#127 Kommt er zurück?
"Der Angriff von Ostarien, war das eigentlich der erste Konflikt in dem du das Sagen hattest?" erkundigte sich Ivenej nach einigen Minuten des Schweigens.
"Ja" bestätigte Terastan, "warum fragst du das?"
"Ach... nur so..." wich sein Uxvir aus.
An einem anderen, weit entfernten Ort wandte sich Lillian nun an Issan: "Magst du mit hinein kommen? Vielleicht möchtest was essen? Oder dich frisch machen?"
"Eigentlich möchte ich immernoch wissen wo ich bin!" erwiderte der leicht unwillig.
"In meinem Zuhause" erklärte ihm Lillian erneut, eine Antwort die Issan noch weniger befriedigte als beim vorigen Mal.
"Er wird Euch nicht mehr verraten" mischte sich nun An-Tinur ein, "von daher bemüht Euch nicht, schaut lieber zu, dass Ihr die Spuren Eures Kampfes loswerdet und dann esst mit uns..."
"Wir sind der amtierende Divinimperator, Wir lassen Uns doch nicht gegen Unseren Willen an einem unbekannten Ort festhalten!" platzte es jetzt aus Issan heraus der langsam ernstlich wütend wurde.
"Hier bist du Issan!" konterte Lillian sanft seinen Ausbruch, "und ich befürchte so lange du keine Ahnung hast wie du diesen Ort verlassen kannst, wirst du wohl oder übel hier verweilen müssen."
Verblüffung mischte sich mit Wut in Issans schönem Gesicht.
Und dann merkte An-Tinur auch noch schnippisch an: "Seid froh, dass Ihr hier sein dürft. Normalerweise macht er mit allen und jedem der eine Gefahr für die Stabilität und Prosperität von Sore ist einen kurzen Prozess...
"Ich bin doch keine Gefahr für Sore!" brüllte Issan nun.
"Was macht dich da so sicher?" fragte ihn Lillian daraufhin.
"Ich...." begann Issan trotzig doch dann fiel ihm kein Grund ein der ihn sicher machte und er verstummte jäh. Verstört sah er Lillian an und dann fiel ihn jäh die Erkenntnis an.
Er hatte seinem Pator den Thron geraubt, er hatte sich mit dem Uxvir des verstorbenen Divinimperators angelegt und er hatte versucht seine beiden Gefährten zu unterwerfen obwohl beide Divinobles wie er war.
Und er war daran gegangen die Eltern seines Gefährten Leton ihrer Macht zu berauben. Mal abgesehen davon, dass ihre Verbindung zu dritt zumindest unkonventionell war.
"Dir ist schon klar, dass dein Verhalten Sore in die große Gefahr eines Bürgerkrieges und eines Krieges mit Angevinien und Kitaien gebracht hat?" hörte er Lillians fragende Stimme in seinen Gedanken.
"Unsinn, ich hatte alles unter Kontrolle!" rief er laut.
"Alles – außer dich selbst" erwiderte Lillian ihm daraufhin lakonisch.
"Ich hab mich auch selbst unter Kontrolle!" fauchte Issan nun.
"Nun, dann hattest du aber wohl nicht alles unter Kontrolle" konterte Lillian ruhig, "zumindest sah es bei meinem Eintreffen nicht danach aus, dass du deine Eltern oder deine Gefährten unter Kontrolle hattest. Mehr so, als wären diese davor dich zu kontrollieren..."
Das konnte Issan nur schwerlich bestreiten.
"Soll ich jetzt dankbar sein?" maulte er.
Ganz und gar unironisch bedeutete ihm Lillian daraufhin: "Das wäre ein Anfang, ja..."
Issan aber empfand keinerlei Dankbarkeit gerade und machte daraus aus keinen Hehl.
"Willst du mich jetzt hier behalten bis du denkst ich habe mich unter Kontrolle?" giftete er.
