Auch als sie längst aus New Kingstown zurück am King's Colleges in Angeviniana waren dachte Leton noch lange und viel über die Worte von Levon nach.
Je länger er das machte, desto mehr kam er zu dem Ergebnis, dass dieser Recht hatte und eine Liebe, die ihm als Person und nicht dem was er darstellte galt, nur unter Personen finden können, für die eine Beziehung mit ihm keinen wie auch immer gearteten Aufstieg und Zuwachs an Ansehen und Macht bedeutete.
Wie Levon schon sehr richtig festgestellt hatte, von denen gab es im ganzen United Realms of the North nur wenige, in Sore aber umso mehr.
Also musste er nach Sore.
Als Thronfolger aller drei Reiche der Union konnte er das aber nur wenn Sore ihn einlud und seine Eltern das erlaubten.
Also blieb ihm wenig anderes übrig als Father¹ und Fodor² zu bitten, ihm Besuche in Sore, vorzugsweise in Sore Urbs, zu organisieren.
Um so etwas bat man allerdings nicht über das Telefon oder per E-Mail und so traf es sich gut für Leton, dass seine Eltern sich einmal mehr auf dem Weg von Kingstown-of-the-North nach Tschinkyu oder zurück machten und dabei einen Zwischenstopp in Angeviniana einlegten, nicht zuletzt auch um ihren Sohn, also ihn, zu sehen.
Selten zuvor hatte Leton einem Abendessen mit seinen Eltern so sehr entgegen gefiebert wie dieses Mal.
Wie immer fand auch dieses Essen in der hochköniglichen Sommerresidenz in Alders Hill, ein wenig flußabwärts von Angeviniana am Swan River gelegen, statt.
Dort war man geschützt und unter sich, was durchaus wichtig war, wenn man bedachte, dass Leton trotz allem Selbstbewusstsein ein siebzehnjähriger Junge war, für den es zweifelsohne wichtig war seine Eltern auch ohne Beisein der Öffentlichkeit und der Medien um sich zu haben.
Nach dem ersten Gang entschloss sich Leton dann auch gleich auf den Punkt zu kommen.
"Ich würde gerne mal nach Sore Urbs. Mir die Stadt anschauen, Leute kennenlernen..." merkte er – für Trevor und Taejo wohl eher unerwartet – an.
"Das ist nicht so einfach" stellte Taejo fest während Trevor meinte: "Warum ausgerechnet Sore Urbs, bieten dir unsere Städte nicht genug Leute zu kennenlernen?"
Leton seufzte leise, er hatte schon geahnt, dass das nicht so leicht werden würde.
"Ich würde gerne etwas neues ausprobieren, meinen Horizont erweitern..." erwiderte er.
"Was neues ausprobieren?" wiederholte Taejo ziemlich anzüglich und grinste auf eine Art die für einen Mator eines Siebzehnjährigen nicht ganz passend war.
Leton errötete pflichtschuldigst und meinte dann aber ziemlich frech: "Ich habe nicht gemeint, dass ich für dieselben Dinge wie ihr nach Sore reisen möchte!"
"Leton!" empörte sich sein Vater denn auch sogleich worauf der spöttisch meinte: "Was denn? Halb Bumia weiß wofür ihr regelmäßig dahin jettet, da kann ich ja nichts für..."
"Sollen wir dich mitnehmen oder was?" konterte sein Fodor² nun sichtlich amüsiert.
"WAS?" rief Leton, "NEIN!... also schon, aber ich mach dann in der Zeit was anderes..."
"Was anderes oder dasselbe mit anderen?" frotzelte Taejo sofort weiter.
"Sehr witzig" maulte Leton nun, "ich habe ein ernsthaftes Anliegen und ihr macht nur dumme Witze!"
"Also bisher habe ich nur mitbekommen, dass du dein Partyleben auf Sore ausdehnen willst" merkte Trevor nun an, "was daran nun ein ernsthaftes Anliegen sein soll hat sich mir noch nicht erschlossen."
