Kapitel 8
Amber
Tom bemerkt sie als Erster, da er gerade eine Armbeuge voll Holz in die Schubkarre wirft und sich mit dem Handrücken über die Stirn streicht. Ein Lächeln huscht über seinen Mund.
„Hey", begrüßt er sie. „Was machst du denn hier?"
Eric wendet sich ihr ebenfalls zu und sein, von Schweiß glänzender muskulöser Oberkörper, gibt ihr abermals den Rest. Ein seltsamer Ton gleitet aus ihrer Kehle, der sich wie eine Mischung aus Stöhnen und wimmern anhört. Sofort presst sie ihre Hand auf den Mund. Wie wird die ganze Situation noch peinlicher? Genau so!
Gott! Am liebsten würde sie im Erdboden verschwinden.
Ihre Wangen glühen vor Scham. Wieso reagiert ihr Körper so? Seit wann steht sie auf muskulöse Männer und warum trägt Eric nie Shirts?
Tom grinst breit, als wüsste er, warum Amber so reagiert. Es ist ja auch offensichtlich! Knallrot mit geweiteten Augen und schlotternden Knien, schmachtet sie zwei muskulöse Model Männer an. Selbst aus zwanzig Metern Entfernung müsste man erkennen, was ihr gerade durch den Kopf geht.
„Vergiss das Atmen nicht", grinst Tom.
Amber schluckt und versucht, sich zu konzentrieren, dass ihre nächsten Worte nicht klingen, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen.
„Ich dachte, ihr braucht eine Pause und wir könnten hier eine Kleinigkeit essen", spricht sie und ignoriert Toms Kommentar. „Daher habe ich uns Sandwiche gemacht."
„Das hört sich klasse an. Warte, ich nehme dir den ab", lächelt Tom und begibt sich mit ihrem Korb unter einer eine große Eiche.
Währenddessen hat sich Eric mal wieder zur Aufgabe gemacht, sie mit seinen intensiven Blicken zu verunsichern. Doch ihn ignorierend, wendet sie sich Tom zu, um ihm beim Auspacken der Lebensmittel zu helfen.
Anschließend setzten sie sich auf die Decke, sogar Eric hat sein Starren beendet und platziert sich gegenüber von ihr. Das verschafft Amber verstohlen ihren Blick über ihn gleiten zu lassen, da sie es sehr interessiert, welche Tattoos sich auf seinem Oberkörper befinden.
Ein schwarzer Dämon ist über seinem Herzen tätowiert, der sie furchteinflößend ansieht. Ranken schlingen sich um die Gestalt und ziehen ihn nach unten, während ein gequält Schrei seine Kehle verlässt. Auf der anderen Brust ist ein Spruch, der sie neugierig macht, doch von der Entfernung nicht lesen kann. Auch kleinere Zeichnungen zieren seinen muskulösen Körper. Ein Anker. Rosen. Dornen. Ob sie alle eine Bedeutung haben?
„Gefallen dir meine Tattoos, oder starrst du nur meine Muskeln an?", schmunzelt Eric und augenblicklich wird Amber wieder rot.
Verflucht! Sie wollte sich doch nicht beim Starren erwischen lassen. Sie schluckt den Bissen herunter, ehe sie sich räuspert: „Ich frage mich nur, ob sie eine Bedeutung haben?"
Eric sieht sie mit erhobenen Augenbrauen an: „Muss bei euch Frauen immer alles eine Bedeutung haben?"
„Was soll das den jetzt schon wieder heißen?", schnauft Amber. „Es war nur eine normale Frage."
Doch Eric sieht sie nur an und scheint nicht interessiert, ihr darauf zu antworten. Arsch!
Sie wendet sich an Tom: „Hast du Tattoos?"
Tom lächelt sie in seiner smarten Art an: „Finde es doch heraus!"
Amber schnaubt. Ist das ihr Ernst? Die beiden machen sie rasend, wie konnte sie gerade noch für beide schwärmen?
