Kapitel 1
Allie
Sie waren bereits eine Dreiviertelstunde zu spät. Ich wusste nicht, wo sie waren, aber ich wusste, dass diese Verspätung nichts Gutes bedeuten konnte.
Meine Eltern und meine Schwester hatte ich bereits in einem Zimmer eingesperrt und dieses mit Schutzzaubern belegt. Clary hatte darauf bestanden, bei mir zu bleiben. Doch sie war erst fünfzehn Jahre alt und ich wollte kein Risiko eingehen, sollten wir angegriffen werden. Ich hatte zwar auch schon gegen Todesser gekämpft, als ich nicht signifikant älter als sie jetzt gewesen war, aber genau deshalb wusste ich auch, wie schwer das werden konnte. Da ging ich lieber auf Nummer sicher und stellte mich möglichen Gegnern selbst.
Wir hätten dieses Problem nicht, wenn die Gesandten des Ordens rechtzeitig hier aufgetaucht wären. Nach dem Tod von Albus Dumbledore Ende Juni hatte ich schnellstens Kontakt mit dem Orden aufgenommen. Voldemort und seine Anhänger würden nur noch stärker werden und ohne Dumbledore waren Hogwarts und die Zaubererwelt nicht mehr sicher. Besonders nicht für meine Familie und mich. Denn Voldemort dachte leider, ich sei seine Tochter und sei damit eine Gefahr für ihn. Es war Unsinn, denn auch wenn ich von der Todesserin Amalia Selwyn abstammte, war mir unbekannt, wer mein leiblicher Vater war. Amalia hatte es mir in ihrem Brief an mich verschwiegen.
Jedenfalls war klar gewesen, dass weder ich noch Clary zurück nach Hogwarts gehen würden und um meine Familie zu schützen, sollte der Orden sie an einen sicheren Ort bringen. Ich würde mich von ihnen trennen und mich stattdessen mit meiner Freundin Julie durchschlagen. Julie war die Tochter eines Zauberers, der im ersten Zaubererkrieg vehement gegen Voldemort gekämpft hatte und das machte die Welt für sie auch unsicher, sobald Voldemort an die Macht kam.
Es war sowieso unausweichlich. Dumbledore war der Einzige, der sich ihm hatte stellen können. Nichts hinderte Voldemort mehr an der Machtergreifung.
Ich griff nach einem Bild, das meine drei besten Freunde und mich zeigte. Es war vor sechs Jahren am Bahnhof King's Cross entstanden. Claire war mir damals auf den Rücken gesprungen, da ich schon immer größer gewesen war als sie. Marco schnitt eine Grimasse, während Julie versuchte, das Bild zu retten, indem sie einfach nur lächelte und ihren Daumen hob.
Damals war es noch das Größte für mich gewesen, nach Hogwarts zu gehen und eine Hexe zu sein. Ich hatte davor immer gefürchtet, dass meine besten Freunde mich verlassen müssten und wir keine Freunde mehr sein könnten. Als mein Hogwartsbrief ins Haus geflattert gekommen war, war ich wohl die glücklichste Person auf Erden gewesen.
Heutzutage war ich mir nicht mehr so sicher. Die Welt wurde immer dunkler und ich wusste nicht, ob es besser war, eine Hexe zu sein und kämpfen zu müssen oder ein mehr oder weniger wehrloser Muggel zu sein. Immerhin beruhigte es mich, dass meine Freunde nicht alleine waren in diesen Zeiten.
Marco und Claire würden vermutlich wieder nach Hogwarts gehen. Julie und ich hatten ihnen nicht gesagt, was wir vorhatten. So war es sicherer für sie. Das letzte Mal hatte ich die beiden vor zwei Wochen bei Julies Geburtstagsfeier gesehen. Zu diesem Zeitpunkt hatten Julie und ich auch beschlossen, abzuhauen. Ich würde sie treffen, sobald meine Familie in Sicherheit sein würde.
Plötzlich hörte ich, wie die Haustür aufging. Das war nicht der Orden, denn mit denen hatte ich ein Klopfzeichen vereinbart.
Ich stellte das Bild ab und zog meinen Zauberstab.
"Durchsucht das ganze Haus. Wenn ihr sie nicht findet, sucht ihre Familie, mit denen können wir sie bedrohen", befahl eine mir sehr bekannte Stimme. Es war Marcos großer Bruder Valentino. Ich hatte ihn zuletzt am Ende des letzten Schuljahres gesehen, als Todesser ins Schloss gedrungen waren. Tino hatte eigentlich mal eine Auroren-Ausbildung begonnen, war dann aber auf Voldemorts Seite gewechselt.
Und jetzt war er offenbar damit beauftragt worden, mich umzubringen.
