#108 Auf Sorelans silbernen Thron

Anders als Trevor waren Leton, Issan und Evan der Ansicht, dass es nicht ausreichend sei, wenn der Kaiser beziehungsweise Hochkaiser von Nordens Reike vor Ort keinen Repräsentanten habe.
Sicher, das Reich hatte eine Reichsregierung mit dem Reikeskansler an der Spitze. Aber der war eben Regierungschef und keine Vertretung des Staatsoberhauptes.

So nahmen die Drei nun Gaston zur Seite.
"Ich habe dir ein Angebot zu machen" kam Leton sofort auf den Punkt, "ich möchte einen Stellvertreter des Kaisers in Keizerstad etablieren. Und deswegen würde ich dich gerne zum Allmentstathollder vaf Nordens Reike¹ ernennen."
"Das kommt jetzt ein wenig überraschend" erwiderte Gaston.
"Du musst ja nicht gleich für dein ganzes Leben zusagen" erklärte Leton ihm, "aber wenn du es wenigstens für die nächsten Monate in Erwägung ziehen könntest..."
"Ihr zwingt mich nicht und ich kann selber entscheiden was ich für Gut und Richtig halte und was nicht" legte Gaston seine Bedingungen da.
"Das ist akzeptabel" stimmte Leton ihm zu.
"Gibt es noch eine Zeremonie oder wird das einfach so verkündet?" erkundigte sich Gaston nun.
"Wir müssen noch heute nach Sore zurück" merkte Issan an.
"Es gibt eine kurze Ansprache von mir 'aus der Konserve' für die Fernsehnachrichten" erläuterte Leton, "und natürlich kannst du dort auch auftreten, ich bin mir sicher, du wirst dann ein gefragter Gesprächspartner sein..."
"Gut, ab wann bin ich dann Allmentstadholder?" wollte Gaston wissen.
"Moment" erwiderte Leton, zog eine prächtige Urkunde von einer Ablage, unterschrieb sie und donnerte einen Prägestempel darauf, dann reichte er sie Gaston, "ab jetzt!"

"Was wollten sie von dir?" Voller Neugierde stürzte sich sein Poikefren auf ihn, kaum, dass er aus der Unterredung kam.
Gaston hielt Eleonor die Urkunde hin. "Oh, ich bin jetzt Generalstatthalter von Nordenland" merkte er wie nebenbei an.
"Du bist jetzt so etwas wie ein Deputy King?" staunte Eleonor.
"Oder sowas wie ein Proimperator" erwiderte Gaston.
"Oj oj, mein Poikefren wird ein ganz hohes Tier...." witzelte Eleonor nun.
"Oh, du darfst mir gerne Tiernamen geben" raunte Gaston ihm zu,"aber erst heute Nacht im Bett..."
"Wie kannst du jetzt nur an Sex denken" maulte Eleonor, doch Gaston focht das nicht an: "Wie kann ich nicht an Sex denken wenn ich dich sehe...?"

Noch bevor die ENSN 'Portentun da Mar' Obispio erreichte, waren Issan, Evan und Leton noch Sore Urbs zurückgekehrt.
Wo sie sogar noch die Zeit fanden bei Annibalan ab Caracciam ein monumentales Gemälde mit dem Titel 'Lo Divinimperator Trinitan fierie debeorfi do Consilion Magnam'² in Auftrag zu geben.
Historische Momente waren schließlich eines Caracciam würdig.

Nach Obispio hatten sie dann aber doch zwei Aerion AS3 geschickt, welche Trevastan, Isador, Terastan, Ivenej und Meran sowie die Regierungsmitglieder nach Sore Urbs flogen.

Keiner der drei hatte sich allerdings zum Flughafen begeben.
Vielmehr waren sie in den Palation Leonan auf dem Mons Vaticinationam gewechselt.
Im prunkvollen Thronsaal des Divinimperator Ienan ab Iovam hatten die Sella Divinam do Sorelan³ aufstellen lassen. Bei diesem handelte es sich um einen auf einem erhöhten Podest stehenden Thron hinter dem eine halbkreisförmige Scheibe aus purem Silber angebracht war auf welcher aus purem Platinon und Palladion gefertigte, symbolisierte, von dem Thron ausgehende Strahlen angebracht waren, welche das Licht von Bulan darstellten.
Die etwas nach hinten versetzt zu beiden Seiten des Thrones eigentlich aufgestellten Statuen von Libulan und Sidapan hatten sie entfernen lassen, so dass an deren Stelle Leton und Evan Platz nehmen konnten während Issan auf dem Thron selber sass.
Seit dem Sieg von Ienan ab Iovan über Abrutan und Filopa hatte auf dem Thron von Sorelan niemand mehr Platz genommen. Und dieser Sieg war nun mehr als zweitausend Jahre her.
Es war also gewissermaßen eine sehr deutliche An- und Aussage nun ausgerechnet diesen wieder in Benutzung zu nehmen.