Eric kichert und wenigstens einer findet die Situation amüsant. Aber Amber muss zugeben, sein lächeln ist verdammt heiß.
Sie schüttelt sich. Sie tat es schon wieder. Grummelnd blickt sie irgendwo hin, Hauptsache nicht zu den Männern.
„Wenn der Zaun repariert ist", sie deutet auf das zerstörte Holz, „können die Pferde doch endlich wieder auf die Koppel?"
„Ja, aber das hier ist noch ein Stück Arbeit. Außerdem müssen wir in der Stadt neues Baumaterial, für den Zaun, besorgen", erklärt ihr Tom. „Am besten, du fährst mit. Du brauchst sicherlich einiges für den täglichen Gebrauch."
Tom hat Recht. Zwar sieht das Haus aus, als hätte es eine Frau eingerichtet, doch es fehlen eindeutig Frauen Hygiene Produkte. Und Amber würde es bevorzugen, nach ihrer nächsten Dusche, nicht nach Mann zu riechen.
„Ich überlege es mir", antwortet sie verhalten.
Nachdem sie das Picknick beendet haben, machen sich die beiden an die Arbeit, während Amber die Reste in den Korb packt.
„Ich gehe wieder rein", informiert sie die Männer und wendet sich ab.
Dabei spürt sie lange noch die Blicke auf ihren Rücken, der zu kribbeln anfängt. Gott, wenn schon einfache Blicke ausreichen, dass sie sich wie Pudding fühlt, was passiert, wenn mehr passieren würde?
Abrupt bleibt sie unmittelbar vor der Tür stehen. Ihr Gedanke überrascht sie. Nicht nur, dass sie die beiden kaum kennt, noch, dass sie nicht für möglich gehalten hat, an Sex zu denken. Könnte Amber das überhaupt? Mit einem Mann Sex habe, ohne Furcht? Dabei Lust empfinden? Sie erschaudert bei dem Gedanken daran. Nie zuvor hat sie sich das erlaubt vorzustellen. Warum ausgerechnet jetzt?
Amber blickt über die Schulter auf die Koppel zurück. In der Ferne erkennt sie die beiden Männer und alleine die Vorstellung einer berührt sie, erregt Amber. Ein Schauer jagt über ihren Rücken, während ihr Magen Purzelbäume schlägt. Das Pochen zwischen ihren Beinen übernimmt die Führung und Bilder tauchen vor ihrem inneren Auge auf. Zwei gutaussehende Männer, die sie berühren, während heiße Küsse über ihren Körper gleiten. Ein Stöhnen gleitet ihr über die Lippen, dass ihr sofort die Röte in die Wangen treibt. Seit wann war sie so lüstern?
Schnell schüttelt Amber die Bilder aus ihrem Kopf, was schwerer ist als gedacht, ehe sie das Haus betritt und mit schließen der Tür, ihre Gedanken draußen lässt.
Die Jungs hatten sich den ganzen Nachmittag nicht blicken lassen, daher blieb Amber viel Zeit für sich. Genüsslich hat sie sich in den Garten begeben, eine Zeit lang ihre Füße in das kühle Wasser getaucht und sich entspannt. Der Wind hat im Laufe des Tages nachgelassen und die Sonne gibt ihr Bestes, um einen herrlichen Herbsttag zu kreieren.
Neugierig streift sie durch den Garten und betrachtet traurig die vielen umgeknickten Blumen, die den Sturm nicht standgehalten haben. Mit einer neuen Aufgabe geht sie Richtung Schuppen, da Amber in ihm Gartenwerkzeug vermutet, als hinter ihr eine Stimme ertönt.
„Hey."
Verwirrt dreht sie sich um und erblickt eine junge Frau, die an der Hausmauer entlang in den Garten gelangt ist. Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen schiebt sie sich ihre dunkle Sonnenbrille auf die schwarzen, zu locken gedrehten Haare.
