Kapitel 6: Getrennte Wege

Dieser war vom Thron abgestiegen und ging ständig hin und her. Als sich die Tür öffnete und Oskar, Bernie, Bo-Al und Johann eintraten, lief er vor Begeisterung auf sie zu und fragte:
„Und? Habt ihr alle Aufgaben gemeistert? Habt ihr mir den Ast gebracht?"
„Hier ist er!", sagte Oskar und überreichte Elric den Ast. Dieser umfasste ihn vorsichtig mit seinen weißen Fingern und begann nun laut zu lachen, wobei die Tränen nur so über seine Wangen kullerten. Die Helden sahen sich nur verwundert an und wußten nicht, was sie von einem derartigen Benehmen zu halten hatten. Elric machte mit einer Hand eine Geste, daß die anderen warten sollen und ging zum Rubinthron hinüber und griff dahinter nach irgendwelchen Sachen, die die anderen noch nicht sehen konnten.
„Jetzt bin ich mächtiger, als ich es je zuvor hätte sein können. Und ihr habt mir noch dazu verholfen."
Auf den Kopf setzte er sich jetzt das Geweih des Aprikosenhirschen, an dem er ein Gummiband gemacht hatte. An den Griff seines Schwertes Sturmbringer hatte er das Horn der Statue befestigt und als er nun auch noch den Ast in der Hand hielt, verwandelte sich dieser in einen dunkelgoldenen Stab. Jetzt begann Elric schon wieder wie ein Wahnsinniger zu lachen und das Geweih verschmolz mit seinem Kopf. An den Seiten seines Kopfes begannen Hörner zu wachsen und sein vormals weisses Gesicht verfärbte sich schwarz.. Die Kleidung, die er zuvor getragen hatte verschwand und er verwandelte sich in den Teufel höchstpersönlich. Samt Bocksfüssen und Ringelschwänzchen.
„Jetzt werde ich Rache dafür nehmen, daß ihr meinen Sohn Fudu ums Leben gebracht habt. Eigentlich hatte ich vor ein gutes Geschäft mit Euch zu machen. Ihr besorgt mir die drei Gegenstände, die mir zu meiner Herrschaft über alle Ebenen des Jenseits verhelfen, und ihr kommt daraufhin in Eure Welt zurück, aber so einfach ist das nicht mehr, nachdem ihr mir meine grösste Freude genommen habt. Mein eigen Fleisch und Blut: Fudu! Den Körper Elrics habe ich nur angenommen, weil er so schwach und gebrechlich aussah und niemand vermuten würde, welch ein Grauen sich hinter dieser Fassade befinden würde. Bo-Al war mir wirklich ein treuer Diener und hat Euch prima hinters Licht geführt."
„Wie bitte???", fragte Bo-Al entsetzt und starrte zwischen seinen entsetzt blickenden Gefährten hin und her. „Ich schwöre Euch, daß ich nichts davon gewußt habe!"
„Hör auf Bo-Al!", sagte der Teufel. „Es ist vorbei. Du kannst deine wahre Gestalt zeigen."
Bo-Al zog daraufhin das Schwert, daß an seinem Tanga baumelte und rannte auf seinen ehemaligen König zu um ihn entzwei zu spalten. Daraufhin erhob der Teufel seine Hand, woraufhin ein großer Sturm aufbrauste und das gesamte Schloss in seine Einzelteile zerbrach und deren Überreste in die Luft gezogen wurden. Der Sturm liess die Gefährten in die Luft fliegen und mit rasender Geschwindigkeit auseinanderfliegen. Oskar verlor die Besinnung. Als er aufwachte war sein Blick zuerst undeutlich, doch nach einer Weile spürte er eine zärtliche Hand, die seine Stirn streichelte. Sein Blick klärte sich und er erblickte ein schönes junges Frauengesicht, das ihn anblickte. Das Mädchen hatte eine braune Haut und hellblaue Augen. Die braunen Haare hatte sie mit einem roten Stirnband daran gehindert ihr ins Gesicht zu rutschen. Sie trug einen braunen Lederanzug.
