Kapitel 10
Kapitel 10
Das würde das Ganze nur schwerer machen, wenn sie sich verletzen sollte. Warum nur hatte Phong Cho ausgerechnet sie ausgewählt? Hatte er nicht gewusst, dass sie so empfindlich reagierte?
Ihr Atem wurde schwerer, doch man sah, dass sie versuchte sich zusammenzureißen. "Ich würde mich einfach nur etwas hinlegen wollen", murmelte sie.
Sicherlich war es nicht mehr weit.
Tatsächlich blieb Tai nach kurzer Zeit vor einem grauen Steinhaus stehen. Es wirkte unscheinbar, doch die bunten Vorhänge in den Fenstern zeugte von Fröhlichkeit. Über der Steintreppe war ein kleines, buntes Dach angebracht, sodass man nicht nass wurde, wenn man heraustrat.
"Ich hoffe wir bekommen hier Zimmer", bemerkte Draige, der beruhigend zu Shivana blickte.
Nino nickte und ging mit Tai in das Haus, um die Dinge zu klären.
Sie hatten Glück, als die beiden kurz darauf wieder kamen. „Draige, bitte bringe Shivana in das Zimmer. Tai bringt euch hin, er hat die Schlüssel. Estelle, du gehst mit und ich kümmere mich um die Pferde", verteilte Nino die Aufgaben.
"Alles klar", stimmte Tai zu und Draige hakte sich bei Shivana ein, um ihr dabei zu helfen, das Zimmer zu erreichen.
Auch Estelle half mit und unterstützte die junge Frau. „Bald haben wir es geschafft", versicherte die Gestaltswandlerin.
Sie hatte nicht zu viel versprochen, denn Tai blieb schon bald darauf vor einer Tür stehen. „Wir haben leider nur zwei Räume bekommen", sagte er entschuldigend. In einem standen drei Betten, im anderen zwei.
„In welchem Zimmer und mit wem möchtest du zusammen sein?", erkundigte sich Draige.
"Mir egal", murmelte Shivana, die sich einfach nur noch hinlegen wollte.
Also führten sie die junge Frau in das Zweierzimmer. Dort legten sie Shivana auf einem gemütlichen Bett ab, damit sie sich ausruhen konnte.
Die drei Gruppenmitglieder waren zu der Übereinstimmung gekommen, dass Nino am besten auf sie aufpassen konnte, wenn er nicht sehr viel schlief.
Daher zogen sich Draige, Tai und Estelle in ein anderes Zimmer zurück. Nino, der heilen konnte, würde ihr schon helfen.
Dieser kam nach einiger Zeit nach oben und runzelte die Stirn, als er Shivana in einem Bett liegen sah.
Ihn hatte man nicht gefragt, mit wem er das Zimmer teilen wollte, aber letztendlich war es egal. Die junge Frau schien zu schlafen oder sich zumindest auszuruhen, weshalb er sehr leise war und sich die Stiefel auszog, bevor er sich auf das freie Bett setzte.
Als er saß, bemerkte er, dass Shivana ihren Kopf gehoben hatte und etwas verwirrt aussah. Wahrscheinlich, weil er und nicht Estelle hier war.
„Nicht meine Schuld", wehrte er mit erhobenen Händen ab. „Das war nicht meine Entscheidung. Wie geht es dir?", erkundigte Nino sich.
"Schon in Ordnung", murmelte sie und lehnte sich etwas zurück. "Ich bin müde und spürte ständig ein Kribbeln in meinem Fuß, aber sonst geht es."
Nino nickte. „Es wird etwas Zeit dauern. Ich hoffe, es geht dir morgen besser, damit wir weiterreisen können", sagte der Anführer hoffnungsvoll und lächelte leicht.
"Wir könne sicher weiterreisen", behauptete sie stur. "Ich will euch nicht aufhalten."
„Das können wir, aber wir brauchen dich auch. Und zwar in einem guten Zustand", meinte Nino lächelnd.
"Ich hoffe, dass es bald besser wird. Ich weiß gar nicht, was los ist. Mir ist auch so verdammt warm", gestand sie und setzte sich langsam auf.
„Ein Bad sollte nebenan sein", sagte der Anführer. Zumindest hatte der Mann hinter dem Tresen das so verlauten lassen.
Shivana gab ein nachdenkliches Geräusch von sich. "Wäre vielleicht nicht schlecht."
„Geh ruhig", meinte Nino und streckte sich ausgiebig, bevor er sich in das weiche Bett legte und an die Decke starrte.
Shivana nickte und erhob sich langsam. Sie verstand nicht, warum sie sich plötzlich so müde und schwach fühlte. Es war ein Gefühl, was sie schon lange nicht mehr gehabt hatte.
„Hat Draige dir etwas gegeben?", fragte Nino. Vielleicht würde ihr etwas von dem Schamanen helfen.
Die junge Frau blieb stehen. "Nein, hätte er?"
Nino zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, er würde mit seinen Kräutern dir eventuell helfen können", gestand der Anführer. „Du scheinst mit meiner Magie nicht gut zurechtzukommen, weshalb wir vielleicht ausprobieren sollten, ob Draiges Medizin eher hilft."
Shivana winkte ab. "Das liegt nicht an eurer Magie", versicherte sie. "Es lag an dem Angriff. Er hat meinen kompletten Körper durchdrungen."
Das mochte stimmen. Dennoch hatte ihr Körper nicht so reagiert wie bei anderen und das gab Nino zu denken. „Geh dich erst einmal frisch machen. Vielleicht fühlst du dich danach besser", schlug er vor.
