Kapitel 31
Allie
"Und Sie sind sich sicher, dass Sie Voldemort gesehen haben, Miss Jackson?"
Ich stand in Professor Dumbledores Büro, noch immer halb am Durchdrehen, dass ich etwas Klares gesehen hatte. Die erste klare Vision hatte ich am Tag der dritten Aufgabe des trimagischen Turniers gehabt. Zu spät, wie sich herausgestellt hatte, denn die Nachricht hatte Dumbledore zu spät erreicht.
Doch jetzt konnte ich vielleicht tatsächlich etwas bewirken. Präventiv handeln. Ich musste nur versuchen, wieder eine klare Vision zu bekommen, um herauszufinden, wer da von Voldemort gefoltert werden würde.
"Eindeutig. Er sah genauso aus wie in meiner Vision im letzten Jahr: Schlangenähnliches Gesicht, keine Nase und in so einem schwarzen Gewand. Ich meine sogar, dass er keine Socken oder Schuhe anhatte. Ich schweife ab. Es war definitiv er. Ohne Zweifel", plapperte ich wie ein aufgescheuchtes Huhn.
Professor Dumbledore schien über etwas nachzudenken. Er schielte über seine Halbmondbrille hinweg, schien mich mit seinem Blick förmlich zu durchbohren.
Es waren Momente wie diese, in denen ich gerne in den Kopf des Schulleiters gucken wollte. Was ging ihm wohl durch den Kopf?
Ich wusste nur, dass ich mich stark zurückhalten musste, nicht wild auf- und abzuspringen.
Schließlich räusperte sich Professor Dumbledore und sah mich an. "Und Sie sagen, er habe jemanden gefoltert?"
"Genau! Ich habe keine Ahnung, wen er gefoltert hat, aber wenn ich wieder eine Vision hervorrufen kann-" "Miss Jackson. Kann es vielleicht sein, dass Sie sich lediglich ein Gesicht vorgestellt haben?"
Verwirrt sah ich den Schulleiter an. "Was meinen Sie?"
"Ich meine, ob es sein kann, dass Sie eine Leere in der Vision mit einem Gesicht ausgetauscht haben, das sie bereits in einer Vision gesehen haben. Eines, was zu der Vision passt, so wie, dass Voldemort jemanden foltert."
Ich konnte nicht fassen, was Dumbledore gerade andeutete. Dass das einzig Klare in meiner Vision meiner Einbildung entsprang und nicht der Wahrheit entsprach.
Er konnte nicht wissen, wie es sich anfühlte. Er hatte keine Visionen. Er wusste nicht, wie ich erkannte, dass es sich um Visionen und nicht etwa um Träume oder Einbildung handelte.
"Bei allem Respekt, Professor", setzte ich also an, versuchte, meine Stimme ruhig zu halten, "aber ich glaube nicht, dass Sie einschätzen können, was an der Vision wahr ist und was nicht. Ich weiß, was ich gesehen habe und ich weiß, dass es passieren wird, wenn es nicht verhindert wird. Ich muss herausfinden, wen Voldemort foltern wird, damit diese Person geschützt werden kann-"
"Miss Jackson. Ich will Ihnen nicht unterstellen, Sie würden lügen-"
"Das tun Sie indirekt aber gerade."
"-aber ich denke, dass Sie noch einmal darüber nachdenken sollte. Sie haben es das erste Mal geschafft, eine Vision hervorzurufen und Sie wünschen sich, klare Visionen zu haben. Dass Voldemort jemanden foltert, passt zu ihm. Vielleicht haben sich hier einige Dinge zusammengetan. Und vielleicht hat Ihr Unterbewusstsein Ihnen einen Streich gespielt. Denken Sie wirklich, dass das so abwegig wäre?"
Ich hielt kurz inne. War der Gedanke so abwegig? Was Dumbledore sagte, ergab Sinn. Eine klare Vision war eines meiner Ziele und bei meiner ersten hervorgerufenen Vision war es durchaus möglich, dass mein Kopf sich vor lauter Freude über die hervorgerufene Vision etwas zusammengesponnen hatte.
Auf der anderen Seite hatte es sich genau so angefühlt wie bei meiner ersten klaren Vision am Ende des letzten Schuljahres. Es hatte sich genau so real und unangenehm angefühlt.
Und ich wollte auch nicht glauben, dass die klare Vision nur ein Hirngespinst gewesen war. Ich zweifelte schon genug an meiner "Gabe", weil sie Cedrics Leben letztes Jahr nicht hatte retten können. Wenn ich jetzt noch daran zweifelte, wie sich Visionen anfühlten, damit an der einzigen Sache an ihnen, derer ich mir sicher war, zweifelte, dann wäre ich mir in gar nichts mehr sicher.
"Ich werde jetzt gehen, Professor Dumbledore. Danke für das Gespräch", verabschiedete ich mich also, versuchte, meine Enttäuschung zu verbergen. Dass ausgerechnet er mich anzweifelte, war verletzend.
