Kapitel 27*

Trotz meiner starken Kopfschmerzen bewegte ich mich ein wenig. Ich lief durch das Zimmer und betrachtete die Ausstattung, Neben dem Bett stand ein Stuhl, auf dem noch immer die Kleider lagen. Ein wenig weiter hinten befand sich eine Kommode und neben der Türe sah man direkt durch die beiden Fenster zu der Feuerstelle.

Einige Bücher und Pläne lagen verstreut auf dem Boden, als ob jemand diese voller Wut von sich geschmissen hätte. War das hier Scars Zimmer?

Ich blickte eine ganze Weile auf die Kleider, bis ich mich doch dazu durch ringen konnte sie zu probieren. Es waren einfache dunkle Hosen und ein rotes Oberteil mit einer ebenso roten Jacke. Meine Schuhe behielt ich an, wenigstens etwas sollte doch von mir sein.

An der Wand gelehnt befand sich noch ein kleiner Spiegel. Er hatte einen großen Kratzer an der linken Seite und mit blauer Farbe stand etwas den ganzen Spiegelrand entlang.

"Die Magie der Welt, versinkt in ihrem eigenen Chaos und ohne es zu wollen, wachen wir auf in unseren eigenen Alpträumen."

Langsam fuhr ich der Schrift nach, wer hatte das hier hingeschrieben und was genau sollte es bedeuten?

Ein kurzes Pochen an meiner Stirn veranlagte mich dazu, tief einzuatmen. Es fühlte sich an, als ob dort die königlichen Musiker ein Stück spielten, dass kein Ende zu nehmen schien.

Noch immer würde ich gerne wissen, was in dem verfluchten Getränk alles war. Es konnte kaum normaler Alkohol gewesen sein, denn sofern ich wusste, sah man keine Schmetterlinge und Riesen und bestimmt auch nicht seine tote Schwester, nach ein wenig Alkohol.

Mein Blick fiel zu dem Spiegel oder eher das Bild welches mir geboten wurde. Ganz sanft berührte ich mit meiner Hand die Hand des Spiegel-Ich's. Dunkle Augen blickten mir entgegen, kein Funken fröhlicher Glanz lag in ihnen, wie es früher oft der Fall gewesen war. An den Armen befanden sich ein paar Kratzer, die noch immer getrocknetes Blut an sich hatten. Das rote Oberteil wirkte fast ein wenig kühl und dunkel im Gegensatz zu der hellen Porzellanhaut, aber es passte erschreckender Weise. Ja, fast schon lächerlich war das Ganze. Das Mädchen im Spiegel sah trotz ihrer Wunden und der dunklen Kleidern, der kurzen Haaren schön aus und ein wenig älter. Dort im Spiegel blickte mir kein kleines Mädchen, sondern eine erwachsene Frau entgegen.

Rasch fuhr ich durch die kurzen blonden Haare. Das Spiegel-Ich tat es mir gleich. Und so standen wir uns eine Weile gegenüber und starrten uns an. Das alles hier hatte nicht viel damit zu tun, aber es erinnerte mich stets an Zu Hause.

Aufgebrachte Rufe in der Ferne brachten mich wieder auf den Boden der Tatsachen. Draußen schien es noch immer dunkel, aber ein paar Lichtscheine von dem Mond, der groß an der Himmelsdecke hing, strahlten auf die Feuerstelle. Ich hatte ja gar nicht so lange geschlafen...

Was war denn nun wieder hier los?

Mit raschen Schritten lief ich zu dem Fenster und blickte in die Dunkelheit nach unten.

Aufgebracht schrie ich nach unten, aber die beiden hörten mich nicht...oder wollten mich nicht hören.

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Scar

Lange Zeit starrte er einfach vor sich hin und wartete. Seine Hände hatte er zu Fäusten geballt. Der kalte Wind blies durch sein Haar, aber er fror nicht. Es hätte Hageln, Blitzen und Donner können, selbst dann hätte die glühende Wut in seinem Inneren all die Kälte vertrieben.

Es hätte von Anfang an sein ganzes Geld darauf verwetten können, dass James irgendetwas im Schilde führte. Kiera gehörte zu ihm, sie war ein Teil von ihm, auch wenn er sich nicht hundert Prozent sicher war, was für einer. Er hatte ständig das Gefühl, er müsste sie beschützen und vor dieser Welt voller Hass und Habgier in den Schutz nehmen. Aber liebte er sie? Und fühlte sie dasselbe...? Schnell schob er all die Gedanken beiseite.