Ich hörte Fußschritte und versuchte auszumachen, wie viele Todesser hier waren. Es waren wohl mindestens drei, genau konnte ich es aber nicht sagen.
Ich schlich über den Flur und positionierte mich hinter der Biegung an der Treppe. Von dort aus würde die Person, die gerade die Treppe hochschlich, mich nicht sehen. Oder besser gesagt die Personen. Denn offenbar hatte nicht nur ein Todesser die Treppe gewählt.
Und in dem Moment, in dem der erste Todesser um die Ecke bog, landete meine Faust mit voller Wucht in seinem Gesicht. Der Todesser stolperte die Treppe herunter und ließ dabei seinen Zauberstab fallen, den ich mit einem geflüsterten: "Reducto!" zu Staub zerfallen ließ.
Der Todesser, den ich geschlagen hatte, blieb unten reglos liegen. Der zweite auf der Treppe war ihm leider ausgewichen und wollte gerade dazu ansetzen, die anderen über meinen Aufenthaltsort zu informieren. Doch bevor er etwas sagen konnte, flüsterte ich: "Silencio!", sodass er keinen Ton herausbringen konnte. Er feuerte zur Rache einen Todesfluch auf mich, dem ich um Haaresbreite entgehen konnte, indem ich in meine Ausgangslage zurücksprang.
Direkt im Anschluss kam ich hinter meiner Deckung hervor und versuchte, den Todesser zu schocken. Dieser reagierte jedoch schnell und schützte sich, woraufhin der Schockzauber auf mich zurückfiel. Rechtzeitig konnte ich wieder hinter meine Wand flüchten, um nicht geschockt am Boden zu liegen.
Ich ging ein wenig an der Wand entlang von dem Todesser weg, um mir selbst etwas Platz zu schaffen. Der Todesser kam nun um die Ecke gebogen und feuerte erneut einen grünen Lichtblitz auf mich. Ich konnte gerade rechtzeitig einen Entwaffnungszauber auf ihn feuern, sodass sein grüner und mein roter Lichtblitz aufeinander trafen.
Die Verbindung aufrechtzuerhalten war anstrengend. Mir war bewusst, dass der Todesfluch auf keinen Fall eher bei mir ankommen durfte als andersrum. Mit aller Kraft hielt ich dem farbenfrohen Spektakel stand und fürchtete schon, unter der Anstrengung einzuknicken. Doch ich konnte mich schlussendlich durchsetzen. Mein Entwaffnungszauber setzte sich durch und im nächsten Moment hielt ich den Zauberstab meines Gegners in der Hand. Ich schockte den Todesser und zerbrach seinen Zauberstab. Ich konnte kein Risiko eingehen.
"Miller! Smith! Alles okay da oben?!", schrie Valentino und schien bereits zu wissen, dass nicht alles okay war. "Keine Sorge, Tino, denen geht's gut. Ich hab ihnen nur gezeigt, was ich mit Leuten mache, die ungefragt in mein Haus eindringen!", rief ich zurück, um die restlichen Todesser nach oben zu locken. Mein Plan ging auf, denn Tino rief: "Nach oben!"
Ich hechtete zurück hinter meine Wand und wartete. Ich hörte Fußpaare die Treppe hochgehen und versuchte, mich zu beruhigen. Mein Plan würde nur aufgehen, wenn ich auf dem Weg nach unten nicht zersplinterte.
Sobald ich den ersten Todesserfuß am Ende der Treppe sah, dachte ich mit aller Kraft ans untere Ende der Treppe und apparierte. Ich kam zum Glück im Ganzen unten an, auch wenn mir schlecht war und ich nicht stehend, sondern auf den Knien landete.
Sobald ich mich aufgerappelt hatte, belegte ich einen der Todesser mit einer Ganzkörperklammer, sodass er steif nach vorne fiel. Doch Valentino und sein letzter Begleiter drehten sich nun um.
Valentino sah schlecht aus. Früher war er einmal groß und muskulös gewesen, jetzt wirkte er eher eingefallen. Sein schwarzes Haar war mittlerweile schulterlang, hing jedoch nur schlapp herunter. Er hatte tiefe Augenringe und ich fragte mich, wieso er eigentlich keine Maske trug.
Beide Todesser ließen sich nicht beirren und es regnete grüne Lichtblitze auf mich herab. Ich rannte ins Wohnzimmer und konnte gerade so eine Lampe zwischen mich und einen Todesfluch bringen. Wäre diese Lampe in irgendeiner anderen Situation kaputt gegangen, hätte Dad mich vermutlich selbst umgebracht.
