Tag der Abreise (Epilog)
"AUFWACHEN! DU KOMMST ZU SPÄT!", brüllte der Wecker. Timo fuhr aus dem Schlaf hoch. Kurz brauchte er Zeit um aufzuwachen. Träge suchten seine Finger das Handy auf dem Nachttisch und trommelten so lange auf dem Display herum, bis es endlich zum Schweigen kam. Er wollte nicht aufstehen. Es war so früh. Langsam setzte er sich auf und rieb sich verschlafen über das Gesicht. Was für ein Tag war heute noch einmal? Dann traf ihn die Aufregung wie ein Schlag in die Magengrube. Es war soweit! Endlich!
Seit jenem schicksalhaften Tag in Opa Waldemars Landhaus waren einige Monate vergangen. Nach den Pfingstferien waren Timo und Tobi, immer noch extrem aufgeregt von ihren neuen Erkenntnissen, in die Schule zurückgekehrt. Natürlich hatten sie niemandem von dem, was sie herausgefunden hatten, erzählt, auch wenn es Timo schon sehr unter den Fingern gejuckt hatte Kira zu erzählen, dass er gegen einen echten Dämon gekämpft hatte. Er hätte ja nicht erwähnen müssen, dass er nur überlebt hatte, weil er von einem anderen gerettet worden war. Timo schaffte es dafür allerdings, an einem Wochenende, den Enderdrachen in Minecraft zu besiegen und er konnte damit vor Kira angeben, die aber wenig beeindruckt schien. Immer diese Mädchen, die keine Ahnung von Computerspielen hatten! Wer verstand die schon?
Dann, ein paar Wochen vor den Sommerferien war Timo nach Hause gekommen und erneut hatten seine Eltern am Küchentisch gesessen. Sie sahen unglücklich aus, aber so, als würden sie nach Kräften versuchen ihre Trauer mit gespielter Fröhlichkeit zu überspielen. Vorsichtig setzte sich der Schnüffler zu ihnen. Blitz wuselte herbei und brachte ihm ein Glas Apfelsaft. Natürlich hatten Timo und seine Mutter es aus Opa Waldemars Landhaus mitgenommen und nun bestand es darauf der Familie sämtliche Arbeiten abzunehmen und mit seinem 'Sinn des Lebens' zu argumentieren, wenn man es davon abhalten wollte. Timos Vater hatte erstaunlich gelassen auf Blitz reagiert, was Timo dazu brachte zu glauben, dass er ebenfalls in die Dämonenjäger und Dämonen Sache eingeweiht war. Gab es eigentlich jemanden in der Familie, der nichts davon wusste, oder war es ihm als einzigem vorenthalten worden? Egal, seine Familie hatte ihn ja nur beschützen wollen, indem sie ihn von all dem fern hielt.
"Alles Okay?", fragte Timo jetzt unsicher und fragte sich, ob die Lehrer angerufen hatte, um seine Eltern zu informieren, dass er die Woche zuvor auf einen Schrank geklettert war, weil Matthis es irgendwie geschafft hatte seine Brotdose da hoch zu manövrieren. Dafür hatte er eine gigantische Menge Ärger von Frau Müller kassiert, weil es anscheinend gefährlich war. Pfh, gefährlich, er hatte gegen einen echten, bösen Dämon gekämpft, da war ein Schrank doch nicht gefährlich!
Lana setzte ein Lächeln auf, das so schlecht gespielt war, dass man sie damit nicht einmal für 'Auf Streife: die Spezialisten' gecastet hätte. Ohne ein Wort zu sagen schob sie Timo ein Blatt Papier entgegen. Vorsichtig, als könnte es ihn beißen, nahm der Schnüffler den Bogen entgegen.
'Dämonenjäger-Akademie Heidelberg
Anmeldeformular'
stand in großen Lettern ganz oben auf dem Papier. Es war bereits mit Lanas schwungvoller Schrift ausgefüllt worden. Der Schnüffler überflog das Formular. Seine Eltern hatten alles erledigt, es fehlte nur noch seine Unterschrift. "Wow.", flüsterte Timo, "Im Ernst? Ich... ich darf da hin? Obwohl du das eigentlich nicht wolltest? Wow, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Danke!"
