Liza POV.

,,Liza? Bist du ... kannst du mich hören?" hoffnungsvoll trat Boyd vor und schaute mich an. Greif sie an! Vernichte sie. Kreischend ertönten ihre Worte immer wieder in mir, doch ich konnte nichts weiter sagen. Meine Worte blieben mir im Hals stecken egal wie oft oder wie sehr ich sie auch sagte und dachte, es geschah nichts. Ich blieb stumm. Was war das eben gewesen? Für einen Moment hatte die Stimme doch ihre Macht verloren oder etwa nicht? Lag es an ihnen? Oder hatte die Stimme nachgegeben?

Woran denkst du da? Ich gebe nicht nach, ich bin nicht so schwach wie du, aber ich habe die Oberhand oder spürst du es nicht? Ich kontrolliere dich! Und du, hast mir nichts zu sagen, verstehst du es nicht? Ich bin du, nur viel besser. Ich zeige dir nur, zu was du fähig bist. ,,Liza, bitte rede mit uns! Du hast gerade geredet, ich habe es gehört!" vorsichtig trat Isaac nach vorne und ging in die Hocke. Meine Sinne reagierten sofort auf ihn, doch mein Körper handelte nicht so, wie ich es getan hätte, lediglich meine Gedanken gehorchten noch mir und doch wurden auch diese ständig von der Stimme durchzogen. Was konnte ich tun? Wie sollte ich meinen Freunden zeigen, dass ich da bin, sie verstand und wollte, dass sie mir helfen? Isaac kam noch weiter auf mich zu und dann schoss plötzlich einer der Jäger auf mich. Seine Kugel traf mein Ohr und kreischend stürzte ich nach hinten.

,,Wer war das?" wütend taumelte Isaac nach hinten und auch Chris sah nicht begeistert aus. ,,Keiner schießt, außer ich gebe einen Befehl! Habt ihr mich verstanden?" ertönte da auch schon seine Stimme. Blut tropfte auf den Boden, doch statts rotem Blut tropfte es schwarz auf den Boden und ein stechender Schmerz fuhr unwiderruflich durch meinen Körper. ,,Liza, bitte, wenn du uns hören kannst, dann ... gib uns ein Zeichen, bitte." Brett stand plötzlich direkt vor mir.

Was hatte Brett hier zu tun? Er war zwar mein bester Freund, doch was nahmen sich die anderen heraus, ihn einfach mit einzubeziehen? Wütend fauchte ich ihn an. Geh zurück Brett, bitte! Wieso konnten sie mich nicht hören? Ich wollte nicht mehr, ich wollte einfach nur schreien, meine Wut loswerden, auf mich, die Welt und Deucalion. ,,Wo ist er, wo ist Deucalion?" erklang meine Stimme plötzlich völlig verzerrt und kreischend.

,,Deucalion? Du Miststück fragst wirklich nach Deucalion? Wie wäre es mit einer verdammten Entschuldigung oder so ... du Monster!" wütend sprang Erica nach vorne. Meine Hand flog nur so durch die Luft und krachend schlug Erica auf dem Boden auf. ,,Du nennst mich ein Monster? Mich? Ich habe alles versucht, ich wollte das Rudel nicht, ich wollte mein Leben nicht, ich wollte nichts von alledem. Das ist doch alles nur passiert, weil es euch Werwölfe überhaupt gibt bzw. weil ihr mich in eurer Rudel aufgenommen habt!" schrie ich sie an und ging bedrohlich auf sie zu. ,,Jetzt redest du also wieder? Was geht bei dir eigentlich schief? Bereust du es schon? Oder erinnerst du dich nicht daran, was du getan hast, was du deinem Bruder angetan hast?" hämisch grinsend stellte sie sich in Kampfposition.

Als würde sie gegen mich gewinnen! Das hysterische Lachen der Stimme halte immer lauter in meinem Kopf. Siehst du es nicht? Sie verstehen dich nicht! Sie denken du bist ein Monster, bist es nicht wert geliebt zu sein.

Lass mich in Ruhe! Verschwinde aus mir! Du gehörst hier nicht hin! Ich will wieder frei sein, ohne dich, deinen Hass und deine Wut! Gib mir meine Freiheit zurück, meine Gedanken! Ich will einfach nur rennen, weg von meinen eigentlichen Freunden, weg von meinen Gedanken und weg von meiner Schuld. Ich hab meinen eigenen Bruder ermordet, ohne Gewissen und ohne Reue, nur um mehr Macht zu erhalten.

,,Liza, das ist meine einzige Warnung, wage noch einen Schritt und wir eröffnen das Feuer!" schrie Chris aufgebracht.

Ich wollte nicht mehr, ich konnte nicht mehr, so wollte ich es nie haben, ich wollte doch nur eine Familie, Geborgenheit, endlich Freunde und ... ich wollte Isaac. Vielleicht hatte ich es mir oder auch meinen Brüdern nie eingestanden doch eigentlich hatte ich sie gar nicht gebraucht. Nicht dass ich sie nicht liebte. Doch nur, weil sie in diesem Rudel waren ging unser gesamtes Schlamassel los. Siehst du, du musst sie loswerden! Töte sie endlich und beende es, zeig mir nicht, wie schwach du in Wahrheit bist.

Wütend hob ich meine Tatze, ich brauchte ewig bis ich endlich die Kraft hatte und sie anheben konnte und bevor irgendjemand reagieren konnte krümmte ich meine Krallen direkt auf mein Herz zu und dann spürte ich nur noch Schmerz und sah noch, wie der Mond hinter einem Dickicht von Wolken verschwanden und zwei Augen, welche mich besorgt musterten und liebevoll umfingen, in der ganzen Dunkelheit.

Isaac POV.

,,Liza!" überrascht schrien Brett und ich auf und rannten nach vorn, doch ich erreichte sie vor ihm und konnte sie gerade noch vor dem Boden auffangen. Langsam verwandelte sie sich wieder zurück in einen Menschen, zurück in meine Liza. ,,Hey Liza, wach auf, öffne deine Augen, sieh mich an!" sanft strich ich ihr durch die Haare, doch ihre Lider blieben geschlossen, kein Laut drang über ihre Lippen und ihre Brust hob oder senkte sich auch nicht mehr. ,,Isaac, ich kann nichts hören, ich ... ich glaube sie ist wirklich tot." sanft legte er seine Hand auf meine Schulter.

Was sagte er da? Ich hörte zwar seine Worte, doch ihre Bedeutung ergab für mich überhaupt keinen Sinn. Liza konnte nicht tot sein, ich konnte doch ... ich konnte es doch sehen, sie ... doch egal wie sehr ich versuchte mir vorzustellen sie würde sich endlich wieder regen, desto mehr nahm ich nur die plötzliche Stille um uns herum war. Ein kühler Wind fegte durch die Nacht und man hörte nur das Rauschen und Rascheln der Blätter. Noch einmal starrte ich auf Liza hinab und erhob mich dann langsam. Ich war zu nichts fähig, wie oft sollte ich sie denn noch verlieren? Wobei, nun hatte ich sie wohl für immer verloren. Vielleicht war das alles auch meine Schuld, ich hätte besser auf sie achtgeben sollen. Benommen wendete ich mich ab und dann erklang es endlich, ein tiefes und ersticktes Einatmen.

vom 14.Novmber 2019