„Endlich bist Du wieder zu Dir gekommen!", sagte sie freundlich.
„Bin ich Tod und in den Himmel gekommen?", fragte Oskar noch etwas benommen.
„Halb halb".
Nachdem er sich umgeschaut hatte: „Sieht nicht nach dem Himmel aus".
„Ich meine die andere Hälfte"
„Oh, aber wo bin ich dann?"
„Ich glaube du bist noch auf der gleichen Ebene," sagte die Frau nach kurzem zögern, „aber wo deine Freunde sind weiß ich nicht".
„Woher weißt du von meinen Freunden!", rief Oskar erstaunt.
„Nun, darüber solltest du mit der Dorfältesten reden"
Die junge Frau führte Oskar über den kleinen Dorfplatz. Anscheinend gab es in diesem Dorf nur Frauen. Bald waren sie an einer großen Holzhütte mit Strohdach angekommen. Auf einem Schaukelstuhl davor saß eine kleine Frau mit beachtlichem Körperumfang. Es sah fast so aus als ob sie nur dort sitzen würde, weil sie nicht mehr aufstehen kann. Sie hatte Oskar den Rücken zugekehrt.
„Oskar, wie ich sehe bist du wieder bei Bewußtsein", sagte sie mit einer rauhen Stimme.
„Woher kennen sie meinen Namen?!", fragte Oskar erschrocken, „können sie Hellsehen?".
„Nein, aber du sprichst im Schlaf! Hoffentlich weißt du noch, daß ihr euch mit dem Teufel eingelassen habt?". Sie wartete nur ein kurzes Kopfnicken von Oskar ab. „Ihr habt ihm ein paar Gegenstände besorgt und ihm dadurch eine ungeheure Macht überlassen. Er ist nun drauf und dran das gesamte Jenseits zu erobern. Du MUSST ihn aufhalten!". Jetzt erst stand sie auf und drehte sich um. Ihre Augen lagen in tiefen Höhlen und waren kaum zu erkennen. Nur ein leichtes Funkeln verriet ihre Existenz.
„ Warum ich!", sagte Oskar.
„Weil ihr dafür verantwortlich seid. Du mußt deine Freunde finden und den Teufel besiegen!"
„Auch Bo-Al?", fragte Oskar verzweifelt.
„Auch den. Wenn ihr den Teufel besiegen wollt, gibt es im Moment nur eine Möglichkeit. Ihr müßt in die Quelle seiner Macht und sie Besiegen. Ihr müßt die Hölle vernichten!"
„Nun gut." sagte Oskar, während er sich die Augen rieb. „Ich werde Euch allen helfen, verdammt noch eins, aber ich kann doch unmöglich alleine diese große Aufgabe bewältigen. Ausserdem sind meine anderen Freunde in die entgegengesetzten Richtungen verstreut worden, so daß es wohl noch etwas dauern kann, bis ich einen von ihnen wiederfinde."
Die Älteste runzelte die Stirn und zog die Brauen hoch. „Aber Du bist doch nicht allein! Meine Enkelin Krfenna, die Dich gefunden hat, wird Dich begleiten."
Oskar warf flüchtig einen Blick zu dem Mädchen und mußte feststellen, daß ihr Kopf bei seinem Anblick hochrot anlief.
„Ich? Mit einer Tusse zusammen auf Wanderschaft? Na, das kann ja noch heiter werden."