James kam endlich mit schnellen Schritten auf ihn zu. Verwunderung stand ihm in das Gesicht geschrieben. Die letzten Meter zögerte er noch, ehe er kurz vor ihm stehen blieb. "Musst du durch den halben Platz lärmen?", zischte er und sah seinem besten Freund direkt in die Augen.

Ein paar Minuten verstrichen ehe Scar tief ausatmete und sich wieder James zu wand. "Was sollte das? Wieso hast du ihr etwas in das Getränk getan Sie hätte sterben können!" Wütend funkelte Scar ihn an, die Fäuste noch immer geballt.

"Ich weiß nicht wovon du sprichst."

James verschränkte die Arme und warf einen kurzen Blick auf den Boden, wie immer wen er log.

Scar schloss für einen Moment die Augen um sich zur Vernunft zu bringen, aber vergeblich, die Wut gewann die Oberhand. Mit einem schnellen Schritt stand er vor James und packte den Rebellenführer an seinem dunklen Hemd. Dieser schien überrascht.

"Lass Sie in Ruhe verstanden?!"

James lachte auf und wollte sich losreißen, aber Scar packte nur fester zu.

"Sonst was? Sind wir wirklich schon so weit? Sind wir so weit, dass du unsere Freundschaft für ein gewöhnliches Mädchen aus dem Dorf fallen lässt? Komm schon, du hast mehr verdient als so etwas...du könntest jede Prinzessin im ganzen Umkreis haben oder Sasis, mit ihr ging es dir ja bis jetzt auch ganz gut.", zischte der Rebellenführer und grinste spöttisch.

Das Grinsen verging ihm schlagartig, als eine harte Faust sein Gesicht traf. Überrascht fuhr er sich über die Wange. Warmes Blut rann seine Nase hinunter und das scharfe Knacken ließ nichts Gutes heißen. Er starrte Scar an, der selbst ein wenig überrascht war über seine Aktion. Schnell fasste er sich wieder und zielte treffsicher in die Magengrube des Jüngeren. Scar keuchte auf.

Doch das ganze hinderte ihn nicht daran, mit einem wütenden knurren auf James loszugehen. James wich gekonnt aus und versetzte ihm einen erneuten Tritt, denn Scar ihm gleich mit einer weiteren Faust in das Gesicht zurückgab.

Scar horchte kurz auf, als eine Stimme nach ihnen rief. Kiera..

Wut sammelte sich wieder an und er schlug noch fester zu.

Das ging so eine Weile, bis er schier vor Erschöpfung zusammen brach. Eine sanfte Hand legte sich um seine Schultern, aber selbst die leise Stimme brachte ihn nicht zurück, aufgebracht stieß er die Hand von sich. Ein entsetzter Aufschrei erklang und ein dumpfes Geräusch, als ob etwas zu Boden fallen würde.

James keuchte, aber noch immer schlug er um sich. Zwei starke Hände rissen ihn auf den Boden und auch Scar wurde weggezerrt. Sie wurden beide auf den Boden gedrückt, ehe einer der Rebellen zu ihnen trat.

"Seid ihr beide komplett bescheuert?", rief der Rebellen ihnen zu. Scar hob mühsam den Kopf und blickte auf Jerdt den Stammesältesten. Sein graues Haar umrahmte seinen Kopf und brachte ihn mit seiner sonst so dunklen Haut zum Leuchten. Er versuchte den Kopf zu schütteln, aber ein Schmerz durchfuhr seinen Nacken. Was hatten sie getan?

Er sah zu James, der von ein paar Rebellen festgehalten wurde.

Er wandte seinen Blick und entdeckte Kiera, die auf dem Boden lag und ihn entsetzt fast schon voller Angst ansah...

Nein, nicht was hatten sie getan, was hatte er getan?

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Schmerzverzerrt rieb ich mir den Arm, dort wo mich Scar vor wenigen Minuten noch mit einem gezielten Schlag zu Boden befördert hatte. Was war nur in ihn gefahren? Wieso hatten die beiden sich geprügelt. Ich warf einen Blick zu James, der mich wütend anfunkelte. Zorn stand ihm in sein sonst so ausdrucksloses Gesicht geschrieben. "Hexe", formte er mit den Lippen.

Ich schluckte.

Noch immer hockte ich wie benommen auf dem Boden. Ich merkte nicht einmal, wie die Rebellen Scar und James weg brachten. Ich starrte auf den staubigen Kiesboden. Leere lag in meinem Blick.

