich nun zu der Säule zurück ging, die zerschmettert auf dem unebenen Boden lag, und mein Arm fest hielt, damit er nicht hin und her taumelte, hörte ich leise ein Knacksen hinter mir. Misstrauisch blieb ich abrupt stehen und sah nach hinten. Das Tor war einen Spalt weit aufgesprungen. Ein Schrei der Freude drang aus meinem Mund. Jedoch hatte ich nicht lange um mich zu freuen, denn im nächsten Augenblick fing der Boden unter mir leicht an zu beben. Unbeholfen stolperte ich einige Schritte nach vorne. Als das Beben nach Minuten aufhörte, atmete ich erleichtert auf.
Ein Knacksen drang leise in meine Ohren. Langsam legte ich meinen Kopf in den Nacken, um zu schauen woher das hohe Geräusch kam. Konzentriet musterte ich die Scheibe über mir. Ein langer Riss hatte sich gebildet und zog sich fast über das ganze Glas. Leicht zuckte ich zusammen, als das Glas weiter aufplatzte und mir ein kalter Tropfen auf die Nase fiel. Meine Augen wurden groß. Augenblicklich lief ich zum Ausgang und stemmte mich gegen das Tor, damit es aufging.
"Henna", rief ich, ohne zu schauen wo sie war, und lief über die leuchtenden Stränge, die wie Wurzeln aussahen, hinüber.
"JA, ja was? Oh Gott, Ally!", schreckte sie aus ihrem Schlaf und sah mir hinterher. "Alles in Ordn-"
"Komm verdammt nochmal", unterbrach ich sie in Panik und sprintete weiter. Sekunden später hörte ich das dumpfe Trampeln ihrer Schritte. In Windeseile war sie neben mir.
"Warum rennst du denn wie eine Verrückte?", fragte sie verständnislos. Leise und dann immer lauter konnte man das Rauschen von Wasser hören. Ein kurzer Blick nach hinten bestätigte meine Vermutung. Eine riesige Wassermasse schlängelte sich durch die Gänge und kam immer schneller auf uns zu.
"DESHALB", quiekte ich.
"OH HEILIGE FYNIOR", fluchte Henna und lief schneller. Zu meinem Ärger war sie somit schneller als ich.
"Henna", beschwerte ich mich.
"Oh, tut mir leid", entschuldigte sie sich und hielt mir ihren Kopf hin. "Spring auf!"
Mit meiner linken Hand, in der auch mein Schwert lag, griff ich nach einer ihrer Hörner. Mit Schwung schleuderte sie ihren Kopf in Richtung ihres Rückens, weshalb ich mit meinem Bauch hart auf ihren Schuppen aufkam. Während ich mich mühselig richtig hin setzte, nahm die Drachendame an Tempo zu, wodurch ich nach links und rechts hüpfte.
"Geht es dir gut?", fragte sie schnaufend.
"Ja", log ich und presste meinen Körper gegen ihren warmen Hals. Obwohl sich meine Haut kochend heiß anfühlte, hatte ich fürchterlich kalt.
Das Tosen hinter uns wurde immer lauter, weshalb ich zurück sah.
Die Wassermasse war nur wenige Meter von uns entfernt, weshalb ich in Panik brüllte: "Schneller Henna! SCHNELLER!"
"Festhalten!", schrie sie zurück und sprang von einem dicken Strang des leuchtenden Steines auf den Nächsten. Um nicht von ihr zu rutschen, presste mein Gesicht und meine Beine an ihren Körper. Feste biss ich meine Zähne zusammen, als meine Wange durch die harten Schuppen aufgeschierft wurden.
Mit einem Kampfbrüll spang Henna zum letzten Mal von einem runden Stein und flog hoch in die aufgehende Sonne. Angespannt sah ich zurück auf die Wassermasse. Ohrenbetäubend laut kam die Flut hinter uns heraus geschossen und überschwemmte die Insel in Sekundenschnelle. Kalte Tropfen berührten noch sanft mein Gesicht, bevor wir rasant an Höhe gewannen und somit weg von dem Wasser kamen. Mein Blick schweifte zum Höhleneingang.
"Henna, schau dir das an", rief ich fassungslos aus.
