Die Chroniken von Theenia - Das Vermächtnis der Götter

Ach, herrlich! Ich habe damals so viel zu Theenia geschrieben. Angefangen als RPG (das aus Nostalgiegründen immer noch auf meinem Account einzusehen ist) habe ich die Welt wirklich lieb gewonnen und immer mehr damit gemacht. Ich sollte der Welt wirklich wieder mehr Aufmerksamkeit schenken.

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Vielleicht hätte Saya nicht den direkten Weg durch die Händlerstraße nehmen sollen. Überall tummelten sich Sonnenbändiger, so ihre Rasse, die keine Rücksicht auf sie oder irgendjemand anderen nahmen. Man konnte es ihnen nicht einmal verübeln, denn keiner hier hatte wirklich die Zeit, sich lange auf dem Markt aufzuhalten.

Man erkannte es an ihren Augen. Ihre nervösen Blicke, die nicht länger als zwei Sekunden auf etwas verharrten, ihre hitzigen Pupillen, die nicht einmal mehr den Hauch eines Leuchtens verbreiteten, sogar ihre Gesichter schienen vor lauter Stress und Sorge schon Falten zu schlagen.

Die Sonnenbändigerin versuchte, sich und ihr Gepäck heil durch die Straße zu führen, doch fast nach jedem einzigen Meter wurde sie weggedrückt und geschoben. Jeder ihrer Schritte wirbelte Staub von dem sandigen, harten Boden auf, der nur durch bröckeligen Sandstein geebnet war.

Die heiße Mittagssonne prallte auf die Siedlung herab, nur die vielen bunten Tücher, die über die Häuserdächer gespannt waren, schützten die Köpfe der Bewohner. Wären sie und ihre Nachbarschaft nicht ausschließlich Sonnenbändiger, so dachte Saya, wäre das Leben in der Wüste wahrscheinlich die reine Qual.

Doch sie kannte auch nur die Wüste, wusste nicht, was sie dort draußen erwartete. Natürlich hatte sie oft Geschichten von Wäldern, Bergen, Meeren und ganzen Königreichen gehört, doch sie hatte so etwas noch nie zu Gesicht bekommen.

Als sie gerade einen weiteren, vorsichtigen Schritt gehen wollte, hörte sie von weiter hinten eine ihr leider viel zu bekannte Stimme. "Herhören!", rief die männliche, energische Stimme von einem Podest aus. Saya versuchte, sich umzudrehen, doch wurde von mehreren drängelnden Personen behindert.

Auf der Händlerstraße wurde es ruhiger, doch das Gedrängel hörte nicht auf. "Wir haben einen Dieb in unserer Runde!", rief die Stimme drohend. "Eine junge Sonnenbändigerin, laut Aussagen soll sie einen braunen Sack hinter sich herschleppen, hat, erneut, das Eigentum des Giya-Clans bestohlen. Die Diebin soll sich sofort stellen, wenn sie einer härteren Strafe entgehen will."

Saya hätte einfach einen Umweg nehmen sollen. Bevor sich auch nur die ersten Blicke auf sie richten konnten, ließ sie ihren Sack fallen, sprang auf einen nahegelegenen Vorsprung und zog sich so schnell es ging ein tiefes Hausdach hoch. Als der Sack auf dem Boden aufprallte, schepperte und knallte es, doch darauf konnte Saya nun nicht achten. So schnell es ging, sprintete sie über die tief gelegenen Hausdächer, wirbelte den Sand unter ihren Füßen auf und hoffte, dass sie ihre Verfolger schnell abschütteln würde.

Die vielen höheren Sandsteinmauern, Dächer und schützende Tücher rasten an ihr vorbei, während die heiße Mittagssonne ungeschützt auf ihren Kopf schien.

In einem Moment der Unachtsamkeit verpatzte sie einen Sprung und wäre fast durch eine Lücke zwischen zwei Häusern gefallen, wenn sie sich nicht gerade so mit den Händen hätte festhalten können. Glücklicherweise war die Gasse, in der sie hang, menschenleer, doch als sie eine alte, faltige Frau entdeckte, die gerade in jene Gasse einbog, zog sie sich hastig hoch. Sie schmeckte Sand, als der Staub durch ihre Bewegungen aufgewirbelt wurde.

Als sie an der Stadtgrenze ankam und über die bröckelige Sandsteinmauer spähte, stieß sie einen leisen Fluch aus. Überall waren Wachen aufgestellt und sie hatte kaum eine Chance, ungesehen über die Mauer zu gelangen. Dabei konnte sie ihr kleines Häuschen außerhalb der Stadt doch schon erspähen! Nun war es zwar klug gewesen, nicht den von ihr gedachten Umweg genommen zu haben, jedoch steckte sie auch jetzt schon tief genug in der Klemme.

