7. Was in der Dunkelheit wartet

Das Licht um mich herum war heller und heller geworden. So lange, bis es die Welt ausgefüllt hatte.
Wie durch ein Wunder hatte ich wieder Luft bekommen.
Ich war mir sicher, dass dieses Licht meine Rettung war. Innerer Frieden erfüllte mich. Fühlte es sich so an, zu sterben?

Doch als dieses Leuchten Stück für Stück abnahm, bemerkte ich, dass es nicht zu meiner Rettung gedient hatte.
Vielmehr war es ein Suchscheinwerfer, der mich aufgespürt und direkt in mein Verderben geführt hatte.

Die Gestalt aus meinem Zimmer stand unmittelbar vor mir.

„Ich bin Rawonan, ein Handlanger Luzifers, und kann mithilfe von Kerzen Kontakt in deine Welt knüpfen. Aber noch nie hat mich jemand so herzlich empfangen wie du. Und so hast du dir eine Belohnung verdient!"

Das Grinsen, das sich auf das Gesicht dieses Geistes legte, war mehr ein Zähnefletschen.

Dunkle Punkte begannen vor meinen Augen zu tanzen. Wie lange würde mein Körper dieses Theater noch mitmachen, bevor er die Vorhänge endgültig fallenließ?

„Und du hast es für ein Spiel gehalten. Aber ich bin kein Spiel!" Es war eine neue Stimme. Sie tat mir in den Ohren weh und drohte, meine Trommelfelle platzen zu lassen. Zumindest fühlte es sich so an.
„Nichts an dem hier ist ein Spiel! Für dich zumindest."

Diese Sätze waren das Schlimmste, was ich in meinem Leben gehört hatte. Denn die Laute brannten sich in mein Gehirn, schienen es von innen gegen meinen Kopf zu drücken und gleichzeitig zu verdrehen. Fast meinte ich, dass mein Gehirn gleich auslaufen würde.

Das war also der Preis, den ich für den Spaß bezahlen musste. Für eine lustige, nein, gruselige Angelegenheit. Es sollte einfach nur schaurig schön sein und nicht dafür sorgen, dass mein Herz fast stehenblieb und ich Angst um mein Leben hatte.

Rawonan war mit einem Mal bei mir. Ich hatte nicht mitbekommen, wie er nähergekommen war. Plötzlich stand er vor mir.
„Präge dir dieses Gesicht gut ein, denn es wird dich verfolgen!"
Bei seinen Worten bemerkte ich die kleinen Tropfen, die mein Gesicht trafen. Ich machte einen Schritt zurück, wollte ich doch nicht von ihm angespuckt werden.

Es war ein Fehler, wie ich feststellte. Arme schlangen sich um meinen Körper, hielten mich fest.
Dann sah ich ihn, den Teufel.
Wenn er auch nicht vor mir stand, schien diese Berührung doch dafür zu sorgen, dass ich ihn sah. Es war das Grauenvollste, das ich in meinem Leben gesehen hatte.

„Ich lasse dich jetzt nicht mehr los. Ich habe dich markiert. Du wolltest spielen? Hier ist mein Spiel: Rawonan wird dich für den Rest deines Lebens verfolgen, auf Schritt und Tritt! Er wird immer da sein, aber du wirst ihn nicht immer bemerken."

„Du magst doch Kerzen", sagte der Dämon vor mir. „Ich werde immer da sein, wenn eine Flamme in deiner Nähe brennt!" Er bewegte sich auf mich zu, riss sein Maul auf, aus dem spitze Zähne ragten. Gleichzeitig ließen die Arme mich los, der Schrecken ließ etwas nach. Dennoch blieben das Zittern und die Gänsehaut, dazu gesellten sich nun Tränen, die eine nasse Spur auf meinen Wangen hinterließen. Und auch, wenn ich es nicht sah, schien ich sie auf den Boden tropfen zu hören.

Ich schrie und diesmal gelang es mir. Aber mein Schrei wurde erstickt, als sich das Maul über mich stülpte und mich verschlang. Es zog mich in die Dunkelheit.

Als ich wieder aufwachte, war es hell. Die Sonne schien durch die transparenten blauen Vorhänge hindurch, die ich zugezogen hatte.
Hannah lag auf der Couch, die in meinem Zimmer stand und auf der immer die Leute schliefen, die hier übernachteten.

Ich hatte ein ungutes Gefühl, wie nach einem Albtraum. Aber ich wusste nicht mehr, woher dieses Gefühl kam. Ich war mir sicher, dass etwas anders war als es sein sollte.

In der Mitte des Raumes stand eine Silberplatte. Darauf befand sich eine große weiße Kerze, die von anderen, kleineren Kerzen eingerahmt wurde. Daneben lag eine Streichholzschachtel.
Aber alles war unberührt, die Dochte aller Kerzen bogen sich leicht auf die Seite. Sie waren weiß.

Es gab keine Spur davon, dass sie benutzt worden waren.

„Bist du auch Mal wach?" Die Stimme meiner Freundin drang an meine Ohren. Aber trotz der wenigen Meter die uns trennten, klang sie, als würde sie aus weiter Ferne zu mir sprechen.

„Ja...sag Mal, haben wir die Kerzen nicht benutzt, letzte Nacht?" Meine Verwirrung klang in meiner Stimme mit.

„Nein. Wir wollten ein Ritual durchführen, aber wir müssen beide vorher eingeschlafen sein."
Ich konnte ein erleichtertes Auflachen nicht unterdrücken.

Denn das wenige, an das ich mich momentan von letzter Nacht erinnern konnte, war schrecklich genug. Ich wollte gar nicht wissen, was ich nicht mehr wusste.

Aber immerhin war es nur ein Traum gewesen. Und wie bei jedem Traum würden die Bilder in meinem Kopf nach und nach verblassen. Wenn ich Glück hatte vielleicht sogar schon nach dem Aufstehen. Oder spätestens am Ende des Tages.

Doch dann war da noch dieses ungute Gefühl, das ich seit dem Aufwachen hatte. Es hing über mir, wie ein Adler, der über mir kreiste. Ich sah ihn kaum, doch irgendwann würde er sich auf mich stürzen.
Es war die Angst, die mich jeden Moment mit ihren Klauen packen könnte.

Allerdings würden auch diese Nachwirkungen des Traumes sich zunächst verflüchtigen und dann verschwinden.
Es war schließlich nicht mein erster Albtraum, auch wenn ich selten welche gehabt hatte, schon gar nicht in dieser Intensität.

Die Gänsehaut kam wieder. Aber auch sie würde verschwinden.
Das sagte ich mir zumindest immer wieder, während die Erinnerungen weiter auf mich einprasselten.

Sie dachten gar nicht daran, mich aus ihren Fesseln zu entlassen. Doch irgendwann würden sie es. Das taten sie immer.

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So weit, so gut.

Oder nicht?


Doch ich würde sagen, diese Stelle eignet sich dazu, eine kleine Pause einzulegen. (Ist das jetzt gemein von mir? - vielleicht....;))

Aufgrund der Thematik habe ich mich dazu entschlossen, die letzten zwei Kapitel am 30. und 31. 10. zu veröffentlichen (und weil bei mir in der nächsten Woche recht viel ansteht, ich also nicht wirklich zum Schreiben kommen werde...)

Bis dahin könnt ihr ja gerne (falls noch nicht geschehen) bei einer meinen anderen Geschichten vorbeischauen.

Schaurige und liebe Grüße & bis bald
Drachenmelodie

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