Kapitel 30


Amber


Eine enge macht sich am nächsten Morgen, als sie unter der Dusche steht, in Ambers Brust bemerkbar. Sie kann es zuerst nicht beschreiben, doch als sie anschließend in die Küche tritt und die beiden Männer am Küchentisch sitzen sieht, weiß Amber, was sie bedrückt. Sie ist dabei einen schwerwiegenden Fehler zu machen, denn sie spürt, wie viel ihr Eric und Tom mittlerweile bedeuten.

Ihr Herz beginnt zu flattern, wenn sie die beiden betrachtet, während ihr Magen Purzelbäume schlägt. Es ist viel mehr, als nur mögen. Sie ist dabei, sich in die zwei zu verlieben! Und das ist gar nicht gut!

Sie hatte nicht vorgehabt, den beiden so nahezukommen, und dennoch konnte sie es nicht verhindern. Tom hat gestern sein dunkles Geheimnis preisgegeben. Er hat ihr gezeigt, wie sehr er ihr vertraut! Der Moment mit Eric am See war ebenso intensiv, auch wenn sie nicht gesprochen haben. Aber es zeigt Amber, dass nicht nur sie, langsam ihr Herz öffnet. Obwohl bei ihr ist es schon mehr als nur ein bisschen geöffnet. Sie hat sich verknallt. So richtig!

Zwar hatte sie keinen Vergleich, da sie sich noch nie verliebt hatte, aber so beschreiben es ihre Bücher. Das flatternde Gefühl in der Brust. Das ziehen im Magen und die enge, wenn beide nicht in ihrer Nähe sind. Amber hat sich verliebt in Eric und in Tom. In zwei Männer!

Und obwohl sie weiß, dass sie verschwinden sollte, hofft sie, dass die beiden, ähnliche Gefühle für sie hegen.

Amber seufzt. Es spielt keine Rolle. Solange Henry lebt, gibt es keinen Ort in Kanada, wo sie vor ihm sicher ist. Vielleicht nicht mal auf dem Kontinent. Sie weiß es nicht.

Amber hatte wirklich gehofft, endlich frei zu sein und ihr Leben zu leben. Und jetzt, wo sie jemanden gefunden hat, mit dem sie es gerne bestreiten würde, verhindert Henry dies. Sie würde nie frei sein! Nie eine Zukunft haben! Er ist kein Mann, der sich auf der Nase herumtanzen lässt. Henry würde sie durch jede Stadt und auf jeden Kontinent verfolgen, bis er Amber hat. So lange bis sie wieder ihm gehört.

Solange er lebt, ist sie niemals frei!

Seufzend putzt sie nach dem Frühstück die Küche. Eric ist in seinem Büro verschwunden, wie so oft, während Tom den Stall ausmistet. Gedankenverloren räumt sie das Geschirr in die Spülmaschine, ehe sie die Oberflächen gründlich reinigt.

Amber wollte so dringend ein eigenes Happy End, dass sie einfach gehofft hat, dass alles gut wird. Doch jetzt, wo sie spürt, sich in die beiden zu verlieben, bekommt sie Angst. Angst, dass es kein Happy End für sie gibt. Das Henry mittlerweile den halben Wald durchforstet hat und bald vor ihrer Tür steht. Angst, dass er Eric und Tom schmerzen zufügt.

Amber muss gehen! Egal ob sie kann oder nicht. Länger hierbleiben, ist keine Option mehr. Sie würde sich heute einen Plan überlegen und dann ... Ja, was dann? Sollte sie den Männern Bescheid geben? Abschied nehmen? Würden Eric und Tom sie gehen lassen? Nachdem was gestern zwischen ihr und Tom passiert ist? Er hat ihr sein Geheimnis anvertraut, genauso wie Eric sich in sein Herz hat blicken lassen.

Sie würde die beiden verletzen. Aber hatte sie eine Wahl?

Den ganzen Mittag und frühen Vormittag ist sie mit aufräumen beschäftigt, während sie sich Gedanken macht, wie es weitergeht. Sie hatte drei Möglichkeiten. Die Erste, einfach hierbleiben und hoffen, dass Henry sie nicht findet.

