"Wir müssen sie ins Lager bringen", ertönte Farnflammes gesenkte Stimme.
"Aber... dann werde ich bestimmt aus dem Clan geworfen!", rief Dunkelpfote verängstigt und ihr Pelz sträubte sich instinktiv. Farnflamme behandelte sie immer liebevoll wie ein großer Bruder, doch im Moment brannte ein Feuer in seinen Augen, das gegen sie gerichtet war.
"Willst du etwa, dass Schneefeder stirbt?", fauchte er sie an und bleckte die Zähne. Dunkelpfote roch die Angst, die von dem Heiler ausging. Der Geruch stach in ihrer Nase. Langsam legte sie ihr Fell wieder an und senkte den Blick. Tränen stiegen ihr in die Augen.
"Nein, ich... ich habe nur so große Angst entgültig verstoßen zu werden."
Eine mit so vielen Emotionen gefüllte Träne kullerte ihre Nase hinab, bevor im nächsten Moment Farnflamme ihr die Nase an den Hals drückte.
"Ich werde dich beschützen, das verspreche ich."
Dunkelpfote schluchzte leise und vergrub ihre Nase in dem so wohlig riechenden, goldenen Fell ihres Clangefährten.
"Und wenn es mich das Leben kostet", fügte er letztendlich hinzu. Langsam lösten die beiden sich von einander und der Blick in Farnflammes Augen war wieder von Liebe und Fürsorge gefüllt.
Ohne ein weiteres Wort hoben die zwei Katzen Schneefeder an und trugen sie in Richtung Lager. Der Weg hatte sich noch nie so lang angefühlt wie jetzt, wo sie so eine große Angst, Schuld und Trauer verspürte. Der schwere Körper zwischen ihren Zähnen machte es nicht leichter. Doch nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie den Ginstertunnel, der ins Lager führte. Kaum angekommen tauchte plötzlich eine weiße Kätzin mit feinen, schwarzen Streifen aus dem Nichts auf. Ihre nahezu schwarzen Augen waren weit aufgerissen und ihr Fell gesträubt.
"Was ist mit ihr passiert?", brachte die Kätzin mit zitternder Stimme hervor. Wir legten Schnefeder kurz ab ins platt getretene Gras.
"Das erkläre ich später, Nachtwolke", antwortete Farnflamme knapp und ruhig. Während Dunkelpfote innerlich fast platzte vor Unruhe und Nervosität, war Farnflamme nichts anzumerken. Er als Heiler muss auch selbstbewusst wirken, um keine Panik auszulösen im Clan.
Langsam legte sich das Fell der Kätzin wieder und sie nickte.
"Tretet ein", miaute sie leise und trat zur Seite, bevor sie wieder unsichtbar wurde.
Die beiden hoben ihre Mentorin wieder auf und traten durch den Tunnel ins weite Lager. Glücklicherweise waren die meisten Katzen des kleinen Clans auf Patroullie, nur vereinzelt entdeckte man Katzen, welche die spätherbstliche Sonne genossen. Eine von ihnen war Eulenstern, welcher beim Erscheinen von Dunkelpfote und Farnflamme aufsah von seinem Mittagsschlaf. Als er Schneefeders schlaffen Körper entdeckte, sprang er sofort auf die Pfoten und kam herbei. Ohne ein Wort beschnupperte er seine Gefährtin und drückte sein Ohr an ihre Brust. Erst, nachdem er sie vollständig untersucht hatte, begann er zu sprechen.
"Was ist mit ihr passiert?"
Die Stimme des sonst so souveränen Clananführers zitterte, während auch andere Katzen von ihrem Mittagsschlaf aufwachten und entsetzt herstarrten.
"Lass mich dir das in Ruhe im Heilerbau erklären, in Ordnung?"
Der große, breitschultrige Anführer richtete sich auf und nickte dann bedächtig. Farnflammes Blick wanderte zu Dunkelpfote.
"Du bleibst hier. Ich kläre das. In Ordnung?"
Die Schülerin nickte und sah zu, wie die beiden Kater ihre Mentorin in den Heilerbau trugen. Kaum waren die beiden hinter dem Rankenvorhang verschwunden, knurrte ihr Magen und erinnerte sie an ihren schrecklichen Hunger. Nicht einmal die Beute habe ich mitgebracht. SternenClan, verzeih mir! Ich habe mir kein Essen verdient.
Sie ließ den Schwanz hängen, woraufhin ihre Baugefährten Flammenpfote und Falkenpfote auf sie zu kamen.
"Dunkelpfote, geht es dir gut?", miaute die hellgraue Kätzin mit den roten Flecken vorsichtig und stellte sich besorgt neben ihre Baugefährtin. Falkenpfote drückte ebenfalls sanft seine Nase in ihr schwarzes Fell.
"Du wirkst sehr bedrückt", gab der Tigerkater zu Wort. Die beiden Geschwister sorgten sich so rührend um Dunkelpfote, dass ihre Schuldgefühle sie entgültig übermannten und sie wieder zu weinen begann. Noch nie waren die beiden so lieb zu ihr gewesen, was sie auf der einen Seite so endlos freute, doch auf der anderen Seite nur noch schuldiger fühlen ließ. Ich habe eure Aufmerksamkeit nicht verdient.
Von Trauer und Schuld überwältigt konnte sie sich jedoch auch nicht wegbewegen, weshalb sie einfach ihre Nase in Falkenpfotes weichem Fell vergrub.
