Kapitel 4

Allie

Mit gleichgültiger Miene klopfte ich an Umbridges Tür. Es ertönte ein "Herein!", weshalb ich die Tür mit Kraft aufmachte und einen überlegenen Blick aufsetzte. 

"Miss Jackson. Wie schön, Sie zu sehen. Setzen Sie sich doch, Mr. Potter dürfte auch gleich kommen", bat mich die Kröte. Ich betrat das Büro und nahm gegenüber von ihr Platz. Ich sah mich in ihrem Büro um. Jedoch wirkte es nicht, wie ein Büro, eher wie ein Gruselkabinett.

Eigentlich alles an diesem Zimmer war pink. Es begann bei den Wänden, ging über ihre Tasse und ihre Teekanne, bis hin zu ihrem Zucker. Zudem hingen an den Wänden Teller, auf denen sich Katzen befanden, die unentwegt miauten. Mir lief ein Schauder über den Rücken. In diesem Moment wäre ich lieber in einem Raum voller Spinnen und Skorpione gewesen, als hier.

Erneut klopfte es und Harry trat hinein, setzte sich neben mich.

"Sie beide werden ein paar Sätze für mich schreiben", erklärte Umbridge uns zuckersüß, weshalb sowohl Harry, als auch ich nach unseren Federn griffen, jedoch wurden wir durch Umbridge davon abgehalten. "Sie werden zwei meiner Federn benutzen." Mit diesen Worten legte sie uns beiden ein Stück Pergament und eine Feder vor die Nase. "Wir haben keine Tinte", gab Harry der Kröte zu denken, weshalb ich mir das Lachen verkneifen musste. Da sollten wir Sätze ohne Tinte schreiben. Umbridge schien nicht nur doof zu sein, sie war doof. 

"Sie benötigen keine Tinte. Mr. Potter, Sie schreiben bitte 'Ich soll keine Lügen erzählen'. Miss Jackson, Sie werden 'Ich soll den Unterricht nicht stören' schreiben", erklärte Umbridge uns. "Und wie oft sollen wir das schreiben?", erkundigte Harry sich genervt. Gut zu wissen, dass ich nicht die Einzige war, die das hier total bescheuert fand. Umbridge beugte sich zu ihm und sagte: "Nun ja, so oft, wie es dauert, die Botschaft zu verinnerlichen."

Das würde ich hinkriegen. Botschaften brauchten bei mir nicht lange, um sich einzubrennen.

Harry und ich begannen also, unsere Sätze zu schreiben. Ich bemerkte einen stechenden Schmerz in meiner linken Hand, als würde sich ein Messer hineinbohren. Mein Blick wanderte zu dem Pergament vor mir. Doch die Tinte war nicht blau - viel mehr war sie rot.

Als ich den Satz einmal geschrieben hatte, legte ich die Feder schnell weg und stand auf.

"Miss Jackson, wohin des Weges?", erkundigte Umbridge sich. "Nun ja, die Botschaft ist angekommen. Ich werde den Unterricht nicht mehr stören", erwiderte ich mit gleichgültigem Gesichtsausdruck. Umbridge griff nach meiner linken Hand und besah sich deren Handrücken. "Ich würde sagen, die Botschaft ist kein bisschen angekommen. Setzen Sie sich wieder und schreiben Sie weiter", verlangte Umbridge und ließ meine Hand los, weshalb ich diese schnell abwischte. Da ich jedoch wusste, dass ich mich nur weiter in die Scheiße reiten würde, wenn ich nicht weiterschreiben würde, setzte ich mich wieder. Einen bissigen Kommentar konnte ich mir jedoch nicht verkneifen.

"Fassen Sie mich nicht noch einmal an. Das nennt sich Belästigung."

Umbridge grinste nur diabolisch und trank einen Schluck ihres lächerlich pinkes Tees. Dieses Grinsen sagte an sich schon alles - nur das Sätzeschreiben war ganz sicher nicht unsere Strafe.

Ich begann, meinen Satz erneut zu schreiben. Und genau in diesem Moment spürte ich erneut diesen fürchterlichen Schmerz in meiner linken Hand. Das Messer schien dieses Mal tiefer zu schneiden als vorher, was natürlich umso schmerzhafter war. Als ich den Satz zu Ende geschrieben hatte, sah ich auf meine linke Hand. Dort stand der Satz 'Ich soll den Unterricht nicht stören'. Doch sobald ich die Feder vom Pergament genommen hatte, schloss sich diese Wunde wieder und es war, als sei nichts gewesen. 

Also schrieb ich weiter.

Immer wieder schien es, als würde das Messer den Satz in meine Hand ritzen und je öfter ich den Satz schrieb, desto mehr Bluttropfen fielen auf mein Pergament. Es tat höllisch weh, doch ich machte keinen Mucks. Diesen Triumph gönnte ich dieser alten Kröte nicht. 

Nachdem Harry und ich etwa eine Stunde lang Sätze geschrieben hatten, meinte Umbridge schließlich, dass es vermutlich genügen würde. Sie besah sich unsere Handrücken und mit einem zufriedenen "Chrm Chrm" entließ sie uns dann. Jedoch ließ sie es sich nicht nehmen, Harry für den Rest der Woche nachsitzen zu lassen. Ich war nur froh, dass ich beim Nachsitzen zum Großteil den Mund gehalten hatte und deshalb von dem Nachsitzen befreit war.

