Ganz normale Lehrer?!

Kapitel 11

Mit gerunzelter Stirn dachte ich nach.

~ ° ~

Warum ging ich nicht einfach von hier weg und machte mein eigenes Ding? Ich meine, dass hier war ja nur anstrengend für mich. Ich musste früher aufstehen, musste dabei noch Sport betreiben und mich nur mit doofen Jungs herum schlagen! Das war nicht wirklich das Leben, was ich mir vorgestellt hatte! Dabei bin ich doch vor drei Tagen wie immer um zweiundzwanzig Uhr ins Bett gegangen und habe noch eine halbe Stunde Musik, auf meinem Handy, gehört! Und was war dabei raus gekommen? Genau! Das ich jetzt im Mittelalter fest saß und einen Krieg klären musste. 

Frustriert seufzte ich auf. 

Mein Leben ging gerade den Bach herunter! Warum oder wofür gingen die Jungs hier auf die Schule? Was nutzte es ihnen sich hier zu bekämpfen und zu lernen, wie man 'ein starker Mann' wird?

Mein Blick wanderte langsam wieder zu Kandor rüber. 

"Du, Kandor? Warum gehst du eigentlich hier auf die Schule?"
Etwas erstaunt sah er mich nun an. "Ich gehe hier auf die Schule, weil ich meine Familie und unser Königreich mal später beschützen will, wenn ein Krieg bevorsteht! Warum fragst du?" 
Ich zuckte mit den Schultern. "Nur so!" Er nickte und schaute den Jungs wieder beim kämpfen zu.

So hatte ich die Sache noch gar nicht gesehen. Die Jungs hatten natürlich auch Familie und Freunde die sie beschützen wollten. Doch wen hatte ich hier? Ja genau! Keinen! Ich war schon seit einem Jahr von meinen Eltern weg gezogen und hatte eine eigene kleine Wohnung. Jeden Morgen um sieben Uhr fuhr ich zu meiner Arbeit, in ein kleines Café, welches in der Innenstadt stand. Verdienen tat ich nicht schlecht, doch das war ja jetzt vorbei. Denn wenn ich wieder zurück kam, hatte meine Chefin mir sowieso gekündigt und meine Eltern mich für tot erklärt. Ich sagte doch, mein Leben ging den Bach hinunter!

Tief durchatmend zog ich mein Bein noch mehr an meinen Oberkörper, schlang meine Arme um das Schienbeine und ließ den Kopf auf das Knie fallen. "Ich bin so was von gearscht. Wenn ich das hier alles überstehe, werde ich mir eine ganze Packung Eis rein schaufeln", murmelte ich zu mir selber und schloss die Augen.
"Was hast du gesagt?"
"Nichts", sagte ich zu Kandor und winkte abwehrend mit der Hand.

~°~

Eine halbe Stunde saß und schaute ich den Jungs beim kämpfen zu, bis die Stunde zu Ende war. Ein klingeln oder sonst irgendwas gab es nicht. Der Lehrer machte einfach dann Schluss, wenn er sein 'Arbeitsmaterial' fertig durch genommen hatte. Ich erfuhr von Kandor, dass wir jetzt Strategie bei Sir Himpo hatten. Wirklich lustige und kuriose Namen, die die Lehrer hier hatten. 

Darauf hoffend, dass Sir Himpo nicht so ein Arschloch war, ging ich Kandor hinterher. Wir liefen durch viele Gänge und kamen letztendlich an einer kleinen Tür an. Davor stand ein kleiner, dicklicher Mann, mit einem grauen, langen Bart.

