Kapitel 6
Kapitel 6
Etwas enttäuscht wirkte Shivana, wusste aber, dass es besser war und so die Kutsche leichter fahren konnte.
Mehrere Stunden vergingen, in denen sie so weiterliefen. Da sie einen Umweg machten, kamen sie an einem Fluss vorbei, der durch den starken Regen gestiegen war und nun zu einem reißenden Strom geworden war.
Es war wunderschön anzusehen, doch leider hatten sie nicht viel Zeit, hier stehenzubleiben.
Der Weg folgte dem Fluss nur ein paar Minuten, bevor er wieder abging und sie sich vom Fluss entfernten.
Ab diesem Zeitpunkt war es wieder ruhiger und die Umgebung war sehr angenehm. Nicht nur zum Laufen, sondern auch zum Beobachten.
Estelle war völlig in ihrem Element und verwandelte sich in eine Maus, dann in eine Blume, um zwischen den anderen auf der Wiese zu stehen und sogar in einen Vogel, um die nähere Umgebung zu erkunden.
Dabei hatte sie herausgefunden, dass sie nicht mehr weit von dem Hauptweg entfernt waren.
"Wir müssten bald Tehis erreichen, oder?", fragte Draige. Er hatte noch nicht auf eine Karte geschaut und konnte daher schwer sagen, wo sie gerade waren.
Nino schüttelte den Kopf und holte seine heraus, bat aber Shivana gleichzeitig, den Kompass zur Hand zu nehmen. „Dadurch, dass wir gezwungen waren, eine Pause zu machen, brauchen wir sicherlich bis morgen, wenn alles gut geht", meinte Nino mit dem Blick auf die Karte gerichtet.
Die junge Frau holte den Kompass aus ihrer Manteltasche und betrachtete diesen neugierig. Er zeigte wohl wirklich auf den Tempel, doch wo war Norden, so dass sie die Karte ausrichten konnten?
Nino bat die Gruppe, für einen Moment stehen zu bleiben. „Ich werde sehen, ob ich es durch den Luftstrom und die Schwingungen in der Erde herausfinden kann", sagte er und wartete auf die Zustimmung der Gruppe.
"Haben wir nicht auch einen normalen Kompass dabei?", fragte Draig, der jedoch stehen blieb. Auch der Karren wurde angehalten, damit Nino tun konnte, was er musste.
„Wer hat ihn denn?", fragte Nino, bevor er anfing. Wenn das so war, musste er keine Magie anwenden.
"Ich weiß nicht, ob der Magierrat uns einen mitgegeben hat", bemerkte Shivana, die in den Sachen danach suchte. Der Rat hatte ihnen einige Dinge mitgegeben, aber ob darunter ein normaler Kompass war, war fraglich.
Sie würden zuerst danach suchen und erst dann würde der Anführer Magie wirken lassen, wenn es keinen anderen Weg geben würde.
"Ich kann uns einen basteln", erklärte Tai plötzlich und alle Augen richteten sich auf den kleinen Jungen.
„Du?", fragte Estelle wirklich erstaunt und klebte richtig an ihm. Nicht nur, weil Tai naiv und jung war, sondern auch richtig niedlich mit seiner Unbedarftheit. Wenn er wirklich einen Kompass bauen konnte, war das für die Gruppe eine große Hilfe.
„Würdest du es bitte tun?", fragte Nino hoffnungsvoll.
"Ich brauche eine Schüssel mit Wasser und eine Nadel. Ach ja und ein kleines Stückchen Holz", erklärte und zog aus seiner Tasche einen Magneten hervor.
Shivana reichte Nino eine Schüssel, die er füllen sollte und holte aus ihrem Nähset eine Nadel.
Draige reichte Tai ein Stückchen Holz.
Tai begann die Nadel über den Magneten zu ziehen, steckte diesen in das Holz, bis er rausschaute und legte das dann ins Wasser. Zuerst geschah nicht viel, doch statt ruhig liegen zu bleiben, schien sich die Nadel auszurichten.
Gespannt stand die Gruppe um den Jungen herum und beobachteten sein Werk. Es war faszinierend, wie er das hergestellt hatte.
Schließlich hatte sich die Nadel ausgerichtet. "Da ist Norden", behauptete Tai zufrieden und Shivana verglich die Nadel mit ihren Kompass und dann mit der Karte.
"Das könnte hinhauen", bemerkte sie.
„Gut, dann sind wir wohl auf dem richtigen Weg", bemerkte Nino erfreut und faltete die Karte wieder zusammen. Da Tai anscheinend begabt war, einen Kompass zu bauen, konnten sie sich darauf verlassen, falls sie ihn wieder brauchten.
Der Junge sammelte die Sachen wieder zusammen und reichte sie zurück. "Schnell gebaut und auch schnell wieder verstaut", sagte er zufrieden und setzte sich dann wieder auf den Karren.
Estelle setzte sich zu ihm und ließ den Karren wieder anfahren. Sie machte ihre Sache gut und auch Tai schien daran Gefallen gefunden zu haben.
Die Pferde liefen ruhig weiter und auch die anderen setzten sich in Bewegung.
Shivana wirkte wirklich nicht müde, obwohl Nino sogar bezeugen konnte, dass sie die gesamte Nacht nicht geschlafen hatte.
Genau wie er. Ihm machte es nichts aus. Wenn sie meinte, dass sie schon lange nicht mehr geschlafen hatte, war sie es vielleicht gewohnt.
