Die Höhle der Stimmen
Kapitel 42
Durch lautes, aber trotzdem beruhigendes Meeresrauschen wurde ich wach. Müde blinzelte ich der Sonne entgegen, die hoch am Himmel stand, und richtete mich mit meiner Decke auf. Feucht und kalt war der graue Sandboden unter mir. Oder war es eher Asche? Mit zusammen gezogenen Augenbrauen ging ich näher an die kleinen Körner heran und inspizierte den Untergrund. Es war feiner, dunkel grauer Staub, der beim Ausatmen in die Luft flog. Eindeutig Asche.
Wegen einem leisen Flügelschlagen schaute ich auf. Sachte zog Henna über dem Meer ihre Kreise, flog im Sturzflug ins Meer und kam Sekunden später mit etwas im Maul aus dem Wasser. Achtlos warf sie es nun auf einen grünen Haufen, der am Strand lag. Interessiert stand ich auf und lief mit meiner Decke auf sie zu. Groß, klein, lang, dick. Es waren alles Fische.
"Krass", flüsterte ich bewundernd.
"Alle für mich... Außer zwei Stück", grinste sie und spuckte Feuer auf die grünen Fische. Erfreut klatschte ich in die Hände. Genau in dem Moment rutschte mir meine Decke vom Körper, weshalb ich sie hoch hob, zu den Knochen lief und meine Kleidung, die auf dem Boden lag, betastete. Ekelhaft feucht. Seufzend fischte ich meine Ersatzkleidung aus dem rechten Beutel und zog sie ohne BH an. Erschrocken starrte ich nun auf die riesigen Narben an meinem Körper.
"Kommst du?", rief Henna von Weitem.
"Ja", antwortete ich schnell und streifte mir hastig die Hose über. Hoffentlich hatte sie sie nicht gesehen. Sie würde sonst vor Schuldgefühlen zerbrechen.
Zwischenzeitlich bei Lukas:
"WO IST SIE?", brüllte ich die Wachen vor meiner Tür an.
"Verzeiht, Eure Majestät. Aber von wem sprecht Ihr?"
"Von Lady Allyson du Schwachkopf", zischte ich und zog ihn an seinem Kettenhemd zu mir heran. "Sie war gestern Nacht bei mir gewesen und muss heute morgen hier vorbei gekommen sein."
"Tut mir leid Majestät, aber wir haben sie nicht gesehen", flüsterte er ängstlich. Ruckartig ließ ich ihn los und schubste ihn von mir. Scheppernd fiel er mit seiner Rüstung auf den Teppichboden.
"Dreckspack", schrie ich wütend, als ich den Flur entlang stampfte. Meine Augen glitten durch die Gänge und an verwirrten Bediensteten vorbei, auf der Suche nach einer bestimmten Person. Sie entdeckt, schritt ich energisch auf sie zu. Fragend sah sie auf. Als sie mich erblickte, senkte sie ihren Blick und verbeugte sich tief vor mir.
"Wo ist sie", knurrte ich leise, damit es keiner mitbekam.
"Wen meint Ihr mein Herr?"
"Ally! Hanna. Wo. Ist. Ally?" Zögerlich hob sie ihren Kopf und schaute mich verwirrt an.
"War sie denn nicht bei Ihnen Eure Majestät?"
"Doch. Aber jetzt ist sie spurlos verschwunden. Ich habe schon alle Lehrer und Melbo gefragt. Keiner hat sie gesehen." Besorgnis zeichnete sich nun in ihrem Gesicht ab.
"Ich-Ich weiß wirklich nicht wo sie ist..." Nachdenklich starrte sie in die Luft. "Ist Henna denn noch da?", fragte sie dann plötzlich. Ein schrecklicher Verdacht schlich sich bei mir ein.
"Komm mit", befahl ich und joggte zu meinem Pferd.
Die Zofe hinter mir auf dem Sattel, ritt ich schnell zur Akademie und robbte die Stalltür von Henna auf. Leer. Sogar Stroh fehlte.
"Schau ob ihr Sattel da ist", sagte ich zu Hanna und marschierte zu Firo. Wie immer hörte er dem leisen Gesang des rothaatigen Mädchens namens Jlia zu.