Zweite Möglichkeit wäre Kanada zu verlassen und ihr leben lang auf der Flucht sein und die letzte, Henry töten um frei zu sein.

Jede ihrer Ideen ist einfach nur dämlich und hat so viele wenn's und Abers. Wenn sie hierbleibt, wir Henry sie finden und Tom und Eric töten. Ihn zu töten, wäre noch schwieriger, da der Mann einfach zu vorsichtig ist und gut bewacht wird.
Blieb nur ...

Je mehr Gedanken sie sich darüber macht, desto mehr schmerzte ihr Herz. Aber es war von vornherein so beschlossen. Sie würde Kanada den Rücken kehren!

Doch wie, ohne gültigen Pass? Denn den hat ihr Henry vor drei Jahren abgenommen. Theoretisch ist sie illegal hier, da sie sich mit keinerlei Dokumenten Ausweisen könnte. Daher fallen alle öffentlichen Verkehrsmittel aus. Es bleibt nur noch zu Fuß oder ein Auto auf unbenutzten Straßen. Zu Fuß wäre sie Tage unterwegs, also das Auto. Sie blickt durch das Fenster auf die Fahrzeuge und seufzt. Amber hat keine andere Wahl, als eines der beiden zu nehmen. Wobei der Chevrolet die klügere Entscheidung, vor dem sportlichen Audi, wäre. Aber sie müsste Eric und Tom bestehlen. Gott! Kann sie das? Die beiden mitten in der Nacht einfach verlassen und dann auch noch ihr Auto klauen.

Entmutigt, setzt sie sich auf die Couch. Was für ein Desaster.

„Alles gut bei dir?"

Toms Stimme reißt sie aus ihrer Verzweiflung und lässt sie zucken. Den Blick hebend, sieht sie ihn an. Er scheint immer noch erschöpft zu sein und Sorgenfalten liegen auf seiner Stirn.

„Ja. Alles gut. Nur ein wenig müde."

„Kann ich verstehen", antwortet er und tritt auf Amber zu. „Gestern war ein echt anstrengender Tag."

Er beugt sich zu ihr hinunter und küsst ihr zärtlich auf die Stirn. Diese liebevolle Geste beschert ihr einen Stich im Herzen und Tränen bahnen sich einen Weg empor. Eilig erhebt sich Amber und senkt den Blick.

„Ich muss das Badezimmer noch putzen", sagt sie verhalten und hofft, dass Tom die Traurigkeit nicht daraus hört.

Stürmisch eilt sie an ihm vorbei und lässt ihn verdutzt im Wohnzimmer zurück, während sie sich im Bad verbarrikadiert. Ein Schluchzen dringt aus ihrer Kehle, dass sie mit ihrer Hand auf dem Mund zum Schweigen bringt. Amber sollte sich beherrschen und nicht zusammenbrechen. Dafür ist keine Zeit.

Den Schmerz hinunterschluckend verlässt sie das Badezimmer, ohne auch nur etwas darin sauber zu machen, und begibt sich in ihr Zimmer, um den Plan weiter auszuarbeiten.

Heute Nacht, wenn alle schlafen, würde sie verschwinden. Amber hat sich ein paar Lebensmittel zusammengepackt und diese bereits im Kofferraum des Wagens versteckt. Die Kleidung, die sie mit Jenny gekauft hat, packt sie in einen Rucksack, den sie im Keller gefunden hat. Alles, was sie nicht braucht, verstaut sie im Schrank. Sie wollte nur das Nötigste mitnehmen, um notfalls auch zu Fuß weiterzugehen, sollte sie auf der Straße in Grenzkontrollen geraten. Daher landen nur ein paar Shirt und ein Pullover im Rucksack, sowie eine Jeans, Unterwäsche und Socken.

In ihrem Badezimmer packt sie die Hygieneartikel ein und rechnet sich aus, wann ihre Periode das nächste Mal beginnt. Da dies noch zwei Wochen hin ist, wirft sie dementsprechend nur eine Seife, Deo und ein Handtuch in den Rucksack. Die Lebensmittel würde sie dann umpacken, sobald es so weit ist.

