Kapitel 42


Eric

„Wir sollten die Polizei verständigen", schlägt Jenny nun schon zum zweiten Mal vor.

Doch Eric hadert mit sich, da er nicht viel von ihnen hält, was auch sicherlich an dem einen Polizisten gelegen hat, dem er sich als Kind anvertraut hat. Dennoch hat er ihm nicht geholfen. Jahrelang hatte er so einen Groll gegen die Bullen, der wahrscheinlich nie ganz verschwinden würde. Aber was bleibt ihnen auch für eine andere Wahl? Sie hatten nichts. Eine kleine Menge Blut am Boden, die offensichtlich von Tom stammt. Kein gewaltsames Eindringen oder Einbruchspuren.

Seufzend wandert Eric ruhelos durch den Raum. Er hat Tom immer bewundert, dass er so ruhig bleiben kann, egal in welcher Situation.

Sein Freund hätte bestimmt einen Plan, während er noch nicht mal eine Idee hatte.

„Verdammt", flucht Eric laut und tritt gegen den Sekretär und lässt das Klirren der Flaschen im Inneren erklingen.

Dabei fällt ihm ein Glas, dass dreckig obenauf steht, auf. Er beugt sich hinunter und nimmt den herben Duft nach Bourbon, gemischt mit Vanille und einem Hauch Orangenschale wahr. Toms Lieblingssorte. Die Flasche, die Annabelle damals gekauft hat. Seit fünf Jahren steht sie verschlossen auf ihrem Sekretär. Tom hätte sie niemals geöffnet. Für ihn hatte sie eine Symbolik. Eine die ihn erinnert, was er verloren hat, auch wenn Eric es nie wirklich verstanden hat. Er hat es akzeptiert.

„Was ist?"

Jenny taucht neben ihm auf, da er reglos vor dem Schrank steht und den Tumbler betrachtet.

„Toms Bourbon ist offen", erklärt Eric.

„Du meinst die Flasche? Er hätte mir beim letzten Mal fast den Kopf abgerissen, als ich vorgeschlagen habe, ihn zu öffnen", schnauft Jenny. „Kein schöner Abend."

Ja an das Essen konnte sich Eric ebenfalls erinnern. Es war Toms Geburtstag, kurz nach Annabells tot und Jenny hat den Bourbon in die Küche getragen und vorgeschlagen auf ihn und seine Schwester anzustoßen. Tom ist regelrecht an die Decke gegangen. Hat sie angeschrien und der entsetzten Jenny die Flasche aus der Hand gerissen. Der ganze Abend war ihm Arsch.

„Was denkst du?", fragt sie nach, als er nicht weiter redet und berührt ihn zaghaft am Arm.

Diese Art von Berührung ist für ihn okay. Alleine schon, weil eine Schicht Stoff ihren Hautkontakt schützt.

„Ich habe ein ungutes Gefühl", spricht Eric leise. 

„Ich auch", flüstert sie.

Er wendet sich zu Jenny und plötzlich kommt ihm ein Gedanke. Der Geruch nach Zigarre, das Glas mit Whiskey und keine Spuren eines Einbruches. Auch wenn er es nicht zu hundert Prozent weiß, scheint es naheliegend, dass er nur einen Menschen kennt, der Tom so sehr hasst, dass er ihm etwas antun würde.

Henry Wilson!

„Scheiße!", flucht er laut.

Das ist gar nicht gut. Tom hat ihn mal darum gebeten etwas tiefer zu graben, doch er hat es schlichtweg vergessen. Dennoch genügt Eric zu wissen, dass mit diesem Mann nicht gut Kirschen essen ist. Er ist skrupellos und gefährlich. Viele Immobilien gehören ihm. Sein Einfluss reicht über die Polizei bis hin in die Politik. Entweder haben sie Angst oder werden bestochen. Oder beides. 

Er umrundet Jenny, um in sein Büro zu gehen, als es an der Tür klingelt. Verwirrt blickt Eric auf die Eingangstür, ehe er sie langsam öffnet. Verwundert betrachtet er die beiden Männer in seiner Einfahrt, ehe er grimmig die Zähne aufeinanderbeißt. Hatte Jenny etwa die Polizei, ohne seine Einwilligung, gerufen? Denn vor ihm steht ein Streifenpolizist, der sich neugierig auf dem Anwesen umsieht und ein Mann in einem grauen Dreiteiler und Bauchansatz, der eindeutig Ranghöhere.

