Kapitel 21

Allie

"Ehrlich gesagt hab ich ja selbst Schiss. Aber ich muss wissen, was mit Marco ist", erklärte ich Julie auf dem Weg in die große Halle. "Und gleich danach muss ich Claire finden. Ich hab gestern noch versucht, mit ihr zu reden, aber nein, Madame hat gestern Abend schon geschlafen." "Vielleicht ist sie immer noch traurig wegen George und will mit niemandem reden", erwiderte Julie nachdenklich. "Wahrscheinlich. Ich muss diesem Bastard noch die Knochen brechen. Kann ich ja beim Frühstück machen", schlug ich vor und Julie nickte. "Gute Idee." "Ich weiß. Zurück zu Marco. Soll ich meinen Zauberstab zu dem Gespräch mitnehmen oder lieber nicht?", fragte ich meine Freundin, die nur mit den Schultern zuckte. "Wenn du dich dann sicherer fühlst. Eigentlich bin ich mir aber ziemlich sicher, dass er dir nichts tun wird." Ich blieb kurz stehen und sah die Braunhaarige ernst an. "Eigentlich?" "Ja, eigentlich. Und jetzt entschuldige mich, ich muss ganz schnell an den Tisch, sonst frisst mir Ernie wieder die Pfannkuchen weg. Bis dann, Allie!" Und mit diesen Worten eilte Julie an den Hufflepuff-Tisch und ließ mich einfach stehen. Für verdammte Pfannkuchen. Auf der anderen Seite konnte ich es ihr nicht verübeln. Es kam nicht alle Tage vor, dass es Pfannkuchen zum Frühstück gab, erst recht nicht an einem Montag. Dementsprechend waren sie natürlich mehr als begehrt. Allerdings bemerkte ich mit einem Blick auf den Slytherin-Tisch, dass Claire noch nicht wach war. Jetzt ging es ihr schon so schlecht, dass sie Crabbe und Goyle die Pfannkuchen überließ? George würde leiden.

Und mit diesem Gedanken begab ich mich an den Frühstückstisch.

"Hey, Allie", begrüßte mich Colin Creevey, weshalb ich ihn etwas überrascht ansah. "Uhm, hey, Colin", erwiderte ich die Begrüßung und nahm mir schnell einen Pfannkuchen. "Sag mal, hat Clary am Wochenende etwas vor?", erkundigte der Blondschopf sich und trank einen Schluck seines Orangensafts. Darum ging es also.

Clary hatte mir natürlich längst erzählt, dass sie Colin toll fand und sie sich nicht wirklich traute, ihn nach einem Treffen zu fragen. Sie würde Luftsprünge machen, wenn sie erfahren würde, dass Colin vorhatte, sie wegen eines Treffens zu fragen.

"Hat sie, denke ich, nicht", antwortete ich dem 14-jährigen und schob mir eine Gabel Pfannkuchen in den Mund. Ob ich ihn warnen sollte, ihr nicht wehzutun? Vielleicht besser nicht. Am Ende wäre ich nur die peinliche große Schwester und das wollte ich wirklich nicht sein. "Okay, super", freute Colin sich und aß seinen Pfannkuchen.

Ich aß genüsslich mein Frühstück weiter und allmählich füllte sich die große Halle. Als ich dabei war, meinen dritten Pfannkuchen zu verdrücken, betrat einer der Weasley-Zwillinge die große Halle. Ich ließ meinen Pfannkuchen liegen und stürmte auf den Weasley zu.

"Sag mir, dass du George bist, andernfalls hab ich meinen Pfannkuchen nämlich völlig umsonst liegen gelassen", erklärte ich dem Rotschopf, der daraufhin nickte. "Ich bin George. Hast du Claire heute schon gesehen?", erkundigte er sich, woraufhin ich schnaubte. "Nein, weil sie sich wegen dir in ihrem Bett verkriecht und sogar die Pfannkuchen vergisst und vermutlich sogar zu spät zu ihrem Unterricht kommt. Halt' dich einfach von ihr fern, okay? Sie kann es wirklich nicht gebrauchen wenn - verpiss dich, sie kommt und sieht sogar einigermaßen glücklich aus!", fauchte ich und versuchte, George aus Claires Sichtfeld zu schieben. Claires Blick glitt zu uns und sie musste noch mehr lächeln, als sie es eben eh schon getan hatte. Was zur Hölle hatte ihre Laune denn so verbessert?

