#90 Gespräche am Morgen
Mit der Hilfe von Trevor und Taejo hatte es An-Taetsin dann in den Wentschüan¹ des Südlichen Gartenpalastes geschafft.
"Plug drinne lassen?" fragte ihn Taejo bevor er sich anschickte ihn in das Becken mit dem warmen Thermalwasser zu helfen.
An-Taetsin dachte nach. Und so pervers wie es klang, ihm gefiel der Gedanke, dass in seinem Loch noch das Sperma all' derer die in dieser Nacht ihn genommen hatten verblieb. Wenigstens Teile davon.
"Drinne lassen" lautete denn auch seine Antwort und dann hoben ihn Trevor und Taejo in das warme Nass.
"Das gab es aber damals noch nicht..." meinte er, kaum dass er bis zum Kinn darinne versunken war.
"Doch, das Wentschüan¹ hier speist sich aus natürlichen Quellen" erwiderte ihm Taejo.
"Dann erinnere ich mich nicht mehr..." erklärte An-Taetsin achselzuckend.
"Wahrscheinlich warst du anders als heute nicht mehr bei Bewusstsein als Taego dich hier sauber gewaschen hat..." vermutete Trevor nun.
"Möglich, als ich neben ihm erwacht bin war ich sauber..." erinnerte An-Taetsin sich.
"Das ist die berühmte 'Venires ad mei'-Szene in dem Melodrama von der Strepponi" stellte Taejo fest.
"Richtig" bestätigte An-Taetsin, "nur, dass ich in der Realität – anders als im Melodrama – so ans Bett gefesselt war, dass ich garnicht aufspringen oder tanzen konnte...
...und das Gefühl in meinem Loch war damals auch ein wesentlich ungeileres als jetzt..."
"Da ist es doch gut, dass wir heute mit dir sind während alle anderen von damals einfach mal tot sind" meinte Taejo nun.
"Oh, das ist sehr gut" stimmte ihm An-Taetsin eifrig zu, "und ich freue mich schon auf die nächsten Male. Mit euch. Und den Anderen..."
Terastan, Trevastan, Isador, Ivenej, Simur und Lison hatten die Badezimmer in ihren Gästezimmern benutzt. Die vor zweihundert Jahren ganz sicher noch nicht existiert hatten.
Danach hatten sie sich alle an dem Ort versammelt, an dem es auch etwas zu essen gab – und an dem man dann doch ein Minimalmaß an Kleidung anhaben sollte.
Während die drei Divinobles nun alle in schwarzen Lederhosen und schwarzen Pool-Tops² erschienen, hatten die Uxvires alle kurze Höschen aus einem elastischen und glänzenden, eng anliegenden Material an und farblich dazu passende Supatergas reptam³ die man in Angevinien auch Cut-Tops nannte, an.
"Irgendwie habe ich Hunger" stellte Simur fest und er war da nicht alleine. Alle setzen sich um einen großen runden Tisch, alle bis auf Lison, der tänzelte etwas verlegen von einem Bein auf das andere.
Was Terastan, der nicht mitbekam wie die anderen schon grinsten, dazu brachte ihn besorgt zu fragen: "Alles in Ordnung? Habe ich dich verletzt? Tut es sehr weh?"
"Nein, alles gut..." erwiderte der sofort während er knallrot anlief, "es ist nur immernoch etwas sehr.... offen..."
Jetzt wurde aus dem Grinsen der Anderen allerdings ein Kichern und dann ein Lachen.
Doch irgendwann war es ausgerechnet Terastan der auf ernste Themen zurückkam.
"Weißt du" wandte er sich an seinen Bruder, "wo ich schon an Evur erinnert wurde... Ich habe mich immer gefragt, warum ich so wurde und du nicht? Warum habe ich mir einen Jungen als Uxvir aufschwatzen lassen ohne zu begreifen, dass der das garnicht wollte und in keinster Weise etwas für mich empfand und du nicht? Warum habe ich nicht verstanden, dass es Gründe hat, warum Evur sich so verhielt und habe ihn behandelt wie ein Tier das sich nicht so verhält wie es dressiert sein sollte und du nicht?"
"Weil unser Pator, Teomastan, bei mir mit dem Ergebnis seiner Erziehung nicht zufrieden war" erwiderte Trevastan, "wo bei er sich bei mir dafür genaugenommen nicht interessiert hat und es ganz unserem Mator überlassen hat."
"Unser Mator..." seufzte Terastan.
"Den zu verachten und abzulehnen er dich dann gelehrt hat, damit du, ich zitiere ihn 'nicht so ein völliger Reinfall wirst' wie ich wohl für ihn einer war" erklärte Trevastan.
"Du denkst es lag an Lucretur" fragte Terastan nun, "aber warum?"
Trevastan holte tief Luft. Dann begann er zu erzählen: "Nun, Mator hat mich genau so erzogen, dass ich nicht so werde wie Pator. Pator hat dich so erzogen, dass du möglichst genau so wirst wie er. Ich war zehn als Pator merkte, dass Mator bei mir wohl etwas aus seiner Sicht falsch gemacht hatte und ich nicht zu einem machtgeilen, egozentrischen und eiskaltem Anführer werde.