„Hey", antwortet Amber etwas zurückhaltend.
Was macht sie hier? Ist sie eine Freundin der beiden? Oder sogar von einem die Partnerin?
„Ich bin Jenny", begrüßt sie die Fremde mit einem breiten Lächeln.
Sie reicht Amber ihre Hand, die sie kurz argwöhnisch betrachtet, bevor sie die freundliche Geste entgegennimmt.
„Ich bin Amber", stellt sie sich ebenfalls vor.
„Sind Eric und Tom nicht hier?", fragt sie skeptisch nach und blickt sich im Garten um.
„Äh, sie sind die Schäden an der Koppel reparieren", antwortet Amber.
Ihr Blick gleitet wieder zu ihr und abermals ist sie fasziniert von Jennys natürlichen Schönheit. Was würde sie für diese langen Beine geben, oder ihre üppigen Brüste, die unter einem weinroten Jumpsuit stecken.
Amber hat sich nie hässlich gefühlt, doch unter ihrem Blick, fühlt sie sich klein mit ihren 1,65m. Ihr Körper ist zierlich, ihre Beine sind zu kurz und die helle Haut ist mit Sommersprossen bedeckt. Jennys Haut ist bronzefarben, als wäre sie permanent draußen. Wenn Amber zu oft in die Sonne geht, wird sie rot wie ein Krebs. Die schwarzen Haare glänzen im Schein des Lichtes und lassen es seidig schimmern. Ihre kupferroten Haare stehen meist wirr auf dem Kopf herum und wirken strohig und matt.
Jennys lächeln wird breiter und zeigt ihre perfekten weißen Zähne.
„Ach so, okay", erwidert sie freundlich. „Eigentlich bin ich auch wegen dir hier."
Verwirrt sieht Amber zu ihr empor. Wegen ihr? Sie hält einen Beutel vor Ambers Nase, den sie kritisch betrachtet.
„Tom hat mich gebeten, dir Sachen vorbeizubringen. Er hat nicht wirklich, genaue Angaben gemacht, was deine Größe betrifft. Einige müssten dir zu groß sein, doch ein Paar der Teile könnten dir passen", erklärt sie.
„Oh", bringe sie heraus und nimmt die Tasche entgegen. „Danke."
„Es sind auf alle Fälle einige süße Röcke darin, die dir bestimmt stehen werden und perfekt zu diesen tollen Haaren passen", grinst Jenny und nimmt eine ihrer Strähnen in die Hand.
„Im Gegensatz zu deinen Haaren sind meine richtig langweilig", brummt Amber, die sich mittlerweile einigermaßen gefangen hat. Auch wenn sie sich eingeschüchtert fühlt, kann sie nichts dagegen tun, Jenny irgendwie zu mögen. Sie ist freundlich und keinesfalls herablassend.
„Was? Diese Farbe ist der Hammer", staunt sie. „Meine sind öde schwarz. Weißt du, wie schwer es ist, die zu färben?"
Jenny schüttelt den Kopf, wobei ihre Locken hin und herschwingen.
„So ich muss leider wieder los. Mein Kleiner schläft im Auto. War schön dich kennengelernt zu haben", winkt Jenny und wirbelt auf ihren Stiefeln herum. „Grüß mir die beiden, ja?"
Winkend verabschiedet sich die hübsche Frau und verschwindet um die Hausecke und lässt Amber mit der Tasche in der Hand zurück. Ihr Kleiner? Also hat Jenny ein Kind? Irgendwie heitert sie diese Information auf, nicht wissend wieso. Lächelnd stellt sie die Tasche auf die Terrasse, ehe sie sich wieder dem Schuppen zuwendet.