Nachdem Dunkelpfote sich wieder beruhigt hatte dauerte es nicht lange, bevor Eulenstern wieder aus dem Heilerbau trat. Er warf Dunkelpfote schweigend einen Blick zu voller Emotionen, welche das jedoch waren wusste sie nicht. Hat Farnflamme ihm gesagt, dass es meine Schuld ist? Wenn ja, waren es Vorwürfe, Trauer und Hass, die dort im Blick ihres Anführers lagen.
Er sprang auf den toten Baum in der Mitte des Lagers, welcher einmal von einem Blitz getroffen worden war und nurnoch aus einer Hälfte besteht, die andere Hälfte bildet nun den Bau der Ältesten.
"Alle Katzen des DunkelClans die alt genug sind ihre eigene Beute zu jagen, versammelt euch!"
Dunkelpfotes Pelz prickelte, während sie sich mit ihren Baugefährten links und rechts von sich vor ihrem Anführer niederließ. Die anderen Katzen, die momentan im Lager waren, taten es ihnen gleich. In dem Moment kam auch eine Patroullie bestehend aus Tintenfleck und Elfenbein wieder zurück und schlossen sich der Clan Versammlung an. Nachdem alle anwesenden Katzen angekommen waren, begann Eulenstern zu sprechen.
"DunkelClan, ich muss euch leider mitteilen, dass meine Gefährtin Schneefeder im Koma liegt."
Unter den versammelten Katzen wird ein Tuscheln laut, auch bei den einzigen Jungen des Clans.
"Heißt das, sie kann nicht mehr zu uns kommen und uns Kampftechniken zeigen?", miaute ein kleiner, hellgrauer Kater mit eisblauen Augen.
"Aber ich will doch von ihr lernen wie ich die größte Kriegerin des Clans werde!", stimmte seine silberne Schwester mit einem schwarzen Streifen über den Rücken zu.
"Eisjunges, Federjunges, seid still!", mahnte die liebevolle, dunkelgraue Regenfluss ihre Kinder.
Dunkelpfote sah betreten zu ihren Pfoten. Ich bin Schuld, dass die beiden nicht mehr mit Schneefeder spielen können.
Eulenstern sorgte für Stille, in dem er sich räusperte. Auch Dunkelpfote sah wieder zu ihm auf.
"Farnflamme wird sein bestes geben, um sie zurück zu holen, doch ob wir sie zurückbekommen..."
Die Augen des sonst so starken und selbstbewussten Katers trübten sich.
"... ist ungewiss."
Dunkelpfote schluckte, während der mächtige Anführer die Clanversammlung auflöste und vom hohen Baum hinab sprang. Die Augen der Schülerin wanderten zum Heilerbau, in dem sie gerade noch den goldenen Schwanz des Heilers verschwinden sah. Irgendetwas muss ich doch tun können!
Nach einigem Überlegen hatte sie eine Idee. Schnell verabschiedete sie sich von ihren Baugefährten und sprang zu Elfenbein, die immernoch mit ihrem Gefährten Tintenfleck sprach. Als Dunkelpfote näher kam, unterbrachen die beiden ihre Unterhaltung. Mit einem gewissen Sicherheitsabstand blieb sie vor der cremefarbenen Kätzin mit dem Rankenmuster an den Beinen stehen.
"Elfenbein... kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?"
Die Kätzin sah zu ihrem Gefährten, dem schwarzen Kater schien es nicht recht zu sein, doch nachdem sie einen kurzen Blick ausgetauscht hatten, nickte er.
"Ich bin bei Eulenstern, wenn du mich suchst", miaute der zweite Anführer und leckte seiner Gefährtin noch einmal liebevoll übers Ohr. Beide Kätzinnen warteten, bis er im Anführerbau verschwunen war, bevor Dunkelpfote schließlich zu sprechen begann.
"Ich weiß, ich darf dir nicht zu nahe treten", begann die Schülerin und sah auf ihre Pfoten.
"Unsere Kräfte sind so gegensätzlich, dass niemand ahnen kann, was passiert wenn sie sich treffen."
Elfenbein schwieg und hörte ihr einfach nur zu, den Schwanz um die Pfoten gelegt und die türkisen Augen direkt auf die Schülerin gerichtet.
"Aber ich habe eine Idee, wie deine Kräfte Schneefeder helfen können."
Als wüsste die Kriegerin bereits, was Dunkelpfote damit indirekt andeuten wollte, vervollständigte sie ihren Gedanken.
"Also bist du verantwortlich für ihren Zustand und hoffst, dass meine Kräfte sie zurückholen können?"
Ein Mäusehirn ist sie nicht, dachte Dunkelpfote schweigend und nickte nur betreten.
"Ich bitte dich inständig, erzähle es niemandem. Aber bitte hilf mir, tu es für sie."
Eine gefühlte Ewigkeit schwiegen beide Kätzinnen. Die Schülerin sah wieder auf, direkt in Elfenbeins Augen, die sehr nachdenklich wirkten.
"Du weißt, dass es gefährlich ist, oder?"
"Habe ich eine andere Wahl?", konterte Dunkelpfote sofort und senkte wieder den Kopf.
"Wenn du es nicht für mich oder sie tun willst..."
Dunkelpfotes Blick wanderte zum Anführerbau, in dem Tintenfleck gerade Eulenstern beistand.
"Dann tu es für den besten Freund deines Gefährten."
Ein Seufzen war zu hören und als Dunkelpfote ihre violetten Augen wieder auf die Kriegerin richtete, nickte diese inständig.
"In Ordnung. Bring mich zu ihr. Ich werde mein Bestes geben."
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