#133 Fremde Welt doch sehr bekannt
"Wer wäre nicht glücklich wenn er an meiner Seite für ewig leben dürfte?" Lillian entschied sich für eine Gegenfrage um einer konkreten Antwort an Terastan zu entgehen.
Doch Terastan wusste sich einen Reim daraus zu machen.
"Er ist also so glücklich mit Euch, dass Ihr Euch keine Sorgen machen müsst, dass er sich mit Issan verbündet weil er vor lauter Glück nicht mehr weiß wie weiter?" erkundigte er sich voller süffisantem Sarkasmus.
Jeder und ganz besonders Lillan verstand was er wirklich sagen wollte.
Plötzlich war Lillian alarmiert. Dass sein Uxvir die Anwesenheit von Issan als Chance begreifen könnte um an seiner Abhängigkeit von ihm selbst etwas zu ändern hatte er nicht bedacht.
Jetzt allerdings kam ihm dieser Gedanke und das mit Vehemenz.
Sofort versuchte er eine Verbindung mit seinem Zuhause herzustellen.
Doch dafür brauchte er höchste Konzentration und ganz viel Energie.
Es war fast so, als hätten die Mitglieder der Runde in die er hinein geplatzt war nur auf diesen Moment gewartet.
Sie alle lenkten ihn ab. Aber was noch schlimmer war, Isador und diesem Leton gelang es seinen Zugriff auf die nötige Energie zu blockieren.
"Ihr wagt es mich hindern zu wollen?" fuhr er sie an.
"Ihr wagtet es meinen Sohn zu entführen" erwiderte Isador ihm kühl.
Das Anwesen verlassen und von vor der Tür in sein eigenes zurückkehren war sein nächster Impuls.
Doch offenbar waren seine Gedanken nicht unantastbar, denn Leton meinte bissig: "Der Entführer meines Gefährten möchte jetzt gehen? Ich denke nicht, dass wir das zulassen!"
Und eh er es sich versah bauten sich Terastan, Trevastan, Meran und Anadan vor ihm auf und wie immer sie das gemacht hatten, sie waren nicht unbewaffnet.
"Ihr denkt ihr könnt es mit mir aufnehmen?" höhnte er, "meinen Fähigkeiten habt ihr nichts entgegen zu setzen!"
"Wir alleine vielleicht nicht" erwiderte ihm Anadan, "aber wir mit An-Isadur und Letan, da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher!"
Die Erschütterung seiner Macht in dem Moment als Issan seine Energie stahl um den Nebel wegzupusten spürte Lillian trotzdem.
"Lasst mich!" schrie er, "er macht alles kaputt, er nimmt mir An-Tinur..."
Doch in den Gesichtern in die er nun spähte zeigte sich kein Mitleid.
"Dann weißt du nun wie ich mich fühle" verkündete Leton ihm.
"Sage uns wo wir Issan finden oder bringe uns dorthin!" forderte Isador nun.
Während Lillian mit sich rang, schauten Issan und An-Tinur voller Erstaunen auf das Bild, was vor ihnen lag.
Zu ihrer rechten Seite erstreckte sich die Bucht eines Meeres in weitem Kreise bis sie sich am Horizont verlor. Doch garnicht allzu weit von ihnen lag eine Stadt an dieser Bucht.
Eine Stadt die aussah wie...
"Was ist das? So ähnlich sah es in Sore vor ungefähr zweihundert Jahren aus!" sprach ein erstaunter An-Tinur.
"Ist das Sore und wir sind in der Zeit zurück?" überlegte Issan.
"Nein. Ich weiß wie Sore damals aussah. Das ist nicht Sore Urbs" widersprach ihm An-Tinur.
Offenbar hatte man in dieser Stadt auch gemerkt, dass der Nebel verschwunden war.
