Kapitel 11: Weldas Verhängnis
„Weldas Verhängnis???" fragten Oskar und Bernie erstaunt und wie aus einem Munde.
„Hieß nicht Johanns Amulett 'Das Auge Weldas'?" fragte Oskar. Doch Tjolf ließ sich dessen nicht beirren und erzählte weiter.
„Auf diesem Berg wohnt das älteste Wesen der Welt. Es starb mit 1032 Jahren vor 10 Millionen Jahren in einer Welt, die heute längst nicht mehr existiert. Seitdem lebt es auf diesem Berg und es heißt, daß es auf jede Frage eine Antwort weiß. Allerdings redet es in Rätseln."
„Was ist denn das für ein Wesen?" frage Fjeltje.
„Das weiß niemand so genau, denn alle, die zu ihm gingen und sich nicht die Augen verbanden, bevor sie den Tempel der Welda betraten erblindeten. Diejenigen die erblindet sind, sind schon lange nicht mehr auf dieser Ebene zu finden. Sie waren, nachdem sie eine Antwort auf ihre Probleme fanden relativ schnell verschwunden und niemand wußte wohin sie gegangen sind. Die anderen, die sich die Augen verbunden hatten, sagten, sie hätten eine unglaublich schöne weibliche Stimme gehört, die ihnen Antworten auf alle Fragen des Lebens gegeben hat, wie zum Beispiel, warum es einem das Leben versauen würde, wenn man mit einem Faun poppt."
Von nun an wurde nicht mehr viel geredet, sondern gehandelt, da es im Sinne aller war, daß Tjolf seine Kleptomanie verlor. Obendrein wollten Oskar und Bernie das älteste Wesen der Welt fragen, wo denn der beste Vampirjäger zu finden sei. Das würde doch sicherlich eine Frage sein, die ein Wesen, daß sich selbst rühmt eine Antwort auf alle Fragen zu wissen beantworten könnte. Vor der Abreise wollten unsere Freunde noch einige Einkäufe erledigen, während Tjolf beim Wagen blieb um die Pferde vor den Wagen zu spannen. Wenn er Fjeltjes bester Freund war, würde er ihm doch wohl kaum den Wagen stehlen. Oder etwa doch? Auf jeden Fall gingen Fjeltje, Oskar und Bernie nun in einen kleinen Supermarkt im Ort, der viele Dosen mit Sprühessen und einiger anderer nützlicher Artikel anbot. Oskar und Bernie packten den Einkaufswagen voll und gingen zur Kasse, wo die Kassiererin die einzelnen Waren über ein Infrarot-Ablese-Gerät zog.
„Sprühessen: Hühnchen, Sprühessen: Eiscreme..." jedesmal, wenn sie einen Artikel drüberzog, rief sie laut dessen Namen durch den Laden. „...und das Neue Album von Wendolin mit dem Titel 'Weine nicht kleiner Fudu'. Das macht zusammen 2065 jenseitige Mark (bald Euro)." Fjeltje kramte in seiner Tasche und suchte nach seinem Geldbeutel, konnte ihn aber nicht finden.
„Wird's bald!", maulte die Kassiererin.
„Habt ihr nicht etwas Geld?", flüsterte Fjeltje Oskar zu, „Mein Geldbeutel ist verschwunden".
„Ich habe eine Idee", meinte Bernie.
Mit einer schwungvollen Bewegung zog er der Kassiererin mit einer Sprühdose eins über. „ESSENSSCHLACHT", schrie er dabei laut.
Die Leute im Laden begannen mit den Dosen zu werfen und jaulten vor Freude.
„Jetzt müssen wir abhauen, bevor alle merken, daß wir uns nur vorm Zahlen drücken wollen!", rief Bernie.
Die Leute im Laden hielten inne und drehten ihre Köpfe zu den drei Freunden.
„Ihr wollt euch nur vorm Zahlen drücken?", fragte einer von ihnen.
„So etwas gefällt uns gar nicht!", meinte ein Hüne mit langen roten Haaren stink sauer.
Oskar, Bernie und Fjeltje rannten aus dem Supermarkt, verfolgt von einem wütenden Mob Dorfbewohner. Bernie trug dabei den prall gefüllten Sack Sprühessen über seinen Schultern.
„Wir müssen zum Marktplatz, dort steht unser Wagen in einer Gasse!", schrie Oskar.
Die Dorfbewohner blieben immer kurz hinter ihnen, konnten sie aber nicht einholen. Bald erreichten sie die Gasse.
„Oh nein", rief Fjeltje, „Der Wagen ist weg, Tjolf muß ihn gestohlen haben"
„Dieser verdammte Mistkerl!", fluchte Bernie.