Shivana nickte und machte sich auf den Weg ins Bad. Dabei dachte sie über das nach, was geschehen war. Welche Macht sie durchströmt hatte.
Es war zwar irgendwie gruselig gewesen, doch im Nachhinein war die Kraft, die von diesem seltsamen Sand ausgegangen war, sehr verlockend. Wenn sie diese nutzen könnten, wäre sie sehr mächtig. Ob das möglich war?
Der Anführer hatte ihr nachdenklich nachgesehen, um zu überprüfen, ob es ihr gut genug ging, allein zu gehen oder ob sie Hilfe brauchte. Shivana war schwer für ihn einzuschätzen. Wie sie wirkte, war sie wohl so gut wie noch nie in der Welt herumgekommen. Das konnte sich auf einen schweren Kampf auswirken, wenn sie nicht wusste, wie es war, unter Stress und Druck zu stehen.
Dennoch war Nino der Meinung, dass Phong Cho wohl eine gute Wahl getroffen hatte. Wenn Shivana wirklich viel wusste, würde sie ein wichtiger Teil der Gruppe sein.
Es klopfte an der Tür und Draige trat ein. In der Hand hielt er eine Tasse und wirkte überrascht. "Ist Shivana gar nicht hier?", fragte er. "Ich habe ihr einen Tee gemacht, der ihr helfen soll."
Nino nickte zur Tür, die zum Badezimmer führte. „Sie macht sich frisch. Danke, dass du ihr Tee gemacht hast", sagte er und meinte, dass Draige warten konnte, bis sie wieder da war.
Dieser stellte den Tee allerdings auf ihrem Nachttisch ab. "Ich wollte noch etwas die Stadt erkunden", erklärte er. "Es ist noch nicht zu spät."
„Nimmst du jemanden mit?", fragte Nino neugierig. Es war nicht schlecht, die Stadt zu erkunden. Vielleicht war Tai sogar ein guter Führer.
"Tai schläft schon und Estelle passt auf ihn auf", erklärte er.
Der Anführer nickte und stand von seinem Bett auf, um an das Fenster zu gehen. Von dort beobachtete er die belebten Straßen und die Menschen, die dort herumwuselten. Er war zwar Menschen gewohnt, aber so viele auf einmal mochte er nicht. „Pass auf dich auf", bat Nino.
"Werde ich", versicherte Draige. "Erholt euch gut."
Noch einmal nickte er und wirkte gedankenverloren, dennoch achtete er sehr auf die Geräusche, die aus dem Badezimmer kamen.
Schließlich kam Shivana wieder heraus. "Kennst du dich gut mit dem aus, was da passiert ist?", fragte sie und ging auf das Bett zu.
"Vielleicht", erwiderte Nino nachdenklich. Sein Finger zeigte auf die Tasse, die Draige gebracht hatte. "Er hat dir einen Tee gemacht und ist jetzt die Stadt erkunden", erklärte er.
Shivana fragte nicht, wen er meinte, sondern nickte und nahm die Tasse, die sie in ihren Händen drehte. "Ich hatte das Gefühl eine fremde Macht durchströmt mich und dringt in meinen Körper ein", erklärte sie langsam.
Verständlich nickte der Anführer und drehte sich vom Fenster weg, um sie anzusehen. "Hat es sich gut oder eher schlecht angefühlt?", fragte er neugierig.
"Ich weiß nicht genau. Ich hatte Angst, weil es mich festgehalten hat", gestand sie, blickte aber weiter in den Tee, dessen Duft sie genoss. "Aber im Nachhinein war diese Kraft, die mich durchströmt hat, sehr ... mächtig."
"Ich verstehe", meinte Nino nachdenklich, während er sein Kinn, auf dem ein leichter Bart erkennbar war, rieb. Seine dunkelbraunen Haare waren zu einem Zopf gebunden, den er nun löste. Lang und seidig fielen sie ihm auf den Rücken und Nino ging auf die Tür zum Badezimmer zu. "Vielleicht lag es an der Runenmagie, die du verwendet hast", vermutete er.
"Ich habe noch immer das Gefühl, dass die Macht versucht in mich einzudringen, wenn ich einen Fuß auf den Boden setze", meinte Shivana und nahm einen Schluck Tee.
"Wenn du keine Schuhe trägst?", erkundigte sich Nino erstaunt. War das der Grund, weshalb sie welche angezogen hatte? Oder war es lediglich wegen der Verletzung gewesen?
"Ja. Vielleicht ist es nur Einbildung, aber ich hatte das Gefühle, dass die Macht wieder nach mir greift", murmelte sie und schloss die Augen.
Nachdenklich hob Nino seinen Kopf und blickte zur Decke, als würde dort eine Antwort stehen. "Es ist möglich, dass die Falle eine winzige Öffnung in deine Haut geritzt hat, sodass die Macht es einfacher hat, in die einzudringen", vermutete er. Nicht umsonst waren die roten Wölfe gekommen. Seine Vermutung war, dass sie jeden damit in einen Hinterhalt lockten.
"Ich bin nicht sicher", meinte Shivana. "Aber es ist nicht nur das verletzte Bein gewesen. Auch wenn ich das andere auf den Boden stelle. Oder meine Hand."
Nino meinte, dass manche Fallen so ausgelegt waren, dass sie hauchdünne, unsichtbare Netze über einen legten, um ein Eindringen einfacher zu machen. "Wenn du willst, kann ich es mir ansehen", schlug er vor.
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