Der Ausritt

Kapitel 15

Eigentlich mochte ich es gar nicht meine Haare trocknen zu lassen, doch einen Föhn hatte ich hier ja nicht!

Seufzend machte ich die Tür des Bades auf und sah langsam nach oben. Vor Unglaube und Überraschung weiteten sich meine Augen.

~°~

"DU BLÖDES ARSCHLOCH!", rief ich zornig, ließ meine Sachen fallen und stürmte auf ihn los. Bei ihm angekommen, sprang ich ihn an und versuchte ihn zu verletzten. Erschrocken taumelte er zurück und wich meinen Fingernägeln aus. "DU VERFI*KTES ARSCHLOCH HAST MIR VORGEGAUKELT, DASS DRACHEN NICHT GEFÄHRLICH WÄREN. LÜGNER!"
"Jetzt beruhige dich doch mal. Ich habe zu dir gesagt, dass sie nicht so gefährlich sind, wie man es euch immer erzählt, und nicht, dass sie harmlos sind!", zog er seine Augenbrauen zusammen und drückte mich von sich weg.
Wut entbrannt prügelte ich auf ihn ein und versuchte ihn an der Brust zu treffen. Tränen rannen mir vor Zorn die Wange hinunter. Mich interessierte nicht, dass er so etwas nie gesagt hatte. Meine Wut über meine ganze jetzige Situation, die sich die letzten Tage aufgestaut hatte, kam hoch und musste heraus. Und wer war besser dafür geeignet, als die Person, die mich in diese Scheiße hinein geritten hatte? Eben! Keiner!
Plötzlich kamen Wachen herein und zerrten mich von ihm weg.
"DER DRACHE HAT MICH ANGEGRIFFEN! ANGEGRIFFEN!!!", schrie ich nach vorne gebeugt, während die Männer in silbernen Rüstungen meine Arme fest hielten. Stark hatte ich meinen Kiefer zusammen gedrückt und versuchte mich aus den Griffen der Männer los zu reißen.
Hanna stand geschockt neben dem König und hielt sich die Hand fassungslos vor den Mund. Lukas alias König kam auf mich zu und winkte ein mal kurz mit der Hand. Die Wachen ließen mich los. Ich schluchzte einmal kurz auf. Nun ging ich wieder auf ihn los und klopfte so fest ich konnte gegen seinen Brustkorb und weinte bitterlich.
Immer wieder brüllte ich, dass es seine Schuld wäre und das der Drache mich angegriffen hatte. Das Lukas ein Blödmann wäre, mich in so eine Schule zu stecken und das ich nach Hause wollte.
Ihm fiel nichts anderes ein, als mich in den Arm zu nehmen und zu seufzen.
"Sie hat mich angegriffen", schluchzte ich nun etwas leiser und sank kraftlos an seiner Brust hinunter auf meine Knie.
Er ging mit nach unten und streichelte beruhigend über meinen Rücken. "Ist ja gut Ally. Ich weiß."
"Das ist alles deine Schuld", sagte ich anklagend und zog meine Nase hoch. Nachhickser schüttelten mich. Die Wachen gingen auf ein Zeichen des Königs nach draußen. Hanna leise hinter her. Nun waren nur noch ich und er alleine in dem Zimmer. Immer noch hielt er mich in seinen Armen und kniete vor mir.
"Geht es wieder?"
Ich nickte unmerklich und setzte mich langsam auf.
"Hat wohl doch noch der Schock in deinen Knochen gesessen", meinte er und gab mir ein Taschentuch. Schweigend schnäuzte ich hinein und wischte mir, mit meinem Handballen die restlichen Tränen von der Wange.
"Tut mir leid", flüsterte ich und setzte mich auf das Bett. Lukas nickte und reichte mir eine Tasse Tee. Sie wärmte meine Hand und beruhigte mich somit ein wenig. Verträumt beobachtete ich das braune Wasser, wie es einen Strudel bildete, als ich den Tee mit einem Löffel umrühren.  Leise ließ Lukas sich neben mir nieder und schielte zu mir hinüber.