Wartend tippte sein Fuß immer wieder auf den Boden. Seine muskulösen Arme waren vor der Brust verschränkt. 
Als er uns erblickte, rief er "Na endlich! Hat euch Sir wieder ein wenig länger trainieren lassen?"
Alle gaben ein "Ja", von sich und winkten dem Lehrer lächelnd zu. 
"Ach und da ist ja auch schon die Dame. Ally stimmt es?" Ich nickte und reichte ihm die Hand. Er nahm sie und verbeugte sich leicht. "Es ist mir eine Freude, auch mal eine Frau in die Welt der Strategien entführen zu dürfen!"
Amüsant kicherte ich und sagte "Na dann hoffe ich mal, dass ich Ihren Erwartungen entsprechen werde!" 
Nun stellte er sich wieder gerade hin und sagte lächelnd "Ganz bestimmt! SO jetzt aber Schluss! Rein mit euch." Sir Himpo öffnete die Tür, machte eine schwungvolle Bewegung in Richtung Raum und ließ mir den Vortritt. Dankend lächelte ich ihn an und betrat neugierig den Saal. In diesem stand ein großer, viereckiger Holztisch an dem viele Stühle anlehnten.

Wir setzten uns alle an den Tisch und schauten wartend nach vorne. Sir Himpo stellte sich breitbeinig hin und zog eine schwarze Tafel zu sich heran. Sie hing an zwei dicken, quadratischen Holzbalken, die rechts und links angebracht waren, und hatte unter diesen Holz Rollen. Er schnappte sich die Kreide und zeichnete viele Strichmännchen auf die linke Seite. Auf die rechte Seite zog er ein Strich senkrecht nach unten. Nun drehte er sich zu uns um und tippte auf die Strichmännchen.
"Das ist unser Feind.."
Alle nickten. Daraufhin tippte er immer wieder auf die rechte Seite.
"... und das ist unsere Mauer, mit der wir uns verteidigen. Was würdet ihr tun?"
Ein paar Jungs meldeten sich.
"Ich würde auf die Mauer drauf gehen, dort Bogenschütze aufstellen lassen und nach drei Sekunden los schießen", sagte ein blonder Junge, als ihn Sir dran nahm. Der Lehrer war aber noch nicht zufrieden.
"Wie wär es mit brennenden Pfeilen?" Zufrieden klatschte er in die Hände und lobte den anderen Junge.
"Gut und was ist, wenn der Feind Schilder hat und die brennenden Pfeile nichts nützen?"
Soldat Kandor meldete sich und sprach mit ruhiger Stimme "Ich würde ein Steinkatapult holen und mit Steinen auf sie schießen. Und das nur in einem gewissen Zeitabstand!" Sir Himpo nickte und lächelte ihn an.
"Und was ist, wenn DAS alles nichts nützt, weil sie Riesen dabei haben?" Jeder grübelte, in seinen eigenen Gedanken vertieft. Zögerlich streckte ich meinen Finger in die Höhe. Der Lehrer nahm mich dran.
"Ich würde sie so weit vorkommen lassen, bis sie an der Mauer sind- und zwar alle- und würde dann heißes Öl nach unten fließen lassen. Es verbrennt die normalen Soldaten und tut den Füßen der Riesen nicht gut. Und wenn die nicht mehr stehen können, kann man sie einfach auf dem Boden niederschlagen!" Alle waren still in der Klasse und sahen mich perplex an. Hatte ich etwas falsches gesagt? Verunsichert blickte ich auf meine Finger, die an meinem Hemd zupften.
"Diese.. Diese Idee ist brillant. So etwas hatten wir ja noch nie!" Begeistert klatschte er in die Hände und kam auf mich zu. Ruckartig zog er mich nach oben und schüttelte mich an den Schultern durch.
"Si-i-i-i-ir Hi-i-i-i-i-m-m-mpo-o-o-o", sagte ich, immer noch von ihm durchgeschüttelt, damit er mich los ließ. Das tat er dann auch endlich. Hart plumpste ich zurück auf meinen Stuhl.
"Tut mir leid, aber manchmal kann ich mich einfach nicht zusammenreißen." Immer noch perplex nickte ich und rückte meinen Stuhl zurecht. Das war gerade etwas verrückt. Wenn jeder Gnom so war, dann wusste ich nicht wie ich das durchhalten würde!
"Sir? Die Stunde ist zu Ende!" Der Lehrer sah auf eine Sonnenuhr und seufzte.
"Immer das gleiche mit Gindom. Immer ist meine Stunde kürzer, weil er seine über zieht", murmelte er verärgert.

Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf und stand langsam auf. Danach schob ich meinen Stuhl an den Tisch und trottete hinter den anderen her.