Trevastan, Isador, Terastan, Ivenej, Meran und Ministerpräsident Meloni wurden vom Flughafen direkt in den Palation Leonan gefahren.
Gemeinsam wurden Sie in den Thronsaal gebracht wo Issan, Leton und Evan sie schon erwarteten.

"Vostas Numeen e Vostas Celsuseem, Ministor praesidam, Nos Noi gauderon d'exciper soi retre in Sore!" begrüßte Issan sie ein bisschen von oben herab.

Terastan erblickte seinen Sohn da oben auf dem Thron des Sorelan, an einem Platz den er sich so lange für sich selbst erhofft hatte und er reagierte als Erster.
Er beugte sein Knie, senkte sein Haupt und sprach: "Vostas Numeen Sublimeen, Wir freuen uns wieder zurück in der Heimat zu sein!"
Damit hatte er klar gemacht, dass er einen Divinimperator Trinitan akzeptierte - zumindest solange sein Sohn Evan ein Teil davon war.
Ivenej folgte dem Beispiel seines Virions. Auch er beugte sein Knie, senkte seinen Kopf und sprach: "Vostas Numeen Sublimeen, in unruhigen Zeiten sind wir erfreut Euch alle wohlauf zu sehen."

Unsicher sah Ministor praesidam Meloni zwischen den Drei auf dem Thron und den vier Divinobles vor dem Thron hin und her.

Doch bevor er sich für eine Seite entscheiden konnte oder musste, trat nun Isador vor und in seiner Stimme war nichts freundliches als er Issan entgegenschmetterte: "Glaube nicht, dass dein Pator und ich das einfach so hinnehmen!"
"Ich habe nicht erwartet, dass ihr mir zujubelt" erwiderte Issan nun, "aber diese Ablehnung schmerzt mich."
"Es gab einen bindenden Vertrag!" hielt ihm nun auch Trevastan vor.
"Wir haben keinen Vertrag geschlossen" entgegnete ihm Issan daraufhin.
"Und du Leton" wandte sich Isador nun an diesen, "denkst du dein Pator wird sich einfach so von dir abservieren lassen?"
"Im Moment wird mein Pator vor allem abserviert wenn ich nicht interveniere - und das nicht von mir" konterte Leton kühl.
"Na zumindest sind wir nicht die einzigen Eltern hier denen ihre Söhne in den Rücken fallen!" stellte Trevastan nun sarkastisch fest.

Issan überging diese Bemerkung einfach und wandte sich an Meran.
"Divicomes Meran ab Martiam" sprach er, "Wir würden Uns sehr freuen wenn Ihr auch Uns als Supremator Militaris dienen wolltet. Es wäre Uns wahrlich eine Freude, Euch in diesem Amt bestätigen zu können." Und brachte diesen damit ihn eine echte Zwickmühle.
Trevastan und Isador hatten deutlich gemacht, dass sie nicht bereit waren, die Machtergreifung ihres Sohnes und dessen Freunde zu akzeptieren. Sie waren seine Freunde. Andererseits, er wäre gerne Supremator Militaris geblieben.
Zu seinem Glück erkannte Isador sein Problem.
"Nimm' es an" ermutigte der ihn, "besser du, als dass weiß Libulan wer dann deinen Platz einnimmt..."

So beugte nun auch Meran sein Knie, neigte sein Haupt und mit den Worten: "Vostas Numeen Sublimeen, gerne bin ich bereit euch als Supremator Militaris zur Verfügung zu stehen" nahm er ihr Angebot an.