„Mr. O'Brain?", fragt der Herr im Anzug.

„Wer möchte das Wissen?", fragt Eric barsch.

Der ältere Mann steckt seine Hand in die Tasche und zieht eine Marke hervor, die er Eric vor die Nase hält.

„Kriminalpolizei Sergeant Brown", stellt er sich vor. „Können wir eintreten?"

„Mr. O'Brain ist nicht hier", brummt Eric.

„Sie sind dann wohl Mr. Tayler." Obwohl es keine direkte Frage ist, nickt Eric. „Können wir eintreten?"

Kurz überlegt er die Tür vor der Nase der Bullen zuzuschlagen, aber was ist, wenn sie wegen Tom hier sind? Kriminalpolizei hat sich der Kahlköpfige vorgestellt. Doch selbst, warum haben sie Tom vermutet, wenn sie bereits seine Leiche auf dem Tisch haben. Also nicht Tom. Er lebt.

Erleichtert atmet er aus und lässt widerwillig die beiden eintreten.

„Wie kann ich der Polizei helfen?", möchte er knurrend wissen, als sie im Wohnzimmer angekommen sind.

Ihnen einen Platz anbieten wird er definitiv nicht, daher bleibt er mit verschränken Armen stehen und Brown hat den Anstand, ebenfalls stehen zu bleiben. Oder er möchte einfach nicht kleiner wirken. Eric ist es egal, solange die beiden gleich wieder verschwinden.

„Heute Morgen, gegen zehn Uhr, wurde ein dunkelblauer Chevrolet Truck in der Nähe vom Cultus Lake gefunden, der auf Mr. O'Brain zugelassen ist." 

Verwundert runzelt Eric seine Augenbrauen. Cultus Lake? Das ist gerade mal 100km von hier!

„Das Auto wurde uns gestern gestohlen", antwortet Eric, da er keine Lust auf private Fragen hatte.

„Sie haben ihn aber nicht als gestohlen gemeldet", kommt prompt die Gegenantwort.

„Wir hatten noch keine Gelegenheit dazu gehabt. Es war etwas stressig", spricht er warnend. Er hasst Menschen. Für solche Gespräche war immer Tom zuständig, da er einfach kein Typ für Konversationen ist. „Aber Sie sind sicherlich nicht wegen eines gestohlenen Wagens hier?" 

Warum zum Teufel, hat Amber das Auto am Cultus Lake abgestellt? Sie hätte viel weiter kommen können. Der Tank war definitiv voll. Und wo zum Henker ist sie?

„Da haben Sie Recht, Mr. Tayler", antwortet Sergeant Brown. „Wir haben in der Nähe des Wagens eine Leiche gefunden."

Sein Herzschlag beschleunigt sich. Eine Leiche? Amber? 

Der Kriminalpolizist klappt sein Notizbuch auf und hält ihm ein Foto hin, das er annimmt. Erleichterung durchströmt ihn. Ein älterer Mann, den er noch nie gesehen hatte und mitten in seinem Schädel ein kreisrundes Loch.

„Sie wirken Erleichtert", spricht Brown. „Wen hatten Sie erwartet?"

Verdammt! Obwohl er sich konzentriert hat, sich nichts anmerken zu lassen, hat er es bemerkt. Eric sollte vorsichtig sein. Gleichgültig blickt er auf.

„Hatte noch nie einen Toten gesehen", antwortet er schulterzuckend.

Sergeant Brown nickt, wirkt aber nicht überzeugt. „Wo waren Sie zwischen 8 und 10 Uhr?"

„Werde ich verdächtigt?", möchte Eric grimmig wissen.

„Reine Routine Fragen. Bitte beantworten Sie diese." 

Verdammt. Er war zu der genannten Zeit in der Waffen Produktionshalle und niemand, der ebenfalls dort war, würde ihm ein Alibi geben.

„Ich war hier", antwortet er gelassen.

„Kann das jemand bezeugen?", fragt Brown und macht sich eine Notiz.

