Kapitel 20

Allie

"Meinst du, dass ich so gehen kann?", fragte ich Julie, die mit mir vor dem Gryffindor-Gemeinschaftsraum stand und mich begutachtete. Kritisch schüttelte sie den Kopf. "Auf keinen Fall." Geschockt sah ich erst sie an, ehe ich an mir herunterguckte. Waren die Jeans und der rote Pullover doch keine gute Idee gewesen? Ich war mir so sicher gewesen, dass es gut aussah.

Julie lachte leicht, ehe sie sich räusperte und mich wieder ernst ansah. "Dummerchen, es liegt nicht an deinen Klamotten. Deine Haare sind falsch." Ich runzelte die Stirn. Meine Haare? Die hatte ich von Lavender doch extra zu einem seitlich geflochtenen Zopf gemacht bekommen. Was war daran denn falsch? 

Erneut erntete ich ein Kopfschütteln von meiner Freundin, die daraufhin ihre Hand ausstreckte und das Zopfgummi aus meinen Haaren zog, sodass meine Haare nun in leichten Wellen über meine rechte Schulter fielen. 

"Lavender bringt mich um!", rief ich und hielt Julie meine Hand hin, symbolisierte ihr somit, dass ich das Zopfgummi wiederhaben wollte. "Keine Chance. So sieht es viel besser aus", erklärte Julie mir ihr Handeln und machte sie das Zopfgummi um ihr Handgelenk. Anschließend wuschelte sie mir durch die Haare und warf sie über meine Schulter. "Ich hasse dich, dass das klar ist", murrte ich und strich mir die Haare, die mir im Gesicht hingen, hinter die Ohren. "Und ich werde dich umbringen. Qualvoll und langsam." "Droh' mir, so viel du willst, aber so sieht es eben besser aus. Vertrau' mir", zwinkerte Julie und grinste mich dann an. 

Ich wollte meine Freundin gerade fragen, was sie heute vorhatte, da schwang die fette Dame zur Seite und mein Schwarm trat aus der Tür. Seine Haare waren wie das gesamte Schuljahr schon zur Seite gekämmt, sodass sie ihm nicht ins Gesicht fielen. Er trug ein blau-gelb kariertes Hemd, darüber einen blau-grau gestreiften Pullunder und seine Beine wurden von einer braunen Hose umhüllt. Seine Jacke hing über seinem Arm und er sah Julie und mich schüchtern an.

"Hey", begrüßte Neville uns, woraufhin wir ihn ebenfalls begrüßten. "Kommst du mit nach Hogsmeade?", fragte Neville unsicher an Julie gerichtet, die daraufhin den Kopf schüttelte. "Nope. Ich werde jetzt... Hausaufgaben machen. Oder so. Viel Spaß euch beiden", grinste die Braunhaarige, zwinkerte mir noch einmal zu und verschwand dann. 

Neville und ich sahen uns kurz an, ehe ich mich räusperte und fragte: "Also... wollen wir dann?" "Ja, gerne", lächelte der Braunhaarige und ging die Treppen runter. Ich folgte ihm und machte mir vermutlich zu viele Gedanken darüber, dass dieses Date, wenn es denn eins war, komplett schieflaufen würde.

***

"Ziemlich voll hier. Wir haben wirklich Glück, dass wir noch 'nen Tisch gekriegt haben", sagte Neville und lachte leicht, nachdem wir uns im Drei Besen hingesetzt hatten. "Ja, das stimmt wohl", erwiderte ich und verfluchte Julie in meinem Kopf mit ungefähr zehn schrecklichen Flüchen, dafür, dass sie mir mein Haargummi genommen hatte. Dadurch, dass es hier so überfüllt war, war es auch extrem warm, wodurch meine Haare praktisch an mir klebten. Die Wellen waren Geschichte, sie hingen einfach wie Schnittlauch herunter und ich war versucht, mir eine Schere zu suchen und mir diese gottverdammten Haare einfach abzuschneiden. 

