Kapitel 2
Dunkelpfote hatte sich auf den Weg zurück ins Lager gemacht mit ihrer Mentorin. Während sie sich auf dem Boden unauffällig durchs Gebüsch schlängelte, sprang Schneefeder mit Leichtigkeit über die Äste der Bäume und dämpfte ihre Landungen mit einem sachten Flügelschlag etwas ab. Sie wollten beide noch etwas nach Beute suchen, so wie Dunkelpfotes Magen knurrte war das auch nicht allzu schwer. Schon bald entdeckte sie versteckt in einem Ginsterbusch eine saftige Maus. An der werde ich üben!
So gleich wurden die Augen der Schülerin schwarz wie die Nacht, während sie eine dunkle Wolke aus Energie auf das kleine Lebewesen zuschickte. Die schwarze Magie haftete wie Teer an der Maus und hielt sie an Ort und stelle fest. Dunkelpfote blinzelte und ihre Augen wurden wieder normal. Sie sah belustigt und stolz der Maus zu, die einfach am Boden festklebte und nicht mehr wegkam. Letztendlich hatte sie aber Mitleid mit dem panischen Tier, weshalb sie es mit einem kurzen Biss in den Nacken tötete. Tief atmete sie ein und zog ihre Magie wieder zurück von dem leblosen Beutetier. Ich muss das viel schneller hinbekommen! Meine Magie ist zu langsam!
Die Schülerin sah sich nach Schneefeder um und entdeckte sie ein Stück weiter gerade vom Baum stürzen. Bei jeder anderen Katze würde sie sich Sorgen machen, doch Schneefeder tat das regelmäßig, es war ihre Jagdstrategie, unbemerkt aus den Bäumen zu stürzen. Und was ist meine Strategie? Der Gedanke trübte Dunkelpfote. Sie wollte auch eine derart schnelle und effiziente Jagdmethode entwickeln.
Schnell fiel sie zurück in die Kauerstellung und schlich lauschend vorwärts. Die Schülerin wollte nun unbedingt auch eine eigene Taktik haben. Behutsam schlich sie unter rauen Ginsterbüschen hindurch auf der Suche nach Nahrung. Nahezu lautlos robbte sie voran, bis sie auf feines Rascheln aufmerksam wurde. Nur eine Fuchslänge neben ihr war eine Wühlmaus, doch halt! In der anderen Richtung gab es ebenfalls Geräusche. Eine Amsel war ebenfalls nur wenige Fuchslängen von ihr entfernt! Da ihre bisherige Ausbeute sehr spärlich war, wollte sie am Liebsten beide Tiere fangen. Doch wie?
Ihr war keine Methode bekannt, wie sie entweder auf normalem Wege oder mit ihren Kräften beide fangen konnte. Innerlich begann Dunkelpfote sich darüber zu ärgern und schaukelte sich immer mehr hoch. Nicht einmal eine ordentliche Menge Beute kann ich dem Clan beisteuern! Dabei ist es noch vor Blattfall! Überall sind Beutetiere und ich bin nicht in der Lage, sie zu fangen!
Doch während sie sich noch aufregte wurden ihre Augen plötzlich wieder schwarz und rings um sie herum spürte Dunkelpfote eine Druckwelle entweichen. Schnell schüttelte sie den Kopf, woraufhin ihre Augen wieder die normale, violette Färbung annahmen. Als sie sich nach den Tieren umsah, fand sie beide reglos am Boden liegend. Sie trat zu der Wühlmaus und beschnupperte sie. Ihr Herz schlug noch, sie war nur ohnmächtig. Als sie anschließend die Amsel begutachtete, stellte sie das gleiche fest. Stolz erfüllte ihre Brust und sie erlegte ihre Beute schnell, um sie ihrer Mentorin vorzuzeigen.
"Schneefeder? Komm und sie dir das an!" Dich es blieb still, kein Flügelschlag, keine Schritte, kein Maunzen, nichts.
"Schneefeder, wo bist du?"
