Darf ich mal probieren?
Kapitel 12
"Hör auf zu grinsen. Du kannst es bestimmt nicht besser!"
Mit hoch gezogenen Augenbrauen sah ich ihn an und sagte "Und ob ich das besser kann!"
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Zweifelnd sah er mich mit gerunzelter Stirn an und meinte "Hast du Glück, dass du ein verstauchtes Bein hast, sonst würde ich dir befehlen ein paar Bahnen zu schwimmen und vom zehn Meter Brett zu springen!"
Grinsend machte ich "Tja Pech, ne?!" Wütend wandte er sein Blick von mir ab und beobachtete konzentriert die Jungs.
~°~
Wir hatten die letzten vier Stunden Schwimmen, was für mich das reinste vergnügen war. Dauernd musste ich lachen, weil irgendeiner einen Bauchklatscher machte oder vom Lehrer angeschrien wurde. Als die Stunden dann leider endeten, hatte ich etwas Bauchweh, weil ich zu viel gelacht hatte.
Erschöpft trottete ich mit Kandor in den Speisesaal und ließ mich auf meinen gewohnten Platz nieder. Als dann auch Toni und seine Freunde kamen, bat ich ihm mir etwas zu essen zu bringen. Schmunzelnd nickte er und spazierte zum Buffet. Alleine, mit dem Kopf auf dem Tisch, betrachtete ich die Menge um mich herum. Viele aßen wie Schweine und sahen auch entsprechend danach aus. Doch manche behielten ihren Anstand und aßen normal. Ich fragte mich, wie man auf diese Schule kam.
Toni kam mit meinem Essen zurück und reichte mir das Tablett. Dankend lächelte ich ihn an und setzte mich gerade hin. Schweigend aßen wir unser Schnitzel auf und gingen zusammen zur Geschirrablage. Dort fragte ich ihn "Sag mal Toni? Wie kommt man eigentlich auf diese Schule?" Verwundert schielte er zu mir rüber und schob sein braunes Tablett in die Haltungen.
"Na ja... In jeder Stadt wird ein Sport- und Strategietest gemacht und wer besteht, kommt hier auf die Schule. Die Tests werden aber erst gemacht, wenn man vierzehn Jahre alt ist. Warum willst du das denn wissen?" Nachdenklich presste ich die Lippen zusammen und zuckte mit den Schultern. Nachdem ich mein Tablett auch abgestellt hatte schaute ich kurz zu Toni rüber und sah seinen fragenden Blick.
"Ich wollte nur mal fragen, weil doch nicht sooo viele Jungs hier sind.... Naja beziehungsweise so viele Jungs, die das Land hat."
Er nickte lächelnd und erklärte "Die Tests sind sehr hart und manche bestehen sie nicht. Deshalb gehen in einer Stadt, im Durchschnitt, nur 2 von 50 Jungs auf diese Schule." Staunend nickte ich. Langsam gingen wir schweigend neben einander her. "Sag mal. Warum bist du denn eigentlich auf diese Schule geschickt worden? Mir ist es echt ein Rätsel, warum auf einmal ein Mädchen hier lernen darf!"
Überlegend, ob ich es ihm sagen durfte, kaufte ich auf meiner Lippe herum. "Naja..", setzte ich zögerlich an "den Grund darf ich dir vom König aus glaub ich nicht sagen, aber ich kann dir erzählen, was der Unterschied zwischen meinem und eurem Unterricht ist."
Etwas enttäuscht seufzte er und forderte mich auf, den Unterschied zu erzählen.
Also begann ich "Ihr habt in der ersten Woche von 6:00 - 15:00 Uhr Unterricht, wie ich. Aber ab der zweiten Woche habt ihr von 9:00 - 15:00 Uhr Schule. Wo hingegen ich um 7:00 Uhr aufstehen muss, nur eine halbe Stunde Freizeit habe und mein Unterricht um 21:00 Uhr endet. Außerdem habe ich Samstags und Sonntags nicht Frei, sondern muss dort auch in die Schule gehen... Im übrigen dauert meine Ausbildung hier nur ein Jahr und eure dauert zwei bis drei!"
Es dauerte einen Moment, bis er kapierte, was ich gerade gesagt hatte. Mittlerweile waren wir schon an den Duschen der Jungen vorbei spaziert und steuerten nun auf mein Zimmer zu.
"Das... Das ist sehr ungerecht! Und du hast nur immer die halbe Stunde morgens Freizeit?" Ungläubig sah er mich von der Seite an. Ich nickte verärgert und machte leise meine Zimmertür auf.
"Ja schon. Und wüsstest du erst den Grund, weshalb das alles so ist, würdest du richtig baff sein. Aber naja... Was machst du denn jetzt noch so?"
Kurzes schweigen herrschte.
"Ich wollte zu den Drachen gehen und meinen eigenen ein wenig Futter geben... Willst du mit kommen?"
Verunsichert drehte ich meine Daumen um den anderen und antwortete leise "Ich weiß nicht. Ich hab noch nie einen gesehen und wüsste auch nicht, wie ich mit ihnen um zu gehen habe."
Lächelnd winkte er abwehrend mit der Hand und meinte "Ach da brauchst du dir gar keine Sorgen zu machen. Lili ist eine ganz liebe und würde dir nie etwas tun. Außerdem werde ich dir schon zeigen, wie du sie behandeln sollst."