Von unten hörte sie mehrere, hastige Schritte, welche ihre Lage nicht gerade besserten. Sie machte sich so klein wie möglich, legte sich auf den sandigen Boden des Daches und horchte den Schritten. Ihr Herz pochte. Von der Seite liefen zwei Männer mit Giya-Stirnbändern entlang, welche sich stetig umsahen. Beide waren gut gebaut, der eine schien etwas größer als der andere. Sie hatten die typische sandfarbene Haut der Sonnenbändiger und waren mit dunklen Tüchern bekleidet, wie es bei den Mitglieder des Clans üblich war.

Ihre Großmutter hatte ihr einmal erzählt, dass fast jede Siedlung der Miph-Wüste von einem Clan regiert würde, damit es in der riesigen, gesetzlosen Wüste wenigstens so etwas wie Ordnung gab. Sayas Großmutter hatte immer nur von den guten Seiten erzählt. Dass die Clans selbst gar gesetzlos waren und hohe Ämter mit genug Geld zu erwerben waren, hatte sie immer außen vor gelassen. Vielleicht war es auch ganz gut so.

Vorsichtig spähte Saya über den Rand des Daches. Die Soldaten schienen stehengeblieben zu sein und blickten sich an der inneren Stadtgrenze um. Einer von ihnen blickte für einen kurzen Moment nach oben, direkt zu ihr. Seine braun-gelben Augen leuchteten feurig.

Schnell zog sie den Kopf ein, presste sich so fest es ging an den Boden des Daches und hoffte. Sie spürte ihrem Herzschlag über den heißen, harten und staubigen Sandstein. Ihr Atem setzte für einen Moment aus, als sie erneut die Schritte der Soldaten vernahm. Ihre festen, kräftigen Schritte prallten auf den harten Boden, doch bewegten sich glücklicherweise von der Mauer weg! "Hier ist sie nicht", sagte der eine aus der Ferne. "Suchen wir woanders weiter."

Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Nun musste sie nur noch irgendwie aus der Stadt entkommen, ohne verdächtigt zu werden. Aus dem Haupttor konnte sie nicht gehen, die Wachen dort kannten ihr Gesicht und ihren Namen. Da hieß es nur eins: Warten. Wenn die Wachen Schichtwechsel hatten, würde sie ungesehen über die Mauer schleichen können, denn sonderlich hoch war diese nicht.

Während sie dort lag und wartete, fiel ihr plötzlich eine Frage ein, die ihr Kopfzerbrechen bereitete. Wieso hatte der Soldat sie nicht verraten? Hatte er sie vielleicht wirklich nicht gesehen?

Stunden des Wartens waren vergangen und die Abendsonne machte sich schon langsam am Himmel breit, als die Wachen endlich gingen.

Hastig kletterte Saya das Haus hinunter und erschreckte sich selbst über ihren eigenen Aufprall auf dem Boden. Schnell griff sie zum Rand der Mauer und zog sich hoch. Sie hörte schon die Schritte der näherkommenden Wachen. So schnell sie konnte, lief sie durch den tiefen, unberührten Sand und stolperte einmal fast über einen kleinen, aus dem Boden ragenden Stein, bis sie endlich an dem kleinen Häuschen ihrer Familie ankam. Es stand etwas weiter abseits der Stadt und war nicht gerade stabil gebaut, aber es reichte zum Leben.

Als sie das Tuch beiseite schob, welches den Eingang bedeckte und das kleine Häuschen betrat, lagen zwei vorwurfsvolle Blicke auf ihr. "Wo hast du dich so lange herumgetrieben?", fragte eine bekannte, weibliche Stimme aus einer Ecke heraus. "Stadt, Mutter", antwortete Saya knapp und wunderte sich selbst, wie viel Wahrheit doch in dieser Aussage gesteckt hatte.

"Ich hoffe, du bist mit etwas Nützlichem nach Haus gekommen", sagte eine männliche, drohende Stimme aus einer anderen Ecke. Saya antwortete nicht. "Leg dich, es wird kalt", beendete ihre Mutter das Gespräch kühl.

Ihren Worten folgend legte sie sich auf ihren Schlafplatz und deckte sich mit einigen, dünnen Tüchern zu, direkt an das Fußende ihrer Mutter. Doch noch bevor sie ihre Ruhe finden konnte, klopfte jemand von draußen an die steinige Wand.

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