15. Wetten
Sam lächelte kalt. „Der Lord hat nicht gesagt, dass ich dich verschonen soll." Sein Lächeln verschwand. „Du bist hier Rekrut. Wäre das Trainingslager nicht abgebrannt, wärst du nicht einmal hier. Du kannst dich glücklich schätzen." Er packte den Mann an den Haaren, dann schubste er ihn vor seine Kumpane. „Hier musst du dir das Recht verdienen, so mit mir zu sprechen. Besiege mich, dann werde ich dich nicht bestrafen."
Der Rekrut schnaufte. „Ich bin gefesselt. Das ist Schikane."
„Ganz im Gegenteil. Ich bin großzügig." Er bedeutete Tjark, den Gefangenen die Fesseln zu durchtrennen. Dann deutete er auf einen Tisch hinter sich. „Ich gebe euch eine neue Chance. Ihr alle gegen mich. Wer es schafft, mich zu besiegen, wird nicht bestraft."
Die Männer stürmten auf den Tisch zu. In dem Augenblick erschienen Azrean und Milan neben Sam. Milan schüttelte seinen Kopf. „Sollen wir die anderen vor deiner Kraft schützen?"
Samael lächelte. „Nein. Die sind unfähig, auch nur einen vernünftigen Schwerthieb auszuführen."
„Unterschätze nie die Macht der Verzweiflung."
Azrean schwieg. Er an Sams Stelle würde genau darauf bauen. Dass die Männer sich an Hoffnung klammerten und unaufmerksam wurden. So würden sie außer Acht lassen, dass es Wahnsinn war, mit blanker Klinge gegen ein Mitglied der Sankti zu kämpfen. Es hatte seinen Grund, weshalb er nur einen Stab und eine Handvoll Messer mit sich trug. Das letzte Mal, als er ein Schwert geschwungen hatte, war Blut geflossen. Massenhaft Blut. Die Schreie seiner Gegner hallten in seinen Gedanken wider. Keiner hatte das Massaker überlebt. Aber bei Sam sah die Sache anders aus. Er hatte keinen Tod zu rächen. Eigentlich nicht einmal eine Verstümmelung.
Als die ersten Männer sich umdrehten, um Sam gegenüberzutreten, kehrten Az und Milan zu ihren Posten zurück. Blitze zuckten über den taghellen Himmel. Das war ein untrügliches Zeichen dafür, dass Samael seine Macht zur Schau stellte.
Mit zusammengekniffenen Augen starrte Levio den Heerführer an. Dieser Mann hatte ihm alles genommen. Er war zum Heer gegangen, um seinen Ruhm auszubauen. Stattdessen war er auf die unterste Stufe degradiert worden. Dafür würde der Kerl büßen. Levio, mein Freund, hatte Lord Bardo gesagt, als er um eine Stellung im Heer gebeten hatte. Ich schicke dich zu meinem besten Mann. Du wirst dich beweisen müssen. Wenn du es bei ihm schaffst, hast du deinen Ruhm. Alles, was er bislang erhalten hatte, waren Demütigungen und Training für Anfänger. Nun war es an der Zeit zu beweisen, was in ihm steckte. Und dafür hatte er lediglich die kleine Schlampe opfern müssen. Das Mädchen war dumm gewesen, sich anzubiedern und dann auch noch beim Training aufzutauchen. Jetzt würde er beweisen, dass mehr in ihm steckte, als die Leute hier dachten.
Azrean saß auf einem der Aussichtspunkte. Seinen Blick hatte er auf Levio geheftet. Der Mann hatte von Anfang an nur Ärger gemacht. Er zweifelte nicht daran, dass er hinter dem Theater steckte. Der Rekrut mochte ein geschickter Redner sein und nicht zu den blutigen Anfängern zählen, doch im Kampf gegen Sam war beides nicht von Belang.
„Eine Runde Bier in der nächsten Kneipe darauf, dass er die ersten mit einem Blitz umhaut." Milan trat aus den Schatten und gesellte sich zu ihm.
Azrean lächelte matt. „Den da", er deutete auf Levio, „wird er sich bis zum Schluss aufheben."
„Du meinst, das ist der Rädelsführer."
„Es wäre nicht das erste Mal, dass er andere Rekruten aufwiegelt. Er hält sich für was Besseres."
Milan seufzte. „Wir alle haben unsere Höhenflüge hinter uns." Und sie alle hatten jemanden gehabt, der sie zurück auf den Boden der Tatsachen geholt hatte. „Was ist jetzt mit meinem Bier?"
„Der verliert als Erster ein Körperteil. Vermutlich seine Hand." Az deutete auf einen Mann, der sich in Levios Nähe aufhielt. Der Gemeinte klammerte sich an sein Schwert und starrte seinen vermeintlichen Anführer an. Zu hoffen, dass ihnen jemand zu Rettung kam, war töricht. Basra hatte auf Samaels Befehl hin die Spuren von Isas Peinigern verfolgt. Sam wusste, wer Isa berührt und wer nur zugesehen hatte.
Sie stellten noch eine Reihe von Wetten auf. Als der Kampf begann, waren sie mit ihren Vorhersagen fertig.
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