#113 Der letzte Weg
Zur Freude von Issan, Leton und Evan hatte Iulian ab Anzam dann tatsächlich zugesagt, das Amt des Proimperators von Novo Beria Septentrionam zu übernehmen - zumindest vorläufig.
Zwei Tage später konnten die Einsatzkräfte in New Kingstown die sterblichen Überreste von Ieran ab Iovam und Iuan ab Anzam aus den Trümmern des Bumia Trade Centers bergen.
Anders als zuvor bei den Lebenden beeilten sich die Drei dieses Mal ein Flugzeug zu schicken, welches die Toten zurück in die Heimat holte.
Dieses nahm auch Anadan mit nach New Kingstown, Iuans Uxvir wurden von Abundapiscia nach New Kingstown in einer separaten Maschine geflogen.
Dann flog die beiden Särge und die beiden Vidues¹ auf die Insel Trinacria im Mare Nosteram
Im dortigen Marinehafen von Sarausa wurden die beiden Särge nun auf die ENSN 'Divinimperator Sorelan' verladen.
Das historische Schiff mit dem Meran einst Taego Gomun ins Jenseits geschossen hatte wurde dazu in einen Gefechtszustand versetzt. Dafür wurde Vormast zur Freimachung des Schussfeldes demontiert. In diesem Fall allerdings diente die dadurch entstehende freie Fläche vor dem Geschützturm nun der Aufstellung der beiden mit großen sorenischen Flaggen bedeckten Särge.
In dieser Aufmachung wurde das historische Schiff nun angefeuert und lief in Begleitung der Fregatten der ersten sorenischen Flotte von Sarausa in den Mariungo, die durch Sore Urbs führende Meerenge zwischen dem Mare Nosteram und dem Mare Caerulam.
Alle Trauerglocken der Millionenstadt leuteten als die dunkle Rauchsäule der ENSN 'Divinimperator Sorelan' am südlichen Eingang des Mariungo erschien.
Wie zwei Statuen standen Anadan und An-Artur, in graue Trabeas gehüllt - denn Grau war in Sore die Farbe der Trauer - auf dem Deck neben den Särgen ihrer verstorbenen Virions.
Als die 'Divinimperator Sorelan' mit der 'Ponto Divinimperator Ienan' die südlichste der über den Marilungo führenden Brücke erreichte begannen die auf den vier alten an der Meerenge gelegenen Forts befindlichen Kanonen Salut zu schießen.
Zweihundertfünfzig Schuss gebührten einem Divinimperator im Tod wie im Leben.
Natürlich waren alle Brücken über den Mariungo für dieses Ereignis gesperrt worden und so drängten sich auf diesem wie entlang der Ufer die schaulustigen und trauernden Massen um Ieran ab Iovam und Iuan ab Anzam die letzte Ehre zu erweisen.
Die drei Röschen des Adonur waren in Sore die Blumen welche das Symbol für Hoffnung und Vergänglichkeit darstellten.
Als die 'Divinimperator Sorelan' nun die 'Ponto Divinimperator Ienan' passiert, warfen tausende der auf dieser Brücke ausharrenden Trauergäste nun diese Blumen von der Brücke herab.
Das Spektakel wiederholte sich als das Schiff mit der 'Ponti Grandis' die zweitälteste Brücke über den Mariungo erreichte und ebenfalls bei der dann folgenden 'Ponto Divinimperator Sorelan'.
Auch bei der Durchfahrt der ältesten Brücke, der 'Ponta Alta' regnete es Blumen.
Nach dieser Brücke steuerte die 'Divinimperator Sorelan' das westliche Ufer des Mariungo an und legte dort an.
Am Ufer warteten Issan, Leton, Evan, Meran mit An-Taetsin, Trevastan mit Isador, Terastan mit Ivenej, Marlur mit Luciur, Ivan und Mercur und viele weitere Divinobles samt Partner, die Spitzen von Regierung, Senat und Convent, alle in graue Trabeas gekleidet. Nur die ebenfalls anwesenden Spitzen des Militärs und Meran trugen Uniformen, allerdings alle mit grauen Schärpen.