Denn alsbald löste sich ein altertümlich aber dennoch schnittig aussehendes Schiff mit zwei riesigen Schornsteinen aus denen tiefschwarzer Qualm drang vom dortigen Ufer und hielt mit einer bemerkenswerten Geschwindigkeit auf sie zu.
"Wo ist mein Callidcom? Ich muss das filmen, das glaubt mir sonst keiner!" rief Issan.
"Das liegt in dem Raum wo du dich umgezogen hast" erklärte An-Tinur
"Bin gleich wieder da!" rief Issan und hastete davon.
Als er mit seinem Callidcom im Anschlag wieder kam, war das Schiff schon näher gekommen.
"Wie in einem Historienfilm" meinte Issan nur.
"Für dich sicherlich, ich fühle mich wie auf einer Zeitreise" erwiderte An-Tinur ihm daraufhin.
Schwungvoll dampfte das Schiff schließlich ans Ufer, warf Anker und setzte zwei Barkassen aus.
"Ist auf jeden Fall ein Kriegsschiff" stellte Issan fachkundig fest.
"Meinst du die greifen uns an?" bangte An-Tinur sofort.
"Ich denke nicht" erwiderte Issan, "ich würde ihnen das auch nicht raten."
Derweil wurden die Barkassen ans Ufer gerudert.
"Die Uniformen sehen auch aus wie Sore vor zwei Jahrhunderten" stellte Issan fest.
Kaum, dass die Barkassen am Strand waren, sprang ein Mann heraus, der unschwer als Offizier zu erkennen war, eilte auf Issan und An-Tinur zu, salutierte erst bevor er sich vor ihnen in den Sand des Strandes warf.
"O lusso Divinores de Lille"¹ sprach er, "wie lange haben wir gewartet auf den Moment wo Ihr euch zeigen werdet!"
Er spricht Sorenisch! stellte Issan verblüfft fest, und er hält uns für Götter!
"Stehe Er auf und verrate Er uns seinen Namen" befahl er dem Mann sodann.
Der tat wie ihm befohlen und erhob sich während seine Untergebenem hinter ihm noch bäuchlungs im Sand lagen.
"Ich bin Aimur von Bodissin oh Herr, ich bin der Kommandant des Zerstörers Vipera und habe die Ehre Euch, unsere Götter, als Erster auf dem Boden von Lille begrüßen zu dürfen!"
Wir sind also in Lille, wo immer das auch ist dachte Issan, dann hörte An-Tinur seine Stimme in seinem Kopf: "Wenn du Angevinisch sprichst, dann nicke bitte!"
An-Tinur nickte.
"I hope they don't speak Angevin here. They think we're gods and we're probably in Lille, wherever that is..."² wandte sich Issan daraufhin an ihn.
"Wenn wir deren Götter sind" erwiderte An-Tinur ebenfalls auf Angevinisch, "dann finden wir es heraus."
Issan nickte, dann wandte er sich wieder an diesen Aimur. "Eius eson Issan e Vosta eses Antinan"³ erklärte er ihm um dann eine Frage anzuschließen, "würde Er uns in die Stadt bringen?"
"Es ist mir eine große Ehre Euch nach Lille Urbs zu bringen" versicherte ihm jener überschwänglich, "sicherlich wollt Ihr auch unseren Divinimperator Traian ab Iovam sprechen, wenn Ihr erlaubt würde ich gerne Euer Kommen per Telescribor⁵ ankündigen?"
"Mache Er nur" bedeutete ihm Issan mit einer gewissen gütig göttlichen Herablassung - oder zumindest dem, was er dafür hielt.
"Their High Caser's name ist ab Iovam?"⁴ wandte er sich dann an An-Tinur, "ein wenig habe ich den Eindruck uns möchte hier jemand verarschen..."
"Schauen wir uns diesen Traian mal an" gab sich An-Tinur abenteuerlustig, "aber mal ehrlich, wir sind hier in Lille und der Herrscher ist ein ab Iovam, das ist sicherlich kein Zufall..."
