#139 Optionen
"Zieh das an und dann komm' mit, wenn du erleben möchtest wie Politik gemacht und Geschichte geschrieben wird" sprach Taephorn zu Jungkook kaum, dass er, nun in einem sehr festlichen Hofgewand gekleidet, in dessen Raum getreten war.
Der sowie seine Freunde Patchubun und Colamun schauten ihn überrascht an.
"Der Maripgan wird im Fernsehen zur Lage in den Vereinigten Reichen des Nordens und insbesondere in Silistrien adressieren" erklärte Taephorn nun, "du kannst direkt mit dabei sein, wenn du willst."
Natürlich wollte Jungkook.
"Was ist mit euch" wandte sich Taephorn an Patchubun und Colamun, "könnt ihr die Aeguka singen und spielen?"
Beide nickten eifrig.
"Dann lasse ich euch zwei Hofgewänder kommen und ihr habt gleich die Ehre vor den Augen der Nation..."
Mit großen Augen sassen die Drei nur wenig später im großen Studio des Senders Hanyang und betrachteten wie die beiden Rurikawitschi-Zwillinge hereingebracht wurden, beide in Ketten gelegt.
Während Marlej leicht blass war, insgesamt aber einen gefassten Eindruck machte, zeterte Alexa herum und schimpfte wie ein Rohrspatz.
Als sie dann kurz einmal verstummte, wohl um Luft zu holen, baute sich Taeran, bereits im vollem Ornat und mit der Krone auf dem Haupt vor ihr auf und faltete sie regelrecht zusammen.
"Es gibt zwei Möglichkeiten Alexa, entweder du hälst jetzt mal die Luft an und gibst Ruhe" erklärte er ihr, "oder du wirst deinen ersten großen Auftritt vor den Augen von Bumia mit einem Knebel in deinem Mund haben!"
Das wirkte offenbar, denn Alexa blieb stumm und schaute ihn nun doch ziemlich verunsichert an.
Dann war es auch schon soweit.
Colamun setzte sich an den Flügel und Patchubun nahm mit Jungkook Aufstellung davor.
Ein künstliche Brise ließ die im Hintergrund des Studios aufgereihten Flaggen von Taerans Reich und den Vereinigten Reichen des Nordens wehen.
Auf einen Wink der Regie hin begann Colamun zu spielen und dann erklangen die schönen Stimmen von Jungkook und Patchubun: "Achim-eun bichnala i gangsan eungeum-e
Jawondo gadeughan samcheonli aleumdaun nae jogug banmannyeon..."¹
Noch während sie sangen schwenkte die Kamera langsam zu Taeran, der auf einer Nachbildung des großen Thrones von Choryosen sass, Taephorn auf einem Thron neben sich und zu dessen Füssen Alexa und Marlej in Ketten nun knieten, bewacht von martialisch aussehenden Bewaffneten.
"Meine lieben Landsleute" begann Taeran sogleich seine Rede, kaum, dass die Hymne verklungen war, "zu dieser Stunde schickt sich die Regierung des Großfürstentums Silistrien unter der Herrschaft von Alexej Rurikawitschi an, der langen Reihe von unglücklichen und unseligen, um nicht zu sagen verhängnisvollen Entscheidungen die durch und unter der Herrschaft der Rurikawitschi in und für dieses Land schon getroffen wurden eine weitere, nicht minder fatale hinzuzufügen.
Dort glaubt man nämlich, es sei an der Zeit und eine gute Gelegenheit, aus den Vereinigten Reichen des Nordens auszutreten und erneut wieder an eine Politik der Feundschaft gegen seine östlichen wie westlichen Nachbarn anknüpfen zu können. Man verkauft dem eigenen Volk dieses als Rückerlangung der Freiheit Silistriens.
Wir akzeptieren das nicht und werden es nicht zulassen. Unser Frieden, unsere Einheit, unsere Union ist das Ergebnis eines langem Ringes. Wir werden nicht noch einmal zulassen, dass diese durch irrlichternde Entscheidungen eines Rurikawitschi in Frage gestellt oder gar gefährdet werden.
Meine Mitbürger, liebe Bürger der Vereinigten Reiche des Nordens, in dieser Stunde sind unsere Truppen und die der Union in den ersten Stadien von Militäroperationen, um Silistrien zu entwaffnen, sein Volk zu befreien und ganz Bumia gegen ernsthafte Gefahr zu verteidigen.