„Ja. Ich." Sein Blick gleitet zu Jenny, die sich die gesamte Zeit im Hintergrund gehalten hat und den Blutfleck verdeckt. „Wir waren den ganzen Vormittag bis jetzt zusammen." 

Verdammt! Was tat sie hier? Sergeant Brown sieht Jenny irritiert an: „Und Sie sind?"

„Jennifer Miller. Ich bin eine Freundin und Nachbarin."

Der Kriminalbeamte nickt und macht sich dazu eine Notiz. „Mrs. Miller. Sie wissen, dass Sie die Wahrheit sagen müssen?"

„Es ist die Wahrheit", spricht sie mit fester Stimme.

„Noch eine letzte Frage", spricht er abermals an Eric gewandt. „Woher haben Sie die Blessur?" Er deutet auf Erics Kiefer, der wahrscheinlich schon blau angelaufen ist.

„Kleine Meinungsverschiedenheit mit einem betrunkenen Gast, gestern Abend", antwortet er mit einem gezwungenen Lächeln.

Sergeant Brown nickt und klappt sein Notizbuch zu: „Gut. Vielen Dank, dass Sie sich zeitgenommen habe."

Brown marschiert zur Tür, während der Streifenpolizist sich weiterhin neugierig umsieht. Am liebsten würde Eric ihn hinausschieben. Jedoch funkelt er  ihn nur warnend an, bis er sich endlich ebenfalls in den Flur begibt.

„Was ist mit dem Truck? Wann können wir ihn wieder haben?", fragt Eric nach.

Der Polizist verlässt bereits ihr Haus, während sich Brown nochmals umdreht: „Sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind. Wenn Ihnen noch etwas dazu einfällt, können Sie sich gerne bei mir melden."

Er fischt eine Visitenkarte aus seinem Jackett und reicht sie Eric. Einen Scheiß würde er tun. Dennoch steckt er sie sich in die Jeans und beobachtet die beiden, wie sie in ihren Wagen steigen und das Grundstück verlassen. Er würde ein Sicherheitstor einbauen lassen, damit nicht jeder ungebetene Mensch hier reinkommt. 

Grummelnd schließt er die Tür und bemerkt Jenny die mit verschränkten Armen hinter ihm steht.

„Erzählst du mir, warum euer Auto an einem Mordfall beteiligt ist?", fragt ihn augenblicklich.

Tief Luftholend dreht sich Eric zu ihr um: „Verdammt Jenny. Warum hast du gelogen? Wir waren nicht den ganzen Vormittag zusammen. Scheiße!" Wütend stapft er an ihr vorbei.

„Was hätte ich den sonst sagen sollen?", fragt sie grimmig nach.

„Gar nichts. Die Wahrheit!", schnauft Eric.

Wütend folgt Jenny ihm, die Treppen empor. Sie ist ein ebenso großer Sturkopf wie er, wie Tom ihn immer gerne daran erinnert.

„Klar. Ich sag einfach beim nächsten Mal, dass du dich illegal geprügelt hast", spricht sie sarkastisch. „Das lässt dich sicherlich in einem guten Licht dastehen. Verdammt Eric. Ich habe das Richtige getan, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass du den Truck nicht gefahren bist. Habe ich recht?"

Eric seufzt und fährt sich über sein Gesicht und betritt sein Büro.

„Kannst du mir bitte endlich sagen, was hier vor sich geht?", beschwert sich Jenny und seufzend schließt er die Augen, nachdem er hinter seinem Schreibtisch platz genommen hast. „Gestern Abend rennt Amber krampfhaft heulend aus dem Club und ist am nächsten Morgen verschwunden. Tom wird entführt und gerade eben war die Kripo im Haus. Verflucht, Eric! Rede endlich mit mir."

Anstelle zu antworten, beginnt er auf seinem Rechner Informationen über Henry Wilson zu suchen. Dabei reicht es nicht, auf öffentlichen Seiten zu suchen. Er muss tiefer graben, daher schaltet er sich über einen sicheren Server, um im Darknet zu recherchieren. 

„Na toll. Du schweigst mich also an", seufzt Jenny und stellt sich hinter ihm. „Sag jetzt nicht, du hackst dich auf irgendwelche verbotene Seiten."