Doch dann passierte etwas mit dem Issan nicht gerechnet hatte.
Erneut fixierte sein Mator ihn mit strengem Blick. "Da du ja offensichtlich alt genug bist um deine Entscheidungen alleine und ohne Rücksicht auf deine Eltern zu treffen, gehen wir davon aus, dass du auch sonst auf eigenen Beinen stehen willst" teilte Isador seinem Sohn mit, "von daher teile uns bitte mit, wann du deine Sachen holen lässt. In unserem Haus bist du nicht mehr willkommen!"
Dann richtete er seinen Blick auf Leton und Evan bevor er fortfuhr: "Das gilt auch für euch beide, zumindest so lange ihr euch so verhaltet!"
Unter den entgeisterten Blicken der Drei ergriff Isador nun Trevastans Hand und meinte: "Komm' mein Herz, wir haben hier nichts mehr zu tun noch zu sagen!"
Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen wandten sich Issans Eltern ab und verließen den Saal.

"Vostas Numeen Sublimeen" ergriff nun auch Meloni das Wort, "ich stelle mein Amt selbstverständlich zur Verfügung...."
"Messere Ministor praesidam" fiel ihm Issan da jedoch ins Wort, "Sie sind der Chef der gewählten Regierung unserer Nation. Als solcher genießen Sie Unser vollstes Vertrauen. Sollten Sie aber Neuwahlen für nötig halten und anberaumen wollen, haben Sie auch dafür unsere Unterstützung. Allerdings halten Wir die Gesamtlage im Moment nicht für förderlich um Wahlen abzuhalten."
"Dieser Auffassung schließe ich mich absolut an" erklärte Meloni nun.
"Nun, dann walten Sie ihres Amtes" ermutigte Issan ihn, "Sie werden in Sachen Faction contre Floses, Senator Mechebetto und deren Verbindungen zu nordenländischen Putschisten und angevinischen Terroristen einiges an Arbeit zu bewältigen haben..."
"Wir haben zu lange nicht hingesehen" erwiderte Meloni darauf, "aber das wird und muß sich nun ändern."
"Das sind die Worte die Wir von Ihnen zu hören erhofften" erklärte Issan, "scheuen Sie sich nicht jederzeit auf Uns zu zukommen. Wir teilen unser Wissen und unsere Erkenntnisse gerne um Ihnen Ihre Arbeit zu erleichtern."

Als auch die anderen sich verabschiedet hatten, begann Evan zu kichern und meinte zu Issan: "Haben dich deine Eltern echt gerade daheim rausgeschmissen weil du ein böser Junge warst?"
"Sah ganz danach aus" amüsiert sich auch Leton.
"Hey, das ist ganz und garnicht witzig" empörte sich Issan nun.
"Doch, ist es irgendwie schon" widersprach ihm Leton.
"Das wird bei deinen Eltern nicht einfacher sein" hielt ihm Issan daraufhin vor, "mal sehen ob du das dann auch noch so lustig findest!"
Betroffen schwieg Leton nun.
Soweit hatte er nicht gedacht.
Natürlich, es war jetzt nicht so als würde Issan auf der Straße landen so wie einst Simur als seine Erzeugerin ihn rausgeschmissen hatte, aber dennoch, das verletzte einen schon. Leton konnte sich sehr gut vorstellen wie er sich fühlen wird, wenn seine Eltern ihm so eine Ansage machen. Dabei war er sich absolut im Klaren, dass das auch bei ihm und seinen Eltern unausweichlich passieren würde.
"Es tut mir leid" entschuldigte er sich daher bei Issan, "ich habe nicht darüber nachgedacht wie es sich für dich anfühlt..."
Evan lief zwar nicht in die Gefahr sich den Unmut seiner Eltern zu zuziehen, allerdings konnte er dennoch nachvollziehen, dass das nicht unbedingt eine angenehme Erfahrung war.
"Das wird schon wieder" tröstete er Issan daher, "und bis dahin hast du ja uns."
Issan war da nicht so zuversichtlich: "Wenn ich anstelle meiner Eltern wäre, ich wäre auch sauer. Und ich bin mir sicher, dass sich das dann auch so schnell nicht ändern würde."
"Das mag sein" stimmte Evan ihm zu, "aber Zeit ist relativ. Schnell auch. Deine Eltern werden nicht die nächsten knapp 700 Jahre auf dich sauer sein. Schon garnicht dein Mator..."
"Dafür lieben die dich viel zu sehr" sprang Leton ihm bei.
"Deine dich aber auch" erwiderte Issan ihm.