Für ein paar Minuten herrschte Stille, bis er sie unterbrach und vorsichtig fragte "Soll ich dir einen anderen Drachen zu weisen?"
"Nein! Ich zeige der das nächste mal wo der Hammer hängt", sagte ich ernst und kniff die Augenbrauen zusammen. Dabei sah ich auf einen Punkt in dem Zimmer.
Plötzlich lachte Lukas los und schüttelte den Kopf. Sein Lachen war sehr rau und auch irgendwie... sexy?! "Du bist so stur." Ich zuckte nur mit den Schultern und trank die Tasse leer.
"Du hättest mich schon mal ein wenig mehr vor den Drachen warnen können. Dann wäre das alles vielleicht nicht passiert", murmelte ich.
"Ich habe nie davon geredet, dass sie harmlos sind Ally."
"Ja. Aber auch nie gesagt, dass sie so gefährlich sind!"
Ich sah ihn anklagend an. Er seufzte und fuhr sich durch die Haare.
"Nächstes mal warne ich dich vor. Ja?"
Ich nickte. Sanft stellte ich die Tasse neben mir auf den kleinen Nachttisch. "Muss ich heute in die Schule?", fragte ich nun kläglich und sah zu ihm hinüber.
Lukas schüttelte langsam den Kopf und sprach lächelnd "Heute unternimmst du was mit mir."
Skeptisch hob ich die Augenbrauen und zog den Kopf ein wenig zurück. "Und wer hat gesagt, dass ich was mit dir machen WILL?"
Perplex sah er mich an. "Du hast die Wahl. Entweder Schule oder mit mir ausreiten gehen." Er lächelte leicht. Böse sah ich ihn an und verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Da mach ich nicht mit!", meinte ich trotzig.
"Oh doch!"
"Nein", schüttelte ich den Kopf und zog die Augenbrauen zusammen.
"Doch!"
"Nein!"
"Doch!"
"Nein."
"Nein."
"Doch."
Warte mal. Da stimmt doch was nicht, dachte ich nachdenklich. Triumphierend grinste mich Lukas an.
"Scheiße", murmelte ich fluchend. Er hat mich total mit den 'Neins' und 'Dochs' verwirrt, sodass ich am Ende nein gesagt hatte!
"Ich hab gewonnen, also gehst du mit mir reiten!"
"Du weißt schon, dass ich nicht reiten kann!?"
Er zuckte mit den Schultern. "Wird schon irgendwie."
Genervt stöhnte ich auf und ließ mich rücklings auf die Matratze fallen. "Wann?"
"Jetzt." Er stand auf. Ich sah ihn von unten an und stützte mich auf meine Unterarmen hoch.
"Ich hab aber gar nicht die richtigen Sachen an!"
"Im Stall gibt dir dein Stalljunge die richtige Kleidung für den Ausritt."
Seufzend setzte ich mich auf und kratze mich am Hinterkopf. Lukas kam auf mich zu, zog mich vom Bett und ging mit mir nach draußen.
"Jetzt warte doch mal! Ich hab keine Schuhe an", protestierend ich und stolperte hinter ihm her.
"Egal. Hier ist sowieso alles mit Teppich ausgelegt."
Empört rief ich "Gehts noch?!" und funkelte ihn böse an. Davon ließ er sich nicht beirren und zog mich bis zum Ausgangstor mit. "Ja und jetzt? Ich geh-."
Er hob mich einfach hoch und schmiss mich über seine Schulter. Die Luft wurde mir aus der Lunge gedruckt, weswegen ein 'Uff' zu hören war. "Lass mich runter du möchte gern futzi!" Genervt trommelte ich auf seinem Rücken herum und strampelte mit den Beinen.
"Halt still oder ich lass dich fallen!" Ich gab meinen Widerstand auf und sah die verwirrenden und zum Teil auch bewundernden Blick, der anderen Leute, welche uns entgegen kamen oder irgendwo herum standen.

