Kapitel 37
Allie
"Ich hoffe wirklich, dass die Fragen nicht so hirnverbrannt sind, wie sie selbst", seufzte Hermine, als sie ihre Haare zu einem Zopf zusammenband.
Heute stand die ZAG-Prüfung in Verteidigung gegen die dunklen Künste an. Die Prüfung, vor der wir wohl alle ein wenig Angst hatten. Umbridge hasste so ziemlich jeden außer der Slytherins. Um genau zu sein hasste sie jeden außer der Mitglieder des Inquisitionskommandos. Der Großteil von uns machte sich deshalb wirklich Sorgen um die Prüfung.
"Keine Sorge, Hermine. Sie kann ja nicht fast den gesamten Jahrgang durchfallen lassen", versuchte ich sie zu beschwichtigen, band meine roten Haare dabei ebenfalls zu einem Zopf. "Stimmt. Du hast recht. Das kann sie nicht", stimmte Hermine mir zu, schien aber immer noch jeden Moment zu hyperventilieren.
Ich legte meine Hände auf Hermines Schulter.
"Hermine. Du bist wahrscheinlich die klügste Hexe in unserem Jahrgang. Es wird bei dir überhaupt nichts schiefgehen. Denk nicht, dass ich es in der Nacht nicht mitbekommen habe, wenn du mit erleuchtetem Zauberstab unter der Decke saßest und panisch in Büchern rumgeblättert hast. Du hast bisher jede Prüfung mit einem guten Gefühl verlassen und-"
Schlagartig wurde mir schlecht. Ein stechender Schmerz erfüllte meinen Kopf und die Welt um mich herum drehte sich.
Es war schlimmer als bei meinen sonstigen Visionen. Um genau zu sein war es bisher erst einmal so schlimm gewesen.
Das war an dem Tag gewesen, an dem ich meine erste klare Vision gehabt hatte. An dem Tag, an dem Cedric Diggory gestorben war.
Ich spürte, wie meine Beine unter mir nachgaben und ich auf den Boden fiel, mir dabei mein Knie wohl leicht aufschlug.
"Allie? Was ist los?", hörte ich weit entfernt Hermines besorgte Stimme.
Ich versuchte, die Vision abzuhalten. Heute stand eine wichtige Prüfung an. Das sollte sie doch abhalten.
Doch das tat es nicht. Der Gedanke an etwas Wichtiges half nicht.
"Allie?", hörte ich erneut Hermines Stimme, doch sie klang immer weiter erntfernt. So als ob Hermine immer weiter weggehen würde. Ich konnte nicht antworten.
Sie schien immer panischer zu werden und redete von Hilfe, doch ob Hilfe für mich kam, bekam ich nicht mehr mit.
***
Ich stand an einem Regal, in dem sich Glaskugeln befanden. Ich wusste nicht, wo ich war, aber mir war bewusst, dass ich in vorherigen Visionen bereits hier gewesen war.
Irgendetwas stimmte nicht. Die Umgebung war unscharf, es wirkte nicht real. Vor einem Jahr war es anders gewesen. In der Vision im letzten Jahr hatte sich alles real angefühlt.
"Nur über meine Leiche", knurrte eine männliche Stimme nicht weit entfernt von mir. Ich runzelte die Stirn und wirbelte herum.
Dort, zwischen zwei Regalen, kniete Sirius Black, hinter ihm Lord Voldemort. Letzterer hielt seinen Zauberstab auf den Knienden gerichtet, der offensichtlich zauberstablos war.
Es fühlte sich noch immer so surreal an. Als würde die Umgebung immer mal wieder verschwimmen und sich neu formieren, ohne je vollkommen zu sein.
"Nun, das lässt sich einrichten, aber vorher holst du mir diese Prophezeiung", erwiderte Voldemort und ergänzte: "Crucio!"
Sirius Black fiel vorne über und das war der Moment, in dem die Umgebung zusammenfiel. Für einen kurzen Moment wurde alles schwarz, ehe ich mich an dem gleichen Regal wiederfand, an dem ich vor wenigen Minuten gestanden hatte.