"Du kannst aufhören, ihn umzubringen, Allie", lachte Claire bei Georges und meinem Anblick und ich ließ den Weasley los. "Wieso? Er hat dir wehgetan", erwiderte ich verständnislos und Claire grinste. "Ja, hat er wohl. Aber er hat sich entschuldigt und wir haben das geklärt, stimmt's, Georgie?", grinste die Blondine und George grinste ebenfalls. "Jep, das haben wir. Krieg ich einen Kuss?" "Nein, das solltest du wissen", erwiderte Claire grinsend und ich betrachtete das Ganze einfach nur kritisch. Die beiden hatten sich vertragen und Claire hatte mir nichts erzählt? Wieso nicht?

"Hör auf, so zu gucken, Allie, ich wollte dich gestern nur nicht mit meinem Liebesleben nerven, okay? Du hattest doch gestern dein Date mit Neville, da hattest du schon mit genug Hormonen zu kämpfen. Wie ist's eigentlich gelaufen? Du musst mir alles erzählen!", redete Claire auf mich ein und ich hob nur die Hände. "Es war toll. Bis ich fast wieder 'ne Vision bekommen hätte." "Was, ehrlich? Erzähl mir alles!", forderte meine beste Freundin, doch ich winkte ab. "Iss du erst mal deine Pfannkuchen und komm zur Abwechslung vielleicht mal pünktlich zu Zaubertränke, Claire. Ich erzähle dir nach dem Unterricht alles." Und da schien ihr einzufallen, dass es heute Pfannkuchen gab.

"Wehe diese Idioten haben mir wieder alles weggegessen, dann gibt es Tote! George, guten Appetit!"

Und mit diesen Worten verschwand Claire an den Slytherin-Tisch

***

"... und deshalb kriegt er erst mal keine Küsse mehr", beendete Claire ihre Erzählung. Ich wusste nicht, wie lange wir jetzt schon Unterrichtsschluss hatten und hier in der Bibliothek saßen, aber wir hatten uns jetzt auf jeden Fall ausführlich ausgetauscht. Ich freute mich für sie, dass sie und George jetzt eine Beziehung aufbauen wollten. "Ich find's gut."

Claire nickte zufrieden und war sichtlich stolz, dass sie George seit bereits einem halben Tag nicht mehr geküsst hatte. "Ich auch. Aber wir müssen ganz dringend noch mal über Marco reden. Ich muss wissen, was mit dem Spaten los ist. Oder eher gesagt mit seinem Bruder. Irgendwelche Theorien?", wechselte Claire das Thema. "Nein, zumindest keine, die erklären würde, wieso er beinahe mit seinem Zauberstab auf mich losgegangen wäre. Ich wollte heute eh noch mal mit ihm sprechen", erwiderte ich und fuhr mir einmal durch die Haare. "Hm. Dann mach das jetzt sofort. Und erzähl mir danach direkt, was los ist", verlangte Claire und tippte nervös mit ihren Fingern auf den Tisch. "In Ordnung. Wünsch mir Glück, dass alles gut geht", murmelte ich und stand auf. "Hast du deinen Zauberstab?", fragte Claire misstrauisch und ich nickte. "Ohne den gehe ich seit dem zweiten Schuljahr grundsätzlich nicht mehr aus meinem Zimmer." "Gutes Mädchen", grinste Claire und stand ebenfalls auf. Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Weg zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum.

Dort traf ich zum Glück auf Luna Lovegood, sodass ich jemanden darum bitten konnte, Marco rauszuholen.

"Hey, Luna. Kannst du eventuell schauen, ob Marco da ist?", bat ich die Blondine, die daraufhin nickte. "Klar. Aber wieso denn?" "Weil... wir was besprechen müssen", erwiderte ich nur. Die beiden schienen sich zwar nahe zu stehen, aber er sollte ihr selbst erzählen, was los war. Denn ich kannte Luna eben nicht so gut wie er.

