⫷ Kapitel 55: Frühling im kalten Herz des Winters ⫸
Es gab dieses Mal keinerlei Formalitäten. Nanouk erkannte durch ihre tränenden Augen Saghani und Yuka an ihren Tafeln sitzen und ihr Herz zog sich zusammen, als sie Adassett erblickte. Doch er sah nicht zurück, war zu beschäftigt mit Kamu zu sprechen und Nanouk konnte nur hoffen, dass er in der einsetzenden Dunkelheit Aufgrund er ausgehenden Kerzen, seinen Männern den Befehl zum Angriff geben konnte. Wenn sie denn allesamt überhaupt am Palast versammelt waren und nicht noch verstreut an den Wachtürmen entlang der Mauer ausharrten.
Doch dann richtete sich sämtliche Aufmerksamkeit im Saal auf Reiki, welcher den Urahn in ihre Mitte zerrte. Nanouk schüttelte den Kopf, als sie an ihre verzweifelte Reise denken musste, auf der sie versucht hatte Adassett zu retten. Wie sehr es sie geschmerzt hatte, den Urahn zu bändigen und seiner Freiheit zu berauben.
Und nun brachte Reiki einen mächtigen Schneebären direkt vor ihre Füße. Nanuq.
Nanouk stieß ein atemloses Schluchzen aus, als Nao aufstand und ihr Kinn nach oben drückte. »Habe ich dir zu viel versprochen? Zu deinen Ehren, habe ich ein Geschenk für dich.«
Er zog sie auf die Beine und ließ seine Finger an ihrem Hals hinab wandern, hielt sie fest und presste seine Fingerspitzen unter ihr Kinn, damit sie den Kopf nicht senken konnte. Nanouk schluckte, als Nao sie zum Opferstein umdrehte und sein Atem ihr Ohr streifte. »Leg ihn hin«, befahl er Reiki und Nanouk konnte das Lächeln an ihrer Kehle beinahe fühlen.
Reiki stemmte das bewegungslose Tier ohne Widerrede auf den Sockel.
»Heute sollst du haben, was du verdienst. Ich bin beeindruckt über deine Resilienz und deine Fähigkeit sämtliche Streithälse hier um deinen kleinen Finger wickeln zu können. Zufall oder nicht, es verspricht entzückend zu werden.« Nanouk spürte seine Lippen dicht an ihrem Ohr und alles in ihr sträubte sich, von Nao so berührt zu werden.
»Reiki«, sagte Nao und streckte seine andere Hand aus. »Gib Nanouk dein Messer.«
Reiki, der sie die gesamte Fahrt über bis jetzt nicht angeblickt hatte, sah ihr nun das erste Mal in die Augen. Sie erkannte einen kurzen Moment, wie er zögerte, wie das Funkeln hinter dem Rot seiner Augen nach ihr rief, doch dann drängte sich die Realität Naos Befehls durch ihren vor Angst zerrütteten Geist und sie sog die Luft stark durch die Zähne. Kaltes Entsetzen breitete sich in ihrem Innersten aus, als Reiki den Mund öffnete, als wolle er etwas sagen, von ihr zu Nao blickte und wieder zurück.
»Reiki? Nicht so besitzergreifend. Sie gibt dir das Messer doch wieder zurück. Und wenn du dich wegen deiner Mahlzeit Gedanken machst, darfst du zur Feier des Tages nachher gleich noch einen Urahn fangen. Nanouk soll heute die Ehre zuteil werden. Schließlich ist ihr das Töten nicht fremd, das Häuten und Ausnehmen von Tieren ebenso wenig.«
Nanouk schüttelte den Kopf und weigerte sich das Messer zu nehmen, das ihr Reiki hinhielt.
