Kapitel 38 *neu*

Als Zunae am nächsten Morgen erwachte, saß Arcas neben ihr und beobachtete sie.

Sie hatte geschlafen wie ein Stein und dabei einen so entspannten Ausdruck gehabt, dass sich Arcas auf kaum etwas anderes hatte konzentrieren können.

Ihre Augen reibend, erhob sich Zunae langsam, bevor sie sich streckte. Es war kalt, obwohl sie zugedeckt gewesen war und neben ihr ein Feuer brannte. Auch die Magie floss normal durch ihre Adern, weshalb sie nicht verstand, wieso ihr nicht warm wurde.

Genüsslich streckte sie sich und bewegte ihre Finger, um sie zu wärmen. »Kam dir eigentlich nicht in den Sinn, dass ich zugestimmt habe, dich zu begleiten, um dich loszuwerden?«, fragte Arcas, der darüber die Macht nachgedacht hatte. Sie war wirklich vertrauensvoll. Seiner Meinung nach zu sehr.

Zunae blinzelte ihn überrascht an. Ihre Visionen hatten keine Gefahr angezeigt, doch das konnte sie ihm wohl kaum sagen. »Yelir hat dich ausgesucht, um auf mich aufzupassen. Ich denke nicht, dass von dir eine Gefahr ausgeht«, erklärte sie stattdessen. Wäre es allerdings nur Yelirs Wort und sie hätte ihre Visionen nicht, wäre sie vielleicht doch vorsichtiger gewesen.

In Arcas Ohren klangen ihre Worte naiver, als er ihr zugetraut hätte. War sie wirklich so gutgläubig? Oder lag es daran, dass sie keine andere Wahl hatte, als ihnen zu vertrauen?

Langsam fuhr er sich durch die Haare. Sie hatte etwas sehr Widersprüchliches, was Arcas neugierig machte. Spielte sie vielleicht nur eine Rolle? Aber beinhaltete diese Rolle sich so um das Volk zu kümmern? Musste sie sich den Aufwand machen, um ihr Vertrauen zu gewinnen, oder machte sie es aus einem eigenen Antrieb heraus?

»Komm, machen wir uns frisch«, grinste Arcas, der genau wusste, welches Bild sie außerhalb der Höhle erwarten würde.

Zunae, die davon ausging, dass Arcas einfach schnell weiter wollte, erhob sich. Es war gut, dass sie in der Nachg keine Visionen gehabt hatte. Sie wollte lieber gar nicht darüber nachdenken, wie unangenehm der Morgen sonst geworden wäre.

Neben Arcas trottete sie noch immer müde aua der Höhle und blieb aprupt stehen.

Zunae traute ihren Augen kaum.

Der See, der am Abend noch ruhig dagelegen hatte, war nun voller Leben.

Überall saßen Kristallvögel. Am Ufer des Sees, auf Kristallen, die aus den See wuchsen und such im Wasser. Sie tauchten mit ihren Körpern ein, schossen durch den See und schnappten sich Fische, die aussahen, als wären sie gläserne Figuren.

»Wie wunderschön«, hauchte Zunae, die nicht wusste, wo sie zuerst hinsehen sollte. Die ganzen Farben, die durch das Licht der Morgensonne immer wieder aufblitzten, waren so fesselnd, dass sie nicht weggehen konnte, obwohl sie in ihren Augen brannten.

Faszinierend fand sie, dass die Tiere sich nicht stören ließen. Nicht einmal, als Arcas sich auf den See zubewegte, um sich darin sein Gesicht zu waschen.

Zunae jedoch zögerte. Das Wasser sah nicht mehr normal aus. Es hatte nicht die Farbe, die sie gewohnt war und das ließ sie zögern. Wenn sie sich damit wusch, würde ihre Haut dann schimmern?

Zwischen den Vögeln tauchte plötzlich ein großer Hirsch auf. Sein Geweih glühte, was Zunaes Aufmerksamkeit auf sich zog. Erst, als sie es genauer betrachtete, erkannte sie, dass es aussah wie kleine Bäume, die aus seinem Kopf wuchsen. Aus purem Kristall.

»Was ist das?«, fragte Zunae atemlos, die so etwas noch nicht gesehen hatte. Sie musterte das Tier weiter, dessen Körper an Wurzeln erinnerte.

»Wir nennen ihn Herr des Waldes. Es ist ein sehr seltener Hirsch, der nur hier lebt. Ihn zu jagen ist verboten«, erklärte Arcas leise.