Der Höhleneingang bestand nicht aus Stein, sondern aus einem weißen, weit aufgerissenen Maul eines riesigen Drachenkopfes. Hinter diesem führte ein langer, schwarzer Hals, der von außen wie eine riesige Wirbelsäule aussah, in das Meer hinein. Die robust wirkenden und langen Flügel des Skelettes lagen auf der Insel. Da jedoch der graue Sand alles verdeckte, sah man es erst auf den zweiten Blick und in weiter Höhe. Was meine Aufmerksamkeit nun auf sich zog, war der riesige Diamant in der Stirn des Drachen. Türkis, rosa leuchtete er uns entgegen.
"Wir waren in einem toten Drachenkörper drin", quiekte Henna angeekelt.
"Um genau zu sein waren wir in seinem Herzen", verbesserte ich sie und zeigte ins Meer hinein. Dort wo der Brustkorb und die Rippen waren, hatte sich ein riesiger Strudel gebildet. Ich vermutete, dass das Wasser durch den Unterdruck in die Höhle hinein gesogen wurde und vorne aus dem Maul wieder heraus kam.
Langsam glitten meine Augen über den Drachenkörper. Das Skelett sah fast wie ein normaler Drache aus, der seinen Kopf auf der Insel abgelegt hatte und mit seinem Körper im Wasser badete. Wären da nicht ein paar Stellen, die nur noch aus Knochen bestanden.
"Der ist noch größer, als Meister Firo", meinte Henna erfürchtig. Zustimmend nickte ich.
Nachdem wir einen Moment im Himmel verharrten, atmete ich tief ein und gab Henna das Zeichen los zu fliegen. Während lau warmer Wind meine Haare zurück wehte, sah ich mir meinen Arm besorgt an. Die schwarzen Linien hatten sich weiter ausgebreitet und bedeckten nun gänzlich meine Hand und meine Schulter.
"Weißt du noch den Weg zurück?", fragte ich Henna, um mich ein wenig von dem Arm abzulenken. Was ich jetzt nicht brauchte war Stille. Denn Stille ließ mich nachdenken, ließ mich durch die Sorge um meinen Arm verzweifeln, und ließ mich ängstlich dem Heimweg entgegen blicken.
"Ja. Ich kann riechen, wo ich lang geflogen bin", berichtete sie stolz.
Erstaunt murmelte ich ein "Verstehe", und lockerte den Griff um ihrem Hals.
"Aber mal ein anderes Thema. Was ist in der Höhle passiert, dass du dort so lange drin warst und immer wieder geschrien hast? Ich hab mir fürchterliche Sorgen gemacht!"
"Das erzähle ich dir, wenn wir zu Hause sind", wich ich hastig aus.
Nach kurzer Stille meinte sie: "Ruh dich etwas aus. Du siehst erschöpft aus." Besorgt drehte sie ihren Kopf zu mir. Ich nickte daraufhin erschöpft, steckte mein Schwert ein und lehnte mich gegen ihren Hals.

~ ° ~

"Ally? Hallo? Ally?" Schwerfällig öffnete ich meine Augen und schaute auf grüne Baumkronen, die von der warmen Sonne erhellt wurden.
"Ja", murrte ich genervt und setzte mich langsam auf.
"Wir sind gleich da." Mehrere male blinzelte ich meine Müdigkeit weg, bevor sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen schlich. Durch einen leichten Schmerz in ihnen zuckte ich zusammen. Prüfend fuhr ich mit meiner Zunge darüber. Trocken und spröde waren sie. Unzufrieden brummte ich und wollte mir aus Gewohnheit durch meine Haare fahren. Doch ein starkes Stechen in meiner rechten Schulter hielt mich davon ab. Leise fluchend schaute ich auf meinen blassen, leicht bläulichen Arm.
"Shit", zischte ich und griff zitternd nach ihm. Bestürzt registrierte ich, dass ich weder an meiner Schulter, noch an meiner Hand eine Berührung spürte.
"Wir sind da!", rief Henna erfreut, weshalb ich leicht zusammen zuckte. Kurz schloss ich meine Augen um mich zu sammeln.
Ich musste einfach nur schnurstracks ins Schloss und mich ausruhen. Nach einer Woche würde es mir bestimmt besser gehen und dann würde ich Lukas alles erzählen... Was er mit der Information anfangen würde war seine Sache... Ich wusste ja selber nicht in welcher Art und Weise ich eine 'Waffe' sein sollte!