"Verzeiht meine Störung", räusperte ich mich, woraufhin das kleine Mädchen abrupt still wurde und sich schüchtern hinter Firo versteckte. Grimmig sah der alte Drache zu mir hinüber.
"Was wollt Ihr?", brummte er.
"Ich suche Allyson. Wisst Ihr wo sie ist?" Langsam glitt sein prüfender Blick über meinen Körper.
"Ja", war seine einsilbige Antwort.
"Und wo?" Nervös ballte ich meine verschwitzten Hände zu Fäusten und starrte ihn an. Unverwandt schaute er in meine Augen und schien nachzudenken. Über was konnte ich nicht sagen. Dafür hatte er eine zu neutrale Mine aufgesetzt.
"Eure Majestät!" Ich wandte meinen Blick von dem Drachen ab und sah neben mich auf Hanna. "Alles ist weg. Das Schwert ist auch nicht mehr da", schnaufte sie entsetzt. Bestürzt starrte ich sie für einen Augenblick an, bevor mein Kopf zu dem Drachen herum ruckte.
"Nennt mir einen guten Grund, warum ich es Euch verraten sollte", forderte er und kam meinem Gesicht näher. "Weil ich sie liebe", schrie eine Stimme in meinem Kopf, während ich sagte "Weil sie die einzige Hoffnung für uns Elfen ist. Ihr wisst selber wie schwer es ist gegen Lennard zu kämpfen." Spöttisch blies er mir warmen Rauch ins Gesicht.
"Sie war und wird nie unsere einzige Hoffnung sein! Ihr Elfen seid nur zu feige die ganze Verantwortung für diesen Krieg zu übernehmen und habt daher Ally hier her geholt, damit sie eure Drecksarbeit erledigt."
"Das ist erstunken und erlogen", brüllte ich daraufhin aufgebracht. "Wir Elfen sind sehr wohl in der Lage die Verantwortung für all unsere Taten zu übernehmen!" Missbilligend wandte er seinen Blick von mir ab.
"Sie ist zur Insel geflogen, um dort 'das ewige Feuer' zu holen."
"Wie bitte?", rief ich fassungslos.
"Das wolltet Ihr doch die ganze Zeit. Ein unschuldiges Menschenleben vernichten und sie mit Euren Anforderungen in den Tot stützen", meinte er gleichgültig. "Oder etwa nicht?" Auffordernd sah er mich an und kam gefährlich nahe mit seinem Maul an mich heran. Kochend heiße Wut schoss in meinen Kopf.
"Ihr... IHR SCHEUSAL!" Ruckartig zog ich mein Schwert und zielte auf sein Auge, das einen Meter von mir entfernt war. Doch plötzlich schleuderte mich etwas an die Gegenüberliegende Stalltür, sodass ich zu Boden ging. Ächzend stützte ich mich auf meinen Händen auf und schaute nach oben.
"Es reicht." Merlin stand mit verschränkten Armen vor mir und starrte mich verärgert an.
"Er hat sie gehen gelassen", zischte ich und zeigte anklagend auf den Drachen. Dieser schnaubte und drehte uns den Rücken zu.
"Es war ganz allein ihre Entscheidung gewesen", erwiderte mein Bruder ruhig und gefasst. Für sein Verhalten hätte ich ihm den Kopf abschlagen können.
"Er hätte sie aufhalten müssen! Sie war noch nicht bereit!"
"Du weißt ganz genau, dass Ally sich niemals in ihrem Leben von ihrem Vorhaben abbringen gelassen hätte. Auch wenn du sie vorher gesehen hättest!" Verzweifelt suchte ich nach einem guten Argument, gab nach Sekunden der Erfolglosen Suche jedoch auf. Er hatte recht... Das wusste ich. Aber trotzdem!
"So eine verdammte Scheiße!", schrie ich frustriert und stampfte mit meinem Fuß auf den Boden. Was sollte ich denn machen, wenn sie nicht mehr zurück kam? Yasamin heiraten, damit meine Stiefmutter zufrieden war? Oder doch lieber mit meinen Soldaten in den Kampf ziehen und mit Würde sterben?