„Okay", antwortet Eric.

Seine Finger fliegen geschickt über die Tastatur, als er die Stadtarchive durchwühlt. Immer wieder Ploppen Fenster auf, die ihm Informationen über Wilson liefern. Meist sind es gekaufte Immobilien, doch nichts Interessantes.

„Na gut. Ich mach uns mal Kaffee", schnauft sie und verlässt sein Büro.


Nach über zwei Stunde und fünf Tassen Kaffee hat Eric nichts Brauchbares. Dem Kerl gehört fast ganz Vancouver, wie er entsetzt feststellen muss. 

„Immer noch nichts?", murrt Jenny, die quer in einem seiner Lesesessel sitzt und gedankenverloren in einem Buch blättert.

Diese Frage hat sie ihm in den letzten Stunden bereits vermehrt gestellt und seine Antwort war immer die gleiche.

Gerade als er abermals Nein sagen wollte, ploppt ein Fenster auf seinem zweiten Bildschirm auf, das ihn aufmerksam werden lässt. Verwundert lehnt er sich nach vorne und überfliegt die Zeilen. Je weiter er liest, desto wütender wird er und ein brummen verlässt seine Kehle. Seine Hände ballen sich zu Fäusten und am liebsten hätte er sie gegen seinen Monitor gedonnert.

„Oh mein Gott", ertönt hinter ihm Jennys Stimme, die durch sein Schweigen aufmerksam geworden ist. „Amber ist Wilsons Frau?"


Unruhig läuft er in seinem Büro auf und ab. Wie konnte das sein? Wenn er den Artikel nicht dreißigmal geprüft hätte, würde er es immer noch nicht glauben. Amber ist mit Wilson verheiratet? Sie hat ihn angelogen! Ihn und Tom. Verdammt! Er ist so was von sauer!

Wütend ballt Eric seine Hände zu Fäusten und boxt schreiend gegen das Bücherregal. 

„Eric", seufzt Jenny und kommt auf ihn zu.

Doch mit einer Handbewegung bringt er sie zum stehenbleiben. Er ist gerade mehr als nur verärgert. Eine Wut brodelt in ihm. Seit heute Morgen, als sie seinen Dämon befreit hat. Eric fühlt sich ruhelos und hat sich schon lange nicht mehr so wenig unter Kontrolle. Er hat sich die Schuld gegeben. Hat sich schlecht gefühlt, dass Amber wegen ihm abgehauen ist. Derweil ist sie nur zu ihrem Mann zurück gekrochen. 

„Fuck", flucht er laut und hämmert seine Fäuste gegen das Holz.

Bücher fallen hinaus und landen verstreut auf dem Boden. Seine Faust schmerzt, als er abermals dagegen schlägt. Beim nächsten ausholen hält ihn plötzlich jemand fest und ein tiefes, animalisches knurren verlässt seine Kehle, als er Jenny wütend entgegenblickt.

„Verdammt noch mal. Hör auf", brummt sie empört. „Du verhältst dich wie Ashley, wenn sie einen ihrer Wutausbrüche hat."

Eric hebt seine Augenbrauen und tatsächlich beruhigt er sich ein Stück weg. Mit einem Kind verglichen zu werden ist nicht schön. Er lässt seine Hände fallen und stapft wieder unruhig durch den Raum.

„Wie soll ich mich denn beruhigen?", brummt er.

„Aber warum? Nur weil du rausgefunden hast, dass Amber verheiratet ist?", fragt Jenny und klingt dabei nicht, als würde es von Interesse sein. 

„Sie hat uns angelogen. Uns etwas vorgeheuchelt", brummt er wütend und baut sich vor Jenny auf, die sich allerdings nicht einschüchtern lässt. „Sie hat Tom eingelullt, um ihrem Mann zu helfen."

Jenny hebt die Augenbrauen und verschränkt die Arme vor der Brust: „Das glaubst du?"

Eric seufzt und fährt sich durch die Haare, ehe er wieder unruhig durch den Raum tigert: „Ich weiß langsam nicht mehr, was ich glauben soll."