Deshalb suchte ich nach Claire. Oder Marco. Oder Julie.
Sie würden mich nicht anzweifeln. Sie würden mir Mut machen und versuchen, mir zu helfen.
Claire zu finden war nicht besonders schwierig. Denn sie war gerade dabei, Malfoy zur Schnecke zu machen.
"Es ist mir egal, was du davon hältst, Malfoy! Und jetzt lass mich verdammt noch mal in Ruhe!"
Ich betrat die Große Halle. Claire, George, Malfoy und seine zwei Kumpanen standen in einem kleinen Kreis. George musste Claire offensichtlich mit aller Kraft zurückhalten, damit sie nicht auf Malfoy losging.
Oder ihren Zauberstab zückte.
"Was ist hier los?"
Ich stellte mich zu der kleinen Gruppe, woraufhin ich einen feindseligen Blick von Malfoy und seinen Lemmingen bekam. "Misch dich nicht ein, Jackson."
"Da muss ich Malfoy ausnahmesweise mal recht ge- oh mein Gott, Allie! Wie war deine Voodoo-Stunde?", fragte Claire aufgeregt, ihre Aufmerksamkeit nun auf mich gelenkt.
"Trescott, wir sind hier noch nicht fertig!", beschwerte Malfoy sich, woraufhin Claire die Augen verdrehte. "Eifersüchtig? Tja, gewöhn dich dran, du bist und bleibst die letzte Wahl. Adieu."
Mit diesen Worten zog sie mich am Arm aus der Großen Halle, während George uns hinterher lief. "Claire! Was ist denn jetzt mit unserem Date?"
Abrupt blieb Claire stehen, weshalb ich beinahe in sie reinrannte.
Sie drehte sich zu George um. "George. Klar. Oh mein Gott. Entschuldige. Können wir das morgen nachholen?" Der Rothaarige verdrehte die Augen, lächelte dann aber. "In Ordnung. Aber wehe du vergisst es."
Claire versprach also, ihr morgiges Date nicht zu vergessen und schleifte mich anschließend zu einer Ritterstatue, an der wir uns niederließen.
"Also. Deine Voodoo-Stunde. Wie war es?", fragte Claire erneut und sah mich interessiert an. "Ich habe es geschafft. Also das mit dem Vision-Hervorrufen-", setzte ich an, woraufhin ein Quietschen von Claire folgte. "Ehrlich? Oh mein Gott, Allie, das ist fantastisch!"
"Das war ja noch nicht das Beste, Claire. Ich habe gesehen, wie jemand von Voldemort gefoltert wurde", erzählte ich ihr, woraufhin ihre Augen groß wurden. "Ist das dein Ernst? Wen hat er gefoltert? Und hast du noch mehr gesehen? Allie, jetzt mach's nicht so spannend!"
Ich erzählte ihr also, dass ich nur Voldemort klar hatte erkennen können. Zudem erzählte ich ihr, wie das anschließende Gespräch mit Dumbledore verlaufen war.
"Er hat das einfach so abgetan? Was hat der denn genommen?" "Keine Ahnung. Aber Claire, weißt du, was diese Vision bedeuten könnte? Wenn ich noch mal eine Vision hervorrufen kann, dann sehe ich vielleicht noch mehr. Dann sehe ich vielleicht, wen Voldemort foltern wird und dann können wir es eventuell verhindern!", erwiderte ich, ging extra nicht weiter auf Dumbledores Reaktion ein. Ich wollte mich jetzt nicht darüber aufregen.
Claire sah mich ein wenig kritisch an. "Ich bin auch total froh, dass du es geschafft hast. Das ist echt aufregend. Aber vielleicht solltest du das Ganze erst mal ein wenig sacken lassen, Allie..." "Wie meinst du das denn jetzt? Claire, ich kann vielleicht etwas verhindern und-"
Claire unterbrach mich. "Hast du nicht erzählt, dass du einen klaren Kopf haben musst? Wie willst du das denn jetzt gerade anstellen? Dir schwirrt doch zu sehr im Kopf rum, dass du jetzt etwas verhindern willst. Lass das erst mal sacken und sobald du ein wenig ruhiger bist, kannst du es probieren."
Sie hatte recht. Natürlich hatte sie recht. In diesem Zustand würde ich meinen Kopf wohl nicht frei von anderen Gedanken bekommen.
Auch, wenn es mir nicht gefiel.
"Du hast ja recht." Ich legte meinen Kopf auf ihre Schulter, woraufhin sie ihren Kopf auf meinem ablegte.
"Ich wollte dein Date mit George nicht crashen", entschuldigte ich mich, woraufhin sie mit den Schultern zuckte. "Er kann das ab."
Und damit sagten wir nichts mehr weiter, genossen einfach die Zeit, die wir jetzt in diesem Moment miteinander verbrachten.
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