Fluchend strubbelte ich mit meinen Händen durch die Haare und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Egal wie ich es drehte und wand. Ally fehlte!
"Hoffen wir mal, dass sie wieder zurück kommt", sagte ich leise und schaute sehnsüchtig durch die Stalltüren in den Himmel.
Zurück zu Ally:
Dunkelheit. Noch nicht einmal ein kleines Licht. Zusammen starrte ich mit Henna in den Tunnel und fragte mich, was darin auf uns warten würde.
"Sollen wir wirklich rein gehen?", fragte sie und wandte mir ihren Kopf zu. Aufgeregt lächelte ich Henna an und haute ihr freundschaftlich auf die Schulter.
"Wir packen das schon", zeigte ich meine Daumen nach oben und grinste aufmunternd. Skeptisch zog sie daraufhin ihre Augenbrauen hoch. Genervt, da sie so pessimistisch war, ließ ich meine Schultern hängen. "Ich geh jetzt rein", sagte ich bestimmend und lief los. Hennas hektische Schritte hallten daraufhin laut gegen die dicken Höhlenwände, als sie mir nun folgte. Neugierig sah ich mich um. Zwischen den hubbeligen und eckigen Wänden entdeckte ich glatte Streifen, die waagerecht in die Höhle hinein führten. Staunend strich ich über das warme Gestein. Erst schleierhaft, dann aber immer heller leuchteten sie nun mintgrün auf dem Boden, der Decken und den Wänden auf.
"Cool", flüsterte ich und nahm meine Hand von dem Gestein.
"Ally? Sollten wir nicht doch lieber umkehren?"
Schmunzelnd sah ich zu ihr und meinte "Jetzt stell dich nicht so an und komm." Während ich weiter ging, starrte ich konzentriert auf den Boden, um nicht über die vielen kleinen Unebenheiten zu stolpern.
"Aber-"
"Nix aber! Du hast Feuer, Klauen und ne Rüstung aus Schuppen. Was hab ich? Nur ein Schwert! Normalerweise müsste ich Angst haben", redete ich ihr dazwischen.
"Ich habe keine Angst", widersprach sie empört und holte zu mir auf. Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben. "Ich mach mir nur Sorgen um dich", gestand sie kleinlaut und drehte ihren Kopf beschämt von mir weg.
"Jaja", murmelte ich, meine Augen verdrehend, war aber dennoch gerührt von ihren Worten. Das sie aber auch immer so Schiss haben musste! Bis jetzt war noch gar nichts passiert!
Genau in dem Moment hallte die Stimme von gestern Abend leise durch die Höhle. "Sie ist da."
"Ah", schrie Henna und sprang beinahe auf mich drauf, wäre ich nicht einen Schritt zur Seite gegangen.
"Mensch Henna", beschwerte ich mich verärgert und zog meine Waffe. Fehlte nur noch, dass sie mich mit ihren Voderbeinen umarmte!
"Schafft sie es?"
"Ist sie überhaupt würdig?"
"Ally, bitte! Lass uns gehen", flehte Henna und drückte meinen Arm mit ihrem Kopf nach oben, sodass mein Ellbogen auf ihren Hörnern lag. Angespannt ignorierte ich sie und sah mich nach Personen um. Doch keiner war zu sehen.
"Ich bin doch nicht hier her gekommen, um dann erfolglos zurück zu gehen", regte ich mich über meine Angst vor dem Ungewissen auf und ballte meine Händen zu Fäusten. "Also haltet verdammt nochmal euren scheiß beschissenen Mund", brüllte ich nun mit fester Stimme und hoch rotem Kopf. Abrupte Stille. Langsam flammte meine Wut ab.
"Sind sie weg?", fragte die Drachendame zittrig neben mir. Tief atmete ich durch und schaute mich misstrauisch um. Als nach Minuten der Stille jedoch nichts passierte, nahm ich Alwara nach unten und stellte mich von der Angriffsstellung wieder normal hin.