»Was? Du willst nicht?« Naos Finger bohrten sich fest in ihre Kehle, sodass Nanouk die plötzliche Panik befiel, er würde ihr die Luftröhre noch hier auf der Stelle mit bloßen Händen herausreißen. Sie meinte die Kälte seiner Haut bis in ihr Herz sickern zu spüren. »Es ist eine außerordentliche Ehre den letzten Hieb zu vollführen! Erlöse das arme Tier von seinem Leid.«
»Atanik«, mischte sich Reiki ein. »Das ist nicht nötig, Ihre Hände zittern viel zu sehr, lasst-«
»Schweig. Still.« Naos Stimme schnitt autoritär durch die Luft und Nanouk zuckte augenblicklich zusammen, als sie spürte, wie sich seine Nägel in ihre Haut bohrten. Er gab Nanouk einen unsanften Stoß, bis sie Reiki in die Arme stolperte.
»Na los. Töte ihn.«
Nanouk griff mit zitternden Händen nach dem Silberdolch, der sich unendlich schwer in ihren Händen anfühlte. Schwerer, als ihr eigenes Jagdmesser, mit dem sie unzählige Tiere getötet hatte. Doch wo sein Knochengriff stets eine tröstliche Sicherheit in ihr ausgelöst hatte, fühlte sich der lederne Griff dieses Langdolches an, wie kaltes Feuer in ihren Hände. Sie hatte ihn damals an sich genommen, ohne zu wissen, wessen Blut seine Klinge schärfte und nun würde sie sich selbst in diesen grausamen Kreislauf eingliedern müssen.
Sie konnte keinen Urahn töten. Konnte ihre Verbindung zum Jenseits nicht zerstören, wenn dies alles war, das ihnen jetzt noch helfen konnte. Aber deswegen zwang Nao sie dazu. Er wusste längst, dass sie angakkuq war, hatte es von dem Augenblick hinter den Sternen an gewusst und sich bloß genüsslich zurück gelehnt, um das Spektakel zu beobachten. Aber Sina-wa'siulliq hatte sie doch vor seinen Augen verborgen!
Nanouk schluchzte, als sie auf den Urahn hinunter blickte, der in seinen letzten Minuten entrückt und röchelnd in der schummrigen Dunkelheit auf seinen Tod wartete. Sein weißes Fell war verklebt von Blut und Schweiß, doch leuchtete nach wie vor in sanftem Licht, welches hinter den Sternen durch seine irdische Hülle pulsierte.
Sein träger Herzschlag ließ das Blut aus seinen Wunden treten, bis es auch hier über den Rand des Opfersteines trat und langsam zu Boden rann, wo es sich in Nanouks samtene Schuhe saugte. Was, wenn sie ihn einfach sterben ließ und stattdessen Nao den Dolch in die Brust rammte?
Nanouks Griff verstärkte sich um das Heft des Dolches, als sie ein ungeduldiges Zungeschnalzen zusammen zucken ließ.
»Reiki, würdest du ihr zur Hand gehen? Ich habe Hunger.«
Nanouk schüttelte den Kopf, als Reiki hinter sie trat und ihre Schultern packte. Die wenigen Kerzen erlaubten es Nanouk nicht zu erkennen, was sich auf Reikis Gesicht abspielte und sie wusste nicht, ob es diesen Moment erträglicher machte. Er drückte sie vorwärts, ruhig und teilnahmslos. Nanouk schüttelte immer noch den Kopf, als sie direkt vor dem Kopf des mächtigen Schneebären zu stehen kam und seinen heißen Atem schwach und stockend auf ihren Händen fühlte. Und dann konnte sie nicht länger an sich halten, ihr entkam ein hässliches und verzweifeltes Schluchzen.
Sie wollte nicht, dass sie diese zarte Verbindung zu den Ewigen verlor, noch ehe sie überhaupt begonnen hatte zu begreifen, welche Tore sich ihr eröffnen konnten, wenn sie es nur zuließ, hatte doch gerade erst begonnen mit ihrer Vergangenheit abzuschließen. Sie wollte nicht, dass sämtliche Zeit vergeudet war und jeglicher Versuch, den sie gemeinsam mit Adassett angestrebt hatte, nichtig wurde. Es war ein dummer, kindischer Gedanke, doch Nanouk rief die Ewigen an, schrie stumm nach ihrem Beistand und flehte um Vergebung, wohl wissend, dass sie ihr nicht vergeben würden.