"Habt ihr nichts zu arbeiten", rief ich zu ihnen. Augenblicklich drehten sie sich weg und gingen ihrer Arbeit nach. "Blödmänner", nuschelte ich. Langsam tat mein Bauch weh, weil die Schulter von ihm mir in die Magengrube drückte. "Lukas. Es tut so langsam weh!" Ich sah auf sein Hinterkopf und stütze mich mit den Händen an seinem Rücken ab.
"Wir sind gleich da. So lange kannst du es ja noch aushalten!"
Gespielt heulte ich auf und meckerte "Neein!" Plötzlich setzte er mich ab und hob mich danach aber wieder im Brautstil hoch. Schmunzelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust und schaute mürrisch in der Gegend herum.
"Du bist ein echtes Federgewicht", meinte er, als wir am Stall ankamen und ließ mich runter.
"Was soll denn das jetzt heißen?", fragte ich zickig. Er lächelte mich nur an und nahm die Zügel des Pferdes in die Hand. Melbo stand neben mir, hielt mir Kleidungsstücke hin und grinste belustigt. Deshalb gab ich ihm einen leichten Klaps auf dem Hinterkopf und murmelte "Grins nicht so doof." Der Knabe rieb sich den Kopf, konnte aber sein Grinsen nicht verstecken. Schnell nahm ich die Klamotten und zog mich in einem Gehege, außerhalb des Blickfeldes der Jungs um und ging wieder zurück.
Ich hatte eine eng anliegende braune Lederhose sowie ein lockeres weißes Hemd an. Dazu noch braune Reitstiefel und Handschuhe. Diese zog ich aber gar nicht erst an. Sie würden mich nur stören.
Als ich bei den beiden ankam, lächelte Lukas zufrieden und sagte "Da du ja nicht so gut reiten kannst, wirst du einfach vor mich auf das Pferd gesetzt!" Fassungslos sah ich ihn an und schüttelte wild mit dem Kopf.
"Ne ne ne. So war das aber nicht ausgemacht", streckte ich den Zeigefinger in die Luft und wackelte mit ihm herum. Der König verdrehte die Augen, ging auf mich zu und hob mich einfach an der Hüfte hoch, um mich dann auf den Sattel zu hieven. Perplex schaute ich nach unten und beobachtete, wie Lukas sich auf den Sattel hinter mich schwang. Widerwillig setzte ich mich richtig hin und rutschte ein wenig auf dem Sattel herum.
"Fertig?" Ich murmelte ein Ja und das Pferd setzte sich langsam in Bewegung. Zwei Wachen, rechts und links von uns, ritten hinter uns her und beobachteten die Elfen Menge aufmerksam. Leicht hatte ich mich in die Mähne des weißen Pferdes festgekrallt und blickte nach hinten. "Wohin reiten wir denn überhaupt?"
"Zu meinem Lieblingsplatz", lächelte er und trieb das Pferd an schneller zu laufen. Überrascht krallte ich mich an seine Armen fest, welche neben mir lagen und die Zügel locker fest hielten. "Keine Sorge. Ich presche nicht im vollen Galopp mit dir los!" Erleichtert atmete ich aus und löste meinen Griff zögerlich.