"Ja, die Nachfahren von Sorelan heißen alle ab Iovam" erwiderte Issan.
"Oder die Nachfahren von Lillian, je nachdem auf wen man da jetzt abstellt" merkte An-Tinur an.
"Du meinst....?" realisierte Issan worauf An-Tinur hinauswollte.
"Oh ja, genau das" grinste der nur.
Lillian, der spürte wie ihm die Kontrolle entglitt und der infolgedessen von Furcht erfasst wurde, raffte sich nun auf, Isadors Frage zu beantworten.
"Issan...." begann er zögerlich, "ich... ich habe ihn nach Merua gebracht..."
"Und wo befindet sich dieses Merua?" wollte Meran daraufhin sofort wissen.
"Merua... es ist kein Ort... es ist..." erklärte Lillian und es war überdeutlich, dass er das nicht gerne tat, "es ist ein Planet..."
Trevastan begriff als Erster was Lillian ihnen da gerade erzählt hatte.
"Mein Sohn ist also nicht mehr auf Bumia?" rief er.
"Das ist zutreffend" bestätigte Lillian.
"Wie kommst du auf andere Planeten?" fragte Terastan nun.
"Meine Fähigkeiten erlauben es mir ein Vermirundon⁶ zu erzeugen, ich beherrsche das seit einer ziemlich langen Zeit. Und das erlaubt mir andere Planeten zu besuchen. Und auch andere dorthin zu bringen."
"Wie hast du herausgefunden welche Planeten besuchbar sind?" war An-Taetsin nun neugierig, "vor ziemlich langer Zeit konnte das auf Sore ja noch keiner auch nur ansatzweise wissen"
"Sagen wir einfach, ich hatte da meine Quellen" wich Lillian dieser Frage aus.
Natürlich hatte er seine Quellen.
Aber das würde er denen jetzt nicht unter die Nase reiben.
Dass Libulan, sofern er real war, nicht vom Bulan kam dürften sie ja schon festgestellt haben. Woher Sorelan eigentlich so plötzlich auf Bumia auftauchte schien noch immer keinen Historiker auf Bumia wirklich zu beschäftigen.
So wie die Frage, woher die Divinobles überhaupt kamen.
"Dann erzähle uns mal warum es dich gerade jetzt so dringend nach Merua zieht?" forderte ihn nun Leton auf.
"Ich...." begann Lillian stockend, "...es ist nur so ein Gefühl... Issan... ich denke er hat mit An-Tinur herausgefunden, dass sie nicht auf Bumia sind..."
"An-Tinur lebt da mit dir und wusste das nicht?" Anadan war mehr empört über als überrascht von dieser Information.
"Ich habe unser Anwesen gut abgeschirmt vom Rest des Planeten" erklärte Lillian daraufhin.
"Das wirft die Frage auf: Warum?" gab sich Isador mit dieser Antwort nicht zufrieden.
Lillian überlegte kurz. Dann meinte er: "Nun, Issan und An-Tinur werden vermutlich gerade herausfinden warum. Da kann ich es euch jetzt auch berichten..."
Inzwischen schipperten Issan und An-Tinur mit der Vipera über die Bucht.
Auf der anderen Seite steuerte das Schiff eine große Landungsbrücke an, an der es nun anlegte.
Zahlreiche Schaulustige hatten sich versammelt, aber auch Uniformierte, welche die Schaulustigen im Zaum hielten und vom Anleger abschirmten.
Direkt hinter dem Empfangsgebäude war eine Hochbahnstrecke die beidseitig der Straße auf ziemlich filigran wirkenden Stahlträgern über dem Gehweg aufgeständert war.
Die Straße dazwischen wurde vor allem von nostalgisch anmutenden, kleinen Straßenbahnwagen und wenigeren Pferdefuhrwerken bevölkert, Automobile oder dergleichen konnten Issan und An-Timur nicht entdecken.