In der Zwischenzeit brüllte Henna laut ihre Freude heraus und speite, mit ein paar hustern dazwischen, Feuer. Als ich meine Lider aufschlug und nach unten sah, bekam ich die Kriese. Alle aus dem Schloss kamen heraus gestürmt und jubelten uns zu.
"Wenn die nur wüssten", verdrehte ich grimmig meine Augen. Daraufhin ging Henna in einen sanften Landeflug über. Unten angekommen, blieb ich auf ihrem Rücken sitzen und schaute mich nach Lukas um. Von Wachen begleitet kam er durch die nun ruhige Menge auf mich zu und lächelte mir milde zu. Tief holte ich Luft, schwang mein Bein auf die andere Seite und rutschte vorsichtig an Hennas Schuppen hinunter. Um nicht direkt unten auf dem Boden wegzuknicken lehnte ich mich gegen ihren warmen Körper und hielt mich an ihrem Hals fest.
Starr blickte ich dem prüfenden Blick von Lukas entgegen.
"Ich möchte etwas zu essen, viel zu trinken, ein Bad und schlafen", meinte ich trocken.
"Mehr nicht?", fragte er zweifelnd. Wortlos schüttelte ich den Kopf. Grübelnd brummte er vor sich hin und betrachtete mich eingehend. Seine Augen blieben an meinem Arm hängen. Hastig zog ich ihn hinter meinen Rücken, damit er ihn nicht weiter sah.
"Lasst uns hinein gehen", kam ich ihm zuvor, als er was sagen wollte, und legte vorsichtig mein Körpergewicht auf meine Füße. Kontrolliert atmete ich aus, als der Schmerz durch meine Beine zuckte. Abwartend verschränkte Lukas seine Arme hinter dem Rücken.
Auf einmal fing Henna kräftig an zu niesen und zu husten. Verschreckt liefen die Bediensteten orientierungslos durch die Gegend und suchten das Weite. Bis alle verschwunden waren dauerte es zehn Minuten, in denen ich Lukas Blicken auswich. Humpelnd und mit vielen kleinen Pausen nach wenigen Schritten lief ich nun langsam auf das Schlosstor zu. Lukas tiefer Seufzer drang in meine Ohren. Gleich darauf spürte ich Hände an meinem Rücken und unter meinen Kniekehlen. Perplex blinzelte ich Lukas Profil an, während er mich trug.
"Du bist so dumm! Glaube nicht, dass du ungestrafen davon kommst. Ich habe dir ausdrücklich verboten nicht zu gehen!", sagte er leise, aber dennoch mit fester Stimme. Schuldbewusst senkte ich meinen Blick.
"In dem Moment hielt-"
"Das ist mir egal, was du in dem Moment hieltest. Ich habe nein gesagt und das aus gutem Grund", fuhr er mir wütend dazwischen, als ich mich erklären wollte. "Nun schau dich doch an", fauchte er und sah meinen Körper mitleidig an.
Mittlerweile liefen wir über die leeren Gänge des Schlosses.
"Bis du wieder voll genesen bist, haben wir den Krieg schon längst verloren!" Seine harschen Worte und die Geschehnisse der letzten Tage trieben mir Tränen in die Augen.
"Es tut mir leid", schluchzte ich leise. Er verlangsamte seine Schritte und wandte seinen Blick, der zuvor starr gerade aus gerichtet war, auf mich.
"Es-", tief atmete er um Worte ringend ein. "Es ist in Ordnung Ally. Nur höre auf zu weinen", murmelte er mit weicheren Gesichtszügen und nickte den Soldaten vor seinem Büro zu. Ohne umschweifen öffneten sie ihm die Tür.
"Ich-ich-." Schnapartig holte ich zwischen den Hiksern Luft, bekam jedoch keinen weiteren Ton heraus.
"Ich habe mir Sorgen um dich gemacht", gab er leise zu.
"Ich weiß." Laut schniefte ich. "K-Kannst du mir ein Bad- einlassen?" Stumm nickte er, lief zu dem Bücherregal und klappte das Buch an der oberen Ecke nach hinten. In seinem Zimmer legte er mich behutsam auf das Bett und rief mit einer Glocke nach einem Bediensteten.
"Ja Eure Majestät? Sie haben gerufen?" Hanna stand mit dem Gesicht zum Boden gewandt vor dem Wandteppich hinter dem die Tür versteckt war.