"Ach ihr wollt mich einfach nicht verstehen" murrte Leton.
Taejo lächelte seinen Sohn gewinnend an, dann sagte er: "Du musst es uns erst einmal richtig erklären, damit wir es verstehen können..."
"Aber ihr lacht mich nicht aus?" sorgte der sich nun.
"Nein, was wären wir denn dann für Eltern!" versprach ihm Trevor daraufhin.
"Ich..." begann Leton nun ein wenig unsicher, was seine Eltern sehr wohl registrierten, "...ich möchte einfach mal Leute kennenlernen die sich für mich interessieren wegen mir und nicht.... und nicht weil ihr euer Sohn bin..."
Das allerdings verstanden sowohl Trevor als auch Taejo nur allzu gut.
"Und du denkst die gibt es in Sore?" erkundigte sich Trevor.
"Na ja..." erwiderte Leton, "also ich denke... ich glaube... jemanden der nicht an mir interessiert ist weil ich ihm Macht, Reichtum und ein langes Leben verspreche finde ich wohl eher da als hier... oder... hier habe ich nur Levon... und da... ich weiß nicht aber ich denke da sind mehr..."
Unsicher schaute Leton zwischen seinen Eltern hin und her.
"Ich denke da könntest du recht haben" stimmte ihm Taejo nun zu.
"Ich weiß nicht, auch da wird er auf sehr viele treffen für die er ein Hauptgewinn wäre und die ihre eigenen Interessen mit ihm verfolgen wollen" war Trevor nicht ganz so überzeugt.
"Sicher gibt es die da auch" entgegnete Taejo, "aber das wird er dann schon selber herausfinden. Es ihn garnicht versuchen zu lassen wird ihn nicht davon überzeugen, dass du recht hast..."
"Und wie stellst du dir das vor?" wollte Trevor, der noch nicht davon überzeugt war, dass es eine gute Idee war wenn sein Sohn in Sore Freunde suchen würde, wissen.
"Wir sind in bald wieder in Sore" erwiderte Taejo, "wir könnten ihn mitnehmen..."
"Und dann? Soll er dann alleine in Sore herumrennen?" So schnell war Trevor nicht zu überzeugen.
"Trevastan und Isador haben einen Sohn in seinem Alter, Marlan und Luciur ebenfalls" entgegnete ihm Trevor nun, "vielleicht können die ihm ja ein bisschen Sore Urbs zeigen..."
"Also ich weiß nicht..." zeigte sich Trevor weiterhin skeptisch.
Auch Leton selbst war sich nicht ganz sicher ob das nun eine gute Idee war. Gleich ein ganzes Wochenende ein paar gleichaltrigen Sorenern aufgezwungen zu werden während deren und seine Eltern sich miteinander vergnügten. Die beiden erwähnten Jungen hatten sicherlich eigene Pläne und keinen Bock für ihn jetzt Fremdenführer und Babysitter zu spielen.
"Also ich will jetzt nicht, dass sich Söhne eurer Freunde nun gezwungen fühlen mich da dann zu bespaßen..." wandte er daher ein.
"Aber alleine wirst du da auch nicht herumrennen!" widersprach ihm Trevor sofort.
"Wir fragen einfach mal Marlur und Isador" beschloss nun Taejo und zückte gleich sein Cunncom.
"Na gut" knickte Trevor ein, "aber wenn die das für eine blöde Idee halten, dann wird das nicht weiter verfolgt..."
Was sollte Leton nun dagegen sagen? Besser so, als dass sein Vorhaben Sore zu besuchen garnicht klappt.
Also lächelte er und meinte zu Taejo: "Danke Fodor!"
****
Mit einem Donnerwetter beim Direktor war es natürlich nicht getan.