"Ist mir egal", brummte ich genervt und sah prüfend zu Henna nach unten. Nervös huschten ihre Augen durch die Gegend. Mitfühlend strich ich über ihren Kopf und flüsterte lächelnd: "Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Ich bin doch da." Ihre Augen wanderten zu mir nach oben.
"Ich will nicht", jammerte sie nun und drückte ihren Kopf an meine Brust.
Nachdem ich sie für Minuten in meinen Arme hielt, löste ich mich von ihr und murmelte: "Komm. Wir gehen weiter." Sie nickte und ging neben mir den breiten Weg entlang.
~ ° ~
"Da." Erfreut zeigte ich auf das zwölfeckige Tor, zehn Meter von uns entfernt. Wie eine drei stöckige Torte lag eine viereckige Steinplatte auf einer größeren und unter dieser widerum ein Zwölfeck. Fasziniert betrachtete ich vier leuchtende Drachenköpfe in den verschiedenen Himmelsrichtungen. Sie waren aus Engeldiamanten geschnitzt und hatten ihre Köpfe zu der rechteckigen Einkerbung in der Mitte geneigt. Weitere vier kleine Diamanten lagen schräg neben dran.
"Ich habe mir das Tor irgendwie... pompöser vorgestellt", sagte Henna enttäuscht und setzte sich hin. Verwundert drehte ich mich zu ihr um.
"Warum? Es sieht doch schön aus." "Naja", murmelte sie nicht überzeugt und schaute nach vorne. Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern, ging zu dem Tor und fuhr mit den Fingern über die mittlere Platte. Ranken, wie die auf meinem Schwert, waren hinein gemeiselt und mit einem harten, glänzenden Material ausgefüllt wurden. Das ganze Gebilde erhellten uns vier leuchtende Fasern. Sie führten von der Decke und dem Boden zu den kleinen Diamanten zwischen den einzelnen Drachenköpfen.
Während Henna fragte, was wir jetzt tun sollten, glitten meine Augen gedankenverloren über die Steine. Irgendeinen Anhaltspunkt musste es doch geben. Oder?
"In der Saga steht etwas über mein Schwert", erklärte ich Henna, als es mir wieder einfiel. "Aber mehr weiß ich auch nicht mehr."
"Hm.. okay... Und was sollen wir damit machen?" Erwartungsvoll sah sie mich aus ihren blauen Augen an. Genervt stöhnte ich auf.
Jetzt standen wir schon hier, kurz vorm Ziel, und wussten nicht weiter, weil ich mal wieder so dumm war und mir die Saga nicht gemerkt hatte.
"Anstatt mir die ganze Zeit Fragen zu stellen, könntest du mal selber überlegen!", rutschte es mir heraus. Verletzte starrte sie mich für einen Augenblick an, bevor sie sich von mir weg drehte. Unsicher trat ich einen Schritt auf sie zu und öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen. Schloss ihn aber gleich wieder.
Ich wollte sie doch gar nicht so anfahren... Ich... Ach, ich wusste ja auch nicht, was mit mir los war! Das war alles viel zu viel. Meine Knochen taten weh und Kopfschmerzen plagten mich schon seit wir vor dem Eingang standen.
"Es tut mir leid, okay? Ich wollte dich nicht so anmotzen. Es ist nur, dass ich..." Ergeben seufzte ich auf. "Ich weiß einfach nicht mehr, was mir machen sollen." Erschöpft setzte ich mich auf den kühlen Boden und wischte mir mit meinem Arm über die Stirn. Kalter Schweiß stand auf ihr. "Es ist alles meine Schuld! Hätte ich mir die Saga gemerkt, könnten wir jetzt weiter machen."
"Ach Ally", seufzte sie und legte sich zu mir. "Wir sind doch weit gekommen, hm? Da lassen wir uns doch nicht von einer blöden Saga aufhalten." Theatralisch schnaubte sie und reckte ihren Kopf eingebildet in die Höhe. Lachend nickte ich. Sie hatte recht. Ausgeben war keine Option. "Uns wird schon noch was einfallen", sagte sie fürsorglich und blies mir warme Luft ins Gesicht. Automatisch musste ich lächelnd.