Er hat dann noch zwei Jahre versucht mich zu ändern, aber Mator hatte mich schon zu sehr mit Werten wie Gerechtigkeit, Mitgefühl und Liebe vertraut gemacht, als dass er damit noch Erfolg hatte. Also hat er mich dann zu Mator abgeschoben.
Du warst erst sechs Jahre alt damals und dich hat er sofort aus der Obhut von Mator geholt und ab deinem achten Lebensjahr zu dem Divinoble geformt den er wollte und für den ich seiner Meinung nach zu verweichlicht war."
"Aber warum hat An-Lucretur dich so anders erzogen als damals üblich?" wollte Terastan nun wissen.
"Weil Mator so freiwillig der Uxvir von Teomastan wurde wie Evur der Deinige" antwortete ihm Trevastan, "und weil Mator bei ihm nicht glücklicher war als Evur bei dir..."
"Aber Pator hat An-Lucretur doch alles erlaubt, sogar Freundinnen..." meinte Terastan nun verwundert.
"Nach dreihundert Jahren musste Pator ihm ja auch irgendwas anbieten damit er beim Kinder kriegen mitmacht" entgegnete Trevastan darauf.
"Stimmt, das funktioniert nicht mit Zwang..." seufzte Terastan.
Trevastan verstand sofort woher sein Bruder das wusste. Voller Entsetzen rief er: "Du hast versucht Evur dazu zu zwingen?"
"Habe ich" gab der mit tonloser Stimme zu und dann begannen seine Augen wieder verdächtig zu schimmern, "und Pator hat mir dazu geraten. Ausgerechnet. Dabei wusste der doch ganz genau das es nichts bringt..."
"Und du fragst dich warum wir so verschieden sind?" meinte Trevastan nur, "bedanke dich bei Pator. Der hat immer nur an sich gedacht..."
"Damals habe ich ihn für den besten Pator aller Zeiten gehalten" stellte Terastan kleinlaut fest.
"Ein guter Divinoble hätte dich nicht so jung mit einem halben Kind wie Evur verbunden" erwiderte nun Trevastan.
"Ein guter Divinoble hätte keinen jungen Anadur an einen uralten Sindhurati verschenkt nur um bessere Geschäfte zu machen" warf Ivenej nun ein.
"Ein guter Divinoble hätte dir niemals eine solche Idee wie man seinen Bruder aus der Erbfolge verdrängen kann ins Ohr gesetzt wie es Teomastan bei dir tat" erklärte Isador.
Überrascht schaute Terastan ihn an: "Woher weißt du, dass das von meinem Pator kam?"
"Ist es denn falsch?" kam er nun mit einer Gegenfrage.
"Nein, ist es nicht. Diesen Weg hat Teomastan mir kurz vor seinem Tod erklärt" räumte Terastan ein.
"Aber dennoch hast du ihn nie umgesetzt" fuhr Isador fort.
"Ich habe ihn aber auch nie ganz aufgegeben" gestand Terastan sofort.
"Aber du hast immer geglaubt du könntest anders ans Ziel kommen und das zu tun, deswegen auch all' das was du Trevor angetan hast" stellte Isador fest.
"Ganz tief in mir drinne wusste ich immer, dass ich das nicht tun kann, nicht tun werde" erwiderte Terastan, "und ein kleiner Teil von mir war entsetzt, dass mein eigener Pator sowas vorschlug..."
"Du hast erkannt, dass es falsch ist" stellte Isador fest, "aber dennoch hast du nie in Frage gestellt, was dein Pator sonst so für Pläne, Ziele und Vorstellungen hatte."
"Ich befürchte ohne dich hätte ich das bis heute nicht" entgegnete Terastan reumütig.
"Wir sehen alle, dass du dir das selbst vorwirfst" erklärte Isador nun, "ich denke nicht, dass es hilft wenn wir es dir vorwerfen. Ich tue es nicht, aber ich kann nicht für alle sprechen..."
Offensichtlich fühlte Simur sich davon angesprochen, denn er meldete sich nun zu Wort: "Also, was mich angeht, ich denke wir haben uns gegenseitig benutzt. Ohne dich hätte ich es nie aus Chibera geschafft. Und ohne dich wäre ich heute wohl kein Divinoble. Außerdem: Du hast es nie geschafft mich etwas machen zu lassen was ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann. Ich kann dir keine Vorwürfe machen, immerhin kannte ich deinen Ruf als ich mich auf dich eingelassen habe. Der war immernoch besser als meine Zukunft in Chibera...."
Hastig wischte sich Terastan einige Tränen aus den Augenwinkeln.
Dann schaute er Simur dankbar an. Bis er plötzlich ganz ernst meinte: "Wir sollten es abreißen!"
"Was abreißen?" erkundigte sich Ivenej.
"Chibera" erklärte Terastan, "es ist ein Unding, dass so ein Ort im Sore des 28. Jahrhunderts noch existiert."
"Ob der Denkmalschutz da mitspielt?" unkte Simur nun.