Lana lächelte traurig. "Ich dachte, vielleicht ist es wirklich eine gute Idee. Die Dämonenjäger-Akademie bietet auch eine normale Schulausbildung, also glaub ja nicht, dass du um Deutsch und Musik herumkommst! Außerdem ist sie ein Internat, du darfst aber am Wochenende heimkommen. Ich habe schon mit Tobis Eltern geredet, schließlich hast du den auch eingeweiht. Sie wissen zwar nicht, dass es eine Dämonenjäger-Akademie ist, sondern denken, dass es eine ganz normale Schule ist, aber sie erlauben Tobi hinzugehen. Ist das nicht schön? Ich glaube ein bisschen spekulieren sie darauf, dass sie dann weniger Geld für ihn ausgeben müssen.", erklärte sie und Timos Vater nickte. "Wir wollen dich aber nicht abschieben. Wenn du nicht in die Akademie willst, dann ist das auch okay. Wir glauben aber, dass du das ganz toll hinkriegen könntest.", sagte er und klopfte seinem Sohn stolz auf die Schulter. "Danke. Ich möchte da auf jeden Fall hin. Vielen Dank! Wann geht es los?", rief Timo aufgeregt. Seine Mutter lachte. "Nach den Sommerferien. Sie holen euch dann ab, das machen sie immer.", erklärte sie, offensichtlich fröhlich ihren Sohn so glücklich zu sehen.
Jetzt waren die Sommerferien zu Ende. Timo sprang aus seinem Bett, zog sich seine Klamotten für den Tag an, die seine Mutter ihm bereitgelegt hatte, und rannte in die Küche. Auf dem Tisch stand ein leckeres Frühstück und Blitz, das offenbar für all die Köstlichkeiten verantwortlich war, schob Timo einen Stuhl zurück. "Danke, Blitz!", sagte der Schnüffler, immer noch aufgeregt. Seine Eltern trudelten in der Küche ein und sie frühstückten zusammen. Die Stimmung am Tisch war angespannt. Das einzige, das nichts davon mitzubekommen schien war Blitz. Emotionslos wie immer wuselte es um den Tisch und räumte die leeren Teller ab. Timo stand vom Tisch auf. Ihm war schlecht vor Aufregung. Sein Vater schloss ihn fest in die Arme. "Wir sind stolz auf dich. Das bekommst du ganz super hin.", verkündete er und tätschelt den Rücken des Schnüfflers. Lana nickte mit Tränen in den Augen. "Warte kurz.", sagte sie und lief eilig davon.
"Zieh dir schon einmal die Schuhe an. Sie sollten demnächst da sein.", meinte Timos Vater und trug schon einmal die Koffer vor die Türe. Mit vor Aufregung zitternden Fingern schnürte sich der Schnüffler die Schuhe und wollte sich nach seiner Mutter umsehen, um ihr auch noch Tschüss zu sagen, als sie bereits zu ihm kam. In ihrer Hand hielt sie Oma Emmas orangenen Mantel und das Glasperlengewehr. "Zieh das an, die sollen ruhig sehen, dass du schon Erfahrung hast.", sagte sie mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen. Timo schlüpfte in den Mantel. Wieder war er überrascht darüber, wie sich der Stoff so warm und glatt zugleich anfühlte.
Plötzlich hörte er ein Klicken und der Mantel war auf einmal um einiges schwerer als zuvor. Verwirrt wollte der Schnüffler ihn wieder ausziehen, um zu gucken was geschehen war, doch sein Mutter hielt ihn davon ab. "Ich habe dir das Gewehr auf den Rücken gehängt. Da ist eine Haftplatte. So gehört das. Die Jäger sollen doch sehen, dass du deinem Namen als Enkel der Emma Feuerfluss alle Ehre machst.", meinte sie und drückte Timo einen Kuss auf die Wange. "Ja, ja, schon gut Mama.", murmelte er.
"Blitz! Wo bist du?", rief Timos Mutter. Das Wesen wuselte herbei, es sah aus als käme es frisch aus der Reinigung. "Zu Diensten, Lady Lana.", verkündete es. "Du wirst Timo begleitet, okay? Ich glaube an der Seite eines Dämonenjägers kannst du deine 'Bestimmung' auch besser erfüllen als in meiner Küche. Pass auf meinen kleinen Schatz auf, ja.", sagte Lana und ging vor Blitz in die Hocke. "Natürlich. Ich werde Eurem Befehl Folge leisten.", antwortete Blitz und Timos glaubte einen Hauch von Vorfreude mit seiner Stimme zu hören.
"Sie sind da!", rief Timos Vater von der Türe. "Tschüss, Mama, Papa, hab euch lieb, bis Freitag Abend!", sagte Timo, umarmte seine Mutter eilig, nahm Blitz an der Hand und eilte mit ihm zusammen nach draußen, zu den schwarzen Autos der Dämonenjäger, in ein neues Leben. Ein Leben als Dämonenjäger, voller Abenteuer und Gefahren.
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