Dunkelpfote sah sich um und entdeckte plötzlich ihr weißes Fell hinter einem Baum nicht weit weg hervorragen. Sofort trottete sie hin und erschrak. Ihr ganzes Fell sträubte sich, als ihre Mentorin ebenfalls bewusstlos hier lag. Sofort vergewisserte sie sich, dass Schneefeders Herz noch schlug, zum Glück tat es das. Vorsichtig rüttelte sie die Kätzin um sie aufzuwecken, doch ohne Erfolg.
"Wach auf, Schneefeder! Bitte wach auf!"
Panik breitete sich dennoch in ihr aus. Dunkelpfote wusste noch nichts über diese Fähigkeit von ihr selbst. Was, wenn ihre Mentorin nie wieder aufwachen würde? Oder alles vergessen hätte?
Verängstigt legte sie sich einen Plan zurecht und beschloss sich Hilfe zu holen von ihrem engsten Vertrauten. Also rannte sie los, zurück ins Lager und suchte krampfhaft nach einer Ausrede, weshalb sie allein zurückkehrt. Ihre Pfoten trommelten über den Boden während Dunkelpfote sich ihren Weg durch die allmählich bunt werdenden Sträucher bahnte. Heftig atmend brach sie durch den Ginstertunnel ins Lager und fand die Blicke ihrer Clangefährten alle auf sie gerichtet, während sie selbst um Atem rang. Toll gemacht, Dunkelpfote. Noch mehr Aufmerksamkeit hättest du nicht auf dich ziehen können.
Sofort kam Rabenherz auf sie zu gelaufen.
"Hey Dunkelpfote, wieso kommst du allein zurück? Ist etwas passiert?"
Es tut mir leid, dachte Dunkelpfote im Stillen, doch ich kann das nur einer einzigen Person anvertrauen.
"Ach nein, alles gut, Schneefeder hat mich nur zurück ins Lager geschickt weil..." Sie geriet ins Stocken. Eigentlich wollte sie sagen, weil sie Hilfe beim Beutetragen holen soll, doch dann könnte sich jede Katze anbieten. Sie wollte aber die Unterstützung einer bestimmten Katze.
"... weil wir ein Kraut gefunden haben und ich es Farnflamme zeigen soll, er hatte einmal zu mir gemeint wir hätten davon zu wenig."
Rabenherz' blaue Augen wirkten sanft und ruhig, er schien ihr zu glauben.
"Und welches Kraut ist das?"
"Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen, aber der Geruch erinnerte mich sofort wieder daran."
Der schwarz weiße Kater nickte und schnippte mit dem Schwanz.
"Dann will ich dich mal nicht weiter aufhalten. Bis später!"
Dunkelpfote verabschiedete sich und sah angespannt durchs Lager. Glücklicherweise sah sie niemand mehr an, alle gingen ihrer eigenen Arbeit nach. Gut gerettet, dachte sie erleichtert.
Ihre Pfoten trugen sie zum Heilerbau, dessen Eingang von Ranken verborgen war. Vorsichtig schritt sie hindurch und sah den goldenen Kater den sie gesucht hatte vor seinen Kräutern sitzen. Als er sie durch den Vorhang kommen hörte, drehte er sich so gleich um und betrachtete sie schnurrend.
"Hallo Dunkelpfote! Was gibt es denn?'
Verlegen trat die schwarze Schülerin von einer Pfote auf die Andere.
"Ich- ich habe ein Kraut gefunden von dem ich glaube, dass du es brauchst."
Die bernsteinfarbenen Augen des Katers schauen Dunkelpfote liebevoll an während er nickt.
"Hast du mir etwas davon mitgebracht?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Ich würde dir die Pflanze gerne zeigen, damit du auch gleich weißt, wo sie wächst."
Farnflamme nickte und stand auf.
"Aber natürlich. Bring mich hin."
Dunkelpfotes Herz begann zu rasen, während sie den Heilerbau verließ und den Kater aus dem Lager führte.