Erschrocken fuhr ich zusammen, als sich eine Gestalt neben mich auf den staubigen Boden hockte. Sie strich ihre Kapuze nach hinten und grüne, wachsame Augen funkelten mich freundlich an. Das Mädchen mit den blonden Haaren fuhr mir mit ihrer Hand über den Rücken.

"Geht es dir gut?" Fragend sah sie mich an. Noch immer war es düstere Nacht, aber der Mond warf sein Licht über die dunklen Schatten.

"Machen sie das öfters?"

"Was? Sich prügeln? Nein, eigentlich gab es das noch nie bei denen beiden. Sie sind so zusammen gewachsen, dass man sie noch nie getrennt gesehen hat. Einmal als James eingesperrt wurde und der König nicht einmal wusste wen er vor sich hatte, hatte sich Scar immer zu ihm in das Gefängnis gesetzt, bis James seine Strafe abgesessen hatte." Sie lächelte.

Ich wusste nicht einmal wer dieses Mädchen war.

"Du magst ihn nicht?", fragte sie nach einer Weile.

" Wen?"

Natürlich wusste ich ganz genau, wen sie meinte.

"Scar, unseren kleinen wilden Rebellen."

Schon wieder lächelte sie und nahm eine Hand voller Steine vom Boden, um sie dann gleich wieder mit einer lockeren Handbewegung in die Dunkelheit zu werfen.

"Ich mag ihn, manchmal auch mehr als ich wahrscheinlich sollte. Nur er ist einfach das Einzige, was ich noch habe. Ich kenne niemanden hier und James mag mich nicht besonders leiden, dieser starrköpfige Idiot. Dann habe ich noch meine beste Freundin an einen bösen Prinzen verloren, mein Vater hockt Zuhause und verbringt die meiste Zeit damit zu vergessen, mein kleiner Bruder sieht meine tote Schwester und wenn ich in die Fänge des Königs gerate, bin ich tot. Ich kann nicht mehr zurück nach Hause..", flüsterte ich in den rauschenden Wind hinein. Ich kannte sie nicht, aber es tat gut all den Schmerz der letzten Wochen loszuwerden.

" Er hat mich geküsst, einfach so..", fügte ich leise hinzu und schüttelte fassungslos den Kopf. Wie naiv und dumm ich war.

Liebe macht blind und naiv...

Das Mädchen lachte auf, überrascht sah ich sie an. "Er mag dich auch, falls es dir noch nicht aufgefallen wäre.", sprach sie und warf erneut eine Hand voll Steine in den Wald.

"Meinst du?", fragte ich zögerlich und drehte mich in ihre Richtung. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen und noch immer war sie mit den Steinen zu ihren Füßen beschäftigt.

"Du solltest ihn einmal beobachten, wenn er dich anschaut. Als ob er dich beschützen möchte und ich verwette mein Amulett darauf, dass er sich vorhin mit James deinetwegen geprügelt hat."

Stille...Scar mochte mich? "Welches Amulett?"

Sie zog eine lange Kette aus ihrer Umhangtasche. Langsam reicht sie mir ihre Kette. Ich nahm sie entgegen und fuhr ganz vorsichtig über den Stein der daran baumelte. Er war rot und glühte auf.

"Er ist schön, ein Geschenk?", fragend sah ich sie an. So etwas Kostbares musste bestimmt teuer sein.

"So in etwa, er zeigt mir die Zukunft." Sie lächelte und nahm mir das Amulett wieder ab.

Zukunft? Ist das nicht Hexenschwachsinn..?

"Soll ich dir deine Zukunft voraus sagen?"

Schon wieder Stille... Ich war hier auf der Flucht vor dem König in einem Lager voller Rebellen, die eigentlich meine Feinde waren und vor wenigen Stunden hatte ich noch Schmetterlinge gesehen, wieso also nicht?

"Ja.."

Sie nahm meine rechte Hand und legte das Amulett darauf, ihre Hand legte sie sanft darüber. Kälte drang durch meine Haut, dort wo ihre Hand meine berührte. Zuerst schien es, als ob der Stein glühen würde und nur mit Mühe schaffte ich es, den Stein nicht meilenweit wegzuschmeißen. Sie schloss ihre Augen. Es dauert eine Weile, ehe sie diese abrupt wieder öffnete und das Amulett aus meiner Hand riss.

"Dein Herz wird brennen wegen deiner Schwesternseele, du wirst dich entscheiden müssen zwischen Verrat und Wahrheit und du wirst deine Suche beenden, nach dem was du lange gesucht hast. Nichts wird mehr so sein wie es war." , seufzte sie und fuhr sich schmerzverzerrt über die Stirn.