"Lass ein Bad mit klarem, angenehm warmen Wasser ein und lege zwei Handtücher neben das Becken. In einem Eimer hätte ich gerne Eiskaltes Wasser mit einem weichen Lappen."
"Jawohl Eure Majestät", knickste sie vor ihm und schaute auf. Ihre Augen schweiften zu mir. "Allyson", wisperte sie und blieb wie angewurzelt stehen.
"Du darfst gehen", meldete sich Lukas wieder mit seiner autoritären Stimme zu Wort. Erschrocken zuckte sie zusammen und eilte aus dem Zimmer.
"Ich möchte das Hanna dabei ist", murmelte ich nach kurzem Überlegen.
"Bei was dabei ist?" Vorsichtig zog er mir meine Schuhe aus.
"Während dem Bad. Ich möchte das sie weiß, dass es mir gut geht... Sie sah ziemlich schockiert aus." Die Sorge in ihrem Gesicht vor Augen starrte ich an die Decke.
"Wie du willst", hörte ich den König nuscheln. Sekunden später merkte ich, wie er mir den Gürtel meiner Waffe abschnallte und meine zerfetzte Hose aufschnürte. "Was ist mit deinem Arm passiert?" Luft entwich zischend meinem Mund, als Lukas meine Hose auszog und somit etliche Wunden streifte.
"Schlangenbiss", presste ich durch meine zusammen gebissenen Zähne hervor. Er hielt ruckartig in seiner Bewegung inne. Ich schaute zu ihm nach unten. Wie hypnotisiert fixierte er meinen Arm und runzelte die Stirn. "Ich erzähl dir alles, wenn es mir besser geht. Einverstanden?" Er blinzelte, schüttelte etwas benommen seinen Kopf und stimmte meinem Angebot leise zu.
"Narith hat sich Henna angenommen. Er meinte, dass ihr Hals verätzt und ihre Schuppen an manchen Stellen aufgelöst sind." Besorgt schnellte mein Oberkörper nach oben.
"AH", war daraufhin mein Schmerzschrei. Ein Stechen, das in meinem Kopf bei der ruckartigen Bewegung entstanden war, ebbte langsam ab.
"Was ist passiert?" Hunter und Lord Merlin standen kampfbereit vor dem Teppich. Stockend atmete ich aus und hielt mir mit geschlossenen Augen meinen Kopf.
"Ruft einen Arzt", meinte Lukas daraufhin nur und zog mir übervorsichtig das Hemd hoch. Danach eilten schwere Schritte über den Boden.
"Du musste deine Arme hoch nehmen Ally, sonst kann ich dir das Hemd nicht ausziehen", flüsterte er sanft in mein Ohr.
"Kann... nicht", presste ich hervor.
"In Ordnung. Dann trage ich dich jetzt ins Bad." Als seine rauen Hände unter meine Kniekehlen und meinen Rücken griffen, heulte ich leise auf. Es fühlte sich an, als würde er in offene Wunden greifen.
"Ist gut Ally. Gleich haben wir es geschafft", hauchte er gegen meine Haare und hob mich ruckartig hoch. Mit schnellen Schritten war er mit mir im Bad. Langsam ging er vor dem Becken in die Knie.
"Aber Eure Majestät. Das Wasser ist noch nicht ganz eingelassen", hörte ich neben uns Hanna sagen.
"Gib mir den Eimer." Zufrieden atmete ich auf, als das angenehm warme Wasser meine gereizte Haut umhüllte. Jedoch änderte sich das sehr schnell wieder.
"Lass... mich raus", sagte ich erstickt, als meine Wunden am Oberschenkel durch das Wasser aufplatzten. "LASS MICH RAUS!" Wie am Spieß schrie ich und schlug um mich. Auf einmal drückte er mich mit meinem ganzen Körper unter Wasser, wodurch ich mich an der klaren Flüssigkeit verschluckt. Sekunden später wurde ich wieder nach oben gezogen. Hektisch schnappte ich nach Luft und hustete das Wasser in meiner Lunge heraus.
"Ganz ruhig Ally." Wütend schlug ich Lukas Hände weg, die nach mir griffen. Unkontrolliert zogen sich nun meine Muskeln zusammen, wodurch ich nicht mehr in der Lage war etwas zu sagen, zu hören oder mich zu bewegen. Wimmernd krümmte ich mich in dem Wasser zusammen.