Jetzt hat sie nur noch zwei Probleme. Geld und Auto. Tom wollte ihr zwar immer Geld geben, aber sie kam sich dabei so dumm vor, wenn er sie zusätzlich bezahlt. Die beiden haben ihr bereits so viel geholfen. Haben sie gepflegt. Ein Dach über den Kopf gegeben. Ihr Kleidung gekauft und verköstigt. Wie hätte sie da Geld annehmen können, für ein paar Aufgaben, die sie im Haus gemacht hat?

Seufzend lässt sie sich auf ihr Bett nieder, als es an der Tür klopft. Sofort springt sie auf und versteckt den Rucksack unter ihrem Bett, als auch schon die Tür aufgerissen wird und eine strahlende Jenny ihr Zimmer betritt.

„Hey", grinst die schwarze Schönheit.

Sofort eilt sie zu Amber und drückt sie freundschaftlich an sich.

„Was machst du den hier?", möchte Amber irritiert wissen.

„Hat Tom es dir nicht gesagt?"

„Was gesagt?" Ihr kommt es vor wie in einem Déjà-vu, als Jenny sie zum Shoppen entführt hat.

„Das wir heute alle gemeinsam in den Club gehen!", antwortet Jenny.

„Ich weiß nicht", murmelt Amber. „Ich habe heute irgendwie keine Lust zu feiern."

Das bringt ihren ganzen Plan durcheinander. Sie muss sich rausreden, damit sie alleine im Haus ist.

„Nichts da!" Jenny wedelt mit ihren Händen vor ihr herum. „Du kommst mit!"

Während Jenny bereits in ihrem Kleiderschrank herum wühlt, kratzt sich Amber verlegen an den Armen. Wie kommt sie aus der Nummer wieder raus.

„Mir geht es heute nicht gut", spricht sie leise und fasst sich an den unteren Bauch. „Ich glaub, ich bekomme meine Tage."

Jenny blickt sich zu ihr um: „Kein Problem. Ich habe ein super Mittel, das hilft sofort. Ich hatte als Teenager starke Periodenkrämpfe, daher hat mir der Arzt das verschrieben und ich habe immer welche dabei. Hier!"

Sie reicht Amber eine Tablette und skeptisch betrachtet sie diese. Na toll! Das zu ihrem Plan.

„Am besten du gehst erstmal schön duschen. Bis dahin wirkt die Tablette auch und ich suche dir derweil etwas Heißes raus, dass die Jungs zum Sabbern bringt."

Während Jenny ungehalten ein Kleid nach dem anderen auf ihr Bett wirft, seufzt Amber. Nun hatte sie keine Wahl mehr, daher macht sie sich auf den Weg ins Badezimmer, um heiß zu duschen.


Mit umwickelten Handtuch betritt sie wenig später das Schlafzimmer wieder, indem ein heilloses Chaos herrscht.

„Was ist hier denn passiert?", fragt Amber fassungslos und betrachten den Berg an Klamotten auf und um ihr Bett herum.

„Du sprichst von Chaos, ich von einem System", antwortet Jenny grinsend. „Der Stapel ist eine Mischung aus niedlich und schüchtern."

Sie deutet auf einige Kleidungsstücke auf dem Bett. Darunter das hellblaue Libellenkleid. Jetzt erst bemerkt Amber, dass die Stapel meist aus einem Kleid, Unterwäsche, Schuhen und Schmuck besteht.

„Das ist verrucht und schreit heute Nacht gevögelt zu werden." Jenny deutet auf ein enges rotes Kleid mit ebenso knallroter Spitzenwäsche, die durchsichtig zu sein scheint.

Hatte sie die tatsächlich mit Jenny zusammen gekauft?

„Dieses Kleid ist eine Mischung aus – ich steh drauf, wenn ihr mir den Hintern versohlt und ..."

„Warte. Stopp", unterbricht Amber ihre weitere Ausführung zu einem Kleid aus ... aus einem Hauch von nichts. Gott! An dem Kleid war kaum Stoff. Das hatte sie sicherlich nicht gekauft! „Woher hast du den Fummel?"

Amber hebt das kleine Schwarze Stück empor, das am Rücken nur mit Schnüren zusammengehalten wird.

„Gekauft!", antwortet Jenny schulterzuckend. „Für dich."

„Ich ziehe das nicht an. Kannst du vergessen", schüttelt Amber den Kopf.