"Du hast recht", murmelte ich und strich über ihren Nasenrücken. "Wir werden das schon packen... aber erst nach einer kleinen Pause." Zufrieden nickte sie und drehte sich so, dass ich an unser Proviant heran kam.
Schweigend aßen wir daraufhin die restlichen Fische. Während ich nun meine Augen schloss und meinen Kopf gegen den Stein legte, um ein wenig zur Ruhe zu kommen, stand Henna auf und untersuchte weiter das Tor.
"Ally!" Erschrocken setzte ich mich auf und rieb über meine schweren Augen. "Ich glaub ich hab was gefunden." Herzhafte gähnte ich und schaute zu meiner Drachendame. Aufgeregt trat sie von einem Fuß auf den anderen.
"Was ist denn?", brummte ich und rappelte mich langsam auf.
"Da. Siehst du es." Sie zeigte mit ihrem Kopf auf die Einkerbung in der oberen Platte.
"Eine rechteckige Einlassung. Und jetzt?"
"Nein", maulte sie verärgert und bat mich näher heran. "Pass auf", sagte sie, als ich dicht neben ihr stand, und holte tief Luft. Verwirrt beobachtete ich, wie sie Feuer auf den Stein schoss und alles anfing zu glühen..., bis auf kleine Rundungen in der Einlassung. Sie blieben schwarz. Mit zusammen gepetzten Augen ging ich näher heran und betrachtete die Abbildungen der Alwaradrachen. Entzückte lachte ich auf.
"Du bist ein Genie", umarmte ich Henna stürmisch.
"Ist es das was ich denke?", fragte sie mit großen Augen. Breit grinsend nickte ich.
"Der Schlüssel", kreischten wir beide wie Teenies, die ihren Star sahen, und lachten befreiend auf.
Mit tiefer Stimme sagte ich nun gespielt ernst: "Meine Liebe. Diese Operation ist ein heikles unterfangen und erfordert eine große Konzentration. Seid Ihr dafür bereit"
"Natürlich Sir", antwortete Henna in der gleichen Tonlage und trat neben mich.
"Bereit?", fragte ich und sah zu ihr.
"Ich bin bereit, wenn Ihr es seid." Ernst nickte sie mir zu. Lange konnten wir aber nicht unsere ernsten Minen halten, weshalb ich nun kichernd meine Waffe aus der Scheide zog und sie probehalber vor den Antrazitfarbigen Stein hielt. Zweifel kamen in mir auf. Von der Größe her würde es passen, doch ob es wirklich so eine gute Idee war, meine einzige Waffe zwischen die Platten zu schieben?
"Du Henna? Wenn das wirklich klappt, hab ich keine Waffe mehr!"
"Oh", murmelte sie. "Egal! Ich beschützte dich. Und außerdem bekommst du sie bestimmt wieder... Du musst ja mit irgendeiner Waffe gegen diesen Lennard kämpfen, oder?" Zustimmend nickte ich und schaute wieder auf die Einlassung. Nach kurzem Zögern, schob ich vorsichtig das Rohr in die Einkerbung und trat mit Henna einen Schritt zurück. Daraufhin leuchteten die Drachenköpfe und Diamanten im Außenring hell auf. Gebannt verfolgte ich mintgrüne Adern, die sich von den Köpfen langsam zu den Ranken schlängelten und das Licht in ein Gold überlief. Als die Farbe mein Schwert erreichte, drehte sich der Stein vor mir um die eigene Achse nach rechts. Das Goldene Rohr stand nun in der Senkrechte. Während die erste Platte in die mittlere und dann in den zwölfeckigen Außenring sickte, kratzte Stein an Stein, weshalb ich mir meine Ohren zu hielt. Mit einem lauten 'Bumm' endete das Spektakel. Stille.
Zögerlich ging ich zum Tor, legte meine Hände auf die leuchtenden Ranken und stemmte mich kraftvoll dagegen. Nichts passierte.
"Haben wir was falsch gemacht?" Ratlos zuckte ich mit den Schultern und stellte mich gerade hin. Mein Blick glitt nachdenklich zu meiner Waffe. Die Drachen, die vorher hinten waren, zeigten nun nach vorne.