Während Oskar die Vorbereitungen für seinen Aufbruch antrat, erwachte Johann von der Buche im Dunkeln. Er konnte die Umgebung um sich herum nicht erahnen. Was war passiert? Hatte er sein Amulett, das Auge Weldas, etwa verloren? Ein Griff an die Brust verriet das Gegenteil. Offenbar befand er sich in einem Raum mit tiefster Dunkelheit. Er stand auf und tatstete sich ein wenig durch die Gegend, ohne einen kleinsten Lichtschimmer auszumachen. Nach einer guten Stunde Umhertappens setzte er sich auf den etwas felsigen Boden und dachte nach, was nun zu tun sei. Als er so in die Gegend starrte bemerkte er zwei kleine Lichter die sich ihm näherten und immer größer wurden.
„Heda!" rief Johann, aber niemand meldete sich. „Wer oder was bist Du?" fragte er. Schließlich hörte er ein schmatzendes Geräusch und anschließend eine geifernde Stimme:
„Igromal böse! Igromal hungrig!" Noch ehe Johann von der Buch sein Schwert ziehen konnte, fühlte er, wie er von einem warmen Schlund umschlossen wurde und das Bewußtsein verlor. Als er erwachte fand er sich auf einer Wiese wieder, auf der mehrere Schäfchen grasten und in der Ferne sah er einen Schafhirten, der an einen Baum gelehnt ein Liedchen sang. Als Johann an sich herunterblickte, stellte er fest, daß sich etwas verändert hatte. Sein Aussehen! Er hatte nicht mehr sein Amulett um, sondern trug eine Brille auf der Nase mit geschwärzten Gläsern. Seine Beinkleider und sein Wams blitzten in schwarz und gold und sein vormals scharlachroter Umhang hatte nun die Farbe von tiefem Violett angenommen. Als Johann näher zu dem Schäfer schritt erwachte ein unbändiges Verlangen in ihm. Das Verlangen, den Schäfer zu töten!

Bernie wachte auf. Sonnenstrahlen wärmten seinen Körper. Er wollte das Gefühl noch behalten. Mit geschlossenen Augen blieb er einfach liegen. Der Wecker rasselte. „Bernie, mein Sohn, aufstehen. Die Schule wartet nicht". Bernie fuhr erschrocken hoch. Das war gerade meine Mutter, dachte er bei sich. Als er aufstand merkte er, daß sich sein Zimmer seit seinem Tod nicht verändert hatte. Die gleiche Tapete, gleiches Mobiliar. Verwirrt zog er sich an und ging nach unten, um erst einmal zu frühstücken. Ich bin tot, versuchte er sich verzweifelt einzureden. Aber anscheinend war es doch nicht so. Bald war er schon auf dem Weg zur Schule. Bernie „wußte", daß alles nur ein Alptraum war und so fiel ihm nicht auf, daß alles seltsam verschwommen war.
Kaum daß er das Haus verlassen hatte, hörte er, wie hinter ihm jemand seinen Namen rief:
„Bernie! Du hast Deine Schulsachen vergessen." Die Stimme gehörte offenbar seiner Mutter. Er wandte sich um und sah seine Mutter auf ihn zulaufen. Alles war so an ihr wie sonst auch. Sie trug ihre übliche Hausfrauenkluft, aber eine Sache entsetzte Bernie. Obwohl er tief in seinem Herzen wußte, daß die Person, die ihm da hinterhergelaufen kam seine eigene Mutter war, hatte sie das vertraute Gesicht König Elrics. Weisses Haar umflatterte ihr Gesicht und rote Augen starrten aus eben diesem hervor. Bernie nahm den Rucksack, dem seine Mutter ihm gebracht hatte so entgegen, als sei alles normal und setzte ihn sich auf den Rücken. Als er kurz davor war die Straße zu überqueren, fuhr ein wohlbekannter Wagen vor. Das Auto seines Vaters. Bernei hörte seinen Vater mit vertrauter Stimme sagen:
„Steig ein Söhnchen. Ich hab noch Zeit Dich zur Schule zu fahren." Bernie öffnete die Tür zum Wagen, stieg ein und schnallte sich an. Als er neben sich blickte traf ihn schon der nächste Schicksalschlag. Das ihm wohlbekannte Gesicht seines Vater war ebenfalls durch weisses Haar und Haut und rote Augen entstellt. Bernie empfand das alles seltsamerweise als normal. Und als er endlich zur Schule kam, merkte er, daß alle Leute: Lehrer, Schüler, Mensafrauen und der Hausmeister bis auf die wohlbekannten Gesichter, die körperlichen Merkmale König Elrics trugen. Lange weisse Haar ... Albinismus eben! Bernie ging nun leicht verwirrt in sein Klassenzimmer und setzte sich neben Oskar. Der Lehrer kam auch in den Raum und schloß die Tür. Automatisch verriegelten sich auch die Fenster. Als sich Bernie nun umblickte, merkte er, daß Oskar nicht nur weiße Haare hatte, sondern seine Augen hingen ihm nur noch an Sehnen in den Höhlen. Seine Haut war porös und er stank nach Verwesung. Überall um ihm herum waren nur noch Ghule die mit vorgestreckten Armen versuchten, ihn zu würgen.

