Kapitel 15
Vanessa
Was war nur los mit mir? Ich wollte eigentlich gar nicht mit diesem Typen tanzen. Tat es aber trotzdem. Ich wollte nicht mit ihm zur Toilette gehen. Tat dies aber auch. Als ich Michelle bei Niklas sah, wie sie sich zu ihm gelehnt hatte, ist wohl eine Sicherung bei mir durchgebrannt. Zumindest schnürte es mir fast die Kehle zu, als der Typ sich an meinem Hals zu schaffen machte. Seine Küsse verbannten mir meine Haut und eine eklige Gänsehaut, die mich erzittern ließ, kroch über meinen Rücken. Obwohl der Kerl eigentlich mein Typ war, konnte ich mein aufkommendes Würgegefühl nicht erklären. Bevor ich mich noch übergeben musste, machte ich mich lieber von ihm los und stürmte aus der Toilette, nur um darauf in Niks hellblaue Augen zu starren, die sich verdunkelten, als der Typ mir folgte. Ich wusste nicht was ich von ihm erwartet hatte, aber sein gleichgültiger Ausdruck hatte mich dann doch verletzt. Nur um dann über meine Reaktion, noch überraschter zu sein. Zwischen uns lief nichts. Natürlich war es ihm egal. Warum wollte ich dann nur mit Gewalt Michelles Arm von seinem reisen? Eifersucht gehörte nun wirklich nicht zu meinen Charakterzügen. Zudem ich doch daran Schuld war, dass sie überhaupt in diesem Klub aufgetaucht war. Mein Verstand versuchte mir wirklich Streiche zu spielen. Verwirrt über meine Gedanken, schlängelte ich mich zur Bar und hielt gleichzeitig Ausschau nach der Rothaarigen. Sie dürfte nicht gerade zufrieden mit dem Abend gewesen sein und so wie ich sie kannte, würde sie mir das auch irgendwann spüren lassen. Wieso hatte ich mich dann überhaupt auf sie eingelassen? Ich konnte nur den Kopf schütteln. Fuck. Ich brauchte dringend Alkohol. Schnell bestellte ich 4 Shots und kippte einen nach den anderen in meinen Rachen. Die Flüssigkeit brannte meine Kehle hinunter und wärmte mich gleichzeitig. So, jetzt konnte ich mich dem stellen, was Michelle mir zu sagen hatte. Doch als ich mich wieder umblickte, konnte ich sie nirgends entdecken. Stattdessen sah ich wie Nik auf mich zukam. Sein Gesichtsausdruck war immer noch derselbe. Verschlossener denn je.
„Ich hau jetzt ab." War alles was er zu mir sagte.
„Wieso?" Ich wollte nicht, dass er geht. Wenn ich ehrlich bin, bot er einen ziemlich faszinierten Kontrast zu diesem Klub, mit seinen hellen Sachen und seinen unschuldig blauen Augen.
Statt mir zu antworten, zuckte er einfach mit den Schultern. Toll, er hatte offensichtlich keinen Bock. Während ich ihm unverhohlen ins Gesicht starrte, versuchte er geflissentlich meinen Blick zu meiden. Ok, er hatte keine Lust mehr auf mich. Wem machte ich hier was vor? Ich hatte mich wie eine blöde Schlampe aufgeführt. So wie ich aussah, konnte wohl jeder erahnen, was ich mit dem Kerl getrieben hatte. Oder eben nicht getrieben hatte. Doch das wusste ja keiner.
Ich nickte ihm zu. „Ok, ich komme mit." Überraschung blitzte in seinen Augen auf, doch sie verschwand schnell und wurde wieder durch diese Gleichgültigkeit ersetzt. Ohne etwas zu erwidern, machte er sich auf den Weg nach draußen und ich folgte ihm.
Während der Fahrt, starrte Nik wie gebannt auf die Straße. Nicht einmal als ich wieder mein Handy ansteckte und damit für bessere Musik sorgte, hob er seinen Blick. Es war echt frustrierend. In jedem anderen Moment hätte ich wohl die Stille im Wagen genossen, doch ich konnte es förmlich hinter Niks Stirn rattern hören.
„Danke, dass du mich nach Hause fährst." Meine Stimme klang viel zu laut.
„Mmh", brummte Nik und machte mir damit deutlich, dass er keine Lust zum Reden hatte, doch ich ließ nicht locker.
„Ganze Sätze kosten nichts, Nik." Ich sagte es strenger als beabsichtigt war. Sein Kopf fuhr herum.
„Was willst du denn hören?" Er klang genauso genervt wie sein Gesichtsausdruck es mir zeigte.
„Keine Ahnung. Irgendetwas. Nur nicht diese Stille." Ich drehte mich in meinem Sitz zu ihm, doch da hatte er sich auch wieder abgewandt.
„Wir sind gleich da."
Frustriert seufzte ich. Warum war er jetzt so zu mir? Ich hatte ihm nichts getan. Wir waren nicht zusammen oder ähnliches. Wieder umschloss uns die eisige Stille, mit der man alles hätte einfrieren können. Nervös zupfte ich an dem Saum meines Kleides herum. Erst jetzt kam mir der Gedanke, dass er womöglich zu Joint gehen und ihm alles berichten würde, was seine ungezogene kleine Schwester heute getrieben hatte. Ich konnte mir ehrlicherweise nicht vorstellen, dass Nik eine Petze war, doch irgendwie war ich mir bei ihm gerade nicht mehr so sicher.