"Vielleicht haben wir irgendetwas übersehen."
"Vielleicht muss ich wieder Feuer spucken."
"Neee. Das glaub ich eher nicht."
"Oder.." Henna hievte ihren Oberkörper hoch und stemmte sich mit ihren Vorderbeinen dagegen. Nichts passierte.
"Satz mit X das war wohl nix", schmunzelte ich und strich über meine Waffe, als Henna wieder auf allen Vieren stand. Aus Gewohnheit drückte ich verträumt auf den oberen Drachen. Ruckartig und mit einem hohen Ton schob sich die Waffe nach vorne, nur von zwei Greifern aus Metall gehalten, und fuhr seine Klingen aus. Erschrocken sprang ich nach hinten. Meine Augen huschten über das Metall. Mit einem lauten 'Klick' sprang es wie ein Sekunden Uhrzeiger von einem Drachen zum anderen und änderte immer wieder ihre Richtung. In der Waagerechte blieb sie nach Minuten stehen. Anschließend öffnete sich das Tor ein Stück weit. Angespannt ging ich näher an Henna heran und lauschte in die gespenstige Stille.
"Sie ist da", schrie eine schrille Stimme plötzlich, sodass ich zusammen zuckte. Was zum Teufel war das denn jetzt schon wieder?
"Ssie issst dhaaa." Mein Kopf ruckte zu der Stimme nach hinten.
"Henna", brüllte ich, um ihre Aufmerksamkeit zu erhalten, als Schlangen aus Wasser flink auf uns zu kamen. Erschrocken wirbelte sie herum.
"Feuer", schrie ich und zeigte nach vorne. Daraufhin holte sie tief Luft und spuckte heiße Flammen auf die wirbellosen Tiere. Währenddessen hastete ich zum Tor und robbte verzweifelt an der Waffe.
"Sie geht nicht los", schrie ich Henna zu.
"Versuch es weiter. Ich vernichte in der Zeit die blöden Viecher."
"Okay", brüllte ich gegen die zisch-laute und Stimmen an, platzierte meine Füße auf dem hervorstehenden Drachendiamanten und zog mit aller Kraft an Alwara.
"Es geht nicht", jammerte ich laut, als sich nichts rührte, und sah nach hinten zu Henna. Immer wieder schoss sie Feuer auf die Schlangen und haute sie mit ihren Klauen gegen die Wand.
"PLAN B. AB IN DEN RAUM", schrie ich so laut ich konnte und drückte mich von dem Türrahmen ab, damit das Tor weiter auf ging. Geschickt landete ich mit beiden Füßen auf den Boden und wartete ungeduldig im Türrahmen auf Henna. Rückwärts lief sie schneckenartig auf mich zu.
"Schneller!", hetzte ich sie und drückte das ein Meter dicke Tor weiter auf. Gerade als sie nur noch einen Meter von dem Eingang entfernt war, fiel mein Schwert aus den Greifern und das Tor mit Schwung zu. Erschrocken versuchte ich es im Zufallen zu stoppen, doch keine Chance.
"Henna!" Mit meiner Faust haute ich gegen den Stein. "Kannst du mich hören? Hallo? Henna?" Keine Antwort. Tränen sammelten sich in meinen Augen. "Bitte antworte mir doch", schluchzte ich und ließ meine Hand kraftlos an dem erdigen Material herunter rutschen. Wegen einem bekannten Geräusch hielt ich die Luft an.
"Sssiiee iisssstt dhaaa." Mit vor entsetzen geweiteten Augen schaute ich nach hinten. Drei ein Meter hohe Schlangen mit roten Augen und blauen Schuppen schlängelten sich langsam auf mich zu. Ängstlich drückte ich mich soweit ich konnte gegen das kalte Gestein und atmete hektisch ein und aus. Jetzt keine Panik bekommen! Es sind nur Schlangen! Ich brauche nur meine Waffe!
Suchend huschten meine Augen über den Boden und blieben an Alwara hängen, die einen Meter von mir entfernt lag.
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