„Ich kann verstehen, dass du aufgelöst bist. Das bin ich auch. Verdammt, Tom ist weg und wir wissen nicht, wo er ist oder wie es ihm geht", erklärt Jenny. „Aber das bringt uns nicht weiter Eric. Ich weiß, du bist kein Mensch, der gerne deine Gedanken teilt. Aber rede endlich mit mir, damit ich euch helfen kann. Dir, Tom und Amber. Ja auch ihr."

Über sein Gesicht reibend bleibt er an seinem Schreibtisch stehen. Jenny hat recht. So kommen sie nicht weiter. Sich jetzt wegen Amber verrückt machen, hilft Tom nicht. Stöhnend lässt er sich in den Ledersessel sinken: „Sagt dir der Name Henry Wilson etwas?"

Jenny tritt auf ihn zu: „Tom hat ihn ein paar Mal erwähnt. Warum?"

„Er ist seit Jahren scharf auf das Belle und hat Tom regelrecht dazu gedrängt es endlich zu verkaufen", erklärt er.

„Und er hat abgelehnt!"

Obwohl es keine Frage ist, nickt Eric: „Ja. Wilson ist ein gefährlicher Mann, dem ich keine Sekunde traue. Dass seine Frau Amber ist, lässt die Sache noch mehr stinken."

„Was glaubst du?", fragt Jenny.

„Das er sie auf uns angesetzt hat. Es kann kein Zufall sein, dass sie ausgerechnet bei uns landet. Bei Tom, dessen Club Henry unbedingt will. Sie hat uns etwas vorgespielt und angelogen. Jetzt wo sie hat, was sie braucht, ist sie zurück zu ihm."

Jenny schüttelt wild den Kopf: „Nein. Nein. Das glaube ich nicht. Ich habe gesehen, wie sie euch ansieht. Ich möchte und werde nicht glauben, das Amber euch ausspioniert hat."

Eric seufzt: „Denk, was du willst. Ich glaube nicht an Zufälle."

„Gut. Das können wir klären, sobald sie anwesend ist", beschließt Jenny. „Wie gehen wir jetzt vor, um Tom zu finden. Du glaubst, Wilson hat ihn?"

„Ich bin mir sogar ziemlich sicher", nickt Eric. „Ich versuche herauszufinden, welche der Immobilen er privat nutzt, doch das ist leichter gesagt, als es ist. Der Mann hat so viele Gebäude und alle laufen über sein geschäftliches Konto. Keines der Immobilen scheint mir, als ein privat sitzt gut genug zu sein. Zumindest um jemanden dort festzuhalten.

„Eric deutet auf den Monitor, auf dem er ein Dutzend Gebäude bereits vor sortiert hat. Darunter sechs Penthäuser, eine Villa und drei Industriegebäude. „Die anderen habe ich bereits aussortiert, da sie nicht in Frage kommen. Dennoch glaube ich, dass er keines wirklich nutzt", seufzt Eric. 

„Wir wissen also, wer Tom hat, aber nicht wo er ihn versteckt?", fragt Jenny nach und er nickt.

So sieht es aus. Theoretisch sind sie genausoweit wie vor zwei Stunden. Bei null!

„HALLO?", brüllt jemand durch das Haus und irritiert blickt Eric auf. „TOM? ERIC?"

Sofort springt er auf seine Füße und mit Jenny im Schlepptau betritt er die Treppe. Im Flur angekommen bleibt er wie angewurzelt stehen, als er den schlanken, großgewachsenen Jungen vor sich erkennt.

„Nate?", fragt er irritiert. „Was machst du hier?"

Noch nie hat sie Nate besucht und noch weniger sollte er hier sein. Tom war an dem Abend stinkwütend auf ihn. Wie konnte er es auch wagen, Drogen im Belle zu verkaufen.

„Hey", begrüßt der Student ihn und fährt sich durch die wuscheligen, blonden Haare. „Ist Tom da?"

Eric sieht ihm grimmig entgegen und verschränkt seine Arme vor der Brust.

„Nein. Was willst du hier?", fragt er abermals.

„Es ist wirklich wichtig", grummelt Nate und sieht sich dabei im Wohnzimmer an.

„Tom ist nicht hier. Am besten du verschwindest", brummt Eric.