Es tut mir so Leid, ich habe alles versucht, was in meiner Macht stand!
Die glasigen Augen des Schneebären richteten sich auf sie, als hätte er ihre Gedanken vernommen und machte einen schwachen Versuch, sich aufzurichten. Selbst in seinem verwundeten Zustand waren seine Pranken furchteinflößend, größer als Nanouks Gesicht und für einen absurden Moment, stellte sie sich vor, wie der Schneebär sie allesamt tötete, noch ehe sie selbst dazu kam die Hand zu heben. Doch er sackte gebrochen zurück auf den Sockel und stieß ein dumpfes Röcheln aus, als seine Augen zurück in seinen Kopf rollten.
So viele Wahrheiten hatte sie gesprochen und so viele Lügen sterben lassen, nur um am Ende an eben diesen zu ersticken. Sie dachte an die Wärme Sina-wa'siulliqs, die sie durch die beängstigende Kälte geleitet hatte, dachte an seine traurigen Worte und erinnerte sich an den zarten Duft der Lilie in ihren Händen.
Reiki schloss sie von hinten in die Arme und legte seine Hände auf die ihren. »Uki«, summte er an ihrem Ohr und Nanouk schluchzte als Antwort. Sie spürte seine Körperwärme, seinen Herzschlag an ihrem Rücken und sein Atem strich ihr ganz anders als Naos, sanft über das Haupt. »Du weißt es. Ich weiß, dass du es weißt.«
Nanouk blickte durch die Tränen in ihren Augen auf Reikis Hände hinab, die sich langsam und behutsam unter ihre eigenen schoben. Nao hatte verlangt, dass er ihr zur Hand ginge. Und das tat er, indem er in dem schummrigen Licht seine anstatt ihrer um das Heft legte. Weil Naos Befehl viel zu unspezifisch gewesen war. Ihr stockte der Atem, als sie Reikis amüsiertes Lachen fühlte. Du hast getan, was du konntest. Es wird immer einen der Ewigen geben, der Vergebung erlaubt.
Du kennst die Lösung dieser Rätsel längst.
Nanouk meinte zu spüren, wie ihr Herz stehen blieb. Und dann überschlugen sich ihre Gedanken in so rascher Abfolge, dass ihr selbst schwindelig wurde.
Er hat längst, was er so verzweifelt sucht.
Namen haben Macht. Zerbrich den Schwur, der ihn hält. Namen sind Wünsche.
Ich gewähre dir einen Wunsch im Rahmen meiner Macht, wenn du ihn errätst.
Reiki hat keinen Mantel, nicht so einen, wie ich oder Saghani.
Nanouk keuchte erschrocken auf, als Reiki ihrer beiden Arme anhob, um den vernichtenden Schlag auszuführen. Der Urahn brachte ein klägliches, schmerzerfülltes Fiepen zustande und besprenkelte Nanouks Tunika mit dunklem Blut.
Sie dachte an die Tätowierungen von Yuka und Adassett, erinnerte sich vage an ein schwarzes Linienmuster um Naos Handgelenk damals in der Arena, fühlte Anuris bodenlosen, durchdringenden Blick auf sich und hörte auf zu atmen, als sie sich erinnerte, was es war, das Adassett ihr erzählt und Nao eben noch bestätigt hatte.
Er suchte verzweifelt nach der letzten, wichtigen Verbindung zum Leben selbst, denn durch ihn erlangte er unhaltbare Macht. Doch wie konnte Reiki jemanden finden, der durch sämtliches Leben floss und stets einen Schritt voraus war? Oder viel mehr; wie konnte Reiki jemanden finden, der bereits längst gefunden worden war?