Am Tag Zwei nach dem Terroranschlag war es ruhig in New Lugunia.
Der Angevinien-treue Norden hielt die Grenze zum abtrünnigen Süden für Ausreisende und die Warenausfuhr weiterhin geschlossen, Einreisen und Einfuhren wurden stark kontrolliert.
Der abtrünnigen Süden kontrollierte zwar, behinderte den Waren- und Personenverkehr aber nicht grundsätzlich.
Aus dem Süden setzte nun aber eine Flüchtlingsbewegung ein.
Viele, die befürchteten wegen ihrer Hautfarbe, sexuellen Orientierung oder Weltanschauung im 'New South' unter der Anti-Administration-Party nicht mehr willkommen zu sein, machten sich auf den Weg in den Norden.
Da Flugverkehr nicht mehr stattfand und viele Fernzüge nicht mehr verkehrten, da ihre Garnituren fehlten (der Norden hatte zwar die Züge aus dem Süden weiter reingelassen, aber keine in den Süden rausgelassen, so fehlten für viele Züge nun die Lokomotiven und Wagen), flohen die meisten in ihren Autos und es bildeten sich lange Staus auf den wenigen Intershire-Highways auf denen man überhaupt noch in den Norden einreisen konnte.
Diese Staus bildeten sich zwar auch aus Richtung Norden, aber da der Norden niemand ausreisen ließ, warteten die Menschen deren Heimatort im Süden lag oder die aus weltanschaulichen Gründen ihre Zukunft im Süden sahen meistens vergebens.
Diejenigen die aus letzteren Gründen in den Süden ausreisen wollten wurden zumeist auch an Ort und Stelle verhaftet.
Die Männer im wehrfähigen Alter wegen Fahnenflucht, die übrigen Männer und Frauen wegen des Versuches der Teilnahme an einem Aufruhr. Etwaige Kinder wurden sofort in Obhut genommen. Nur Personen über siebzig Jahren ließ man jederzeit in den Süden ausreisen.

Nicht das Trevor nicht hätte durchgreifen wollen, aber Wollen alleine reichte da nicht.
Er hatte im transantautischen Angevinien kein großes, stehendes Heer welches er nun in Bewegung hätte setzen können. Die Kingly Guard konnte er zur Verteidigung und im Katastrophenfall einsetzen. Aber einen Angriff auf andere Shires war etwas anderes. Dafür war die Kingly Guard nicht ausgerüstet und vorbereitet.
Sicherlich, da war noch die Air Force und die Marine. Aber was sollte die jetzt machen? Städte beschießen und bombardieren würde die Lage nur verschlimmern.
Gut, man könnte einzelne Gebäude der Regierungen der jeweiligen Shires angreifen. Aber das hätte allenfalls symbolische Wirkung und würde den Widerstandswillen der Abtrünnigen nur anfachen.
Nein, Trevor, Simur und ihre Regierungen setzten darauf den Süden einfach abzuriegeln und so möglichst in den Zusammenbruch zu treiben.

Trevor war so in Anspruch genommen von dieser Angelegenheit, dass er den Aufstand in Nordens Reike zwar durchaus mitbekam, dann allerdings sehr froh war, dass sich sein Sohn mit der Hilfe seiner Boyfriends des Problems angenommen und es gelöst hatte.
Die Tatsache, dass Leton das nicht in seinem Namen gemacht hatte sondern sich dabei als Hochkaiser von Nordens Reike stilisiert hatte, entging seiner Aufmerksamkeit völlig. Vielmehr empfahl er Taejo sich in der Frage Silistrien doch an ihren Sohn zu wenden.

Doch Taejo war da skeptischer und beschloss, nachdem er mit Taerans Hilfe daran gegangen war, das Problem ohne Issan und seinen Sohn zu lösen, diesen Weg weiter zu verfolgen.
Silistriens Grenze mit Tihonguk war lang genug um Alexej und Marla da eine eindeutige Botschaft zukommen zu lassen die jene, in Verbindung mit der Tatsache, dass ihre Kinder nun 'Gäste' in Hanyang waren, sicherlich von irgendwelchen Abenteuern abbringen würden.


¹Generalstatthalter von Nordens Reich
²Der Hochkaiser Trinitan wird vom Großen Rat auserkoren
³wörtlich Göttlicher Sessel des Sorelan
⁴Eure Hoheiten und Eure Erhabenheiten, Ministerpräsident, Wir freuen uns euch zurück in Sore zu begrüßen/empfangen.

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