#72 Reisen schneller als die Zeit
"Ehrlich gesagt, mir wäre lieber ich wäre nicht mit dabei..." druckste Taejo herum, "...könnt ihr nicht ohne mich... mit Simon...?"
"Du möchtest, dass nur Isador und ich mit Simon reden wegen Terastan?" verstand Trevor nun worum es seinem Uxvir ging.
"Ja" erklärte Taejo.
"Ich denke das lässt sich einrichten" erklärte Trevor.
Mit ihrer höchsten Reisegeschwindigkeit von 4940km/h glitt die nagelneue Aerion AS3 in großer Höhe über den Antautischen Ozean.
Die gegenüber der Aerion AS2 noch einmal deutlich gesteigerte Reisegeschwindigkeit der neuesten Generation von Aerion erlaubte es
von Keizerstad in weniger als eineinhalb Stunden New Kingstown zu erreichen und bescherte den Wichtigen, den Mächtigen und Supereichen der Vereinigten Reiche des Nordens und des Sorenischen Imperions eine ganz neue Form der interkontinentalen Mobilität.
In Zeiten die manche Pendler in den Ballungsräumen von Sore, beiden Kingstowns, New Kingstown, Tschinkyu oder Angels Harbour brauchten um zur Arbeit zu gelangen, wechselt die Elite nun mal eben über einen Ozean.
So hatten Trevor, Taejo und Isador Keizerstad um 10:30 Uhr mittelerebunischer Zeit verlassen und würden nun um 6:00 Uhr East Shore Time in New Kingstown ankommen. Dort war noch nicht einmal die Sonne aufgegangen um diese Zeit. Es war ein bisschen wie Zeitreisen, man flog vier Stunden zurück in die Vergangenheit.
Isador sass an einem der Fenster und sah zu, wie scheinbar die Sonne im Osten unterging weil sie sich schneller Richtung Westen entfernten als Bumia sich drehte und damit die Sonne mit ihrem Aufgehen im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr hinterher kam.
Der kaiserliche Flieger flog alleine, schlicht aus dem einfachen Grund, dass die Luftwaffen Angeviniens, Kitaien und Nordenlands einfach kein Jagdflieger besassen der bei dem Tempo der Aerion AS3 mithalten konnte, geschweige denn ihre enorme Reichweite hatte.
Tatsächlich landeten sie pünktlich und als die Sonne sich dann endlich aufzugehen bequemte, waren sie schon mit einer Wagenkolonne auf dem Intershire 668 in Richtung Downtown New Kingstown.
Man hatte sich mit dem Deputy King of New Lugunia zum Breakfeast im 'Windows of Bumia', einem sehr gehobenen Restaurant welches dieses Attribut auch, aber nicht nur, verdiente weil es sich im 111. Stockwerk des Westturmes des Bumia Trade Centers befand.
Simur und Lison erwarteten sie bereits in einem abgetrennten Bereich des Restaurants. Da das hier kein offizieller Besuch des Hochkönigs in New Kingstown war, waren sie direkt in die Tiefgarage gefahren und von dort aus direkt mit einen Expresslift in die 111. Etage gefahren.
"Ich hoffe ihr seid nicht müde so früh am morgen" meinte Simur lachend, worauf ihm Trevor erwiderte: "In Keizerstad war es 8:30 Uhr als ich aufgestanden bin, ich befürchte ihr seid gefühlt früher aufgestanden..."
"Ja" musste Simon da zugeben, "tatsächlich schon um 6:30 Uhr, wir haben im 'The Ansonia' genächtigt..."
"Kommt, nehmt doch erst einmal Platz" bat Lison nun, "es soll ein klarer Tag werden, da können wir von hier aus gute 50 Meilen schauen..."
Ein halbrunder Tisch war so an die riesige Panoramascheibe gestellt, dass nicht nur alle an ihm Sitzenden einander an- sondern auch alle hinausschauen konnten.
Dann wurde aufgetischt was das Herz nur wünschte.
Die Debatte drehte sich alsbald um die Anti-Administration-Party und ihren nordenschen Ableger die Mot Bestuurleike Partit.
Simur besorgte der anhaltende Erfolg dieser Partei in den südlichen Shires wo sie, so befürchtete er, bald flächendeckend die Earldormen¹ stellen dürfte.
Aber auch in den Industrieregionen von Ecossia und im Norden von Lugunia war sie inzwischen erschreckend gut präsent bei Prognosen und Umfragen.
In Nordens Reike sah dass, was die Mot Bestuurleike Partit und der Südosten des Landes anging, auch nicht viel besser aus.
