Kapitel 10

Claire

"Das war ein gutes Training, Leute", konstatierte Vaisey am Ende des Quidditch-Trainings und fügte hinzu: "So werden wir die Ravenclaws im November definitiv besiegen!"

Die Mannschaft setzte in kurzes Jubeln ein, ehe Vaisey seine Hand hob, um Stille herbeizuführen. "Jetzt freut euch nicht zu früh. Die Ravenclaws hatten zwar lange nicht so viel Auswahl wie wir bei den Auswahlspielen. Ich meine Lisa Turpin ist eine ihrer Treiberinnen. Mit der könnt ihr es locker aufnehmen, Trescott und Berrow", sagte Vaisey und Berrow grinste hämisch. Nach einem bösen Blick von Vaisey zwang ich mich dazu, meinen Daumen zu heben.

Es hatten genau sieben Leute am Auswahlspiel der Ravenclaws teilgenommen, da hatte ihre Kapitänin keine große Wahl gehabt, als sie alle zu nehmen. Besonders bitter war, dass zwei der Jäger eigentlich als Sucher vorgespielt hatten.
Ähnlich hatte es bei den Hufflepuffs und Gryffindors ausgesehen - für Hufflepuff hatten immerhin noch zehn Leute vorgespielt und bei Gryffindor hätten beinahe nur fünf Leute vorgespielt, weil der Großteil der möglichen Spieler den Test nicht bestanden hatten. Am Ende hatten sich noch zwei Spielerinnen finden können, aber ich bezweifelte, dass Romilda Vane oder Lavender Brown jemals zuvor auf einem Besen gesessen hatten. Mir war auch zweifelhaft, wie Lavender Brown überhaupt den Test bestanden hatte, da sie letztes Jahr praktisch an Ron Weasley geklebt hatte. Besonders schlimm war vermutlich die Tatsache, dass Ginny nicht für die Mannschaft spielen konnte.

Vaisey schien mein gehobener Daumen auszureichen, denn er sprach weiter: "Aber das heißt nicht, dass sie es nicht mit aller Kraft versuchen werden. Es ist allgemein bekannt, dass unser nobles Haus durchaus einen gewissen... Vorzug genießt. Ich denke, dass die anderen Häuser beweisen wollen, dass sie stärker wären als wir. Dämlich, ich weiß, aber ich glaube ernsthaft, dass die sich ziemlich ins Zeug legen werden. Also strengt euch gefälligst gut an."

Die Mannschaft nickte pflichtbewusst, ehe alle in die Umkleiden liefen. Ich rannte hinter Vaisey her, um ihn aufzuhalten. 

"Trescott, was ist denn noch?", fragte er mit genervtem Unterton. "Hast Du noch was vor oder was ist Dein Problem?", erwiderte ich ein wenig außer Atem, woraufhin er schnaubte. "Das geht Dich ja wohl nichts an." "Nein, es interessiert mich auch nicht sonderlich, wenn ich ehrlich bin", antwortete ich ihm ehrlich. Ich hatte andere Absichten. "Ich hab mich nur gefragt, ob... also... Du bist doch froh, dass ich in der Mannschaft bin, oder?"

Ich schlug mir innerlich vor die Stirn. Vaisey sah mich verwirrt an. "Willst Du nur Komplimente abgreifen? Du weißt, dass Du die Beste in der Mannschaft bist - na ja, neben mir natürlich. Aber Trescott, ich hab Dir im Training auch schon immer gesagt, dass-" "Nein, darum geht's nicht! Ich weiß, dass ich gut bin, Vaisey. Ich dachte nur, na ja, Du willst ja, dass ich in der Mannschaft bleibe, richtig?", unterbrach ich ihn, woraufhin er noch verwirrter dreinschaute. "Ja, Trescott, natürlich. Ich verstehe aber nicht, wo das hier hinführen soll", sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Während ich überlegte, wie ich meine nächsten Sätze am besten formulierte, sah Vaisey plötzlich schockiert drein.

"Jetzt sag mir nicht, dass Du auf mich stehst, Trescott."

Für einen kurzen Moment war ich von dieser Aussage zutiefst schockiert. Und dann begann ich zu lachen. 

"Ich? Auf Dich stehen? Um Himmels Willen, Vaisey, ich hab genauso guten Geschmack, wie ich Quidditch spielen kann, jetzt mach Dich nicht lächerlich", prustete ich und bekam vor lauter Lachen Bauchschmerzen. Vaisey schnaubte. "Also Millicent denkt, dass ich unwiderstehlich bin." Ich lachte noch stärker. "Millicent Bulstrode ist Dein Maßstab? Mein Gott, Vaisey, leg Dir mal etwas Stolz zu-" Vaisey bedachte mich mit einem wütenden Blick. "Reiß Dich zusammen und sprich nicht so über deine Mannschaftsmitglieder, sonst schmeiß ich Dich doch noch raus. Und jetzt sag mir, was Du willst." 