Abwartend lächelte er mich an und reichte mir seine Hand. Seufzend schlug ich ein und ließ mich von ihm wieder aus meinem Zimmer zerren.
Nachdem wir in der Eingangshalle standen, ließ er mich für ein paar Minuten stehen und kam mit einem Pferd wieder zurück. Er half mir auf zu setzten und kletterte hinter mir hoch. Langsam griff er nach den Zügeln und stieß seine Füße sanft an den Bauch des Pferdes.
Wir ritten los und kamen nach fünfzehn Minuten an einem großen Hof an.
Drei große Scheunen standen nebeneinander und hatten alle die großen Tore sperrangelweit auf stehen. Von weitem konnte man das helle Licht sehen und das Stroh riechen. Als wir vor den roten Holzgebäuden ankamen stoppte er und hob mich vom Pferd hinunter. Nervös ging ich Toni hinterher, in die Scheune hinein und sah mich um. Links und rechts war Stroh ausgelegt und dünne Trennwände eingebaut wurden. Insgesamt waren auf jeder Seite über fünfzig Abteilungen, mit Türen, die für die Drachen Unterkünfte sein sollten. Bei den ersten Abteilungen konnte ich noch keine Drachen entdecken, weil die großen Türe zu waren, doch ab der Hälfte wurde es immer lauter und man konnte vereinzelnd animalisches Gebrülle hören.
"Du Toni? Kann dein Drache mir wirklich nichts machen?"
Lächelnd sah er mich von der Seite an, während ich nervös gerade aus schaute und versuchte Drachen zu entdecken.
"Sobald ich nicht sage, dass sie dich beißen soll, macht sie das auch nicht", versuchte er mich zu beruhigen. Gezwungen ruhig nickte ich.
Ein paar Minuten später blieb er stehen und drückte langsam die Türen auf. Neben dieser war ein Schild mit der Nummer 260 zu erkennen. Er bedeutete mir kurz davor zu warten und ging zu seinem Drachen. Neugierig beugte ich meinen Kopf zur Seite, um einen Blick auf den Drachen erhaschen zu können, doch leider sah ich nichts. Toni kam wieder heraus und drückte mich schnell in den Stall hinein. Verwirrt wanderte mein Blick zu ihm nach hinten und blieb an seinem Grinsen hängen. Nun sah ich nach vorne und erschrak ein wenig.
Vor mir lag ein blauer, mittel großer Drache, der mich aus seinen blauen Augen neugierig anschaute. Stocksteif stand ich ein paar Meter von ihr entfernt und hielt den Atem an.
"Lili darf ich dir vorstellen? Das ist Ally. Die neue Schülerin unserer Schule", stellte mich Toni vor. Das Drachenweibchen hob den Kopf von ihren großen, Krallen besetzten, Pranken und stand langsam auf. Faszinierend beobachtete ich, wie sie ihr Schuppenkleid schüttelte und die Flügeln ein wenig ausbreitete.
"Sie riecht anders", hallte eine ruhige Stimme durch meinen Kopf und ließ mich leicht zusammen zucken. Toni sah Lili fragend an und kam mir etwas näher. Dann roch er an mir und schüttelte den Kopf.
"Sie riecht ganz normal. Weiß nicht was du hast."
Empört stemmte ich meine Hände in die Hüften und meinte zu ihm "Hallo?! Man riecht nicht einfach so an irgendjemandem. Das ist unhöflich!" Toni zog nur die Schultern hoch und sah mich mit einem Wenn-du-meinst Blick an.
"Darf ich sie mal probieren?" Schockiert blickte ich zu der Drachendame hoch und versteckte mich schnell hinter Tonis Rücken. Lachend nickte er mit dem Kopf und schob mich vor sich. In Panik schlug ich seine Hände weg und flüchtete in eine Ecke. Leider hatte mein Fluchtversuch keinen Sinn, weil der Drachenkopf immer näher kam und vor meinem Gesicht stoppte. Den Atem anhaltend presste ich meine Augen zusammen, in der Erwartung, dass sie mich gleich beißen würde. Doch es kam anders, als ich dachte.
Ein paar Sekunden später spürte ich, wie etwas großes, raues, nasses und schleimiges über mein ganzes Gesicht strich. Angeekelt verzog ich das Gesicht und wischte mir den Schleim von den Augen.
"Sie schmeckt ekelig. Du schmeckt eindeutig besser!" Fassungslos öffnete ich langsam meine Augen und schaute beide perplex an.
"Danke. Das Kompliment weiß ich zu schätzten Lili", lächelte Toni und strich ihr über den Kopf. Den restlichen Sabber des Drachen von meinem Gesicht wischend, ließ ich mich an der hölzernen Wand herunter rutschen. Das gibt es doch nicht! Wenn alle Drachen so waren wie Lili, will ich ehrlich gesagt keinen weiteren kennen lernen! Toni schenkte seine Aufmerksamkeit wieder mir und gab mir ein Handtuch. Sauer riss ich es ihm aus der Hand und schaute, während ich mein Gesicht säuberte, ihm wütend in die Augen.
"Jetzt sei nicht so sauer! Sie hat dir ja nur über das Gesicht geschleckt!"
"Ja. Aber du hast mich im glauben gelassen, dass sie mich beißen will. Mensch Toni, denk doch mal nach! Ich begegne zum ersten mal einen Drachen und weiß nicht was ihr mit 'probieren' meint." Aufgebracht stand ich auf und klopfte mir den Dreck von der Hose.
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