Trotzdem scheuten Trevor und Simur vor einem Verbot zurück. Beide befürchteten, dass würde deren Mitglieder und Anhänger nur in den Untergrund abwandern lassen und die Bildung unerwünschter Märtyrerlegenden beschleunigen.
Nach etwa anderthalb Stunden Diskussionen darüber war das Thema endlich ausgelutscht.
Oder Taejo hatte genug davon.
Auf jeden Fall wandte er sich nun an Lison und bat ihn: "Lison, würdest du mir den Gefallen tun mir ein Gespräch unter vier Augen zu gönnen? Ich brauche einmal deinen Rat als Mann vom Fach..."
"Natürlich gerne" erklärte der sich sofort bereit, "lass uns in mein Büro gehen ja?"
"Du hast ein Büro hier im BTC?" staunte Isador da.
"Ich und Pricksburgh haben das gebaut" erwiderte Lison selbstbewusst, "natürlich haben wir ein Büro hier, auf der 105. Etage um genau zu sein."
Dorthin begab er sich dann auch mit Taejo.
"Ich weiß nicht ob Taejo wirklich was von Lison wissen will" kam Trevor sofort zum Punkt, kaum dass die beiden mit dem Fahrstuhl entschwunden waren, "aber Isador und ich haben noch etwas mit dir zu bereden..."
"Natürlich gerne, worum geht es denn?" erkundigte sich Simur sofort.
"Um An-Taetsin - und um Terastan" erklärte Isador.
"Mir erschließt sich da weder der Zusammenhang noch, das was es mit mir zu tun hat?" war Simur verwirrt.
"Also" hub Trevor nun an zu berichten, "An-Taetsin möchte die Erinnerungen an diese unschöne Nacht mit zwei Prinzen in diesem Gartenpalast bei Tschinkyu damit sozusagen überschreiben, in dem er das ganze an selbem Ort wiederholt aber halt mit uns..."
"Verstehe, das ergibt Sinn" merkte Simur nun an, "aber was hat das mit Terastan zu tun?"
"Nun, ich und Taejo sind der Ansicht, dass es sinnvoll wäre wenn An-Anadur und Ivenej dabei wären, Erster weil er An-Taetsins bester Freund ist und Letzter weil er An-Taetsin schon mal an seinen damaligen Peiniger Fedej erinnert hat" erklärte nun Isador.
"Ah..." verstand Simur nun, "und kein An-Anadur ohne Ieran und kein Ivenej ohne Terastan..."
"Genau dass...." bestätigte nun Trevor.
"Und jetzt wollt ihr meine Zustimmung für Terastan" erkannte Simur richtig.
"Wir wollen deine Meinung" korrigierte ihn Isador, "bitte, du solltest dich zu nichts gezwungen fühlen."
Simur überlegte, dann erwiderte er: "Also ich habe mit Terastan kein Problem, ich war ihm lange genug hinterher. Aber er wird Lison keine Avancen machen."
"Das geht klar" versprach Trevor, "wir werden Terastan klarmachen, dass er die Finger von Lison lassen soll!"
"So habe ich das nicht gemeint" widersprach Simur da jedoch, "wenn Lison sich von sich aus für Terastan interessiert darf der darauf eingehen. Ich will nur nicht, dass die Initiative von ihm ausgeht. Lison will einfach zu sehr Freund mit allem sein, will zu sehr gefallen um wirklich 'Nein' sagen zu können. Und ich möchte nicht, dass er gegenüber Terastan in eine Lage gerät wo er meint etwas machen zu müssen was er nicht will..."
"Das verstehe ich" erwiderte Isador, "aber ich verspreche dir ich werde ein Auge auf ihn haben. Immerhin erkenne ich mehr als er oder Terastan aussprechen oder sich anmerken lassen..."
"Wenn du das machst, dann habe ich keine Einwände gegen Terastan, ich habe auch gehört, dass er und Trevastan sich versöhnt haben?"
"Ja, das stimmt" bestätigte Isador diese Information.
Tatsächlich aber hatte Taejo ein Anliegen an Lison.
"Also, ich habe folgendes Problem" begann er auch gleich nachdem sie in Lisons Büroräumen waren, "Tschinkyu soll einen neuen Südbahnhof bekommen und es gibt einen internationalen Architektenwettbewerb. Die Resonanz ist auch durchaus überwältigend. Aber..."
"Jetzt bin ich aber auf das Aber gespannt" meinte Lison.