Nao mag zwar mächtig sein und Reiki befehligen, doch er ist blind gegenüber allem, was er nicht erwartet. Adassetts Worte erklärten mit einem Mal, wie nahe sie allesamt die vergangenen Jahre an ihrer aller Untergang vorbeigeschrammt waren. Der einzige Grund, weshalb Nao niemals einen zweiten Blick auf Reikis Gestalt geworfen hatte, war bloß jener, dass er sich niemand anderen als Ijiraq erwartet hatte, an seiner Seite zu finden.
Schließ deine Augen, erklang eine sanfte Stimme in ihrem Geist und Nanouk gehorchte. Sie kannte diese Stimme, war ihr so oft hinter den Sternen begegnet und wusste endlich um ihren Träger. Er hatte nach ihr gerufen, als Sina-wa sie durch die Wolken zurück zum Palast geschickt hatte und wisperte auch jetzt durch ihren Kopf, wie ein warmer Aufwind über dem Meer.
Nanouk hielt die Luft an, als Reiki ihre Hände mit einem heftigen Stoß in die Kehle des Urahn fahren ließ. Sie sah zwar nicht, doch spürte, wie die Klinge durch Fell und Haut drang. Sie würgte ein Schluchzen hervor, als sie das heiße Blut hervorquellen fühlte, wie es sich über ihre Hände ergoss, als der Dolch an den Wirbeln des Tieres vorbei schabte und anschließend mit einem Knirschen auf den harten Alabaster traf.
Nanouk wollte den Dolch loslassen, doch Reiki packte ihre Hände fest und legte sie um das Heft. Na los, uki.
Sie musste an den Moment denken, als Reiki ihr die Glyphen auf den Rücken gemalt hatte, an das Funkeln der Sterne in seinen Augen, welche das Rot seiner List Lügen strafte.
Folge den Lichtern. Und Nanouk war den Lichtern gefolgt. Sie hatten sie zu dem Ewigen geführt, dessen Bitte nun in ihren Geist gegraben war. Sie erinnerte sich an einen weißen Altar inmitten schwarzen Gesteins, welcher einsam und verlassen hoch über den Klippen, doch tief im Fels unter dem Palast wartete.
Es kommt niemand mehr hier her, Nanouk. Adassetts Stimme hallte in ihrem Kopf nach, als sie sich so weit zurück erinnerte, wie sie es wagte.
Rufe nach mir. Nanouk atmete so hektisch, dass sie anfing zu schwindeln. Die Trommeln dröhnten in ihren Ohren und ließen ihre Lungen vibrieren. Sie öffnete die Augen, als sie auf das Blutbad vor ihren Füßen blickte und erinnerte sich an die Wärme Sina-wa'siulliqs. Erinnerte sich an den verqueren Duft nach Frühling, der sie immer schon an Reiki, an Ijiraq irritiert hatte und ihr erst vor wenigen Tagen in Form einer endlosen Wiese voll funkelndem Tau begegnet war.
»Du bist es«, wisperte Nanouk atemlos, als Reiki seine Hände von den ihren nahm und zurück trat. Wie hatte sie so blind sein können? Von Anbeginn an hatte sie sich gewundert, was es war, dass ihr an Ijiraq so merkwürdig vorkam, warum sich die Schauermärchen über den bösen Geist nicht mit Reikis widersprüchlicher Sanftheit vereinen ließen.
Sie drehte sich hektisch um, damit sie in Reikis Gesicht blicken konnte. Seine Worte damals im Zittergebirge erschlugen sie beinahe, als sie das Funkeln der Sterne durch seine roten Augen erblickte. Dränge mich nicht dazu, dir Antworten zu geben, denn je mehr ich preisgebe, desto schneller schreitet euer aller Untergang voran.