Als dann der erste Zug der Hochbahn erschien und sich als kleine Dampflok mit vier hölzernen Wagen hinten dran entpuppte, konnte sich Issan ein Grinsen nicht verkneifen.
Das muss ich für Mercur aufnehmen sagte er sich und zückte erneut sein Callidcom.
An-Tinur, der das natürlich sah, meinte amüsiert zu ihm: "Lille Urbs ist wie Sore Urbs im 26. Jahrhundert...."
Worauf Issan an sich und dann an ihm herunter sah.
Beide trugen sie locker fallende Freizeithosen, Issans in changierenden metallisch glänzenden Blautönen, An-Tinurs in Silber, darüber beide eine kurze Tunika die bei Issan silbern war und bei An-Tinur aus einem silber-blau reflektierenden Stoff.
"How good that they are two hundred years behind us" spöttelte er, "otherwise they would hardly think we were gods in those clothes..."⁷
"Sei froh, dass wir das anhaben, die denken bestimmt, dass das ganz edles und teures Material ist" kicherte An-Tinur, "stell dir vor wir ständen hier jetzt in einfachen weißen Tunikas..."
Mit äußerster Ehrerbietung wurden sie von Aimur an Land gebeten und als sie dann durch das Spalier der die Menge zurückhaltenden Uniformierten schritten, warfen sich auch hier die Menschen zu Boden, begannen zu beten und prisen die Götter.
"Ist eigentlich noch keinen von ihnen aufgefallen, dass sie bisher noch nie von Göttern namens Issan und Antinan gehört haben?" wunderte sich Issan daraufhin.
An-Tinur zuckte mit den Schultern und meinte nur: "Na ja, dass ein- und derselbe Gott mehr als einen Namen hat ist auf Bumia ja auch nicht so selten, ich sage nur Libulan und Maiahula..."
"Das ist allerdings ein Punkt ja" stimmte Issan ihm zu, "sie sind sich so sicher, dass wir ihre Götter sind, dass es vermutlich keiner wagt uns darauf anzusprechen, dass sie unsere Namen noch nie gehört haben..."
"Hehe ja" erwiderte An-Tinur, "ich bin ja jetzt gespannt wie sie uns zu ihrem Divinimperator transportieren. Oder denkst du die lassen ihre Götter laufen?"
"Na, wenigstens die Straßenbahn werden sie uns ja hoffentlich benutzen lassen" entgegnete Issan daraufhin.
Doch als sie mehrere Stufen von den Landungsbrücken hinab zur Straße geschritten waren, lag da ein blauer Teppich und an dessen Ende stand eine offene Kutsche die mit sechs Pferden bespannt war.
"Nein, Straßenbahn wird es nicht..." wisperte An-Tinur.
Schnell schoss Issan noch ein paar Aufnahmen mit seinem Callidcom.
Was An-Tinur zu der Bemerkung veranlasst: "Ich bin auf die Gesichter ihrer Historiker gespannt wenn irgendwann rauskommt, dass 'ihre Götter' beim ersten Treffen Fotos gemacht haben...
Dann trat ein hochgewachsener Mann mit dunklem Haar und violetten Augen vor sie.
Der könnte mit meinem Pator verwandt sein dachte Issan während der Mann sich tief verbeugte.
"Meine göttlichen Herren!" begrüßte er sie, "es ist mir eine große Ehre und Freude euch in Lille begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Dorian ab Artemam und ich bin der Ductor des Imperion Lilleam..."
¹Oh Ihr Götter von Lille
²Ich hoffe die können hier kein Angevinisch. Die halten uns für Götter und wir sind wohl in Lille, wo immer das ist...
³Ich bin Issan und er ist Antinan
⁴Deren Hochkaiser heißt ab Iovam?
⁵Telescribor = Fernschreiber
⁶Vermirundon = Wurmloch
⁷Wie gut, dass sie zweihundert Jahre zurück sind, sonst würden sie uns in den Kleidern kaum für Götter halten...
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top