Bo-Al kam langsam zu sich. Er hing kopfüber an einem Stab. Unter ihm brannte ein Feuer. Als er sich umschaute, merkte er, daß er in einer kleinen runden Hütte war. Vor ihm stand eine Statue eines Skelettes. Das Skelett bewegte sich und nahm seinen Kopf ab. Unter dem Kopf befand sich das Gesicht eines Menschen. „Ich glaube, ich konnte dir den Teufel austreiben. Voodoo sei dank", sagte der schlanke großgewachsene Mann. Bo-Al wurde von dem Gestänge losgebunden.
„Wo bin ich hier, zum Teufel noch mal!", schrie Bo-Al.
„'zum Teufel noch mal'?, ich glaube ich habe keine gute arbeitet geleistet. Ich bin Kazul, der örtliche Voodoo-Priester. Wir sind hier im tiefsten Dschungel. Wir fanden dich vor drei Tagen am Fluß und sahen sofort, daß du vom Teufel besessen bist". Hiebei zeigte er auf seine zwei schwarzen Gehilfen, die am Ausgang des Hauses standen. Kazul schien auch ein Schwarzer zu sein, aber bei seiner dicken Schminke konnte man nichts genaues erkennen. In seinem tiefsten Innern fühlte Bo-Al, daß er wirklich nicht mehr auf seinen Meister Elric, oder besser gesagt dem Teufel angewiesen war. Er mußte ihm nicht mehr jedem Befehl folge leisten. Aber der Teufel sagte auch, daß er ein Dämon sei, daß er im Moment nicht wie einer aussah, bewies gar nichts. Zielsicher schritt er aus der Hütte um den Weg zu den Sümpfen der Wahrheit zu suchen. Nur dort würde er erfahren, wie sein Innerstes aussah. Mit der Teufelsaustreibung schien wenigstens ein Teil seiner Dummheit verschwunden zu sein, so daß er bald im Dickicht des Urwaldes verschwunden war.