Dafür wechselten sich Draige, Estelle und Tai immer wieder ab, auf dem Karren zu sitzen.
Tai war meist oben, wenn er nicht gerade seine paar Minuten hatte, in denen er wild herumrannte.
Auch Estelle machte ab und zu einen Abstecher und lockerte sich etwas. Nur Shivana, Draige und Nino blieben stets bei der Kutsche.
Mittlerweile hatten sie den Hauptweg wieder erreicht und konnten ihren Weg ohne Probleme fortsetzen.
Die Straße war breit und gut befahrbar. Zudem kamen ihnen nicht viele Leute entgegen. Wahrscheinlich, weil der Regenguss noch zu frisch war.
Da es keine unnötigen Unterbrechungen gab, kamen sie sehr gut voran. Immer wieder wechselten sich Draige, Estelle und Tai auf dem Karren ab, während Shivana und Nino immer liefen.
Insgeheim bewunderte der Anführer die Runenmagierin, dass sie so lange durchhielt. Dennoch sagte er nichts dazu.
Irgendwann während der Reise gab sie einen Laut von sich, der überrascht und schmerzhaft klang, bevor sie sich für einen Moment doch auf den Karren setzte, um ihren Fuß zu betrachten.
"Verletzt?", fragte Estelle, die oben saß und die Zügel locker in der Hand hielt. "Brauchst du Hilfe?", fragte sie freundlich.
"Schon gut", murmelte Shivana, die Nino um etwas Wasser bat, damit sie den Fuß reinigen und besser nachsehen konnte.
Dieser holte Wasser aus dem Boden, reinigte es mit einem Zauber und ließ es dann zu Shivanas Fuß gleiten, damit sie die Wunde reinigen konnte.
Die junge Frau reinigte sich die Füße und betrachtete ihre Fußsohle dann nachdenklich. "Gibt es hier magische Fallen?", wollte Shivana nachdenklich wissen.
"Es ist alles möglich. Hast du dich schwer verletzt?", erkundigte Nino sich, ließ den Karren jedoch nicht anhalten.
"Es tut weh, aber ich sehe nichts", bemerkte Shivana nachdenklich. "Vielleicht bin ich in etwas Magisches getreten."
„Lass mich mal gucken", sagte der Anführer und bat darum, anzuhalten. Dann trat er auf Shivana zu und nahm ihren Fuß, um diesen anzusehen. Er legte seine Hand darauf und ließ Magie in sie leiten und stellte fest, dass es tatsächlich eine magische Verletzung war.
"Vielleicht eine magische Tierfalle", murmelte sie und versuchte nicht vor Schmerzen zu keuchen. Dass Nino Magie in sie leitete, ließ an der Stelle einen stechenden Schmerz entstehen.
„Das ist möglich", sagte er ruhig und war sanft genug, als er versuchte, ihre Schmerzen zu beseitigen. Sehr schlimm war es nicht, doch magische Tierfallen konnten großen Schaden anrichten.
Shivana zischte leise, als der Schmerz hinauf in ihr Knie fuhr. "Schon gut, es ist nicht so schlimm", meinte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
„Was ist los?", wollte der Anführer wissen und beobachtete sie genau.
"Es zieht bis rauf zum Knie", gab sie zerknirscht von sich.
„Möchtest du, dass ich es behandele oder nicht?", erkundigte er sich und nahm seine Hand von ihrem Fuß weg.
"Sollte man magische Fallen mit Magie behandeln?", fragte sie unsicher. Sie wusste nicht genau, warum es so weh getan hatte.
„Wenn die Verletzung nicht sichtbar ist, auf jeden Fall", antwortete Nino, denn einige besaßen Gifte, die sich im Körper ausbreiten konnten. Oft wurden sie zuerst gar nicht wahrgenommen, aber sobald sie sich verbreiteten, wurde es schmerzhaft.
"Dann werde ich wohl die Zähne zusammenbeißen müssen", murrte sie und klang nicht so begeistert.
„Es tut mir leid", sagte Nino und ließ heilende Magie in sie fließen. Dabei umschloss er mit seiner Macht die Schmerzen in ihrem Körper, als würde er nach einer Blume greifen und sie herausholen wollen.
Shivana keuchte und Nino spürte plötzlich eine magische Gegenwehr in ihrem Körper.
Sofort hörte er auf und musterte sie nachdenklich. Bisher hatte er diese Gegenwehr nur bei einer Person gespürt. Einer, für ihn, sehr wichtigen Person.
Er konnte sehen, dass Shivana sehr blass war und sich Schweiß auf ihrer Stirn bildete. "Bist du fertig?", fragte sie mit rauer Stimme und ihre Hand, die sich in den Karren krallte, lockerte sich etwas.
„Nein", erwiderte er seufzend. Mit Gewalt konnte er etwas erreichen, aber das würde etwas auslösen, was er nicht wollte. „Ich denke, du musst mit dem Schmerz auskommen, bis er nachlässt. Es ist zum Glück kein Gift."
Shivana seufzte. "Danke für den Versuch", meinte sie und begann ihr Knie etwas zu reiben. In was war sie da nur reingetreten?
Das wusste keiner von ihnen, bis Nino den Boden absuchte. So war überhaupt nichts zu sehen, doch sobald er seine Hand auf die Erde legte, spürte er Schwingungen.
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