"Kandor?" Der angesprochene drehte sich zu mir um. "Was haben wir jetzt?"
Er überlegte und sagte dann "Pause!"
Verwundert blieb ich kurz stehen. Hatten wir es schon so spät? Schulter zuckend ging ich in den großen Esssaal und holte mir Nudeln mit Bolognese Soße. Darauf noch ein wenig Käse und voilà, fertig ist mein leckeres Mittagessen. Toni und seine Freunde waren noch nicht da, weshalb ich alleine an dem Tisch saß und in Ruhe mein Essen verspeiste.

Nach ein paar Minuten ging die große Tür auf und viele verschwitzte Jungs kamen in den Saal gelaufen. Manche stürzten sich sofort auf das Essen und schlangen es im Gehen schon hinunter. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf und murmelte "Schweine."
"Das hab ich gehört!" Erschrocken drehte ich mich um und blickte in Tonis Gesicht.
"Mensch, musst du mich so erschrecken", motzte ich ihn an und holte meine Gabel aus dem Essen heraus, die ich fallen gelassen hatte.
"Konnte ja nicht ahnen, dass du so schreckhaft bist", zuckte er mit den Schultern und setzte sich, mit seinem überfüllten Teller neben mich.
"Wo sind eigentlich deine Freunde?", blickte ich mich suchend um. Er zuckte mit den Schultern und schaufelte sich eine riesen Gabel Nudeln in den Mund. "Noch voller gehts nicht, oder?" 
Angeekelt verzog ich mein Gesicht, als er mit vollem Mund "Doch", sagte. Er kaute schnell fertig und drehte in der Zwischenzeit immer mehr Nudeln auf die Gabel.
Ich stoppte seine Hand im Drehen und meinte "Ich glaube es dir auch so. Du musst mir das jetzt nicht zeigen." Beleidigt ließ er die Gabel auf den Tellerrand sinken und sah sein Essen schweigend an.

Seufzend aß ich fertig und klopfte ihm zum Abschied auf die Schulter. Vorne am Buffet trank ich noch ein Glas Wasser, damit die Reste aus meinem Mund verschwanden und blickte mich suchend nach Kandor um. Doch leider fand ich ihn nicht. Wer war denn noch aus meiner Klasse?

Nach drei Minuten gab ich das Suchen auf und seufzte.
"Kann ich Euch irgendwie helfen?"
Erschrocken zuckte ich zusammen, während mein Kopf in die Richtung, aus der die raue Männerstimme kam, ruckte.
Neben mir stand ein muskulöser Mann mit grün, hell grauen Augen und braunen, verwuschelten Haaren. Seine Uniform war ganz schwarz und eng anliegend. Trotzdem war die Oberfläche sehr hart und robust. Sein Gesicht war sehr männlich, kantig aber mit keinen Bartstoppeln.
"Ähm... wer sind Sie?", fragte ich vorsichtig.
"Oh, wie unhöflich von mir", schreckte er leicht auf. Er machte eine kleine Verbeugung und sagte lächelnd "Ich bin Lord Merlin und der Bruder vom König. Es ist mir eine Freude Euch kennen zu lernen. Mein Bruder hat schon viel von Euch erzählt."
Bei dieser Aussage kniff ich leicht meine Augen zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte "Ach ja? Was hat er denn von mir erzählt?" Anscheinend bemerkte er erst jetzt, in welche knifflige Lage er sich befand, denn sein Gesicht verzog sich verärgert.
"Nur gutes! Kann ich Euch nun helfen oder nicht?" Schmunzelnd schüttelte ich innerlich den Kopf über seinen schnellen Themenwechsel. Vielleicht spreche ich ihn nachher nochmal auf die Frage an-, dachte ich innerlich grinsend.
"Nun ja, könnten Sie schon. Ich weiß nämlich nicht, wohin ich muss oder welches Fach ich jetzt habe!"
Ihm entfloh ein leises Oh. "In welcher Klasse seid Ihr denn?" Überlegend kratzte ich mich am Hinterkopf. 
"Ich glaub das war B1. Aber ich kann mich auch täuschen", antwortete ich zögernd. Er nickte und zeigte einladend nach vorne. 
"Nach Euch." Ich bedankte mich und schritt zielstrebig auf die großen Saaltüren zu. Lord Merlin hielt mir freundlicherweise die Tür auf und führte mich wie immer durch viele, gleich aussehende Gänge. Das die sich das überhaupt merken konnten?! Ich wusste ja schon nicht mal mehr, wo mein Zimmer lag!