Ich wusste, dass ich mir was einfallen lassen musste. Denn so viele Gegenstände konnte dieses Wohnzimmer gar nicht hergeben, um mich vor all den Todesflüchen zu schützen. Also tat ich das Einzige, das mir logisch erschien, um meine Gegner außer Gefecht zu setzen. Ich richtete meinen Zauberstab auf eine der Wände neben den beiden Todessern und rief: "Bombarda!"
Diese Wand des Hauses explodierte und begrub einen der Todesser unter sich. In diesem Moment war ich froh, dass wir nicht bei uns zu Hause geblieben waren, sondern stattdessen bis zur Ankunft der Ordensmitglieder in das abgelegene Zweithaus meines Dads gezogen waren. Denn ansonsten hätten jetzt ziemlich viele Muggel den Einsatz von Magie gesehen. Außerdem hätten Claire und Marco sehr wahrscheinlich auch was mitbekommen.
Valentino hatte sich vor der Explosion retten können und kam nun auf mich zu.
"Eines muss ich Dir lassen, Allie. Du bist schlauer, als ich dachte. Aber nicht schlau genug." Einen erneuten Todesfluch musste der Fernseher abfangen. "Schlau genug um drei Deiner Begleiter außer Gefecht zu setzen", erklärte ich ihm und versuchte gelassen zu klingen. "Ich habe nie behauptet, dass meine Begleiter besonders helle sind", erwiderte er und erneut schoss ein grüner Lichtblitz auf mich zu. Ich sprang zur Seite und der Esstisch zerbarst.
"Habt ihr eigentlich auch andere Flüche auf Lager?", provozierte ich Valentino und hetzte einen Lähm-Zauber auf Marcos Bruder. "Schon, aber der Todesfluch ist am effizientesten", entgegnete er und wehrte meinen Lähm-Zauber gelassen ab. "Aber es ist ziemlich unhöflich, den Gegner mitten in der Unterhaltung umzubringen", kommentierte ich seine Aussage, während ich einen Schwarm von Vögeln heraufbeschwor. Ich hetzte diese mit einem "Oppugno!" auf Valentino.
Mit der Hilfe von Hermine Granger hatte ich diesen Zauber im letzten Schuljahr perfektioniert. Mittlerweile waren meine Vögel um einiges stärker und angriffslustiger, sodass Valentinos Gesicht etwas blutig gehackt wurde.
Als ich Valentino gerade außer Gefecht setzen wollte, schoss ein roter Lichtblitz auf mich zu, den ich im letzten Moment abwehren konnte. Der Todesser, der unter der Hauswand begraben worden war, hatte sich zwischenzeitlich wieder aufgerichtet und befeuerte mich nun ununterbrochen mit Flüchen aller Art.
Die Ablenkung für Marcos Bruder hielt leider nicht allzu lange an, sodass auch er nun Flüche auf mich hetzte. Ich hatte Schwierigkeiten, den Flüchen standzuhalten oder auszuweichen. Mit aller Kraft kämpfte ich, wehrte Flüche ab, wich Todesflüchen aus und griff so gut es ging selbst an. Aber es war zu viel.
Ich war sehr schnell sehr ausgelaugt und wären nicht im richtigen Moment die Leute vom Orden eingetroffen, wäre ich ziemlich sicher gestorben.
Doch die Ordensmitglieder sprengten lässig die Tür auf und halfen mir im Kampf gegen die Todesser. Valentino bemerkte natürlich, dass sein Begleiter und er nun vier zu zwei unterlegen waren und befahl: "Rückzug! Wir sehen uns wieder, Allie, bald bist Du dran!"
Und damit disapparierten die Todesser.
Ich wirbelte herum und erblickte Dädalus Diggel, Hestia Jones und Alastor Moody. Ich stürmte auf die drei zu.
"WO ZUM TEUFEL WART IHR?! IHR SOLLTET VOR -", ich sah auf meine Armbanduhr, "VOR EINER STUNDE HIER SEIN!"
Dädalus Diggel rückte seinen violetten Zylinder zurecht, während Hestia Jones sich durch die schwarzen Haare fuhr. Schließlich sprach der Moody mit mir. "Wir wurden aufgehalten. Es ist gefährlicher geworden, zu reisen. Wo sind die Leute, die wir abholen sollen?"
Ich fragte nicht weiter nach, sondern drehte mich noch immer etwas aufgebracht um und führte die Ordensmitglieder die Treppen hoch. "Wo sind eure Besen?", fragte ich gereizt, um etwas Konversation zu treiben, was Hestia Jones zum Lachen brachte. "Kaputt. Deshalb ja die Verspätung." "Und wie wollt ihr meine Familie jetzt wegbringen?", erwiderte ich und ignorierte Dädalus Diggel, der beim Anblick des von mir geschlagenen Todessers kurz aufquiekte. "Apparieren", antwortete Hestia mir.