Ich wischte mir die letzten Lachtränen weg und wollte gerade etwas sagen, da hörte ich eine mir bekannte, aber verhasste Stimme hinter mir: "Ich fürchte, was immer Claire Dir sagen will, Vaisey, muss noch warten."

Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, mich nach meinem Erzeuger umzudrehen. Er trat ohnehin schnell genug in mein Sichtfeld und stellte sich neben mich. Er trug einen dunklen Umhang und sah zufrieden aus.

"Haben Sie sich das Training angesehen, Mr. Trescott?", fragte Vaisey ihn, woraufhin er nickte. "Ausgezeichnet." "Komisch, ich hab Dich gar nicht auf den Tribünen gesehen", erwiderte ich, woraufhin mein Erzeuger erneut nickte. "Das wundert mich nicht. Ich habe vom Boden aus zugesehen. Ich bin sehr stolz auf Dich-" "Spar's Dir einfach. Was willst Du?", unterbrach ich ihn, woraufhin er kurz überrascht dreinblickte, sich dann aber räusperte. "Ich will Dich sprechen."

Er bedachte Vaisey mit einem strengen Blick, der daraufhin pflichtbewusst nickte. "Natürlich. Einen schönen Tag, Mr. Trescott."

Ich verdrehte die Augen. Jetzt hatte mein Vater mir die Chance gestohlen, mich bei Vaisey einzuschleimen, um an Infos zu kommen. Vielen Dank für gar nichts.

"Ich wiederhole mich nicht gerne. Was willst Du?", fragte ich den Todesser vor mir. "Weißt Du, ich habe früher auch Quidditch gespielt. Ebenfalls als Treiber. Vielleicht kann Dein alter Vater Dir ja den ein oder anderen Tipp geben", erklärte er mir, doch sein dämliches Grinsen verschwand recht schnell, als er meinen Blick sah. "Ich brauche keine Tipps, danke." Ich brauchte Zeit mit Vaisey, um ihn auszufragen. Wenn ich meinen Vater schnell abschütteln konnte, würde ich ihn vielleicht noch einholen.

Er nickte betreten. "Nein, natürlich nicht, Du bist hervorragend geflogen." "Also was willst Du dann? Ich habe Hausaufgaben zu erledigen", sagte ich gereizt und fuhr mir gestresst durch die Haare. So schnell konnte ich nicht rennen, um Vaisey einzuholen und mit meinem Besen konnte ich ja wohl kaum durch die Schule fliegen. Der arme Filch würde einen Herzinfarkt bekommen.

"Vielleicht könnten wir woanders hingehen? Ich würde gerne die letzten Jahre etwas nachholen. Vielleicht bei einem Butterbier in Hogsmeade?", schlug er vor, woraufhin ich den Kopf schüttelte. "Ich bin verschwitzt, ich bin durstig und noch mal, ich habe Hausaufgaben zu erledigen-" 

Ich hielt inne. Vaisey war vielleicht gar nicht die richtige Person, um an Infos zu kommen. Sicher, er hatte mit Sicherheit auch das ein oder andere mitbekommen, es war kein Geheimnis, dass er mit den Todessern sympathisierte. Aber hier hatte ich einen vollwertigen Todesser vor mir stehen, der von sich aus Zeit mit mir verbringen wollte. Einen Todesser, der vermutlich einiges tun würde, um mich von seinem Standpunkt zu überzeugen.

Ich bekam einen Brechreiz. Alles in mir sträubte sich gegen diese Idee, aber der rational denkende Teil in mir wusste, dass es das Richtige war.

"Weißt Du was? Okay. Kommendes Wochenende können wir nach Hogsmeade gehen", sagte ich also. "Du weißt, dass Du mit mir auch außerhalb der Hogsmeade-Wochenenden dort hingehen kannst?", fragte mein Vater ich, woraufhin ich mit den Achseln zuckte. "Ich weiß ja noch nicht, wie es ausgehen wird. Vielleicht brauche ich danach Beistand von meinen Freunden." Mein Vater lächelte leicht und nickte. "Ich hoffe, dass Dein Freundeskreis nach unserem Gespräch ein wenig verändert." "Träum weiter", erwiderte ich nur und wandte mich zum Gehen. 

Ich konnte jedoch noch hören, wie mein Vater murmelte: "Das wird schon."

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