Auf Unseren Befehl und den Befehl des Kaisers Liang Taejo hin haben unsere vereinigten Truppen ausgewählte Ziele von militärischer Bedeutung angegriffen um Alexej Rurikawitschis Möglichkeiten zu untergraben, Krieg zu führen. Dies sind die Anfangsstadien dessen, was eine breite und konzertierte Kampagne sein wird.
An alle Männer und Frauen der Streitkräfte unserer Nation jetzt im Einsatz, der Frieden eines beunruhigten Bumias und die Hoffnungen eines unterdrückten Volkes ruhen jetzt auf Ihnen. Dieses Vertrauen ist gerechtfertigt. Die Feinde, die Sie stellen, werden Ihr Geschick und Ihre Tapferkeit kennenlernen. Das Volk, das Sie befreien, wird Zeuge des ehrenhaften und anständigen Geistes unserer ruhmreichen Nation!"
Nun blickte Taeran herausfordernd direkt in die Kamera und dann sprach er weiter:
"No u menya yest' soobshcheniye i dlya Vas, Alexej Rurikawitschi:²
Sieh, deine Kinder habe ich bereits in Ketten vor mir knien. Wenn du nicht zur Besinnung kommst, wird dies das Ende deines unseligen Geschlechtes sein. Verfluchter Sohn des elenden Fedej!"
Natürlich war das erstmal ein Bluff. Kitten und damit auch das Reich von Taeran hatten ihre Truppen in Alarmbereitschaft versetzt. Mitnichten aber hatte man schon irgendwelche Ziele in Silistrien angegriffen.
Angevinien hatte seine Flotte auslaufen lassen, mehr aber war da noch nicht passiert.
Was aber bitterer Ernst war, waren die Kinder von Marla und Alexej in Ketten zu den Füßen von Taeran und Taephorn.
Bitterer Ernst war auch die Bedrouille in die Lage nun Gaston vaf Ostorien in seiner Rolle als Reichsverweser in Keizerstad nun brachte.
Aus Kingstown-of-the-North und Angeviniania kamen sehr deutliche Aufforderungen das Militär von Nordens Reike zu mobilisieren und an die Ostgrenze zu entsenden.
Grundsätzlich fand Gaston das angesichts der Nachrichten aus Silistrien auch durchaus für angebracht.
Nur hätte er sich gerne bei Leton rückversichert.
Das allerdings erwies sich als Ding der Unmöglichkeit.
Alle seine dringlichen Nachrichten und Ersuchen um ein Gespräch mit Leton die er nach Sore Stadt entsandte führten zu keinem Erfolg.
"Seine hochkaiserliche Majestät Leton von Angevinien, Kitaien und Nordens Reike sind zur Zeit nicht verfügbar" lautete die lapidare Antwort aus Sore.
Dahinter steckte Meran. Das allerdings wusste Gaston nicht.
Und was hätte Meran auch machen sollen?
Er konnte ja kaum nach Keizerstad antworten: "Sorry, aber Leton ist mit seinen Freunden und Isador auf einen anderen Planeten in einem anderen Sonnensystem gereist..."
Mal abgesehen davon, dass das Gaston auch noch weitergebracht hätte.
Die Armee wieder gen Osten in Stellung zu bringen erweckte unselige Erinnerungen in Nordens Reike.
Solche an alten Glanz und alte Größe unter dem Storledar bei den konservativen Kräften.
Solche an Krieg, Diktatur und Unterdrückung unter dem Storledar bei den progressiven Kräften.
Beides waren Erinnerungen an denen Gaston nur ungern rühren wollte.
Doch auch ohne Leton musste er nun eine Entscheidung treffen.
Und verkünden.
"Du hast eigentlich kaum einen Spielraum" analysierte Eleonor die Lage, "denn wenn du dich nicht eindeutig an die Seite Angeviniens und der Vereinigten Reiche des Nordens stellst, erweckt das unweigerlich den Eindruck, Nordens Reike liebäugele damit denselben Weg zu gehen wie Silistrien.
Dann denkt man in Kingstown und Tschinkyu womöglich die Brodors wären hier erneut dabei nach der Macht zu greifen..."
"Ich hasse es keinen Spielraum zu haben!" fluchte Gaston. Aber Eleonor hatte absolut recht. Es blieb ihm garnichts anders übrig als sich eindeutig und fest an die Seite von Trevor und Taejo zu stellen.
Und wo ginge sowas besser als in einer Spezialsendung des Reichssenders Keizerstad.
Wichtig war schließlich sich zunächst zu positionieren. Mobilisieren und Truppen in Bewegung setzen konnte man immernoch.