Nanouk reckte ihre Hände zu ihm nach oben, umfasste sein Gesicht und fühlte die Trommeln in jeder Faser ihres Körpers vibrieren. Reiki brauchte keinen fremden Pelz, um seine Gestalt zu wandeln, brauchte kein Blut vergießen, um seinen Zaubermantel an sie weiter zu geben, denn er war seiner an erster Stelle. Ein Wunsch. Nanouk öffnete den Mund, war drauf und dran Reikis wahren Namen zu sprechen, als Nao zu ihnen herab stieg und Nanouk an den Handgelenken packte.
»Ein Treuebeweis, der keinen Mann glücklicher machen könnte, als mich.« Er nahm ihr den Dolch aus den zitternden Händen und stieß sie zurück zum Opferstein, fort von Reiki und fort von der Möglichkeit, ihren Wunsch zu äußern. »Und weil du deine Aufgabe so vorzüglich erfüllt hast, darfst du heute auch das kostbarste Stück erhalten.«
Nao ließ sie nicht los, als er den Urahn grob am Nackenfell packte und den massigen, leblosen Körper zu sich heran zog. Nanouk wandte sich zurück zu Reiki, wollte ihm durch die dröhnenden Trommeln hinweg zurufen, setzte zum Sprechen an, doch Nao merkte, dass ihre Aufmerksamkeit wanderte und rammte den Dolch respektlos in die Brust des Urahn, um sie am Kragen ihrer Tunika zurück zu sich zu drehen.
»Du wirst doch wohl nicht so frech sein«, lächelte er breit und Nanouk stockte der Atem, als Nao seine blutbeschmierte Hand um ihr Kinn legte. »Für dich, kleine Maus, habe ich etwas besonderes. Wenn du mich das nächste Mal unterbrichst, oder auch nur wagst zu Reiki zu blicken, Reiki auch nur einen Mucks macht, schneide ich dir deine Zunge auf der Stelle heraus, verstanden?«
Nanouk biss die Zähne zusammen und Nao lächelte wohlwollend.
»Na also.« Er ließ sie los und zog den Dolch aus dem Kadaver vor ihnen, doch nur, um ihn mit einem heftigen Stoß zurück in den Brustkorb des toten Schneebären zu rammen. »Warm ist es am allerbesten.«
Nanouk musste stumm mit ansehen, wie Nao den Brustkorb des Urahn mit groben, rücksichtslosen Hieben aufbrach und den Dolch anschließend mit einem entzückten Lachen achtlos zur Seite warf. Nanouk drehte sich der Magen um, als Nao mit einem erwartungsvollen Grinsen mit beiden Händen in den Körper des Urahn griff und dadurch seine schneeweißen Hemdsärmel ins Blut tauchte. Der Stoff sog sich in sekundenschnelle voll und tränkte die feinen Stickereien auf seiner Kleidung, sodass ein absurdes Muster von Rot auf Weiß entstand.
Das goldene Licht verfärbte sich, wurde schwarz und starr, als sämtliches Leben aus dem Körper des Schneebären gewichen war. Sein Körper fiel in sich zusammen, als seine Seele wich und der irdische Verfall einsetzte. Schneller, als Nanouk es je gesehen hatte und dennoch so vertraut, wie die Blumen um die Hufe des mächtigen Urahns damals im Zittergebirge.
Nanouk schluchzte, als der Winterkönig mit keinerlei Scham das große Herz des Tieres aus dessen Körper riss und es mit irrem Glanz in den Augen Nanouk reichte.
»Es ist wunderbar süß.«
Nanouk schüttelte stumm den Kopf, als Nao eine seiner blutbeschmierten Hände in ihren Nacken schob und sie grob zu sich zog. »Koste es«, befahl er ihr, doch Nanouk presste ihre Lippen zusammen, als ihr die Tränen über die Wangen rannen.