Nach zirka zwei Minuten blieben wir stehen und sahen auf das Schild, welches neben der Tür hing. 'Schwimmunterricht bei Sir André' stand dort groß geschrieben. Da stellte sich mir die Frage, woher ich jetzt ein Bikini her bekam und warum wir schwimmen mussten.
"Gut, wir sind richtig. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Schwimmen und hoffe das wir uns bald wieder sehen."
Lächelnd nickte ich und sagte "Bestimmt! Und danke für die Hilfe." Er nickte und winkte mir zum Abschied. Als er nicht mehr zu sehen war, klopfte ich kräftig drei mal an die Tür. Ein 'Herein' war zu hören und ließ mich die Tür öffnen. Vorsichtig lugte ich durch den kleinen Spalt und erblickte die Jungs aus meiner Klasse, nur in Badehosen gekleidet. Der Raum, in denen sie standen, war sehr klein und hatte nur drei kleine Bänke darin stehen. Wie in fasst jedem Raum dieser Schule waren die Wände weiß verputzt und der Boden mit weißen Fliesen ausgelegt.
"Ach kommt das Werte Fräulein auch mal", motzte mich direkt der Lehrer an und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
Sehr attraktiv oder hübsch war er nicht. Er war einfach nur ein Strich in der Landschaft, mit einem langen Bart und einer Hornbrille auf der Nase. Sein Pastell weißes Hemd hing an ihm herunter, wie ein Sack. Die braune, bis zu den Knöcheln reichende, Hose half nicht gerade sehr seine dünnen Beine zu verstecken, sondern ließ das Augenmerk nur noch mehr auf seine Knochige Hüfte fallen. Er wirkte auf mich fasst wie ein Hippie. Fehlte nur noch das Stirnband, mit Blumenmuster darauf!
"Ja Entschuldigung. Mit einem verletzten Bein kann man nicht so schnell gehen. Und außerdem hat mir keiner gesagt, wo ich hin muss", verteidigte ich mich.
Seufzend schüttelte er den Kopf und winkte mich zu sich. Langsam kam ich auf ihn zu gehumpelt und stellte mich mit verschränkten Arme vor ihn hin.
"Du kommst jetzt ohne zu meckern mit und setzt dich neben das Schwimmbecken. Ich hoffe nächstes mal hast du kein verstauchtes Bein!"
Grummelnd nickte ich und versuchte mit den gehenden Männer mit zu halten, die durch eine zweite Tür durch gingen. Sie lag gegenüber des Einganges zu dem kleinen Zimmer. Ich verdrehte die Augen, da die Jungs schon fasst durch den Türbogen liefen. Na gut. Hier war es ja auch ein wenig kalt, doch für so Weicheier hatte ich sie nicht gehalten!

Beim Schwimmbecken angekommen, setzte ich mich auf die - verwunderlicher weise - warmen, weißen Fliesen und sah den Jungs zu, wie sie sich auf einen Holzhocker stellten, der feste an den Boden angebracht war, und, auf Anweisung des Lehrers, Kopf Sprünge übten. Das Becken war recht groß und bestand aus hell grünen Fliesen, die ich doch recht schön fand. Eine breite Treppe führte in das tiefe Becken hinein.

Mein Blick wanderte wieder zu meinen Schulkameraden.
Die stellten sich wie Kleinkinder an, die noch nie im Schwimmer waren.
Amüsiert schüttelte ich den Kopf und versteckte mein Grinsen mit meiner Hand.
Doch anscheinend merkte man mir an, dass ich es lustig fand, denn Sir André fuhr mich wütend an "Hör auf zu grinsen. Du kannst es bestimmt nicht besser!"
Mit hoch gezogenen Augenbrauen sah ich ihn an und sagte "Und ob ich das besser kann!"

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