Derweil hatte in Hanyang Alexa kaum, dass die Sendung dort vorbei war, ihre Stimme wiedergefunden.
"Du drohst unseren Eltern damit uns zu ermorden?" hielt sie Taeran mit vor Empörung schriller Stimme vor.
"Wenn euer Vater einen Krieg beginnt, warum sollen dann seine Kinder davor gefeit sein in diesem zu fallen?" erwiderte Taeran ihr lakonisch.
"In Ketten gelegt und dann hingerichtet zu werden ist aber nochmal etwas anderes als zu fallen" meldete sich nun zum ersten Mal Marlej zu Wort.
"Es gibt sicherlich genug Leute, die meinen das ist ein gnädiger Tod verglichen mit dem nach einem Bauchschuss langsam zu verrecken, nach einem Luftangriff bei lebendigem Leib in den Straßen seines Wohnortes zu verbrennen oder die volle Wucht der Strahlung einer Fissionswaffe abzubekommen" entgegnete ihm Taeran ohne eine Miene zu verziehen.
"Taephorn" versuchte Alexa nun an diesen zu appellieren, "wir waren doch mal Freunde, wir haben so lange dasselbe College besucht, wie kannst du einfach nur zusehen bei dem was Taeran uns hier antut!"
"Was tut Taeran euch denn an?" kam es spitz von Taephorn, "eure Eltern beginnen einen Krieg der sich auch gegen ihn richtet und er nimmt euch gefangen. Das ist wohl nichts was unüblich wäre. Ihr habt mein Mitgefühl, irre Eltern die rücksichtslos entscheiden sind wirklich nicht schön – und ich kann da wahrlich ein Lied von singen – aber was soll ich machen? Dass eure Eltern auf mich hören ist doch eher unwahrscheinlich..."
"Du bist also für Sippenhaft?" hielt ihm Alexa ihm sofort vor.
"Ich wundere mich eher" erwiderte Taephorn ihr.
"Wundern, warum?" schnappte sie sofort.
"Darüber, dass du dich seit dem Eintreffen hier in Hanyang lautstark über die Behandlung die man dir zumutet beklagst" erklärte Taephorn nun, "aber nicht ein Wort des Bedauerns, der Ablehnung oder gar Distanzierung bezüglich der Aktionen deiner Eltern und/oder der Regierung Silistriens verloren hast bisher."
"Ich muss mich ja wohl nicht von meinen Eltern distanzieren" begehrte Alexa sofort auf.
"Musst du natürlich nicht" erwiderte Taephorn ihr ungerührt, "aber dann beschwere dich auch nicht, wenn man dich stellvertretend für diese behandelt..."
"Also doch Sippenhaft!" warf Alexa ihm vor.
"Lass' gut sein Alexa!" mischte sich an dieser Stelle nun ihr Bruder ein.
"Warum soll ich es gut sein lassen wenn es nicht gut ist?" keifte die sogleich.
"Weil du nicht die Feinde deines Vaters als deine Freunde in Anspruch nehmen kannst ohne dich von ihm zu distanzieren" belehrte Marlej sie.
"Soll ich das alles einfach so hinnehmen oder was?" zickte sie nun.
"Wenn du nicht vor hast dich von Vater zu distanzieren, dann ja" erwiderte ihr Bruder darauf.
"Höre auf deinen Bruder" empfahl ihr Taeran nun ruhig, "du kennst deine Optionen, lamentieren ändert an denen nun auch nichts weiter..."
Dann befahl er mit einer Handbewegung die beiden Rurikawitschi-Zwillinge wegzubringen.
Als sie weg waren, traute Jungkook sich eine Frage zu stellen.
"Werdet ihr die zwei wirklich töten?" wollte er wissen.
"Sagen wir es mal so" wich Taeran einer direkten Antwort aus, "wenn ich die Leben meiner Bürger riskiere, dann kann ich das Leben von denen Beiden nicht für unantastbar halten..."
"Ich bin froh, dass ich keine Politik machen muss" resümierte Jungkook daraufhin.
"Wenn du so lange lebst wie ich und daher einer Gesellschaftsschicht angehörst der ich angehöre" erwiderte Taeran, "dann ist das nicht möglich. Dann ist ohnehin alles was du machst politisch. Irgendwie..."
¹Diese Welt, mein schönes Heimatland
So reich an Silber und Gold bist du,
Fünftausend Jahre deiner Geschichte.
²No u menya yest' soobshcheniye i dlya Vas, Alexej Rurikawitschi =
An dich Alexej Rurikawitschi aber habe ich auch eine Botschaft
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top