"Okay. Du bist eine gute Freundin, weil es offensichtlich etwas Wichtiges ist, was ihr besprechen müsst und du nichts erzählst. Marco kann froh sein dich zu haben." Luna beantwortete die Frage des Adlers und verschwand im Gemeinschaftsraum. Ich hatte sie wohl immer ein wenig unterschätzt. Sie verfügte anscheinend über eine gute Menschenkenntnis, wenn sie erkannt hatte, dass es etwas Wichtiges war. Vielleicht war sie ja gar nicht so verrückt, wie jeder, leider auch ich, dachte.

Bald schon kam Marco aus dem Gemeinschaftsraum und sah mich halbherzig lächelnd an. "Luna sagte schon, es sei was Wichtiges?" Ich nickte nur und schlug ihm vor, uns einen anderen Platz zum Reden zu suchen. Wir einigten uns darauf, in sein Zimmer zu gehen, da dort wohl momentan niemand war.

Das Zimmer unterschied sich nicht von denen der Gryffindors, nur war es hier sehr viel aufgeräumter als zum Beispiel in meinem Zimmer. Hermine achtete zwar akribisch darauf, dass keine Klamotten auf dem Boden lagen, dafür ließ ich andere Sachen auf dem Boden rumliegen, was sie mittlerweile nicht mehr so störte wie noch vor vier Jahren.

"Also, du willst reden. Worüber?", erkundigte Marco sich und ich sah ihm an, dass er sich nicht wirklich wohlfühlte. Ich fuhr mir einmal durch die Haare und holte Luft. "Über Valentino. Es muss doch einen Grund geben, wieso du so ausgerastet bist und vor allem, wieso Malfoy dich damit erpressen kann. Ich will echt nicht zu neugierig sein oder so, aber ich mach mir Sorgen, um dich, um Tino und ich halt's einfach nicht mehr aus", sprudelte aus mir heraus und ich fühlte mich sofort wieder schlecht, weil ich verdammt neugierig war. Marcos Miene verhärtete sich und er formte seine Hand zu einer Faust. Nachdem er etwa eine Minute lang nichts gesagt hatte, nickte ich nur und sagte: "Okay. Ich gehe wohl lieber wieder." "Nein, warte", brach Marco nun sein Schweigen und versuchte sich zu entspannen. "Ich will es dir erzählen. Nur... es ist nicht so einfach." Seine Faust löste sich und er fuhr sich einem mit dem Ärmel über die Augen. "Marco, du musst es mir nicht erzählen...", versuchte ich, ihn aus dieser unangenehmen Situation zu bringen, doch Marco schüttelte nur den Kopf. "Ich will es. Du sollst es wissen. Setz dich." Ich setzte mich also auf sein Bett und er ließ sich neben mich fallen. Er holte einmal tief Luft.

"Du weißt doch, dass es immer Tinos Traum war, Auror zu werden, richtig? Nachdem er also im letzten Sommer die Schule verlassen hat, hat er eine Aurorenausbildung angefangen. Viele haben gesagt, dass er es weit bringen wird. Er hat mir aber oft erzählt, wie unglücklich er mit der Ausbildung ist, dass es zwar interessant ist, er es sich aber anders vorgestellt hat. Im Frühling ist er dann plötzlich verschwunden und keiner wusste, wo er war. Bis im Frühling zwei Auroren gegen Tino gekämpft haben. Er trug eine schwarze Robe und eine Maske und auf seinem Arm befand sich...", Marco schluckte kurz, "das dunkle Mal. Er hatte zwei Menschen umgebracht, Allie! Du kannst dir vorstellen, was für ein Skandal das gewesen wäre, wenn das an die Presse gegangen wäre. Mein Vater wäre seine Stelle als Leiter der magischen Strafverfolgungspatrouille los gewesen. Mit viel Glück und viel Kohle konnten wir verhindern, dass das Ganze öffentlich wurde. Da Malfoys Vater aber ein ganz hohes Tier im Ministerium ist, hat die kleine Ratte davon natürlich Wind bekommen und erpresst mich jetzt."

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