"Die Alternative ist, dass ich dich unter Kontrolle bekomme und behalte" erwiderte Lillian und war plötzlich garnicht mehr so charmant wie zuvor, "mal abgesehen davon, dass dir das sicherlich nicht gefallen würde, verspüre ich auch nur wenig Lust darauf!"
Sprach es, drehte sich um und verschwand im Inneren des Hauses.
"Wenn er keine Lust darauf hat, warum macht er es dann?" maulte Issan nun leise vor sich hin.
Doch An-Tinur hatte ihn gehört und meinte sarkastisch: "Ihr solltet froh sein, nicht jedem der ein Problem war, hat er überhaupt so eine Chance gegeben..."
"Wie meinst du das?" erkundigte sich Issan misstrauisch.
"Er hätte Euch auch einfach verschwinden lassen können. Oder verlieren lassen. Oder ein Unfall..." erklärte An-Tinur sardonisch.
"Also ich bin das Problem? Aber jemanden wie meinen Onkel Terastan hat er einfach machen lassen?" empörte sich Issan.
"Das fragt Ihr ihn besser selbst" erwiderte An-Tinur ruhig, "am Besten frisch geduscht beim Essen. Wenn Ihr mir folgt zeige ich Euch euer Zimmer. Und das Bad...."
Freundlich hielt er nun Issan die Tür auf.
Der war noch immer sauer, aber trotzdem schlau genug, zu erkennen, dass es nichts brachte, seinen Ärger an An-Tinur auszulassen.
Also ging er durch die Tür und folgte An-Tinur. Nutzte aber zugleich die Gelegenheit, diesen ein bisschen auszufragen.
"Seid ihr schon lange zusammen, du und Lillian?" erkundigte er sich.
"Wir kennen uns seit 1850 Jahren" erwiderte An-Tinur lächelnd, "ich denke, das kann man schon als lange bezeichnen..."
"Das ist wirklich lange" stimmte ihm Issan zu, "wie alt warst du da, wenn ich fragen darf?"
"Ich kam 868 aCS in Tium zur Welt" erwiderte An-Tinur.
"Also warst du siebzehn" stellte Issan fest, "wie lange hat er gewartet bevor er dich gebunden hat?"
"Vier Jahre" erwiderte An-Tinur, dann hielt er vor einer Tür an, die sich wie von Geisterhand öffnete, "so, hier wäre Euer Gästezimmer. Wenn Ihr was frisches und vor allem bequemeres zum Anziehen braucht, guckt in den Schrank..."
"Ihr habt passende Klamotten für mich da?" staunte Issan.
"Alles was Ihr in Eurem Schrank zu Hause habt" grinste An-Tinur.
"Aber..... WIE?" wollte Issan wissen.
"Zweitausend Jahre länger in Übung als Ihr..." schmunzelte An-Tinur, dann ging er einfach.
Issan ging schnurstracks zu dem Schrank, riss ihn auf. Und tatsächlich. Da war alles drinnen was er daheim in Sore Urbs sein eigen nannte.
Hatte dieser Lillian irgendwie herausgefunden was ich alles besitze und hatte dann alles das besorgt? grübelte Issan, aber dann musste der ja schon wirklich sehr lange meine Entführung vorbereitet haben...
Die Krukbakker von Trevastan, Isador, Leton und Evan hatte tatsächlich noch genug Energie um zu starten und sie an die Axis Bay und auf das Flaggschiff von An-Timur ab Meridamtuniam zu bringen.
Wo sie einen inzwischen ziemlich geschafften Brandon Wanker auch von seiner Fesselung befreiten.
Kreidebleich war dieser, als wenn ihm ein Geist begegnet war. Gut, gewissermaßen war ihm ja auch einer begegnet.
Denn wenn der Auftritt von Lillian schon für Trevastan, Isador, Leton und Evan und die Millionen Zuschauer vor den Empfangsgeräten zutiefst beeindruckend gewesen war, für Brandon, der einer der wenigen Menschen vor Ort war, die bei dessen Erscheinen noch bei Bewusstsein waren, war Lillian zweifelsohne eine Begegnung der ganz besonderen Art.