"Was hättet ihr beiden gerne?", fragte eine Bedienung, woraufhin Neville und ich jeweils ein Butterbier bestellten. Allerdings war es ziemlich laut, weshalb die Bedienung uns nicht verstanden hatte und noch einmal nachfragte. Daraufhin schrien Neville und ich die Bedienung an, was sie dann auch verstand. So stellte ich mir ein Date wirklich vor. Schwitzend im Drei Besen zu sitzen und die Bedienung anzuschreien. Wirklich romantisch.

"Also... wie kommst du mit Verwandlung so klar? Geht's schon besser?", fragte ich gegen den Lärm an, woraufhin Neville nickte. "Es geht schon besser, aber besonders gut bin ich noch immer nicht. Ich glaube einfach, dass Verwandlung nie mein bestes Fach werden wird", antwortete er und lächelte. "Verstehe ich. Ich werde auch nie die Weltbeste Kräuerkundeschülerin werden. Man kann halt nicht alles können", erwiderte ich, woraufhin er leicht lachte. "Außer man heißt Hermine." "Stimmt. Außer man heißt Hermine", stimmte ich ihm zu und wir beide lachten.

Wir unterhielten uns weiter über die Schule, was für ein Date wohl nicht ganz so perfekt war. Vielleicht war dieses Treffen wirklich kein Date. Vielleicht hatte ich mir nur gewünscht, es wäre eines, während Neville nicht so empfand wie ich. Vermutlich war es gut, dass ich ihm, entgegen Julies Rat, nicht sagen würde, was ich für ihn empfand und einfach den Mund darüber halten würde. 

Nach einiger Zeit wurde unser Butterbier serviert und sofort nahm ich einen Schluck. Die prickelnde Flüssigkeit gelangte in meinen Hals und hinterließ einen süßen Geschmack in meinem Mund. 

"Ich hab eine Frage an dich, Allie", begann Neville wieder ein Gespräch, nachdem wir beide zwei Schlucke Butterbier getrunken hatten. "Welche denn?", erwiderte ich und trank einen weiteren Schluck des süßen Getränkes. "Mein Unterricht zur Mimbulus Mimbeltonia... wie war der so?", fragte der Braunhaarige schüchtern und sah mich abwartend an. Ich verschluckte mich fast an meinem Butterbier und versuchte kurzzeitig, nicht zu ersticken, ehe ich alles abgehustet hatte. "Das fragst du ausgerechnet mich, nachdem ich dir erzählt habe, dass ich Kräuterkunde nicht besonders mag?", entgegnete ich leicht lachend, weshalb Neville peinlich berührt zur Seite sah. "Tut mir leid, blöde Frage." "Nein, nein, es hat mich nur gewundert. Also... ich fand den Unterricht gar nicht mal so... doof. Man hat auf jeden Fall Einiges über die Mimbulus Mimbultonia herausgefunden", erwiderte ich, woraufhin Neville grinste. "Mimbeltonia. Nicht Mimbultonia." "Klar. Blöder Fehler", kicherte ich und war selbst ein wenig erstaunt, dass ich wie eines dieser Mädchen aus irgendwelchen High School-Filmen kicherte. Es war fast ein wenig erschreckend.

"Hey, sag mal, ist das dahinten nicht dein Freund, Marco?", fragte Neville plötzlich und zeigte hinter mich. Ich drehte mich um und tatsächlich - dort saß Marco, in einem schwarzen Hemd, neben einem blonden Mädchen. Die beiden lachten und hatten sichtlich Spaß miteinander. Das Mädchen erkannte ich als Luna Lovegood, was ich nicht ganz so überraschend fand. Trotzdem war ich ein wenig enttäuscht und vielleicht auch ein wenig eifersüchtig. Nicht etwa, weil ich Gefühle, die über Freundschaft hinaus gingen, für Marco empfand, sondern, weil Marco mir, seiner besten Freundin, seit Tagen aus dem Weg gegangen war und jetzt mit einem anderen Mädchen hier saß und sich amüsierte. 

"Neville, vielleicht sollten wir gehen", schlug ich vor und trank mein Butterbier schnell aus. "Wieso?", wollte Neville verwirrt wissen. "Weil ich sonst einen Anfall bekomme", entgegnete ich verbittert. Er schien zu bemerken, wie wütend ich war, weshalb er schnell austrank. Anschließend gaben wir der Bedienung zu verstehen, dass wir bezahlen wollten, was Neville für uns beide übernahm. Sobald er bezahlt hatte, stürmten wie so schnell wie möglich aus den Drei Besen und setzten uns draußen auf eine Bank.