Jeweils sechs Matrosen hoben nun die Särge von Bord des Schiffes und trugen sie an Land, wo sie nun ein Team von jeweils drei Soldaten des Heeres und der Luftwaffe übernahmen.
Diese luden den Sarg des Divinimperators nun auf den Leichenwagen welcher schon für Sorelans Leichenzug angefertigt worden war und seitdem bei der Beerdigung aller Divinimperatores zum Einsatz kam.
Der Wagen ein goldenes Gewölbe, war etwa drei Meter breit, sechs Meter lang und war mit Edelsteinen verziert. Am goldenen Kranzgesimse hingen mythische Figuren mit großen Ringen, die mit bunten Binden geschmückt wurden. An den äußersten Stellen hingen Glocken, die den Wagen von Weitem ankündigten. An jeder Ecken dieses Gewölbe stand ein goldener Libulan der ein Trofaion trugen.
Ein solches Trofaion war eine Art Gerüst an dem Waffen und Symbole der zur Herrschaftzeit von Ieran ab Iovam besiegten Feinde angebracht waren. In diesem Fall vor allem Symbole und Fahnen des alten Kitaien aber auch von Golconda und Silistrien sowie einiger Gebiete in Friqiya und Novo Beria die heute Teil des Sorenischen Imperions waren.
Das Gewölbe des Wagens wurde von einem Peristyl getragen. Daran waren vier Bilder angebracht über die es einiges an Diskussion gab zwischen Anadan einerseits und Issan und Evan andererseits.
Anadan hatte sich letztendlich durchgesetzt und so zeigten die Bilder Szenen auf denen Ieran mit ihm zu sehen waren, wie beispielsweise 'Der Divinimperator Ieran nimmt den Triumphzug des siegreich aus Kitaien zurückgekehrten Meran ab'.
Am Eingang des Gewölbes standen goldene Löwen. Auf dem Scheitel des Gewölbes befand sich eine sorenische Flagge mit einem großen goldenen Ölkranz.
Der Wagenkasten hatte zwei Achsen mit vier Rädern, deren Felgen und Speichen vergoldet waren. Die Reifen waren aus ursprünglich aus Eisen gewesen präsentierten sich nun aber mit Hartgummi beschichtet. Die Vorsprünge waren mit Löwenköpfen, die Jagdspeere im Maul hatte.
Gezogen wurde dieser Wagen von 36 Pferden, die sich allerdings nicht mehr so anstrengen mussten wie noch bei der Beerdigung von Ierans Pator, da man versteckt in den Wagen kleine Elektroantriebe eingebaut hatte.
Das Transportmittel für den Sarg von Iuan ab Anzam war selbstredend nicht ganz so herausragend. Aber die Prunklafette welche für den Leichenzug von Teomastan ab Apollam einst gefertigt worden war, war nun auch nicht gerade ordinär auch wenn sie nur von zwölf Pferden gezogen wurde.
Von den Ufern des Mariungo aus ging der Leichenzug hinauf auf den Mont Immortalis auf dessen Rückseite der Ehrenfriedhof der Divinobles war in dessen Mitte sich die Grablege der Divinobles befand.
Noch vor wenigen Jahrhunderten hätte man die Verstorbenen öffentlich eingeäschert, aber erstens war man in Sore davon abgekommen und zweitens war der Zustand der Körper nicht so, dass man sie noch einmal aus den Särgen nehmen und herzeigen wollte, was ja auch kein Wunder war, wenn man an die Umstände ihres Todes dachte.
Vor den Gebäuden des Senates und des Conventes standen die Senatoren respektive Conventoren beidseitig des Weges Spalier.
Stumm lag Sore Urbs während der Stunden die der Trauerzug brauchte um sein Ziel zu erreichen nun da.