"Du hast seinen Zauberstab zerbrochen?", fragte Diggel mich plötzlich beim Anblick des zerbrochenen Todesser-Zauberstabs. Ich zuckte mit den Schultern. "Ja. Den Zauberstab von dem an der Treppe hab ich pulverisiert." "Was Schlimmeres kann man einem Zauberer nicht antun!", sagte Hestia empört, weshalb ich wütend herumwirbelte und sie ansah.
"Alles klar, ich merke es mir, nächstes Mal lasse ich meinen Gegnern einfach die Möglichkeit, mich umzubringen", fauchte ich, was Moody zu amüsieren schien. "Ich mag sie. Hat Grips die Kleine." "Ich bin nicht klein", zischte ich und ging auf den Raum zu, in dem meine Familie saß. Ich vernichtete die Schutzzauber und trat ein.
"Eure Mitappariergelegenheit ist da", erklärte ich ihnen, doch Clary quiekte auf. "Was ist denn mit Dir passiert?!" Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass man mir den Kampf von vorhin ansah. "Sagen wir es so: Ich hoffe, dieses Haus war nicht zu teuer. Sorry, Dad."
Mein Dad sah etwas schockiert aus, nickte dann aber.
"Jetzt müssen wir aber los, ich hab morgen noch einen anderen Auftrag", murrte Moody und betrat den Raum. "Verabschiedet Euch und dann geht es los."
Mein Dad trat zuerst zu mir. Er zog mich in eine Umarmung. "Gibt es noch etwas, worüber Du reden willst?", flüsterte er, während ich ihn zurückdrückte. "Dad, das ist nicht der Zeitpunkt für psychologischen Rat", erwiderte ich nur. Er hörte das als Psychologe nicht gerne, nickte dann aber.
"Pass auf Dich auf. Ich liebe Dich."
"Werde ich. Ich Dich auch."
Damit bot Hestia Jones meinem Dad ihren Arm an und die beiden disapparierten.
Mum zog mich als nächstes in eine enge Umarmung. "Allie, willst Du nicht doch mit uns kommen? Es ist doch viel zu gefährlich da draußen, Süße." Ich gab meiner Mutter einen Kuss auf die Wange. "Es ist sicherer so, Mum. Wenn sie mich finden, seid ihr wenigstens woanders. Es ist besser so."
Meine Mum schluchzte ein wenig und gab mir einen Kuss auf den Scheitel. "Hast Du auch genug Essen eingepackt?" "Ja, Mum. Ich habe alles ordentlich gepackt."
Sie nickte und ließ mich los. Anschließend ergriff sie Dädalus Diggels Arm und die beiden disapparierten.
Clary hatte Tränen in den Augen. "Ich kann doch mit Dir kommen, Allie. Ich bin schon fünfzehn und ich habe total viel gelernt!"
Wir hatten diese Diskussion schon oft genug gehabt. Ich seufzte. "Clary. Du bist minderjährig. Wenn Du zauberst, kann das Ministerium das aufspüren. Und wenn die Todesser das Ministerium übernehmen, sind wir geliefert, wenn die uns aufspüren können."
Meine Schwester nickte. "Man kann es ja probieren." Sie schlang ihre Arme um mich und ich drückte mich an sie. Sie war um einiges größer als ich, sodass sie ihren Kopf auf meinen legen konnte.
"Sei ja vorsichtig. Hast Du die Bücher eingepackt, die ich Dir gegeben habe?", fragte meine Schwester mich, woraufhin ich nickte. "Natürlich." "Gut."
Schließlich lösten wir uns voneinander. Ich wandte mich Moody zu.
"Der Orden wird gut auf sie alle aufpassen, oder?" "So gut wie sie können. Aber sie sind sicherer bei uns als bei Dir, denke ich", antwortete der Auror mir, woraufhin ich nickte. Ich streckte meine Hand aus, die er ergriff. "Viel Erfolg, Moody. Bleiben Sie von Kisten fern", wünschte ich ihm, was ihn kurz auflachen ließ.
In meinem vierten Schuljahr hatte sich ein Todesser namens Barty Coruch Jr. als Moody ausgegeben und hatte den echten Moody in eine Kiste gesperrt. In dieser Kiste war ich zum Ende meines vierten Schuljahres ebenfalls gelandet, da Barty Crouch Jr. mich hatte umbringen wollen.
"Gleichfalls", erwiderte Moody und bot seinen Arm nun meiner Schwester an. Die beiden disapparierten. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und griff nach meinem Rucksack.
Kurz darauf apparierte ich zu Julies und meinem Treffpunkt.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top