„Mit dem Typen ist nichts gelaufen." Wieder durchschnitt meine Stimme die Stille. Ich wartete auf eine Antwort. Alles was mir Nik gab, war ein kurzes Nicken.
„Eigentlich wollte ich gar nicht mit ihm mitgehen." Ich wollte, dass er mir glaubte, also plapperte ich einfach weiter. „Und tanzen wollte ich auch nicht. Er war einfach plötzlich hinter mir und dann..."
„Du brauchst dich nicht für das recht zu fertigen.", unterbrach er mich. Das?
„Ich sagte doch gerade, dass nichts mit dem Typen lief." Hatte er mir etwa nicht zugehört?
„Es ist mir egal, was du mit ihm gemacht hast." Seine gleichgültige Stimme entfachte Wut in mir.
„Für was hältst du mich eigentlich? Für eine Schlampe?" Das Wort war draußen, bevor ich es zurück nehmen konnte.
Erschrocken sah er mich an. „Nein, natürlich nicht." Doch ich glaubte ihm nicht.
„Denkst du ich mache mit jedem nächstbesten Typen rum? Hältst du mich wirklich für so naiv und oberflächlich?" Während ich sprach, hatte ich meine Hände zu Fäusten geballt, meine Fingernägel gruben sich schmerzhaft in meine Handflächen.
„Was? Wieso denkst du denn sowas?" Er sah mich ehrlich bestürzt an.
„Du kannst ruhig ehrlich sein. Du wärst nicht der Einzige, der so von mir denkt. Ich komme damit klar." Vor meinen Augen konnte ich immer noch die angeekelten Gesichter sehen. Es war nicht fair, als Schlampe abgestempelt zu werden, wenn man nur etwas mehr Spaß im Leben haben wollte. Mein Bruder hatte fast wöchentlich eine Neue am Start und er wurde dafür nicht verurteilt. Tränen stiegen in meine Augen, doch ich kämpfte sie zurück. Auf keinen Fall würde ich hier, vor Nik, weinen.
Der Wagen wurde langsamer.
„Du bist keine...Ich denke nicht so von dir, Vanessa. Das musst du mir glauben. Niemand sollte so von dir denken. Es erschreckt mich immer wieder, wie verletzend Menschen sein können. Was dir damals in dem Haus passiert ist, hat niemand verdient."
Nik hielt vor meinem Haus an. Ich hatte das Gesicht abgewandt, da ich nicht wollte, dass er die Tränen in meinen Augen glitzern sehen konnte. Seine Worte berührten mich. Er war der Erste, der zu mir hielt, sich nicht von der Menge mitreisen lies und mich verurteilte und das nach allem, was er heute Abend gesehen hatte. Wie sehnsüchtig hatte ich auf jemanden gewartet, der mich ebenfalls vom Gegenteil überzeugte. Oder zumindest mich in einem anderen Licht sah. Ich sollte mich zu ihm drehen, mich bedanken, irgendetwas zu ihm sagen, konnte den Mut aber nicht aufbringen und legte die Hand auf die Tür.
„Gut, dass wir das geklärt hätten." Meine Stimme klang brüchig und viel zu leise. Ich musste sofort aus dem Wagen. Hastig öffnete ich die Tür und rannte buchstäblich zum Haus. Gleichzeitig hörte ich die Fahrertür mit einem lauten Knall zuschlagen.
„Vanessa, warte..." Doch weiter kam Nik nicht. Joint war vor der Haustür aufgetaucht und musterte uns verwirrt.
„Was macht ihr beiden da?" Seine Stimme wurde zum Ende des Satzes immer höher. Genervt rollte ich mit den Augen.
„Komm runter. Er hat mich bloß heimgefahren."
Ich schob mich an meinem Bruder vorbei und verschwand ohne mich noch einmal umzudrehen im Haus. Drinnen angekommen machte ich mich sofort auf den Weg in mein Zimmer, bevor mich noch jemand so schwach sehen konnte. Kaum hatte ich mein Zimmer erreicht, floss auch schon die erste Träne meine Wange hinab. Im Schutz meiner eigenen vier Wände, musste ich sie nicht mehr zurück halten. Schluchzend warf ich mich auf mein Bett und vergrub mein Gesicht im Kissen. Wenn doch nur mehr Leute so wie Niklas denken würden. Dann würde einiges für mich leichter werden.
Hej ihr Lieben,
ich fand meinen Klappentext noch nicht aussagekräftig und passend genug, deswegen habe ich ihn etwas erweitert.
Findet ihr den Alkoholkonsum von Vanessa noch normal? oder würdet ihr sagen, dass sie langsam eine für sie unsichtbare Grenze überschreitet? ❤
Eure Biene 🐝
PS: Wie ihr bestimmt schon bemerkt habe, versuche ich mindestens ein Kapitel pro Tag hochzuladen, da meine Ideen und Gedanken nur so über die Tasten fliegen ;)
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