Kapitel 20
Vanessa
Warme Sonnenstrahlen holten mich am Morgen aus einem tiefen festen Schlaf. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so gut geschlafen hatte. Ich blinzelte. Erschrocken riss ich die Augen auf. Ich hatte ganz vergessen, dass ich bei Nik geschlafen hatte. Jetzt schaute ich in sein entspanntes Gesicht, sein Atem ging regelmäßig. Er schlief also noch. Dann konnte ich ihn ja etwas länger betrachten. Ich ließ meinen Blick nach unten gleiten und blieb bei seinen Beinen hängen. Sein oberes hatte sich um meine geschlungen und hielt mich somit gefangen. Er berührte mich nur dort, trotzdem bekam ich von seiner Nähe eine Gänsehaut. Sofort musste ich an gestern Nacht denken, wie er auf mir gelegen war. Sein Körper hatte sich perfekt angefühlt und doch machte mir dieses Gefühl Angst. Ich behielt sonst immer die Kontrolle wenn es um Sex ging. Doch als Nik mich berührt hatte, konnte ich an nichts anderes mehr denken. Seine Hände auf meinen Beinen, meinem Bauch, unter meinem T-Shirt, danach sehnte ich mich. Auch jetzt konnte ich meinen Herzschlag laut pochen hören. So kannte ich mich gar nicht. Das war nicht gut. Ich durfte nicht die Kontrolle verlieren. Nicht bei so einer Sache. Vorsichtig versuchte ich mich von ihm zu lösen, doch sein Bein lag schwer auf meinem. Ich konnte nicht aufstehen, ohne ihn damit aufzuwecken. Frustriert atmete ich aus. Plötzlich bewegte sich die Matratze neben mir und ich sah gespannt zu wie Nik sich auf die Seite rollte und seinen kräftigen Arm um meine Taille schlang. Oh Gott. Jetzt kam ich nicht mehr so schnell hier weg. Aber er fühlte sich auch so gut an. Verwirrt schüttelte ich leicht den Kopf. Wieso reagierte ich ausgerechnet auf ihn so intensiv? Doch bevor ich meinen Gedanken weiter führen konnte, wurde ich durch sein leises Stöhnen abgelenkt. Er blinzelte zweimal, bis er mich ungläubig anschaute.
„Hey" flüsterte ich.
Sein Gesicht war mir so nah, dass ich meinen Kopf etwas nach hinten lehnen musste, um ihn anschauen zu können. Sein Blau in den Augen musterte mich dunkel.
„Hi" Seine Stimme klang noch ganz kratzig. Ging es denn heißer? Augenblicklich breitete sich eine Hitze in mir aus, die mich scharf einatmen ließ. Ich musste ihn berühren. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Arm. Als ich ihn sanft entlang fuhr, wirkte er auf einmal hellwach. Seine Haut fühlte sich glatt unter meinen Fingern an, noch einmal glitt ich mit den Fingern hinab. Tatsächlich. Er hatte kein einziges Haar auf dem Arm.
„Was tust du da?" Er klang angespannt. Das war gut so. Statt ihm zu antworten, berührte ich jetzt seine nackte Brust und zeichnete die feinen Linien seiner Muskeln nach. Er atmete scharf ein. Mir gefiel es, wie er auf meine Berührungen reagierte. Und diesmal behielt ich die Kontrolle. Sanft ließ ich meine Hand immer weiter nach unten wandern, bis ich an dem Bund seiner Jogginghose angelangt war.
„Vanessa", flüsterte er. Ich konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Ich wollte schon meine Hand in seine Hose gleiten lassen, da packte er mich an der Hüfte und zog mich so schnell an seinen Körper ran, dass ich mich an seinen Armen klammern musste, um nicht gegen ihn zu stoßen. Mit einem leisen Stöhnen, lehnte er seine Stirn gegen meine. Oh nein. Das war nicht gut. Mit einer Hand strich er mir langsam den Rücken hinab und legte sie besitzergreifend auf meinen Hintern. Das war's mit meiner Selbstbeherrschung. Sobald er mich berührte, schmolz ich unter ihm dahin. Ich machte mich schon freudig bereit auf seine nächste Berührung, doch seine Hände blieben an Ort und Stelle liegen.
„Du machst mich echt verrückt" er atmete aus. „Ich weiß nicht wieso du gestern hier her gekommen bist und was passiert ist, doch ich möchte nur, dass du weißt, dass du mir alles sagen kannst." Seine Worte schockten mich im ersten Moment. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet.
„Ich kann nicht..." Ich konnte ihm nicht in die Augen schauen.
„Hat dich jemand verletzt?" Außer verbal, niemand. „Dein Vater?" Sofort versteifte ich mich. Den Streit hatte ich ganz vergessen. Woher wusste er davon? Er musste es gemerkt haben, dass ich mich unwohl fühlte und lockerte seine Umarmung. Ich wollte nicht mit ihm darüber reden. Das konnte ich nicht.
„Ich sollte jetzt besser gehen." Ruckartig setzte ich mich auf. Er folgte mir.
„Hey, warte." Er berührte mich leicht an der Schulter, woraufhin mein Körper mit einer Gänsehaut reagierte. Verräterischer Körper.
„Ich wollte dich nicht verschrecken. Ich werde dich nicht verurteilen." Seine ruhige Stimme beruhigte meinen rasenden Puls. Sanft glitt er mit seiner Hand an meinem nackten Arm hinab. Unwillkürlich seufzte ich. Er machte mich ebenso verrückt. Langsam drehte ich mich um und blickte in seine klaren, blauen Augen.
