Kapitel 11 *neu*
»Warum hast du deine Meinung geändert?«, fragte Lacrew, als er seinem Sohn gegenüber auf einem gemütlichen Sofa saß. Zwischen ihnen nur ein niedriger Tisch und vier Tassen mit Getränken.
Während Charlet immer wieder an ihrem Tee nippte, lief Degoni unruhig im Raum umher.
»Der Raum neben meinem ist besser gesichert. So kann ich sie jederzeit überwachen«, erklärte Yelir, der sich die ganze Reise über Gedanken gemacht hatte. Nicht, weil er wirklich glaubte, dass sie ihn reinlegen wollte, sondern eher, weil das Bild im Wald ihm klar gemacht hatte, dass es durchaus andersherum sein konnte. In diesem Raum, weit abseits seiner Gemächer, war sie ein leichtes Ziel. Es gab vermutlich noch immer Leute im Schloss, die gegen diese Hochzeit waren.
Charlet stieß leise den Atem aus, was dafür sorgte, dass alle drei Männer zu ihr sahen. Sie zitterte leicht, als sie zu Yelir aufblickte und sich ein Lächeln abrang. »Es freut mich zu hören, dass du endlich eingesehen hast, dass sie gefährlich sein kann«, sagte sie mit zittriger Stimme. In ihren Augen lag Sorge. »Ich war ehrlich gesagt nicht so erfreut, sie so nah bei den Frauen zu haben.«
Yelir hob eine Augenbraue und musterte Charlet. Es fiel ihm schwer zu verstehen, was sie wirklich dachte. »Ich denke nicht, dass sie es auf die Schwachen unter uns abgesehen haben könnte«, sagte er, denn so hatte er die Südländer bisher nie eingeschätzt. »Du wirst dich doch trotzdem um sie kümmern, oder?« Wenn sie nein sagte, würde er das akzeptieren müssen. Er wollte sie nicht drängen, wenn sie wirklich solche Angst hatte. Trotzdem brauchte er jemanden für sie. Jemanden, der ihre Traditionen und Regeln kannte. Wenn sie wirklich Geld als Geschenk dabei hatte, würde er dieses nehmen müssen, um für sie eine Dienerin oder Lehrerin einzustellen. Ganz ohne Wissen wollte er sie hier wirklich nicht herumlaufen lassen. Es gab so viel, mit dem sie anderen auf die Füße treten konnte.
»Ich weiß, es ist meine Pflicht«, sagte Charlet, senkte aber den Blick in ihren Tee. »Aber ... sie ist eine Kriegerin. Ich nicht. Was, wenn sie sich entscheidet ... anzugreifen? Ich habe ihr nichts entgegenzusetzen«, bemerkte sie, wobei ihre Stimme durchsetzt mit einem matten Ton war.
Lacrew legte ihr die Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen. »Niemand wird dir etwas tun«, versicherte er sanft und zog sie etwas an sich. Es gefiel ihm nicht, wenn sie so zitterte.
»Arcas bewacht den Harem. Er wird nicht zulassen, dass euch etwas geschieht«, versicherte nun auch Dainte, der sofort zu seiner Mutter kam, um sie zu beruhigen. »Yelir und ich sind auch noch da. Wir behalten sie im Auge«, sagte er beruhigend und nahm die Hand seiner Mutter.
Nur Yelir blieb sitzen, statt die Frau zu umsorgen, die den Platz seiner Mutter eingenommen hatte. Es war nicht so, dass er sie hasste, aber eine gewisse Abneigung war dennoch gegeben. Wofür Charlet jedoch nichts konnte. Seine Mutter Rachel war bei seiner Geburt gestorben. Es war also seine und nicht ihre Schuld. Trotzdem widerstrebte es ihm, sie so zu umsorgen, wie er es bei seiner eigenen Mutter getan hätte. Vermutlich, weil er nie etwas Derartiges von ihr erhalten hatte. Sie hatte immer ihre eigenen Söhne Dainte, Misha und Arcas bevorzugt.
Yelir hob die Hand und hielt sie sich an seinen schmerzenden Kopf. Seitdem er zurückgekehrt war, spürte er die Last auf seinen Schultern erneut. Die Reise hatte ihn ein wenig abgelenkt und der Fokus auf Zunae hatte ihn geholfen, die Probleme auszublenden, doch Charlets Anwesenheit machte es nicht einfach. Es wurde zunehmend schwerer, sie und die Frauen zu versorgen. Allerdings wollte er auch nicht, dass sie bemerkten, wie es um die Staatskassen bestellt war. Auch, wenn er glaubte, dass Charlet es ahnte.
»Ihr könnt nicht immer in unserer Nähe sein«, bemerkte Charlet leise und niedergeschlagen. »Was, wenn sie mich in eine Falle lockt?«
Yelir verstand ihre Zweifel und ihre Angst. Als Frau in den Nordlanden hatte sie keinerlei Ausbildung im Kampf. Im Gegensatz zu Zunae. Er wusste zwar nicht, ob sie direkt eine Kriegerin war, aber ihre Reaktion im Wald auf Degoni hatte ihm gezeigt, dass sie sich wehren konnte. Darum mussten sie die Frauen beschützen. Was auch einer der Gründe war, warum sie so lange gezögert hatten, überhaupt zuzustimmen. Er war sogar ein wenig erleichtert gewesen, als sie die ersten beiden Kandidaten abgelehnt hatten.
Charlet hatte vorgeschlagen kampferprobte Männer zu nehmen und sie als ihre Söhne auszugeben, damit sie keinen ihrer Jungen verlor. Nur, weil Lacrew diese Idee unterstütz hatte, hatte sich Yelir darauf eingelassen. Im Nachhinein betrachtet empfand er es als töricht. Es wäre mit Sicherheit herausgekommen. Dann hätten sie zwar eine Naytas als Geisel gehabt, doch was dann? Hätte es wirklich ausgereicht, nur die Königsfamilie zu stürzen, um die Südlande zu unterwerfen? Oder hätte jemand anderes den Krieg weitergeführt?
»Ich werde mir etwas überlegen«, sagte er schließlich, denn er hatte bereits eine Idee. Eine, die dafür sorgen würde, dass Zunae ihre Gefährlichkeit gegenüber den Bewohnern der Burg verlor. Nur würde es sie auch zur perfekten Geisel machen. Sollte sie oder ihre Familie davon erfahren, könnte das den Krieg erneut anfachen. Er musste also sehr vorsichtig sein.
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