"Ich weiß ja nicht was ihr seid, aber jener da, war der ein Gott?" traute er sich tatsächlich zu fragen, bevor er in eine der Arrestzellen der ENSN Perderor abgeführt wurde.
"Es ist die Frage wie du einen Gott definierst. Wenn Gott für dich nir der Schöpfer von Zeit und Materie ist, dann war es kein Gott" erklärte ihm Trevastan, "wenn aber jemand der Raum, Materie und Zeit gestalten kann schon ein Gott für dich ist, dann kannst du Lillian durchaus als Gott betrachten..."
"Kann sich jeder von euch zu einem Lillian verwandeln? Auch mein Bruder?" wollte Brandon nun wissen.
"Unter den richtigen Bedingungen schon" erwiderte Isador ihm.
Brandon seufzte resigniert: "Also hatten wir nie eine Chance?"
"Darüber kannst du nun viel und in Ruhe nachdenken" meinte Evan zu ihm, dann befahl er: "Schafft ihn weg!"
Sie befahlen eine der Aerions von Coabana nach Axistown und flogen mir der dann zurück nach Sore Urbs.
"Wie lange wird Issan wohl bei diesem Lillian bleiben?" erkundigte sich Leton vorsichtig als sie dann über dem Antautischen Ozean war.
Trotz ihres Konfliktes fühlte er bereits, dass er Issan vermisste.
Evan ging es, was das anging, auch nicht besser.
"Du meinst: Wie lange wird dieser Lillian ihn behalten..." korrigierte er ihn mit müder Stimme.
"Das kann euch niemand sagen" erwiderte Trevastan mit Bedauern, "ich schaue gerade durch alle überlieferten Fälle in denen Lillian in Erscheinung getreten ist. Wirklich historisch belegbar ist nur seine Beteiligung an der Seeschlacht bei Punta. Etwa zweihundert Jahre danach verliert sich seine Spur. Danach gibt es eine Vielzahl von Erscheinungen, aber es gibt nur zwei Berichte darüber, dass er jemanden mitgenommen haben soll. In beiden Fällen hat man von den Betroffenen nie wieder etwas gehört. Ansonsten folgte er eher dem Muster: Auftauchen, die Feinde Sores – oder diejenigen dir er dafür hält – beseitigen, verschwinden."
Entschuldigend sah er zu Leton und Evan, dann zu Isador.
"Also kann es sein, dass Issan nie wieder kommt?" erschrak Leton und Evan meinte bedrückt: "...oder dass dieser Lillian Issan tötet?"
"Ich kann euch nicht versprechen, dass das nicht passiert" erklärte Trevastan düster, "und bedenkt, Issan ist mein Sohn, ich unke hier nicht leichtfertig herum..."
"Was macht das mit uns? Wir sind mit ihm verbunden?" sorgte sich Evan.
"Das ist schwer zu sagen" erklärte Isador, "ich denke auf eure Lebenserwartung hat das keinen Einfluss. Das der Verlust euch Schmerzen wird dürfte euch auch klar sein, aber irgendwann werdet ihr darüber hinwegkommen können. Es könnte sein, dass Letons besondere Kräfte weniger werden ohne Issan. Aber das müsst ihr abwarten..."
"Wie geht es dir damit Isador? Er ist schließlich auch dein Sohn..." erkundigte Leton nun mitfühlend bei diesem.
"Ich.... Es ist schwer zu sagen..." begann Isador vorsichtig, "...ich meine, wir waren vermutlich aus denselben Gründen da wie dieser Lillian..."
Er verstummte und sah hilflos zu Trevastan.
"Aus denselben Gründen?" hakte Evan nach der nicht ganz verstand worauf er hinauswollte.
"Nun, Issan... mein Sohn..." fuhr Isador fort, "...er war auf dem Weg fanatisch zu werden... er... er wollte alles kontrollieren... mit seiner Macht ...auch euch ...und mich..."