Viel mehr wurden die Eltern von Issan, Ivan und Taeran zu einem Elterngespräch in die Schule geladen und so saßen nun Meran, Isador und Marlur ein paar Tage danach am späten Nachmittag im Büro des Schuldirektors während ihre Sprösslinge vor Selbigem der Dinge die nun dort drinnen besprochen wurden harrten.
Jedoch hatte Messere Callidione, der Lehrer für Geschichte, nicht so wirklich mitbekommen worum der Streit gegangen war, vor allem aber konnte er sich nicht erklären, wie Issan ihn außer Gefecht gesetzt hatte und so verschwieg er diesen Teil.
Den versammelten Elternteilen der drei Missetäter wurde nun also dargelegt, dass die drei sich über die Bedeutung ihrer Eltern gestritten haben, sie geschlägert hätten und auf das Übelste beleidigt.
Eine Geschichte die bei Meran, Isador und Marlur auf eine gewisse Skepsis traf, denn Meran konnte sich nicht vorstellen, dass sein Sohn einen am Boden liegenden geschlagen hatte und Isador und Marlur hatten das Gefühl, dass ihnen da ein wesentlicher Aspekt des ganzen Vorfalls verschwiegen wurde.
Folglich wurden die drei Jungs ins Büro gerufen.
Da die aber wiederum nicht wussten, was der Direktor und ihre Eltern nicht wussten, schlichen sie nun entsprechend schuldbewusst dort hinein und vermieden es alle drei irgendeinem der Anwesenden in die Augen zu schauen.
Kaum, dass sie saßen, ergriff Meran das Wort: "Also, ich denke ich spreche für alle hier wenn ich sage, dass wir gerne wüssten was da vorgefallen ist."
Kurz tauschten Taeran, Ivan und Issan verstohlene Blicke aus, dann antworte Issan lakonisch: "Wir haben uns gestritten..."
Nun tauschten Meran, Isador und Marlur auch Blicke aus, allerdings mehr solche von der verzweifelt-genervten Sorte. Dann sprach Isador: "Ja, soweit waren wir auch schon ohne euch. Geht es vielleicht auch mit ein bisschen mehr Details?"
Erneut wechselten die Jungs Blicke, dann erwiderte Ivan: "Issan und Taeran haben sich gestritten über die Rolle ihrer Eltern beim Fall von Scheleznin. Dann hat Issan uns beleidigt. Dann habe ich ihn geschlagen. Dann haben wir uns noch einmal beleidigt..."
Auch Ivans Ausführungen waren für Isador, Marlur, Meran und den Direktor der Schule wenig erhellend.
Also wandte sich Isador in vorwurfsvollem Ton an seinen Sohn: "Issan?"
Aufbrausend erwiderte der nun: "Taeran hat sich damit gebrüstet dass sein Pator Scheleznin zur Aufgabe gezwungen hat. Das konnte ich nicht ertragen. Schließlich warst du das und er hat sich so aufgeführt, als hätte er es selbst gemacht!"
"Überhaupt nicht" empörte sich nun Taeran, "Messere Callidione hat doch selbst berichtet, dass der Verdienst bei meinem Pator liegt. Deinen Mator hat er nicht einmal erwähnt!"
"Es ist ja nicht meine Schuld wenn an dieser Schule so ein Unfug unterrichtet wird" keilte Issan sofort zurück, "nur mit der Wahrheit hat das halt wenig zu tun!"
"Ist ja nicht meine Schuld wenn uns keiner die Wahrheit erzählt" fauchte Taeran zurück, sah dabei aber seinen Pator sehr vorwurfsvoll an.
"Es hat dir aber auch keiner gesagt, dass du mit den Verdiensten von mir herumprotzen sollst um deine Schulkameraden zu beschämen!" donnerte Meran ihn sofort an.
Ein triumphierender Blick erschien in Issans Augen der sofort wieder verschwand, als sein Mator ihn anfuhr: "Und du, du musst nicht gleich vor der ganzen Klasse und mitten im Unterricht einen solchen Aufstand machen nur weil du etwas besser weißt oder zu wissen glaubst.