"Ich als Kaiser habe die Ehre einen Gewinner auszusuchen - und ehrlich gesagt, ich habe davon so garkeine Ahnung. Das einzige was ich nicht will ist so ein Bahnhof im historisierenden Stil. So eine gedopte Pagode will ich nicht!"
"Ah, und jetzt denkst du, ich solle das für dich machen?" grinste Lison.
"Oder mir wenigstens helfen" bat Taejo, "ich hab schon nachgeschaut, du und Pricksburgh haben keinen Entwurf eingereicht..."
"Natürlich helfe ich dir" versprach Lison nun.
"Oh das ist gut" gab sich Taejo erleichtert, "du kannst mir auch eine Rechnung über Beratertätigkeit schicken, also nicht, dass du denkst du sollst das für mich umsonst abarbeiten."
"Ich nehme dich beim Wort" lachte Lison, "dann sollte ich wohl einen Besuch in Tschinkyu einplanen..."
"Oh, da wirst du ohnehin bald hinkommen" verplapperte Taejo sich.
"So, wieso denn?" erkundigte sich Lison.
"Wegen An-Taetsin" erklärte Taejo nun, "er will unserem besonderen Kreis beitreten und das in dem Gartenpalast bei Tschinkyu in dem er so schreckliches erlebt hat."
"Oh, ja dann macht es vielleicht Sinn das terminlich miteinander zu verknüpfen" stimmte Lison zu.
"Dann lass uns zurück zu den Anderen..." schlug Taejo vor.
"Oh ja, ich will noch was von dem Süßkram" erwiderte Lison.
Drei Stunden danach war die Aerion AS3 schon wieder in der Luft.
In weniger als drei Stunden brachte sie Taejo und Trevor nun von New Kingstown nach Tschinkyu.
Isador hingegen war in New Kingstown geblieben, er hatte zum Lunch eine Verabredung mit Gaston.
Simur und Lison befanden sich bereits wieder auf dem Weg zurück nach Angeviniana.
Und das ohne großes Aufsehen mit dem Zug.
"Ich nehme an, Isador und Trevor haben dir von An-Taetsins und Merans Aufnahme in die Holite erzählt?" erkundigte sich Lison irgendwann beiläufig.
"Hat Taejo dir erzählt...?" reagierte Simur mit einer Gegenfrage und als Lison nickte, hakte er nach: "Alles?"
"Wie alles?" war Lison nun verwirrt.
"Also nicht..." seufzte Simur, "die Sache ist die, es kommen nicht nur An-Taetsin und Meran sondern auch An-Anadur und Ieran sowie Ivenej und Terastan dazu..."
"Oh...." kam es von Lison, dann schwieg er. Bis er dann doch eine Frage hatte: "Das mit Terastan, ist es in Ordnung für dich?"
"Für mich ist es in Ordnung" erwiderte Simur, "ich mein, drei Jahre lang war ich hinter ihm her.."
Er lachte spöttisch: "...da kann ich ja jetzt nicht so tun als sei er super ekelig oder so..."
Lison sah ihn nur an, bis er dann für Simur völlig unverhofft feststellte: "Du machst dir Sorgen, dass es für mich nicht in Ordnung ist."
"Was? Wie kommst...." du darauf? wollte Simur das eigentlich abstreiten. Aber Lisons Blick machte ihm klar, dass das albern gewesen wäre, also verstummte er mitten im Satz.
"Nicht direkt" gab er zu, "ich mache mir mehr Sorgen, dass Terastan dir Avancen machst und du wegen deinem Hang zur Harmonie und weil du einfach zu lieb bist zu allen bist dann nicht 'Nein' sagen kannst obwohl du nicht wirklich 'Ja' sagen willst..."
"Ivenej hält es mit Terastan aus..." entgegnete Lison darauf.
"Ja...?" kam es unsicher von Simur.
"Ich denke nicht, dass Ivenej noch bei Terastan wäre, wenn das per se so ein traumatisches Erlebnis wäre von diesem verführt zu werden" erklärte Lison.
"Wir... ich... kennen halt noch einen ganz anderen Terastan..." stellte Simur fest.
"Aber diesen Terastan, falls er noch irgendwo in dem aktuellen Terastan existiert, wird ja wohl kaum bei so einer Gelegenheit vor den Augen fast aller Divinobles der Elterngeneration sein Comeback veranstalten" hielt Lison dagegen.
"Das wäre wohl ziemlich dumm" merkte Simur an, "und dumm sind alle Versionen von Terastan nie gewesen... also zumindest nicht so dumm..."
"Also ich habe keine Angst vor Terastan" meinte Lison nun, "im übrigen bist du doch dabei und passt auf mich auf."