Nach Sekunden, Minuten oder Stunden - ich konnte es nicht sagen - verschwanden die Schmerzen langsam, woraufhin ich Berührungen an meinem Körper schleierhaft wahrnahm.
"Der Arzt ist soweit", hörte ich Hunters Stimme durch das Bad hallen. Vorsichtig entspannte ich meine Muskeln und schlug meine Augen auf. Hanna stand vollständig bekleidet links neben mir im Becken und massierte konzentriert meinen Arm. Lukas und Lord Merlin hingegen kniete vor dem Becken und schütteten immerwährend kaltes Wasser über meine Beinwunden. Nur Hunter sah ich nirgends.
"Besser?" Ich folgte Hunters Stimme und legte meinen Kopf in den Nacken. Er hielt mich an meinem Rücken an der Wasseroberfläche.
"Eure Majestät, Ihr habt mich rufen lassen?", unterbrach eine fremde Männerstimme das beruhigende Geräusch von Wasser.
"Ja. Sie muss verarztet werden. Ich habe die Wunden schon mit kaltem Wasser gereinigt und versucht ihren Arm wieder durchbluten zu lassen, doch es nützt nichts. Sie hat in den zwei Stunden..." Die Stimmen von Lukas und dem Arzt wurden immer leiser, da sie aus dem Bad hinaus gingen. Wieder... zu durchbluten? Bedröppelt sah ich auf meinen rechten Arm. Zu durchbluten hieß doch, dass er nicht... Sofort war ich hell wach.
"Was hat das zu bedeuten?", rief ich, damit es Lukas hörte und entriss meine Glieder den anderen.
"Ally bleib lieg-"
"Lukas!", brüllte ich aufgebracht und setzte meine Füße auf den Wannenboden auf. "Lukas!" Immer wieder rief ich seinen Namen und krabbelte mühselig aus dem Becken. Außer Atem blieb ich zwei Meter auf den warmen Fliesen liegen. Raue Hände griffen unter meine Achselhöhlen und hoben mich mit aller Kraft hoch, so dass nun mehr meine Zehenspitzen wage den Boden berührten.
"Lukas?", flüsterte ich ohne Kraft und schaute auf.
"Bringt sie ins Zimmer", meinte er und sprach danach mit dem Arzt in dem weißen Kittel weiter. Warum gab er mir keine Antwort? Warum half er mir nicht zu verstehen, was mit mir los war?
Enttäuscht liefen mir einige Tränen über die Wange, während die anderen mich Stück für Stück in sein Zimmer trugen. Eine unangenehme Hitze stieg von meinen Füßen hinauf und sammelte sich in meiner Speiseröhre. Tief holte ich Luft und streckte dadurch meinen Hals. Ohne es zu wollen würgte ich mehrere male.
"Doktor-"
Bevor Hanna den Namen des Arztes aussprechen konnte, schoss schon eine riesige Flamme aus meinem Mund. Lange konnte ich nicht schockiert sein, da ich danach etlige male eine klare Flüssigkeit erbrach. Zu meiner Verwunderung legten sich die Schmerzen in meinen Gliedern nun schnell.
"Ihre Wunden", hauchte Hunter neben mir fassungslos. Erschöpft schloss ich meine Augen.
"Was ist... mit meinem Arm?", fragte ich wieder leise. In der Stille vernahm ich vorsichtige Schritte, die auf mich zu kamen.
"My Lady?"
"Ja", nuschelte ich ohne aufzuschauen. Meine Kraft reichte dafür nicht mehr.
"Ich werde Euch nun etwas spritzen, was Euer Fieber senkt. Ihr werdet danach eine zeitlang schlafen. Wenn Ihr erlaubt..?" Eine zarte Hand umfasste meinen linken Arm.
"Bevor... bevor Ihr mir etwas spritzt. Henna, sie muss..."
"Ich und Narith werden uns gut um sie kümmern", versicherte mir Lukas. Daraufhin drückte er meinen nassen Oberkörper an seine Brust. "Es wird nicht weh tun", murmelte er leise. Ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Es war Ironie, dass er dachte, dass mir dieser kleine Piekser etwas ausmachen würde.
Einen Moment später merkte ich den Druck der Nadel in meiner Hauptaterie. Zufrieden seufzte ich auf, als mein Körper leicht wie eine Feder wurde und mein Geist im Land der Träume verschwand.

~ ۝ ~

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