Nao seufzte ungehalten und schüttelte den Kopf. »Bedauerlich. Dass du ablehnst, kränkt mich.«
Er sah auf das Herz in seiner Hand und ließ dann seinen Blick durch die düstere Halle schweifen, ehe er wieder anfing zu grinsen. »Du weißt, wie wahnsinnig ich Adassett hiermit mache, oder? Wie er hier herüber blickt und sich wundert, wie klug es ist, ohne Unterstützung seiner Verräter auf mich zu zu stürmen. Ob er sein Leben wohl für deines geben würde? Ich bezweifle es. Er braucht dich nicht für seinen Plan. Er braucht nur mich, ich hoffe, das bricht dir nicht allzu sehr dein Herz.«
Nanouk versuchte den Blick zu heben, doch Nao versperrte ihr die Sicht auf die Halle.
»Sollen wir ihn noch verrückter machen?« Nao grinste sie verschwörerisch an und warf einen Blick hinaus in den Saal, ehe er das Herz zum Mund führte und das Blut ableckte. Nanouk wollte vor ihm zurück weichen, als der Gestank von Metall in der Luft beinahe all ihre Sinne erstickte. Doch Naos Hand in ihrem Nacken war so fest und unnachgiebig, sodass sie sich nicht erwehren vermochte, als Nao sich zu ihr hinunter beugte und seine kalten, blutbeschmierten Lippen auf ihre drückte.
Nanouk wollte schreien, doch Naos Finger bohrten sich so unnachgiebig in ihren Nacken, dass sie Angst hatte, er würde ihr das Genick brechen. Nao drückte ihre Kiefer auseinander und schob ihr die Zunge in den Mund, zwang sie dazu das Blut des Urahn zu schmecken und erst, als sie ein Würgen nicht mehr unterdrücken konnte, ließ er ab von ihr.
»Und jetzt möchte ich den Rest von dir.« Nao grinste ihr erregt zu und stieß sie vor sich her vom Opferstein fort.
Nanouk kämpfte die letzten Meter, ehe der schwarze Palast sie schluckte. Sie machte einen Satz aus Naos Reichweite, versuchte zurück zu Reiki zu gelangen und reckte ihm die Arme entgegen. Er folgte ihnen, war versucht nach ihrer ausgestreckten Hand zu greifen, als Nao ihren Ellenbogen packte.
»Reiki!«, stieß sie aus. »Du heißt Sina-«
Nao riss sie mit solch einer Leichtigkeit herum, dass Nanouk nur ein unbestimmter Laut entkam, als sie strauchelte und vor Nao auf den Boden schlug.
»Du bleibst hier«, fauchte der Winterkönig an Reiki gewandt und deutete mit dem Arm zurück in den Festsaal. »Und kümmerst dich um die Verräter. Wenn ich mit ihr fertig bin, will ich ihre Köpfe allesamt in Reih und Glied vor meinen Thron geschlichtet sehen. Außer Adassett. Den lässt du am Leben. Das ist ein Befehl.«
Nanouk schluchzte, als Reiki wie angewurzelt stehen blieb und Nao sie auf die Beine zog, um sie direkt in den Bauch des Palastes zu stoßen. Reiki blickte ihr verzweifelt hinterher, war gebunden von Naos Befehl und in ihr öffnete sich ein Abgrund, als sie begriff, was Reiki nun gezwungen war zu tun, wenn sie dem allem nicht Einhalt gebot. Sie ließ ihren Blick gehetzt in der gefüllten Halle umher schweifen, überschlug im Kopf, wie viele Menschen Reiki gezwungen war umzubringen und krallte sich an den Türstock aus kaltem Stein.
»Mutter der Karibus«, keuchte Nanouk und stemmte sich gegen Naos Arme. »Du bist der Hüter der Lilien, hast mir meinen Namen geschenkt und das Licht in meiner Brust entzündet! Bitte«, flehte Nanouk, als Naos Finger sich fest in ihre Haut krallten.
Reiki starrte sie entsetzt an, als sein Blick von ihr zu Nao huschte und dann zurück.
»Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass du frei von jeglicher Bindung bist!«
Doch Reiki rührte sich nicht, zeigte kein Erkennen, ehe Nao sie an den Haaren packte und durch den Torbogen in die Schwärze zog.
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