"Isador auch..." erwiderte Simur.
"Was 'Isador auch'?" fragte Lison.
"Er hat mir versprochen auf dich aufzupassen wenn Terastan da ist" erklärte Simur. Die Tatsache, dass er sich ausbedungen hatte, dass Terastan verboten wird von sich aus auf diesen zuzugehen, beschloss er besser für sich zu behalten.
"Ivenej würde Terastan nicht verzeihen wenn er irgendetwas macht, dass nur ansatzweise übergriffig ist" bekräftigte Lison noch einmal, "und sein Sohn Evan schon einmal garnicht. Und nichts ist für Terastan wichtiger als die Beziehungen zu seinem Uxvir und seinem Sohn."
"Hach, was bist du nur so vernünftig" erwiderte Simur darauf scherzend worauf sein Uxvir gespielt pikiert festhielt: "Ich bin der Vernünftigere von uns beiden!"
Auch wenn Simur das nur ungern zugab, wusste er doch ganz genau, dass Lison damit absolut Recht hatte.
***
"Na, wie fühlst du dich so, frisch verliebt" scherzte Isador, als Gaston ins Leons at Iazuon Society Museum tratt wo er schon auf ihn wartete.
"Unbeschreiblich" erwiderte der, "ich kann jetzt ansatzweise verstehen wie Trevastan sich gefühlt hat als er dir begegnet ist."
"Nicht viel älter als dein Süßer war ich damals auch" stellte Isador in einem Anflug von Sentimentalität fest.
"Allerdings lebtest du damals bei Trevastan während mein Liebster jetzt wieder viertausend Meilen von mir weg ist" jammerte Gaston sofort.
"Glaube mir, ihm geht es damit auch nicht besser" erklärte Isador daraufhin.
"Woher weißt du das?" fragte Gaston sofort.
"Hab ihn gestern gesehen" antwortete Isador, "waren zusammen beim kaiserlichen Dinner bei Trevor..."
"Davon hat er mir noch garnichts berichtet" beschwerte sich Gaston sogleich.
"Er hat es wohl nicht so ganz einfach zu Hause" bemerkte Isador nun, "seine Eltern hätten wohl lieber eine Schwiegertochter und keinen Archduke..."
Betroffen starrte Gaston ihn an: "Das wusste ich nicht... Ich... oh bei Godan, mein armer Schatz..."
"Du solltest vielleicht für die nächsten Jahre deinen Lebensmittelpunkt nach Keizerstad verlegen" schlug Isador ihm vor.
"Wenn das alles so einfach wäre" seufzte Gaston.
"Mit der neuen AS 3 sind es nur eineinhalb Stunden von dort nach hier" meinte Isador, "und weniger als zwei Stunden nach Angels Harbour..."
"Bei allem Respekt Isador, ich kaufe mir nicht mal eben eine AS 3, was kostet die überhaupt?" entgegnete Gaston nun.
"240 Millionen Flores" erklärte Isador lapidar.
"Eben" erwiderte Gaston, "ich bin reich, aber so reich bin ich nicht..."
"Aber ich" erwiderte Isador.
"Wie meinst du das?" verstand Gaston absolut nicht worauf er hinaus wollte.
"Ich bin reich genug eine AS 3 zu kaufen" antwortete ihm Isador seelenruhig, "und den Unterhalt und den Betrieb und eine Besatzung zu bezahlen..."
"Das.... das..." stammelte Gaston, "...das kann ich nicht annehmen!"
"Dann schenke ich es halt Eleonor" entgegnete ihm Isador ohne auch mit mit eine Wimper zu zucken, "hat der nicht bald Geburtstag?"
"Warum?" war alles was Gaston noch herausbrachte?
"Weil ich möchte, dass du mit mir nachdem wir hier gegessen haben zum Flughafen fährst, meine AS3 besteigt und mit mir nach Keizerstad fliegst, du dir dort die Wohnungen ansiehst die ich gekauft habe, dir eine auswählst und dann den kleinen Eleonor so glücklich machst wie es nur geht in dem du bei ihm lebst so lange er wegen der Schule da noch nicht weg kann."
"Du hast Wohnungen in Keizerstad gekauft?" staunte Gaston.
"Klar, Geld muss man auch investieren" meinte Isador lakonisch, "alles beste Lage, beste Ausstattung..."
"Ich weiß nicht wie ich mich dafür je revanchieren kann..." begann Gaston nun, doch Isador unterbrach ihn: "Sorge einfach dafür, dass Eleonor glücklich ist, dann schuldest du mir nichts..."
¹Gouverneurs
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