"Dann sanieren. Und vielleicht auch ein paar Gebäude als Museum erhalten" meinte Terastan, "aber grundsätzlich müssen wir Chibera so wie es jetzt ist und das was es seit 2500 Jahren darstellt beseitigen."
"Also ich bin dabei" stimmte Trevastan ihm zu, "auch finanziell. Chibera ist durch seine Existenz das schwerwiegenste Argument gegen unsere verfassungsmäßige Ordnung und die Herrschaft der Divinobles."
Simur nickte, dann meinte er: "Auch wenn ich heute ein Archpeer von Angevinien bin, als Dividuxam ab Chiberam wäre es mir ein großes Anliegen wenn ich dabei sein könnte. Ich bringe auch Lison mit, der ist vom Fach...."
"Einen Stadtteil mit 2500 Jahre alten Gebäuden sanieren?" griente jetzt Lison, "Architekten würden töten um dabei sein zu können. Also ich bin dabei. Ich stelle auch keine Rechnung..."
An-Anadur hätte sich jetzt über politisches Hinterzimmergeklüngele echauffiert.
Aber er saß zum Glück nicht mit am Tisch, denn er war mit Meran und Ieran an einem Ort im südlichen Gartenpalast sozusagen versackt.
Einen, den An-Anadur seinerzeits auch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
Sie waren in der Juyuan⁴ des Südlichen Gartenpalastes und genossen die durch die großen Fenster fallenden Strahlen der Wintersonne inmitten der herrlichen Sammlung exotischer Fruchtbäume.
"Ich hoffe diese durchaus heiße Nacht hatte für Antaetae das gewünschte Ergebnis" meinte An-Anadur zu Meran.
Der war, was das anging zuversichtlich: "Ich bin mir sicher, dass sie das hatte. Ich hoffe nur, dass ich ihm zukünftig noch ausreiche..."
"Das hoffe ich in Bezug auf An-Anadur auch" merkte Ieran da an.
"Höi" empörte der sich, "ich hatte vor dir nur einen Mann. Und du warst sicher nicht unberührt als wir uns kennengelernt haben..."
"Ganz sicher nicht" kicherte Meran.
"Ich sag ja garnichts" verteidigte sich Ieran nun, "wir können gerne auch zukünftig dabei sein. Es erinnert mich an meine jungen Jahre..."
"Hört, hört, Großvater erzählt von den wilden Nächten seiner Jugend" spöttelte An-Anadur sofort.
"Nun, ich denke wir werden ab heute wohl auch regelmäßig dabei sein" erklärte Meran, "und wenn ich ehrlich bin, der Gedanke gefällt mir durchaus..."
"Uns auch glaube ich" erwiderte Ieran.
Auch diese Runde kam nach einiger Zeit zu einem ernsten Thema. Genaugenommen war es Ieran der ziemlich unvermittelt eine Bitte an Meran artikulierte kaum das An-Anadur sich entfernt hatte um nochmal etwas zu trinken zu besorgen.
"Falls ich sterben sollte und An-Anadur noch unter 450 Jahre alt ist, versprich mir, dass du ihn zu einem Divinoble machst!" forderte er von Meran.
"Aber, du bist doch noch nicht so alt" konterte Meran.
"Es kann immer was passieren" entgegnete ihm Ieran, "und nicht jeder Divinoble wird über 900 Jahre alt. Versprich es mir, bitte!"
"Natürlich verspreche ich es dir" erwiderte Meran ihm nun, "unter einer Bedingung, wenn mir je etwas passieren sollte, dann gilt dasselbe für An-Taetsin!"
"Natürlich, das verspreche ich dir!" versicherte Ieran ihm sofort.
"Gut, dann darf uns nur nicht beiden gleichzeitig etwas passieren" erklärte Meran.
"Was darf nicht passieren?" erkundigte sich An-Anadur der just in dem Moment um die Ecke kamen.
"Dass du unsere Getränke fallen lässt" reagierte Ieran geistesgegenwärtig.
Natürlich glaubte ihm An-Anadur kein Wort: "Haha, das soll ich glauben?"
"Wir haben Glaubensfreiheit" konterte Meran lakonisch.
"Sehr witzig..." maulte An-Anadur sofort los.
"Wir haben uns über etwas Privates unterhalten" erklärte Ieran nun in einem tadelnden Ton, "respektiere das bitte!"
"Oh..... Entschuldigung..." ruderte An-Anadur zurück.
Einmal mehr war Meran erstaunt über die Autorität die Ieran ausstrahlen konnte ohne dabei auch nur seine Stimme um einen Deut heben zu müssen.
"Die Anderen frühstücken übrigens üppig" teilte An-Anadur nun mit.
"Warum sagst du uns das nicht gleich?" meinte Meran nun und erhob sich.
"Jetzt habe ich euch extra die Getränke mitgebracht..." meckerte An-Anadur doch Ieran meinte nur: "Musst dich garnicht erst hinsetzen, wir gehen zum Frühstück!"
So trug An-Anadur die Getränke, die er gerade hergebracht hatte nun ganz brav wieder zurück.
¹Spa
²Tank-Top
³Crop-Top
⁴Orangerie
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