Erneut verstummte er während die Blicke der drei Anderen auf ihm lagen.
"Er wurde mehr und mehr zu einer Gefahr für sich und andere... Er... wir... waren wir nicht da um ihn genau daran zu hindern?" Leichte Verzweiflung schwang nun in Isadors Stimme mit, so als wolle er sich bei den Anderen rückversichern, dass er, dass sie auch das Richtige getan hatten.
"Er war dabei Sore in die Gefahr eines Bürgerkrieges zu stürzen" bestätigte Trevastan ruhig, "schon so wie er Anadan behandelt hat. Und dann ein offen ausgetragener Konflikt zwischen denen die beanspruchen Divinimperator zu sein. Es war das Richtige ihn nicht gewähren zu lassen. Gerade weil er unser Sohn und euer Gefährte ist..."
Isador nickte dankbar. "Ich denke Lillian hat das genauso gesehen. Und nach allem was wir wissen greift er immer ein, wenn Sore in Gefahr ist" erklärte er dann, "und so schwer es mir fällt das Zuzugeben, Issan... mein Sohn... er war dabei zu einer Gefahr für Sore zu werden...
Einer Gefahr der wir selbst... anders als dieser Lillian... der wir selbst kaum noch gewachsen waren..."
Isadors Stimme begann bei seinen letzten Worten zu zittern und dann ran ihm eine einzelne Träne über seine Wange, dann noch eine und auf diese folgten weitere.
Es brauchte einige Sekunden bis zumindest Trevastan seinen Schock überwunden hatte und seinen stumm weinenden Uxvir ihn seine Arme zog.
"Ihr entschuldigt uns" raunte er Issan und Evan zu, dann zog er Isador mit sich in die Heckkabine der Aerion.
Kaum, dass sich die Kabinentür hinter Issans Eltern geschlossen hatte, war es auch um Letons Beherrschung geschehen.
"Ich... Wir brauchen doch Issan..." schluchzte er auf und begann ebenfalls zu weinen, "er fehlt mir doch so... ich... ich... ich weiß nicht ob ich das schaffe..."
Geistesgegenwärtig zog Evan ihn in seine starken Arme und während Leton nun sein Gesicht an seiner Schulter verbarg, murmelte er tröstend: "Er fehlt mir doch auch..."
Was war allen Fähigkeiten wert wenn man dann doch nichts ausrichten konnte? Da waren sie körperlich wie überkörperlich so stark und machtvoll und doch wurde ihnen ihr Gefährte einfach entzogen, fühlten sie hilflos und ohnmächtig den Schmerz des Verlustes, das nagende Gefühl von Ungewissheit und Sorge. So wie es jedem anderen Menschen und vermutlich auch den meisten Divinobles in ihrer Situation ergangen wäre.
Zweifel erfassten Leton. War es richtig, dass zwei so junge und unerfahrene Männer wie Issan und er über solch' eine Macht verfügten?
Hätten Sie die nicht bekommen, dann wäre sie Issan auch nicht so zu Kopfe gestiegen. Dann wäre das alles nicht passiert und sie würden jetzt in Ruhe irgendwo etwas studieren und Dinge machen, die Menschen und Divinobles in ihrem Alter so machen würden.
"Warum hat das Schicksal uns nur diese verfluchte Gabe gegeben?" murmelte er voller Verzweiflung.
"So darfst du nicht denken" erwiderte Evan, "die Fähigkeit an sich ist nicht gut oder schlecht. Erst das was du damit machst ist gut oder schlecht. Und das entscheidet jeder von uns selber!"
"Aber Issan..." wimmerte Leton.
"Issan war immer zurechnungsfähig. Es hat ihn niemand gezwungen, so ungerne ich das zugebe" erwiderte Evan, "denn natürlich würde ich auch lieber etwas benennen können, was sein Verhalten entschuldigt..."
An-Tinur
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