***

"Sie ist einfach schrecklich!", rief ich, als Harry und ich in die fast komplett verlassene große Halle kamen. "Erst verschließt sie die Augen vor der Realität, dann foltert sie uns und jetzt haben wir wegen ihr das Abendessen verpasst. Kann es denn noch schlimmer werden?" Fragend sah ich den Schwarzhaarigen an. Dieser jedoch hatte andere Sachen im Kopf.

"Wieso hast du mich vor ihr verteidigt? Das... passt doch so gar nicht zu dir. Also, ich meine... ach, du weißt schon, was ich meine", murmelte Harry. "Ich hab nicht dich verteidigt, sondern die Wahrheit. Das ist ein Unterschied", grinste ich. "Die Wahrheit? Woher weißt du, dass ich die Wahrheit gesagt habe?", erwiderte der Dunkelhaarige und ich sah ihn verwirrt an. "Ich hatte doch die Visionen. Da hab ich das alles gesehen."

"Aber du hast doch nur Schatten gesehen? Und durch Glück wusstest du, dass sie mit mir zu tun haben", konstatierte Harry vermutlich noch verwirrter als ich.

Doch was er sagte, entsprach nicht der Realität. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich Harry am Tag der dritten Aufgabe erzählt hatte, dass die Vision ganz klar ihn, Voldemort, die Todesser und Cedric Diggory gezeigt hatten.

"Harry, als ich im Krankenflügel neben dir lag, da hab ich dir erzählt, dass ich alles ganz deutlich gesehen habe."

Harry runzelte die Stirn, ehe er den Kopf schüttelte. "Daran würde ich mich erinnern."

Und jetzt wo er es sagte, machte sich wieder dieses Gefühl in mir breit. Dieses Gefühl, etwas vergessen zu haben. Meine Mutter hatte mir versichert, dass es nichts Wichtiges gewesen war, denn Wichtiges vergaß man nicht. Doch ich wusste nicht, ob ich ihr das wirklich glauben konnte. Es fühlte sich an, als hätte ich vergessen, dass ich mit elf Jahren meinen Hogwartsbrief bekommen hatte. Eben etwas sehr Wichtiges, das man nicht mal so eben vergisst.

"Allie? Alles okay?", erkundigte Harry sich ein wenig besorgt. "Was? Oh, ja, klar, war gerade nur in Gedanken versunken. Und ich hab Hunger", antwortete ich ihm. Wie passend, dass in diesem Moment mein Magen wie sonst was knurrte. "Das hab ich auch", murmelte Harry und sah mich an.

"Danke, übrigens."

Verwirrt betrachtete ich Harry. "Wofür danke? Ich hab nichts getan." "Letztes Jahr. Da... hast du doch geholfen. Du weißt schon, weil du das, was ich gesehen hatte, auch gesehen hattest und uns von deinen Visionen erzählt hast, in der Hoffnung, es würde mir etwas bringen. Ich hab mich dafür nie wirklich bedankt", erklärte Harry mir leise. "Hast du nicht?" Irritiert runzelte ich die Stirn. Mir war, als hätte er sich bedankt. "Nein, nie. Das tut mir leid", erwiderte Harry. 

Das konnte nicht sein. Natürlich hatte er sich bedankt, ich konnte mich genau daran erinnern. 

"Am Bahnhof, als das Schuljahr vorbei war. Da kamen wir in Kings Cross an und du hast gesagt, dass du mir dankbar für meine Hilfe bist", erzählte ich Harry verwirrt. "Wir haben am Bahnhof überhaupt nicht miteinander geredet, Allie", entgegnete Harry mit ernster Stimme.

Ehe ich etwas erwidern konnte, kam ein blondes Etwas, welches sich als Claire herausstellte, wie ein Wirbelsturm angerannt und kam kurz vor mir zum Stehen.

"Allie! Du hast was vergessen!", erklärte sie mir völlig außer Atem. 

Sie wusste also, was ich vergessen hatte? Würde ich nun meine Antwort auf die große Frage, die mir seit Ende letzten Schuljahres im Kopf rumgegangen war, bekommen?

"Was hab ich vergessen, Claire?", fragte ich sie aufgeregt, weshalb sie mich ein wenig verwirrt ansah. "Na was wohl, du Dummerchen? Du sollst doch wegen deiner... Visionen zu Dumbledore gehen", wisperte Claire. 

Nein, das war nicht das, was ich vergessen hatte. Also, ja, das hatte ich auch vergessen, aber das war nicht das, worum ich mir seit Monaten Gedanken machte.

"Du siehst enttäuscht aus", stellte Claire fest und legte den Kopf schief. "Was ist passiert?" Und in diesem Moment fiel ihr Blick auf meine hastig im Krankenflügel verbundene Hand. "Allie, was zur Hölle hast du getan?!"

"Nachsitzen bei Umbridge. Bete, dass du dazu nicht verdonnert wirst", riet ich ihr. Claire hätte so oder so herausgefunden, was es mit dem Verband auf sich hatte. Sie wusste genau, wann ich log und wann nicht und wenn sie etwas wissen wollte, ließ sie nicht locker.

"Diese widerliche, ekelhafte, verrückte-" "Claire, sei still. Ich hab Glück, Harry muss die ganze Woche nachsitzen", unterbrach ich ihre sich anbahnende Hasstirade und warf Harry einen mitleidigen Blick zu. Claire sah nur kritisch zu dem Dunkelhaarigen, der diesen Blick erwiderte.

"Ins Bett. Ihr beide. Ehe hier noch ein Starrkrieg ausbricht. Ich gehe jetzt zu Dumbledore", verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg zum Schulleiter.

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