Er hatte jetzt keine Nerven sich die Probleme des Jungen anzuhören. Sein Kopf platzt schier. Tom ist bereits seit mindestens acht Stunden weg, wenn nicht sogar früher. Eric musste ja erst Nachmittag wieder kommen. Wer weiß, wie lange Tom bereits entführt ist. Er schiebt Nate Richtung Tür, doch der Student entwindet sich: „Es ist wirklich wichtig."

Eric seufzt: „Na gut. Du hast fünf Minuten."

Er schaut auf seine Uhr und betrachtet den Sekundenzeiger, der seine Runden zieht.

„Ich war gerade im Belle und wollte mit Tom über meinen Rauswurf reden. Ich dachte, wenn er eine Nacht darüber schläft, könnten wir nochmal miteinander sprechen", beginnt Nate zu erzählen. „Aber er war nicht dort. Stattdessen habe ich jemand anderen in seinem Büro angetroffen."

Blinzelnd blickt Eric hoch und vergisst, weiter auf seine Uhr zu starren.

„Wilson", murmelt Eric, da ein seltsames Gefühl sich in ihm breitmacht.

„Keine Ahnung wie er heißt, aber woher weißt du das?", möchte Nate wissen.

„Ist jetzt egal. Rede weiter."

„Ähm okay. Also Mason und dieser Wilson haben sich gestritten. Zumindest hat das so gewirkt", erklärt Nate.

„Über was?"

„Konnte ich nicht hören, aber Mason hat sich merkwürdig verhalten. Die beiden haben sich sicherlich gekannt."

Die beiden kennen sich? Entweder irrt sich Nate oder irgendetwas stimmt hier nicht. Nachdenkend wandert Eric durch den Flur, während er schweigend von Jenny und Nate beobachtet wird. Innerhalb von 24 Stunden bricht alles wie ein Kartenhaus zusammen. Ihr Streit mit Amber und die Offenbarung, dass sie mit Henry verheiratet ist. Toms Entführung und jetzt sollen Wilson und Mason unter einer Decke stecken?

„Das klingt gar nicht gut", murmelt Jenny. „Ich mochte Mason nie sonderlich, weil er so schmierig rüberkam, aber das er an Toms Entführung beteiligt sein soll, kann ich nicht glauben."

„Was? Tom wurde entführt?", fragt Nate entrüstet nach. „Und was machen wir jetzt? Ich meine, wir müssen doch etwas tun?"

Eric wendet sich an die beiden: „Wir? Nein wir machen gar nichts. Ich werde mit Mason reden. Wenn er wirklich mit Wilson zusammenarbeitet, weiß er sicherlich mehr."

„Hältst du das für eine gute Idee?", möchte Jenny wissen. „Wenn Wilson wirklich Tom entführt hat und nur annähernd so gefährlich ist, wie du denkst, wäre es dumm, jetzt in den Club zu fahren."

Eric sieht sie fragend an: „Wir müssen aber rausbekommen, wo er ist."

„Da gebe ich dir auch Recht. Eric bitte. Sei vernünftig. Du hast die ganze Nacht kein Auge zugetan. Du bist aufgebracht und verdammt neben der Spur. Ruhe dich aus und anschließend reden wir mit Mason."

Eric seufzt und fährt sich über sein Gesicht. Dabei wandert ein Stechen durch sein Kiefer. Jenny hat recht, auch wenn er ihr das nicht sagen würde. Aber er fühlt sich verdammt kaputt. Er kann kaum seine Augen aufhalten und wäre sicherlich keine Hilfe. Vielleicht sollte er einmal auf sie hören und sich ein wenig ausruhen, ehe er Mason einen Besuch abstatten wird.

„Okay. Gut.", kapituliert er und blickt auf die Uhr. 21 Uhr. „Ich lege mich für paar Stunden hin und anschließend fahre ich in den Club und rede mit Mason. Allein!" Fügt er hinzu, damit keiner der beiden auch nur auf dumme Ideen kommt.

Kampfeslustig verschränkt Jenny ihre Arme vor der Brust: „Das werden wir noch sehen."

Anstelle sie in die Schranken zu weisen, hebt Eric nur die Augenbrauen. Ja, sie wird es sehen, doch jetzt ist er einfach zu müde, um einen Einwand zu erheben.

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