„Na gut. Aber ich lasse es dir trotzdem mal hier. Bestimmt findest du irgendwann einen passenden Anlass", zwinkert ihr Jenny zu.

„Sicherlich nicht", murmelt Amber leise und betrachtet weiter die Kleiderstapel.

Ein dunkelgrünes Kleid mit Neckholder Schnürung fällt ihr ins Blickfeld. Sie hebt es auf und betrachtet es genauer. Es ist sexy und dennoch stilvoll. Es reicht ihr über die Oberschenkel, hat eine Schleife am Hals und eine enge Corsage.

Wenn sie schon wählen muss, dann etwas, wo man nicht ihren halben Po sehen wird.

„Das gefällt mir." Sie hebt es hoch und zeigt es Jenny, die zu grinsen beginnt.

„Ah. Du möchtest wie ein sexy Geschenk für die beiden sein", kichert sie. „Sie werden dich auspacken und den Inhalt wie eine Pralinenschachtel vernaschen."

Augenrollend seufzt Amber. „Wirklich jetzt?"

„Tut mir leid, süße", grinst Jenny.

„Wann hattest du das letzte Mal Sex?", fragt Amber gerade heraus.

Jenny scheint kurz verwirrt, ehe ein Seufzen aus ihrer Kehle gleitet. „Vor Samuels Geburt. Kannst du dir das Vorstellen? Ich habe das Gefühl, da unten ist bereits eine Dornenhecke gewachsen. Als hätte mein Mann Angst, sich in das Dickicht zu schlagen. Nicht dass da eines ist", fügt sie schnell hinzu. „Dass wüsste ich. Die Einzige, die sich um das Schmuckkästchen da unten momentan kümmert, bin nämlich ich."

„Du hast jetzt nicht so gesagt", grinst Amber und bricht augenblicklich in schallendes Gekicher aus. „Dein Schmuckkästchen? Wirklich Jenny?"

Ein Kissen landet direkt in ihrem Gesicht, doch Amber kann nicht anders, als sich weiterhin lachend den Bauch zu halten.

„Du kannst gut reden. Du bist ein Glückspilz und wirst sogar von zwei Männern gevögelt. Sogar zweiverdammt heißen", schimpft Jenny, doch ein breites Grinsen schleicht sich auf ihr Gesicht und schon bald, steigt sie in Ambers lachen ein.

„Vielleicht ziehst du das schwarze Kleid an", schlägt Amber immer noch grinsend vor. „Anscheinend hast du es nötiger, von einem Mann den Hintern versohlt zu bekommen."

Jenny seufzt: „Da könntest du recht haben." Traurig blickt sie auf die Kleiderstapel. „Seit er soviel arbeitet, beachtet er mich kaum noch. Bis auf einen schnellen Kuss zum Abschied ist keine Zärtlichkeit mehr zwischen uns."

Amber setzt sich zu ihr aufs Bett und legt behutsam Jenny ihre Hand auf den Arm.

„Dann rede mit ihm. Sag deinem Mann, was dich bedrückt", schlägt sie vor.

„Ist manchmal nicht so einfach. Will und ich sind seit der High-School zusammen und ich habe das Gefühl, er wünscht sich, dass er sich mehr die Hörner abgestoßen hätte", seufzt Jenny. „Ich kann es ihm nicht mal verübeln. Er war damals mein Erster und ich habe nie Erfahrungen sammeln können. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich dieselben Gedanken hege. Daher ein Rat von einer weisen, verheirateten Frau. Hab Spaß im Leben. Probiere dich aus und heirate nicht zu früh."

„Das klingt als würde eine alte Frau mit mir sprechen", grinst Amber, obwohl ihr die Worte Kummer bereiten.

Sie hatte nie Spaß im Leben und theoretisch ist sie verheiratet. Mit einem skrupellosen, kalten Monster.

„Ich bin alt", kichert Jenny und erhebt sich. „Und jetzt los. Das ist mein erster Freier Abend mit Will ohne Kinder. Zieh dich an, wir haben noch einiges vor uns."

„Jawohl Ma'am", salutiert Amber, ehe sie in die zarte Spitzenunterwäsche steigt, die ihr Jenny zuwirft. 

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