»Er ist ... wunderschön«, hauchte Zunae, der einfach die Worte fehlten, um zu beschreiben, was sie spürte. Als wäre da eine warme, angenehme Aura, die von ihm ausging und sie umschloss.

»Es gibt die Legende, dass der Herr des Waldes früher ein Göttertier vom Element Erde war, wie die Einhörner und Seelenkatzen«, erklärte Arcas flüsternd, um die Atmosphäre nicht kaputt zu machen. »Angeblich können nur Blutsverwandte der Göttertiere ihn sehen.«

»Wieso ist er kein Gott mehr?«, fragte Zunae, die noch immer fand, dass er göttlich wirkte. Selbst hier zwischen all diesen schimmernden Vögeln.

»Angeblich hat er seine göttliche Kraft aufgegeben, um damit die Welt vor dem Untergang zu schützen.«

Zunae liebte diese Arten von Legenden. Allein Arcas zuzuhören, ließ sie sich entspannen. Dabei war das Thema Göttertiere eigentlich eines, das sie beunruhigen sollte.

Sie gehörte zum Clan der Drachen und Arcas zum Clan der Seelenkatzen. Diese beiden Götter waren eigentlich, so sagten es die alten Geschichten, verfeindet. Trotzdem hatte Zunae nicht das Gefühl, hier unwillkommen zu sein. Das wurde ihr erst jetzt richtig klar.

Die Magie der Seelenkatzen durchdrang die Lande, doch Zunae empfand sie nicht als abstoßend oder fremdartig. Ihr war der Unterschied gar nicht aufgefallen, was sie ein bisschen unruhig machte.

Die Drachen gehörtem dem Element der Luft und die Seelenkatzen der Erde an. Zwei Element, die eigentlich sehr gegensätzlich waren. Trotzdem spürte Zunae eine innere Ruhe. Fast so, als würde sie hierhergehören. Als wäre das Land bereit, sie aufzunehmen.

Schnell riss sie sich von diesen Gedanken los. Später, wenn sie die Südland besuchte, würde sie schauen, ob sich etwas änderte. Oder wenn ihre Schwestern sie besuchen kamen. Vielleicht fühlten sie sich anders.

Wenn Zunae an die Schlachtfelder zurückdachte, hatte sie auf den Boden der Seelenkatzen immer eine gewisse Kälte der Magie gespürt.

Lag es daran, dass sie nicht in feindlicher Absicht hier waren?

»Denkst du, es gibt noch mehr Göttertiere, die wir vielleicht nicht kennen?«, wollte Zunae wissen.

Gedanklich ging sie die Göttertiere durch, die sie selbst kannte.

Der Luft die Drachen, zu denen sie gehörte, und die Raben, der Clan der Seher.

Zur Erde, zu denen auch die Seelenkatzen gehörten, gehörten auch die Einhörner, mit denen die Südlande Handel trieben.

Mit den Feuerelemten, den Roten Bullen und den Phönixen hatte sie nie etwas zu tun gehabt. Und auch von den Wassergöttern, den Leviathanen und Quallen hatte sie nur gehört.

»Vielleicht«, erwiderte Arcas nachdenklich. »Aber dann würde sich die Frage ergeben, ob es wirklich pro Element nur einen Hauptgöttertier gibt«, erwiderte er nachdenklich.

Zunae nickte angespannt. Die Unterteilung in Haupt- und Nebengötter war etwas, das sie schon als Kind gelernt hatte.

Die Drachen waren die Hauptgötter und die Raben ihre Nebengottheiten. Damit wäre Zunaes Stand höher als die der Nordländer. Denn die Seelenkatzen waren nur die Nebengottheiten der Einhörner. Damit standen sie eine Stufe niedriger, als der Clan der Drachen. Etwas, das vermutlich in der Vergangenheit zum Krieg geführt hatte.

Zunae wusste es aber nicht so genau. Es gab diverse Aufzeichnungen, die jedoch nicht mehr vollständig waren.

»Wir sollten jetzt gehen«, bemerkte Arcas plötzlich.

Das ließ Zunae zucken und erst jetzt wurde ihr klar, dass sie die ganze Zeit auf die Stelle gestarrt hatte, an dem der Herr des Waldes gestanden hatte. Er war nicht mehr da, was ihr zeigte, dass sie völlig in ihren Gedanken verloren gewesen war.

»Du hast recht, sonst wird es zu spät«, erwiderte sie zustimmend und wandte sich von dem See ab, um ihre Sachen zusammenzusammeln.

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