Die Trauerglocken waren verstummt und nur die Trauermärsche welche die Kapelle der Diviglia spielte die direkt hinter der Lafette mit dem Sarg von Iuan ab Anzam folgte, waren zu hören - neben den Glocken vom Prunkwagen des verstorbenen Divinimperators.
Nach der Kapelle folgten Anadan und An-Artur in einer offenen Carpezza de Gale².
Auf diese folgten Issan, Leton und Evan, welche sich entschlossen hatten, als Zeichen des Respektes für die Verstorbenen, den Särgen zu Fuß zu folgen.
Diesem Beispiel konnten und wollten die anderen Divinobles und Würdenträger des Imperions nicht nachstehen und so folgte ihnen eine lange Kolonne von Personen in Grau.
Auf diese folgten die Senatoren und Conventores welche sich nach dem Spalier stehen in den Trauerzug einreihten und auf jene wiederum Vertreter des Militärs, der staatlichen Institutionen und dann solche der Universitäten, der großen Unternehmen, von Berufsverbänden und Vereinen.
Der Tod eines Divinimperators war ein epochales, geschichtliches Ereignis, etwas, das nun überhaupt erst das fünfte Mal in der ganzen Geschichte von Sore stattfand.
Eine solche Zäsur bewegte die Menschen und so waren die Bekundungen von Respekt und Trauer in fast allen Fällen ernst gemeint und brachten Empfindungen von ebensolchen und einer Erschütterung der Macht zum Ausdruck.
Noch während Sore trauerte und der Sarg von Ieran ab Iovam über die Straßen von Sore Urbs rollte, entschied man sich in den abtrünnigen Südstaaten ein Zeichen zu setzen.
Ein Zeichen das provozieren sollte, ein Zeichen aber, welches auch das Schicksal der jungen Konföderierten Staaten von Süd-Antautiken mit besiegeln sollte.
In Mabila, das inzwischen zur Hauptstadt der CSSA aufgestiegen war, ehrte deren Präsident Finison Jeffer im House of Deputies nun einen Helden der jungen Konföderation.
Was an sich noch nichts gewesen wäre, dem eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden wäre.
Wenn es sich bei dem geehrten nicht um einen gewissen Brandon Walker gehandelt hätte.
Und wenn dieser nicht dafür geehrt worden wäre, dass er "als Vorkämpfer für Godan und die unsrige, gerechte Sache aus der Dunkelheit des Untergrundes heraus mit Erfolg den ersten Schlag gegen die Monster geführt und nicht nur ein Symbol von deren Macht zerstört sondern auch deren höchstes Oberhaupt sein verdientes Ende ereilen lassen" habe.
Das noch vor laufenden Kameras.
Trevor, Taejo, Simur, Lison und die angevinische Regierung bräuchten nicht lange um das als Bekenntnis der CSSA und der Anti-Administration-Party hinter dem Anschlag auf das Bumia Trade Centers zu stecken und damit auch für den Tod von Ieran ab Iovam und Iuan ab Anzam sowie vieler weiterer Menschen verantwortlich zu sein, zu verstehen.
Eine halbe Stunde später bezeichnete Hochkönig Trevor die CSSA in einer kurzen Fernsehansprache als Terrorstaat.
Zwei Stunden später beschloss das eilig zu einer Sondersitzung zusammengetretene Parliament of Angevinia die Confederated States of Southern Antautica zu einem
staatlichen Sponsor des Terrorismus zu erklären.
Das Parliament of New Lugunia schloss sich diesem Schritt vierzig Minuten später an.
In Sore kamen diese Nachrichten just in dem Moment bei Issan, Leton, Evan, Anadan, Trevastan und Meran an, als der Sarg des Divinimperators Ieran in die Grablege der Divinimperatores getragen wurde.
Anadan, der mit den sterblichen Überresten seines Virions diese Grablege hätte betreten sollen um symbolisch ein letztes Mal Abschied zu nehmen, bekam die Neuigkeiten just vor dem Portal der Grabstätte zugeflüstert.