"Geht es?", fragte ich besorgt und drängte ihre Worte in das hinterste meiner Gedanken.

"Das ist total surreal. Du hast deine Zukunft schon vor dir, aber es ist, als ob sie sich andauert verändert. Irgendetwas ist ganz und gar nicht normal hier..."

"Das habe ich auch schon lange mitbekommen." Ich warf einen raschen Blick auf das Amulett. Ich glaubte nicht an solche Dinge.

"Ich sollte gehen, danke viel Mal auch wenn ich deine Worte nicht ganz verstehe."

"Das wirst du noch und mach dir keine Gedanken." Ihre Stimme klang sanft und vertrauensvoll. Ich mochte sie. Nur Moment..

"Ich rede hier die ganze Zeit mit dir und allen Anscheins nach kennst du meinen Namen, aber ich weiß nicht einmal wer du bist."

Schon wieder stahl sich ein leichtes Lächeln über ihre Lippen. Sie stand auf und klopfte ihre Hände an den dunklen Hosen ab. "Ich bin Sirranda, die Schwester von James, dem starrköpfigen Idioten wie du ihn bezeichnest."

Mein Gesicht war rot vor Schreck.

"Tut mir leid ich....", sagte ich.

Sie lachte und nickte. " Glaube mir, er kann anders sein wenn er will. Auf alle Fälle ist er der beste Bruder der Welt." Sirrandas Gesicht strahlte. Ihr Strahlen brachte auch mich zum Lächeln.

Auch als sie gegangen war hockte ich noch eine Weile auf dem Boden und lächelte. So übel war es hier gar nicht. Immerhin hatte ich jemanden gefunden, dem ich nicht ganz egal war.

Zwei Hände legten sich über meine Schulter und ich blickte hoch in das Gesicht von Scar. "Na Kleines.", murmelte er. Er hatte eine aufgeplatzte Lippe und auch sein Auge sah nicht wirklich gesund aus.

"Fertig mit James gerauft?"

Er fuhr sich durch das Haar und hockte sich neben mich auf den Boden. Unsere Arme berührten sich dabei, aber er machte keine Anstalt weiter weg zu rutschen.

"Tut mir leid, , dass ich dich verletzt habe." Ganz sanft fuhr er mir über den Arm. Eine leichte Gänsehaut überkam mich dort, wo er mich berührt hatte.

Ich blicke auf den Boden. " Ich habe seine Schwester kenne gelernt."

"Sirranda?"

"hmm...", murmelte ich und sah wieder zu ihm. Der helle Mond zeichnete ganz leicht seine Gesichtskonturen ab. Mein Herz schlug wieder schneller. Er lächelte und ich lächelte zurück.

"Mach dir keine Gedanken, das zwischen dir und James wird wieder.", meinte ich besänftigend und lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Ich spürte wie er schluckte. "Scar?", fragte ich nach einer Ewigkeit.

"Kiera?"

"Erzähl mir etwas von dir."

Er seufzte. Zuerst dachte ich er wollte aufstehen und gehen, aber zu meiner Verwunderung sprach er:

"Über mich gibt es nicht viel zu sagen. Ich bin aufgewachsen in einem Schloss zusammen mit Sanse und Raban. Mein Vater war derselbe wie heute, kalt und herzlos. Meine Mutter starb bei meiner Geburt, ich kannte sie nicht wirklich. Auch meine Brüder hatte ich nie oft zu Gesicht bekommen. Eines Tages hatte ich dann das Vergnügen mit James und nach dem wir uns bis zum Tod bekämpft hatten, fielen wir uns lachend in die Arme. Wir waren wie Brüder und ich half ihm gegen meinen Vater zu kämpfen. Und nun bin ich hier im Wald auf der Flucht vor meinem eigenen Vater und meinem Bruder, den ich nicht mehr erkenne."

"Tut mir leid.", war das Einzige was ich Zustande bekam. Er lachte und fuhr mir über den Kopf.

Mir egal was er jetzt von mir halten würde..

Ich suchte seine Hand und umschloss sie mit meiner. Und so saßen wir dort auf dem staubigen Boden Hand in Hand, mein Kopf auf seiner Schulter, den Blick in den vom Licht des Vollmondes getränkten Wald.

und nichts wird mehr so sein wie es war...

&

:) gute nacht !

Bild sollte Kiera und Sehana darstellen :)

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