Wir durchquerten ein kleines Waldstück und kamen an einer Lichtung an, auf der ein breiter Fluss durch lief. Dort machte Lukas halt und stieg ab. Er hielt mir seine Hände entgegen, um mir hinunter zu helfen. Ich ignorierte ihn gekonnt und sprang vom Sattel hinunter.
"Und? Was machen wir jetzt hier?" Ich sah mich um und entdeckte ein paar Meter von uns entfernt die Wachen. Seufzend schüttelte ich den Kopf und dachte, "Können die nicht mal weg gehen?"
"Wir essen jetzt erst mal was!" Verwundert sah ich zu ihm rüber und bemerkte, dass ich richtig Hunger hatte. Also half ich ihm eine große Decke, ein paar Meter vom Fluss entfernt, auszubreiten. "Bin gleich wieder da", sagte Lukas und lief schnell zu den Wachen hin. In der Zwischenzeit setzte ich mich auf den Stoff und zog die Reitstiefel aus. Sie waren mir etwas zu groß. Naja. Wenn man auch Schuhgröße sechsunddreißig, siebenunddreizig hatte, war das kein Wunder!
Lukas kam mit einem Korb wieder und stellte ihn in die Mitte der Picknickdecke. Neugierig sah ich hinein und erblickte Trauben, Käse, Brot und noch vieles mehr. Fröhlich räumte ich alles aus und griff mir direkt danach eine Traube. Geschickt warf ich sie mir in den Mund und kaute genüsslich darauf herum.
"Da hat wohl jemand Hunger", grinste er und holte eine grüne Flasche aus dem Korb. Ich nickte und schluckte mein Essen herunter.
"Was ist denn das?", beugte ich mich leicht nach vorne und betrachtete die Flasche, welche er auf machte.
"Wein."
Schmunzelnd ließ ich mich rückwärts auf die Decke fallen und seufzte.
"Lukas?", zog ich leise seine Aufmerksamkeit auf mich. "Was willst du wirklich hier? Ich glaube nämlich nicht, dass du als König so viel Zeit hast, um mit mir einen kleinen Ausritt zu machen!"
Meine Ellbogen auf die Decke abgestützt, ging ich mit meinem Oberkörper nach oben und sah ihn forschend an. Seufzend stellte er die Flasche ab und murmelte "Vor dir kann man aber auch nichts geheim halten!" Etwas lauter fuhr er fort "Ich wollte nur mit dir über dein Wohlbefinden reden und dir deine Fragen beantworten, sobald du welche hast versteht sich." Nickend setzte ich mich in den Schneidersitz und pflückte eine weiter Trauben von den Stängeln.
"Mir geht es soweit eigentlich ganz gut. Das frühe Aufstehen macht mir nur ein wenig Probleme... Mehr kann ich aber auch nicht sagen, weil ich ja wegen meinem Knie verhindert war und zur Hälfte nicht an dem Unterricht teilnehmen konnte..." Der König nickte wissend. "Was die Fragen betrifft habe ich schon noch ein paar. Aber lass uns erst mal ein wenig chillen und ein bisschen Essen." Als ich dies sagte griff ich nach dem Brot, riss ein Stück ab, holte mir ein Messer und schmierte mir Käse auf das Stück.
"Chillen heißt noch mal?"
"Nichts tun und ein wenig entspannen", lächelte ich ihn an und biss in das Brot hinein. Lächelnd machte er es mir nach und goss ein wenig Wein in zwei Gläser. Zusammen stießen wir an und aßen die Sachen schweigend auf.

Als ich keinen Hunger mehr hatte spazierte ich langsam zum Fluss und setzte mich auf einen breiten, flachen Stein, der halb im Wasser und halb in der Erde lag. Lukas gesellte sich zu mir, zog seine Schuhe sowie seine Socken aus und tunkte seine Beine in das klare Wasser. Ich machte das selbe und beobachtete die Lichtreflexe auf der Wasseroberfläche.
"Wie stellt ihr Strom her, wie wird das Wasser bei euch hoch gepumpt und wie wird es heiß gemacht", fragte ich und schielte neugierig zu ihm nach links.
"Durch Wasserräder wird bei uns Strom hergestellt. Da gibt es eine bestimmte Konstruktion, die das bei uns macht. Und das selbe wird dann auch mit dem pumpen gemacht. Wir erzeugen so viel Energie, sodass wir durch viel Unterdruck das Wasser hoch bekommen. Sobald das Wasser in deinem Stockwerk ist, wird es in einem Kessel aufgewärmt und durch Rohre zu dir geleitet. Eigentlich ganz einfach!" Er zuckte lässig mit den Schultern und lächelte mich an.
"Und was ist wenn kein Wasser mehr dort lang läuft, wo ihr die Wasserräder habt?"
"Das hoffe ich nicht. Im schlimmsten Notfall müssen wir es uns dann immer in Krügen nach Hause schleppen und selber warm machen." Ich nickte und ging mit meinen Füßen, im Wasser, hin und her. Dadurch flogen ein paar Tropfen hoch und landeten auf Lukas. Lachend sah ich in sein verzogenes Gesicht. Anscheinend waren die Tropfen in seine Augen geflogen.

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