Das ist nicht zuletzt äußerst respektlos deinem Lehrer gegenüber!"
Falls Ivan dachte er würde ungeschoren davonkommen, wurde er nun eines Besseren belehrt, denn Marlur wandte sich nun an ihn: "Und zu dir Freundchen, was lässt dich glauben das Schlagen eine angemessene Artikulation deiner Meinung ist? Ich glaube ich höre nicht richtig, mein Sohn prügelt statt sich mit Worten zu wehren. Ich bin wirklich enttäuscht, dass ist nicht das was wir dir beigebracht haben!"
"Er hat uns gedemütigt vor allen anderen!" begehrte Ivan nun auf.
"Davon war bisher aber nicht die Rede" entgegnete Marlur ihm sofort, "dann kläre uns doch bitte mal auf!"
"Er... er..." stotterte Ivan nun, "er hat uns gezwungen vor ihm zu knien. Und uns zu verbeugen!"
Jetzt war Isador alarmiert, dennoch schaffte er es ganz ruhig zu fragen: "Wie genau hat er euch denn gezwungen?"
"Er hat uns irgendwie runtergedrückt" erklärte nun Taeran.
"Wie?" hakte Meran nach, "mit seinen Händen? Euch beide gleichzeitig?"
"Ich hab sie überhaupt nicht angefasst" verteidigte sich Issan nun, "aber Ivan hat mich zu Boden geschubst und mich dann getreten!"
"Ivan!" empörte sich dessen Pator nun sogleich, doch Isador unterbrach ihn: "Moment, lass uns erstmal klären wie genau mein Sohn die beiden runtergedrückt hat..."
Issan, der genau das vermeiden wollte und mit seinem Ablenkungsmanöver gescheitert war, warf Ivan und Taeran nun einen bösen Blick zu bevor er sie süffisant aufforderte: "Ja, dann erzählt doch mal, wie habe ich euch denn so furchtbar runtergedrückt, dass ihr mich gleich schlagen musstest. Und das ganz ohne euch anzufassen!"
"Ich habe dich nicht geschlagen!" empörte sich Taeran daraufhin sofort.
"Du weichst vom Thema ab Taeran!" mahnte ihn Meran daraufhin.
Der sackte etwas in sich zusammen dann erwiderte er: "Ich weiß es nicht wie er das gemacht hat, Pator. Es war wie Zauberei. Als wenn die Luft auf meinen Schultern plötzlich schwer wie Blei wurde..."
"Ja, genau so war es!" sprang ihm Ivan augenblicklich bei.
"Und wie hast du dann aufspringen und ihn zu Boden werfen können mein Sohn, so mit bleischwerer Luft auf den Schultern?" hakte Marlur nun nach.
"Es hat nicht lange gedauert, dann war es weg..." murmelte der verlegen.
Isador hatte genug gehört.
"Oh, ich weiß was er gemacht hat. Issan! Du wirst dich bei Taeran und Ivan entschuldigen. Und bei deinem Lehrer! So ein Betragen dulde ich nicht!" befahl er seinem Sohn.
Der aber gab sich störrisch: "Nein, warum? Ich habe doch nur..."
Weiter kam er nicht, denn was er nicht bedacht hatte, war die Tatsache, dass die Kraft die er ein wenig beherrschte von seinem Mator sehr gut beherrscht wurde.
Und genau das ließ dieser ihn nun spüren.
Issan keuchte auf, dann spürte er zu seinem Entsetzen wie sein Körper von seinem Stuhl glitt und er vor Taeran und Ivan, welche ihn erstaunt musterten, auf die Knie fiel.
Nur ein Weg fiel ihm dabei ein dem ein Ende zu setzen und so beeilte er sich, diesen zu beschreiten: "Taeran, Ivan. Es tut mir leid. Ich bin zu weit gegangen, ich hätte das nicht tun dürfen..."
¹angevinisch für Vater/Pator
²angevinisch für Mator
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