Bo-Al wanderte durch die dichten Büsche und mußte aufpassen, daß ihm nicht irgendwelche Schlingpflanzen ins Gesicht peitschten. Nach einer Weile merkte er, daß der Boden an Festigkeit verlor und daß es mit der Zeit immer feuchter wurde. Ehe er sich versah, stapfte er schon durchs übelste Moor und sackte immer tiefer mit den Füssen ein. Er trug immer noch seinen kurzen Lendenschurz und war ansonsten unbekleidet. Aber das war nicht sonderlich schlimm, da es relativ warm war. Mit der Zeit merkte Bo-Al, daß der Hauptgrund seines stetigen Versinkens war, daß sein schweres Schwert ihn andauernd nach unten zog. Da Bo-Al keine Gefahr vermutete, warf er es bei der nächsten Gelegentheit in ein Sumpfloch. Allmählich wurde es dunkel. Bo-Al suchte sich eine kleine Insel im Sumpf auf der er sich in große Schilfblätter legen konnte um eine weile zu schlafen. In der Nacht hatte er einen seltsamen Traum. Er träumte, wie er an einem See saß und im Wasser sein Spiegelbild betrachtete. Bo-Al tippte mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand kurz auf die Wasseroberfläche, daß sich das Wasser kräuselte und als er erneut sein Spiegelbild erblickte war der Gesichtsausdruck des Bildes hassverzerrt. Ehe er noch reagieren konnte, schoss ihm das Gesicht aus dem Wasser empor und versetzte ihm eine üble Kopfnuss. Bo-Al flog auf den Rücken und schüttelte die Benommenheit von seinem Gesicht. Als er aufblickte stand vor ihm Ein Mann der genauso aussah wie er selber, bloß daß sein Gesicht von Grund auf böse wirkte und die Fingernägel der beiden Hände wie Krallen wirkten.
„Wer von uns beiden mag wohl siegen?" fragte das Spiegelbild mit dämonischer Stimme. Bo-Al erwachte daraufhin mit einem Schreien. Nichts von dem Traum war wirklich gewesen. Aber die Wirklichkeit sah auch nicht viel rosiger aus. Denn er befand sich nicht mehr ins Schilfblatt eingewickelt, sondern in einem Käfig sitzend, der in einer Hütte von der decke hing in der lediglich ein Kaminfeuer prasselte. Bo-Al blickte sich um, um seinen Gastgeber zu erblicken, aber er sah niemanden. Da ging plötzlich eine Tür auf und jemand trat ein. Die Person war in einen zerschlissenen Mantel gehüllt und hatte eine Kapuze über das Gesicht gezogen. Als die Kapuze abgenommen wurde erschrak Bo-Al erneut, denn es war sein böses Spiegelbild, daß ihn offenbar in diesen Käfig gesperrt hatte.
„Ich hätte nicht gedacht, daß ich der Sieger sein würde." sagte das Spiegelbild und lachte ausgiebig.

Johann stand auf der Wiese. Vor ihm an einem Baum gelehnt der Hirte mit einigen Schafen um ihm herum. Sonst war anscheinend niemand in der nähe. Als Johann hinter sich blickte, entdeckte er eine Höhle, in der er sich vermutlich verändert hatte. Langsam aber zielsicher schritt Johann von der Buche auf den Hirten zu.
„Guten Tag edler Herr. Schönes Wetter heute, nicht?", sagte der Hirte, als Beide nur noch ein paar Meter trennte. Erst jetzt fiel Johann die Sonne auf. Trotz seiner getönten Brille schien sie ihm blendend und grausam, aber es war erträglich. Sofort wandte er sich wieder dem Hirten zu. „Guten Tag, MITTAG!"
„Ich heiße nicht Mittag, mein Name ist Repold.", erwiderte der Schafhirte.
In einem kurzen Sprung war Johann schon auf dem Alten und zerriß ihn mit seinen scharfen Zähnen. Das Schreien des alten Mannes half nichts, sie waren weit und breit die einzigen in dieser Gegend. Bald war der Schafhirte tot. Johann tupfte sich mit seinem Umhang das Blut von den Lippen und suchte sich einen kleinen Bach in der Nähe. Zugegeben, das Blut des Alten hat etwas schal geschmeckt, aber ich hatte schon Jahrhunderte lang nichts anderes als Ratten zwischen die Zähne bekommen, dachte Johann bei sich. Bald hatte er einen kleinen See gefunden und trank etwas. Das er auf der ruhigen Oberfläche des Sees sein Spiegelbild nicht erkennen konnte, fiel ihm nicht auf. Danach schwang er sich in die Lüfte empor, als ob er es schon immer getan hätte und flog davon. Als einziges Anzeichen seines Aufenthaltes waren nur der blutgetränkte Boden und die roten Flecke auf den Schafen zu erkennen.