Dieses Mal war meine Umgebung klar. Sie verschwamm nicht alle zwei Sekunden, sondern war stabil. Genau wie bei meiner ersten Vision vor einem Jahr fühlte es sich dieses Mal real an.
An dem Fleck, an dem vor wenigen Sekunden noch Sirius Black und Lord Voldemort gewesen waren, stand nun eine Gruppe von Jugendlichen. Ich erkannte sie als Mitglieder der DA, doch auch Claire war dabei. Ich erkannte auch mich selbst.
Wie alle anderen hielt mein Ich ihren Zauberstab erhoben und richtete ihn in die Dunkelheit vor ihr.
"Wo ist Sirius?", fragte Harry Potter erzürnt und ein wenig panisch in die Dunkelheit. Eine dunkle Gestalt lief auf unsere Gruppe zu.
"Du solltest lernen, Träume von der Realität zu unterscheiden", sagte sie ruhig und entfernte die Maske auf ihrem Gesicht. Darunter befand sich Lucius Malfoy.
Ich spürte, wie eine Welle des Schocks mich traf. Ich erkannte jetzt, wieso die vorherige Szene sich unreal angefühlt hatte.
Weil sie eine Farce gewesen war. Sirius Black war nie von Lord Voldemort gefoltert werden. Oder zumindest würde er nicht von Voldemort gefoltert werden.
Wieso sollte er das auch tun? War Sirius Black nicht einer seiner Anhänger? Wieso kümmerte es Harry eigentlich, wo er war? Machte er sich Sorgen, weil Sirius Black noch immer versuchte, ihn zu töten?
Mit einem Mal war es, als ob jemand einen Film vorspulen würde: Bellatrix Lestrange tauchte auf und sprach von dem Namen Amalia, es schien einen Kampf zu geben und ehe ich es mir versah, stand unsere Gruppe vor einem nebligen Torbogen.
Und dann spürte ich es. Es war wie eine dunkle Vorahnung, genau wie vor einem Jahr bei der Vision über Cedrics Tod. Ein ungutes, düsteres Gefühl, als ob die Welt bald zusammenstürzen würde.
Gleich würde ich erfahren, wer noch an diesem Tag sterben würde. Welche Person ich mit aller Kraft versuchen würde zu retten.
Und schneller als ich gucken konnte, sah ich einen grünen Lichtblitz, der Sirius Black traf. Er taumelte in den Torbogen und verschwand.
Ich hörte noch Harrys herzzerreißende Schreie, sah, wie Lupin ihn mit aller Kraft versuchte, festzuhalten.
Dann verschwamm mein Sichtfeld und ich hörte noch, wie ich selbst das Wort "Lüge" aussprach, ehe alles schwarz wurde.
***
Ich schreckte auf, saß kerzengerade im Bett.
Zitternd schlug ich die Decke zurück. Jemand hatte mich wohl unerlaubterweise in den Krankenflügel gebracht. Vermutlich war es Hermine gewesen.
Wusste Claire, dass ich hier war?
Mir war noch immer schwindelig und ich hatte stechende Kopfschmerzen. Doch ich wusste, was jetzt zu tun war.
Warum auch immer Harry der Tod von Sirius Black, einem Mann, der ihm nach dem Leben trachtete, hinterhertrauern würde, war mir unerklärlich. Aber diese Information war vorerst nachrangig.
Ich musste Harry finden, um ihn davon abzuhalten, ins Ministerium zu gehen. Denn nur so würde Sirius Black nicht sterben und ich würde meine Fähigkeit für etwas Gutes einsetzen können.
Ob es eine gute Idee war, einen Massenmörder vor dem Tod zu bewahren, wusste ich nicht.
Dennoch verließ ich ein wenig torkelnd und entgegen der Proteste von Madam Pomfrey den Krankenflügel, um Harry zu suchen.
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