Mit einer Gartenschere und Handschuhen bewaffnet, beginnt Amber sich um die umgeknickten Blüten zu kümmern. Die noch zu retten sind, bindet sie mit Faden an Stöcken, um die Stängel die Last der Köpfe zu nehmen. In der Nachmittagssonne hat sie sich ihre Haare mit einen der Bindfäden zusammengebunden, damit der leichte Wind ihre schwitzige Haut kühlt. Gerade ist sie dabei den Rosenbusch von verblühten Blüten zu befreien, um ein Nachblühen der anderen zu ermöglichen, als das Knirschen des Kieses ertönt.
Amber blickt auf und Tom tritt Lächeln auf sie zu. Er scheint sich umgezogen zu haben, da er ein einfaches weißes Shirt und kurze Jeanshosen trägt. Seine braunen Haare sind noch nass, da er wahrscheinlich gerade aus der Dusche gekommen ist.
„Wie ich sehe, kümmerst du dich um unsere Rosen", grinst er.
„Das sind Amber Rosen", erklärt sie ihm, ehe sie eine weitere der gelben, verwelkten Blüten abschneidet. „Die sind besonders anfällig und wenn sie nicht ordentlich zugeschnitten werden, kommen keine neuen Blüten."
„Du bist nach einer Rose benannt?", fragt er lächelnd.
„Ja. Sie waren die Lieblingsblumen meiner Mutter", erklärt Amber ihm und sieht ihn traurig an.An sie zu denken, schmerz sie immer sehr. Ihr Leben wäre anders verlaufen, wäre sie nicht gestorben.
„Klingt nach einer tollen Mutter, wenn sie ihr Kind nach einer wunderschönen Blume benennt." Tom lehnt sich lässig mit der Schulter an die Hauswand. Hatte er ihr gerade ein Kompliment gemacht? „An was ist sie gestorben?"
Amber seufzt: „Autounfall, als ich vier Jahre alt war."
Anschließend wurde ihr Leben die Hölle.
„Tut mir leid", antwortet er ehrlich, ehe er auf die Rosen deutet. „Woher weißt du so viel über Blumen? Mein grüner Daumen ist mir irgendwann in der Kindheit abgefallen."
Ein kleines Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen, als sie an Maria denkt. Die mexikanische Frau mit der dreckigen Latzhose und dem überdimensionalen Strohhut. Sie hat ihr alles über Blumen beigebracht, was sie heute weiß.
„Ist es eine schöne Erinnerung?", reißt sie Toms Worte aus ihren Gedanken.
Verwirrt wendet sie sich ihm zu und trifft auf sein symphytisches Lächeln, das dieses Grübchen an seiner Wange hervorhebt. Amber hätte am liebsten laut geseufzt. Wie kann sie diesen Männern binnen weniger Tage so verfallen?
Sich innerlich ermahnend, erwidert sie Toms Grinsen.
„Ja. Ich habe an eine alte Freundin gedacht", spricht Amber und eine kleine Traurigkeit überkommt sie. „Sie hat mir alles beigebracht."
„Hört sich schön an, diese Erinnerung", lächelt Tom.
„Ja. Ist sie auch. Maria ist einzigartig. Sie weiß von jeder Blume den Lateinischen Namen. Wie sie gepflegt und gehalten werden", sie kichert. „Wie oft hat sie mich gerügt, wenn ich die falschen Triebe abgeschnitten oder die Knollen zu tief in die Erde gesteckt hatte."
In den Erinnerungen schwelgend, grinst Amber vor sich hin. Doch ein Schatten legt sich auf die Bilder in ihrem Kopf. Sie könnte alles zerstört haben. Falls er rausgefunden hat, wie sie entkommen ist, wird er sie töten. Was ist, wenn sie dafür büßen muss? Was ist, wenn sie bereits, nicht mehr lebt?
„Amber?"
Panisch schnappt sie nach Luft. Ist Amber dafür verantwortlich, dass ihr etwas zustößt? Hat sie mit ihrer Flucht, ihr Todesurteil bereits unterschrieben? Denn eine Eigenschaft hat er sicherlich nicht. Güte!
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