Unbändige Wut erfüllte ihn und ohne weiter nachzudenken, wandte er sich um und schmetterte ein Lied in die Stille, welches Luciur mit einem Fernsehauftritt mehr als zwanzig Jahre zuvor bereits in die Geschichte hatte eingehen lassen:
"Si, vinditta, tremendam vinditta..."³
Dann wandte er sich um und folgte seinem toten Virion in dessen Ruhestätte.
Dumpf hörte er durch die Tore wie sein bester Freund An-Taetsin draußen wutentbrannt in die Stille brüllte: "Es waren die Südlinge! Sie haben Ieran ermordet und sie bekennen sich dazu! Lasst sie brennen!"
Nur kurz herrschte Ruhe und dann hörte Anadan die draußen Versammelten ein anderes Lied anstimmen:
"Frationes de Sore
Nos noi detollerfon
Cum lo galeon do Iovan
Ornaron lu caput
Ub ese Vinditta?
Ipa perdare la man
Com' servia de Sore
Divos ipa crearon!..."⁴
Mit einer dummen, prahlerischen Tat hatte Finison Jeffer etwas erreicht, was den Untergang seiner jungen Konföderation besiegeln sollte: Ganz Sore war in Empörung vereint - und im Verlangen nach Rache.
War vorher noch eine Spaltung gewesen zwischen Issan, Leton, Evan einerseits und Anadan sowie Trevastan und Isador anderseits, waren sich nun alle einig.
Zumindest was der Umgang mit diesem Schurkenstaat anging, mit den Mördern von Ieran ab Iovam und Iuan ab Anzam.
In ihrem Keizerstader Zuhause sahen auch Gaston und Eleonor die Nachrichten aus Mabila.
Sofort erinnerten sich beide an ihr Aufeinandertreffen mit Gastons Bruder Brandon zum Jahreswechsel 1180 auf 1181.
Wie Schuppen fiel es Gaston von den Augen: "Brandon... er war damals nur da um das Bumia Trade Center auszuspionieren!"
"Wie konnte er damals schon wissen, dass da zwei Jahre später so ein Treffen stattfindet?" wunderte sich Eleonor.
"Er wusste es nicht" erwiderte Gaston, "das Ziel waren die Türme an sich. Und das Büro von Lison..."
"Aber das war doch im anderen Turm?" war Eleonor nun verwirrt.
"Vermutlich war der das Ziel" erklärte Gaston nun, "und als sie von der Konferenz gehört gehört haben, haben sie ihr Ziel geändert..."
"Oder die Entführer des Flugzeuges haben durch Zufall den zweiten Turm erwischt" konterte Eleonor nun.
"Oder das" meinte Gaston, "aber die Rede von Finison Jeffers zumindest ist nicht anders als ein erhobener Anspruch der CSSA die Ermordung des Divinimperators gewollt und geplant durchgeführt zu haben."
"Das stimmt natürlich auch wieder" gab ihm Eleonor recht.
"Ich hätte ihn damals doch über die Brüstung werfen sollen!" merkte Gaston nun bitter an.
Eleonor strich ihm sanft über den Rücken.
Dann erwiderte er traurig: "Ich hätte dich nicht davon abhalten sollen..."
"Wir konnten nicht wissen was er vorhat" stellte Gaston nun fest, auch um Eleonor zu beruhigen.
"Nein, das konnten wir nicht..." seufzte Eleonor, "aber wenn du es gewusst hättest, hättest du ihn getötet?"
Gaston überlegte keine Sekunde.
"Ja, hätte ich!"
¹Vidues =Uxvir als Witwer
²Carpezza de Gale = großes Automobil für Staatsakte
³Ja, Rache, furchtbare Rache..."
⁴Brüder Sores
Wir erheben uns
Mit Iovans Helm
Unser Haupt geschmückt
Wo ist Vinditta? (Rachegöttin)
Sie reiche (uns) die Hand
(Denn) Als Sklavin Sores
Schufen die Götter sie!
Mit Grüßen aus der KLM-Lounge in Schiphol (Amsterdam)...
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