Johann flog mit seinem flatternden Umhang eine Weile durch die Lüfte ehe er sich fragte, was nun zu tun sei. In seinen Erinnerungen war das Bild eines Jungen der Oskar hieß. Aber es waren nur undeutliche Erinnerungen. Aber es war alles, an das er sich noch erinnern konnte. Er mußte ihn finden um zu erfahren, was er vorher war. Nach ein paar Stunden in denen er sich ohne es zu wissen dem Baum der Weisheit näherte, wurde er langsam müde. Bei der nächsten Stadt entschloß er sich zu landen und in einer Herberge ein Zimmer zu mieten. Leider hatte er kein Geld, aber irgendwie mußte er sich durchschlagen. Johann ging durch die Straßen dieser Stadt und fand alsbald auch schon ein nettes Hotel mit dem Namen „Zur quiekenden Dirne". Johann trat ein und wunderte sich über die seltsame Einrichtung in diesem Etablissement, denn alle Wände waren rot gestrichen und man sah fast überall Frauen, die übermäßig geschminkt waren. Relativ nah am Eingang war ein Tresen mit einer Klingel. Johann trat hinzu und betätigte sie solange, bis ein Portier mit einem schicken, schwarzen Anzug und hundemüdem Blick ankam und fragte:
„Sie wünschen?" Als Johann diesen Herrn ansah, erblickte er tief in seiner Erinnerung wieder diesen Jungen, der einen ähnlichen Anzug getragen hatte. Oskar. Wer das bloß gewesen. War er sein Freund oder sein Feind?
„Ich wünsche ein Zimmer." antwortete Johann zielsicher.
„Fünf Goldstücke!" der Portier und händigte Johann einen Schlüssel aus, auf dem die Nummer 22 stand.
„Das würde ich mir noch mal gut überlegen." sagte Johann gereizt und schob die Brille auf seiner Nase kurz hoch zur Stirn und lies sein Gegenüber geradewegs in seine Augen blicken. Sofort stand der Schweiß auf der Stirn des Portiers und er konnte lediglich eine Gebärde mit der Hand machen, daß Johann gehen dürfe. Nachdem Johann 5 Treppen erstiegen hatte fand er Zimmer 22 und öffnete mit dem Schlüssel die Tür. Er schloß sie hinter sich und bemerkte, daß die Beleuchtung in dem Zimmer einfach nur scheußlich war. Das lag wohl oder übel daran, daß über den Lampen kleine roten Seidentücher gehängt worden waren.
„Widerlich!" zischte Johann und hob die rechte Hand mit dem Rücken zu den Lampen die je an einer Seite des großen Ehebettes standen. Als er alle Finger außer dem mittleren gesenkt hatte erlosch das Licht sofort. Doch was war das? Jetzt, als er von der Dunkelheit umgeben wurde bemerkte er, daß da auf seinem Bett eine Frau ausgestreckt lag, ihren Kopf auf einen Ellenbogen stützte und ihn mit ihren dunklen Augen anfunkelte. Sie hatte lange schwarze Haare und ein eben solches Kleid.
„Ich wußte, daß es Dich hierher ziehen würde, Igromal!" Was war das für ein Name mit dem sie ihn da ansprach? Jetzt wo er ihn hörte, fiel ihm mit einem Mal der Name der Frau ein. Es war die Geliebte Igromals. Sie hieß Claire und war die Herrin des Volks der Neo-Vampire, denjenigen des Vampirvolkes, die auf der Erde entweder keinen Platz fanden oder dort den Tod durch Weihwasser, Kreuze oder jegliches fanden.
„Wir sollten uns wieder zusammen tun, Igromal, wie damals. Zusammen werden wir den Teufel besiegen und die Ebenen für uns beanspruchen. Einer neuen Schreckensherrschaft steht nichts im Wege!".

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