Farnflamme war die einzige Katze im ganzen Clan, die sie von Anfang an mochte. Nachdem ihre Eltern in der großen Schlacht verstorben waren, hatte er sich um sie gekümmert und sie behandelt, als wäre sie seine Tochter. Immernoch hatten die beiden Clangefährten ein sehr gutes Verhältnis zu einander, wenn auch nicht mehr so eng wie früher. Deshalb vertraute sie ihre Angst auch nur ihm an und niemand anderem.
Während sie weiter in den Wald trottete mit Farnflamme an ihrer Seite, suchte sie nach den richtigen Worten, um ihm die eigentliche Situation zu erklären.
"Farnflamme, ich... ich habe Mist gebaut."
Der Kater sah sie ernst an, wenn auch verwirrt.
"Was ist denn los?"
Er schwieg einen Moment, dann leuchteten seine Augen auf und er schien sie durchschaut zu haben.
"Du willst mir garkein Kraut zeigen, oder?"
Dunkelpfote nickte verlegen und starrte stur vor sich hin.
"Ich... ich habe mit meinen Kräften experimentiert beim Jagen und habe dabei auch Schneefeder getroffen."
Sie sah zu dem Heiler und traf seine von Besorgnis gefüllten Augen.
"Was genau hast du denn getan?", fragte er mit einer seelen ruhigen Stimme.
"Mir war nicht bewusst, dass ich so etwas tun kann, aber es hat sich angefühlt, als ob ich eine Energiewelle über den Boden geschickt hätte, durch die meine Beute in Ohnmacht fällt. Leider habe ich damit auch Schneefeder getroffen."
Sie konnte ihren Pelz brennen spüren vor Scham, doch Farnflamme gab ihr keine Schuld. Er trottete einfach weiter schweigsam neben ihr her. Vermutlich dachte er über alle Wege nach, um ihrer Mentorin zu helfen.
Schon bald kamen die beiden bei der immernoch bewusstlosen Kriegerin an. Farnflamme trat sofort zu ihr unf untersuchte sie gründlich. Dunkelpfote stand daneben und schaute ihm ängstlich dabei zu. Er braucht so lange und überprüft alles mehrmals. Was wenn nicht einmal er ihr helfen kann? Doch dann sah er auf zu Dunkelpfote, so als hätte er eine Idee.
"Du hast deine schwarze Magie eingesetzt, sagtest du?"
Sie nickte und sah zu Schneefeder hinab.
"Wie tust du das genau?"
Die Schülerin verstand nicht genau worauf er hinaus wollte.
"Ich kontentriere mich auf das was geschehen soll und lasse die Kraft jemand anderen befallen."
Farnflammes Augen funkelten.
"Und dann ziehst du deine Kraft wieder zurück?"
Sie nickte erneut und Freude kam in ihr auf, da sie verstand was er ihr sagen wollte.
"Ja, genau! Das habe ich vergessen!"
Dunkelpfote schloss die Augen und sog tief die Luft ein. Sie spürte die Energie aus den toten Körpern ihrer Beute zurück zu ihr kehren und letztendlich auch von Schneefeder, doch bei ihrer Mentorin war es deutlich schwerer, der schwarzen Magie ihren Weg zu weisen. Dunkelpfote öffnete wieder ihre Augen und stupste ihre Mentorin mit der Pfote immer wieder an.
"Schneefeder? Schneefeder wach auf!"
Doch immernoch passierte nichts. Angst überkam die junge Kätzin und sie rüttelte immer wehementer an Schneefeder.
"Schneefeder bitte mach die Augen auf!"
Aber so sehr sie auch bettelte, nichts geschah. Dunkelpfotes Herz brannte wie Feuer und Schmerzen erfüllten sie. Sie wollte ihrer Mentorin nichts antun, sie wollte doch nur endlich ihre Kräfte einsetzen. Und genau deshalb soll ich sie nicht einsetzen, dachte sie frustriert und drückte ihre Nase in das Fell ihrer bewusstlosen Mentorin.
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