"Also... wieso wolltest du so unbedingt aus dem Drei Besen raus?", fragte Neville nachdem wir uns etwa eine Minute lang angeschwiegen hatten. Eigentlich hatte ich vorgehabt, es ihm nicht zu sagen, aber er hatte ein Recht darauf, zu erfahren, wieso ich ihn da praktisch rausgezerrt hatte. "Sagen wir es so, ich habe ein Gespräch zwischen Marco und Malfoy mitbekommen, in dem es um seinen Bruder Valentino ging, allerdings hab ich keine Ahnung, was mit ihm ist. Ich hab Marco dann darauf angesprochen, woraufhin er mir gedroht hat, mich zu verfluchen. Du hättest ihn dabei sehen sollen, er hat es wirklich ernst gemeint. Na ja, seitdem ist er mir aus dem Weg gegangen und jetzt sitzt er da mit jemandem, hat Spaß und ist wie immer. Vielleicht reagiere ich auch über, aber ich bin einfach enttäuscht", erzählte ich ihm und er hörte aufmerksam zu. Er wollte gerade antworten, da überkam mich das bekannte Schwindel- und Übelkeitsgefühl. Neville schien zu merken, dass etwas nicht stimmte und griff nach meiner Hand. "Geht's dir nicht gut, Allie?"

In jeder anderen Situation hätte ich diese Geste wirklich niedlich gefunden, doch jetzt gerade lenkte sie mich eher davon ab, an etwas Wichtiges zu denken. In meinem Bauch kribbelte es und ich hatte das Bedürfnis, dem Braunhaarigen vor mir zu sagen, was ich für ihn empfand, allerdings ging das nicht, da ich nicht in der Lage war, zu sprechen. 

"Allie? Allie Ballie. Hey, denk' an was Wichtiges. Denk' dran, du musst dringend noch deine Hausaufgaben in Wahrsagen machen. Erinnerst du dich? Der Aufsatz über die Traumdeutung. Allie, konzentriere dich nur auf meine Stimme. Das ist alles, was zählt, okay? Der Aufsatz über die Traumdeutung. Das ist wichtig."

Das war definitiv nicht Neville, der da zu mir sprach, aber in diesem Moment war es mir egal. Diese Person versuchte, mir zu helfen und das war alles, was zählte. Und die Person hatte recht. Der Aufsatz war wirklich wichtig und ich musste ihn unbedingt noch schreiben.

Ich spürte, wie die Vision sich langsam verzog und mein Atem sich langsam beruhigte. Die Übelkeit und der Schwindel verschwanden und meine Umgebung wurde wieder deutlicher. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sich eine kleine Menschentraube um uns herum gebildet hatte.

"Allie Ballie? Alles okay?", fragte die Person, die mich eben beruhigt hatte mich und jetzt erkannte ich auch, wer mit mir sprach. Es war Marco, der Kerl, über den ich mich gerade noch aufgeregt hatte. Der Kerl, der seit ein paar Tagen nicht mit mir gesprochen hatte und mich vor ein paar Tagen noch hatte verfluchen wollen.

"Ich... ja. Ich glaube schon", murmelte ich etwas benommen und ehe ich noch etwas hätte sagen können, wurde ich in eine feste Umarmung gezogen. Meine Wut und meine Enttäuschung über Marco waren wie weggeblasen, ich spürte nur noch die geschwisterliche Liebe für ihn und wollte in diesem Moment am liebsten nie ein klärendes Gespräch mit ihm führen.

Doch ich wusste, dass ich es irgendwann würde tun müssen und nahm mir deshalb vor, es morgen zu tun.

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Hey, neues Kapitel, yay.

Btw in diesem Kapitel ist es noch Samstag, wie im vorigen Kapitel auch schon, also nicht wundern. Und ich hab den Namen Marcos Bruder von Marcello in Valentino umgeändert. 

bye. xx

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