„Hier drüben bin ich", rief Tjolf ihnen aus einer anderen Gasse zu, „Hab nur schon einmal den Wagen vorgefahren"
Sie erreichten den Wagen im letzten Augenblick. Fjeltje und Oskar sprangen geschickt hinten auf. Bernie mußte erst noch den Sack drauf werfen und wurde fast von den Dorfbewohnern geschnappt. Aber Oskar zog ihn noch schnell nach und so brausten sie aus dem Dorf. Bald gaben die Leute aus dem Dorf die Verfolgung auf, so daß sich die vier Freunde auf dem Weg zu Weldas Verhängnis machen konnten. Nach einigen Stunden Fahrt, in denen Tjolf mit einer Tracht Prügel für seinen erneuten Diebstahl bestraft wurde, wurde die vormals grünliche Landschaft trister und farbloser. Hie und da wuchsen nur ab und zu einige verdorrte und fast schon mutiert wirkende Sträucher. Bald kam auch schon ein großer grauer Berg in Sicht und als sie nach einer Fahrt durch die Nacht am Fuße des Berges ankamen, stellten sie fest, daß um Weldas Verhängnis sich ein Pfad hinauf schlängelte und der Berg ein wenig aussah wie ein in die Höhe gerichteter Bohrer. Sie begannen mit dem Aufstieg und waren erst nach 4 Tagen an der Spitze angelangt. In der Zwischenzeit hatten sie aus einem kleinen Bächlein getrunken, das den Pfad herunter lief. Oben angekommen sahen sie ein kleines Häuschen im asiatischen Stil, das nicht so recht in die Landschaft passen wollte. Der Berg war grau, die Wolken rundherum waren grau aber der Tempel war grasgrün und hatte ein rotes Dach.
„Ein verdammt schlechter Modegeschmack!" stellte Tjolf fest.
„Na, dann wollen wir mal..." sagte Fjeltje, stieg vom Wagen und wollte das Haus betreten.
„HALT!" riefen die anderen wie aus einem Munde.
„Wir müssen den Tempel doch mit verbundenen Augen betreten." sagte Oskar. „Außerdem, Fjeltje, frage ich mich, was Du überhaupt in dem Tempel in Erfahrung bringen möchtest?" fragte Tjolf.
„Natürlich möchte ich wissen, wann mir die Liebe meines Lebens begegnen wird." antwortete Fjeltje.
„Ich schlage vor, daß Tjolf als erster hineingeht!" machte Bernie den Vorschlag.
Alle anderen waren einverstanden und nickten nur. Fjeltje verband Tjolf die Augen und scheute sich nicht davor ordentlich fest zu ziehen, so daß Tjolf schmerzerfüllt aufschrie. Er hatte ihm immer noch nicht die Sache mit seiner Geldbörse vergeben.
Anstatt einer Tür gab es einen gelben Vorhang, den Oskar zur Seite zog und Tjolf eintreten ließ. Nach ungefähr 10 Minuten kam Tjolf wieder heraus und hatte vollkommen durchwühlte Haare und seine Klamotten saßen auch nicht mehr ganz richtig. Er schien vollkommen ausser Atem zu sein.
„Wow." Sagte er nur zu sich selbst, als Bernie ihm die Augenbinde abnahm. „Die Antwort war so simpel. Einfach ein Glas eigenen frischen Morgenurin, und ich bin von meiner Kleptomanie befreit."
Als nächstes kam Fjeltje an die Reihe. Ihm wurden die Augen verbunden und er verschwand hinter dem Vorhang. Es dauerte eine Weile bis er wieder herauskam.
„Hui", sagte er, als er noch um Atem rang, „Jetzt weiß ich endlich wann ich meine große Liebe treffen werde. Nämlich in genau einem Monat".
Als nächstes machte sich Oskar bereit. Er lies sich von Bernie die Augen verbinden und verschwand hinter dem Vorhang. Kurze Zeit später kam er wieder hervor, seine Kleider waren zerrissen und er hatte einen seltsamen Glanz in den Augen.
„Und Oskar", meinte Bernie, „Wer ist denn nun unser Vampirjäger?"
„Er heißt Hjolte und wohnt in der Elfenstadt Utjal im Norden".
Nun ließ sich noch Bernie die Augen verbinden. Er hatte eigentlich keine Ahnung was er fragen sollte, aber ihm fiel sicherlich noch etwas ein. Nachdem er den Vorhang passiert hatte, wehte ihm ein leichter Windzug entgegen. Zuerst stieg er eine Treppe hinauf. Zuerst wollte er sich die Augenbinde abnehmen, um nicht zu stolpern, aber dann fiel ihm ein, daß er dann sein Augenlicht verlieren könnte.
„Nur, wer mutig ist, wird zu mir kommen", vernahm er eine wohlklingende Frauenstimme. Bernie war wild entschlossen, mutig zu sein. Als er fast oben war, blies ihn ein heftigerer Wind entgegen, so daß er fast herunter geblasen wurde, aber er konnte sich noch festhalten. „Gute Reaktion", hörte er die Stimme wieder".
Nach der Treppe kam er in einen flachen Raum, durch seine Augenbinde konnte er nichts erkennen. „Der stetige wird den geradesten Weg nehmen", kam die Frauenstimme von vorne.
Bernie ging weiter. Bald hörte er Geräusch auf sich zukommen, daß sich wie die Rotoren eines Hubschraubers anhörte. Bernie ging geradeaus und wurde von den Klingen getroffen. Seine Kleidung hing in Streifen, aber er selbst wurde nicht verwundet. Er ging weiter und kam in einen anderen Raum. Die Umgebung schien heller zu sein, sonst aber sah er nichts.
„Wie lautet deine Frage", hörte er wieder die Frauenstimme.
„Werden wir es schaffen, wieder lebendig zu werden?", fragte Bernie.
„Dabei bin selbst ich überfragt!"
Plötzlich vernahmen sie eine grollende Stimme von oben.
„Du bist gefeuert, Welda. Wir haben abgemacht, daß du alle Fragen beantwortest."
„Schon gut, Gott. Dann suche ich mir eben einen Job bei McDonald's".
Das Licht schien sich fortzubewegen.
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