„Es war nur ein blödes Missverständnis zwischen uns, nichts weiter."
Wir schwiegen uns eine Weile an. In seinem Gesicht konnte ich nicht erkennen, ob er mir glaubte. Verlegen starrte ich auf meine Finger, die zusammen gefaltet in meinem Schoß lagen. Seine Nähe machte mich nervös. Das war untypisch für mich. Damit musste ich erst mal zu Recht kommen. Ich ließ meinen Blick von seinen Arm über seine Brust bis hin zu seinen Kopf wandern. Wie einige Male zuvor fragte ich mich, warum er keine Haare besaß. Hatte er etwa Krebs? Aber dann würde er wohl nicht Fußball spielen können, oder? Noch ehe ich meinen Gedanken weiter ausführen konnte, strich Niklas mir eine einzelne Strähne hinter mein Ohr.
„Über was denkst du nach?"
Jetzt oder nie. „Ich habe mich nur gefragt, warum du keine Haare besitzt?" Ich presste meine Lippen fest aufeinander, als ich ihm in die Augen blickte. Panik verteilte sich in ihnen, als er mit der Hand bemerkte, dass er nicht wie üblich seine Mütze trug. Trotzdem hielt er meinem Blick Stand.
„Das willst du nicht wissen, glaub mir." Sagte er nach einer Weile, als sein Atem sich wieder beruhigt hatte.
Ich rutschte näher zu ihm. „Erzähl es mir."
Er schüttelte vehement den Kopf. Meine Neugier brachte mich fast zum Platzen, doch ich wollte ihn auch nicht drängen, zumal er es bei mir auch nicht getan hatte. Wieder bewegte ich mich auf ihn zu, sodass nun unsere Knie aneinander stießen.
„Wenn du es dir anders überlegst, bin ich für dich da." Ich wollte ihm dasselbe Gefühl übermitteln, dass er mir mit seinen Worten gegeben hatte. Plötzlich ließ er seinen Daumen über meine Wange gleiten.
„Was vor ein paar Jahren passiert ist, hat mich zudem gemacht, der ich jetzt bin. Ich kann es nicht mehr ändern, doch ich versuche damit klar zu kommen." Er seufzte schwer. „Es tut mir leid, was ich gestern getan habe. Ich war schon länger keinem Mädchen mehr so nahe gewesen, da ist dann wohl eine Sicherung bei mir durchgebrannt." Ich musste bei seinen Worten schlucken. Obwohl er versuchte zu lächeln, konnte ich seinen Schmerz deutlich in seinen Augen sehen. Wie gerne wüsste ich, was passiert war, das ihn so denken ließ. Wieso hatte er keinen Kontakt mit anderen Mädchen? Mied er sie oder sie ihn? Anstatt meine Fragen laut auszusprechen, setzte ich mich rittlings auf seinen Schoß, legte meine Arme um seinen Körper und umarmte ihn fest. Im ersten Moment bewegte er sich keinen Millimeter, dann jedoch erwiderte er meine Umarmung und drückte mich an seine Brust. Seinen Kopf ließ er kraftlos auf meine Schulter sinken.
„Niklas, Schatz? Alles in Ordnung bei dir? Es ist schon nach 10..."
Erschrocken fuhren wir zusammen, als Niks Mutter in der Tür auftauchte. Mit einem überraschten Gesichtsausdruck musterte sie uns.
„Vanessa Liebling, was machst du... oh" Anscheinend hatte sie jetzt erst bemerkt, dass ich auf seinem Schoß saß und verstummte augenblicklich. Oh Gott, das war so unangenehm. Als sie keine Anstalten machte zu gehen, konnte ich Niks Stimme an meiner Brust vibrieren spüren. „Mom!"
„Oh ja" Sie richtete sich auf und riss den Blick von uns los. „Ich habe Pfannkuchen gemacht, falls ihr was wollt." Schnell fasste sie an die Klinge und zog die Tür mit sich zu. Puh. Nervös rutschte ich von seinen Beinen und vom Bett. Er tat es mir gleich.
„Tut mir leid, ich schlafe sonst nicht so lange." Er zuckte dabei mit den Schultern.
„Klar." Oh man, mir fehlten echt die Worte. Wortlos ging Niklas auf die Tür zu, schnappte sich seine Mütze von der Kommode und setzte sie sich auf. Es wirkte schon fast wie eine Angewohnheit, die er nicht abstellen konnte. Er hatte sich mir versehentlich ohne gezeigt, hatte nicht mit meinem Besuch gerechnet. Genau genommen sollte mich das auch nicht weiter interessieren, ich wollte ihm nicht noch näher kommen als ich es jetzt schon bin.
Bevor er ging, drehte er sich nochmal kurz zu mir um. „Das Bad ist nebenan. Du kannst dir eins von den Handtüchern nehmen." Damit ließ er mich alleine zurück. Mein Kopf drohte vor lauter verwirrenden Gedanken zu platzen. Die Atmosphäre zwischen uns hatte sich von einer Sekunde auf die andere verändert. Er wirkte wieder distanziert, als hätten wir nicht eben eine Nacht gemeinsam in seinem Bett verbracht. Frustriert darüber, wie sich meine Brust bei diesem Gedanken zusammen zog, machte ich mich auf ins Badezimmer. Ich musste wieder einen klaren Kopf bekommen.
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