Kapitel 2
Allie
"Allie-Ballie? Alles okay?"
Ich hörte Marcos Stimme, während ich langsam wieder in die Gegenwart kam. Es drehte sich alles noch leicht, aber es ging. Solange nicht noch eine Vision kam, war alles in Ordnung.
Ich setzte mich auf, wobei ein fürchterlicher Schmerz durch meinen Kopf schoss. "Bleib liegen, du dusseliges Ding", wies mein bester Freund mich an und schob mich sanft zurück auf das weiche Bett. Moment. Ein Bett? Waren wir gar nicht mehr im Hogwarts-Express?
Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen, bemerkte, dass ich mich im Krankenflügel befand. "Was zur Hölle...", murmelte ich verwirrt. "Du warst 'ne ganze Zeit lang weg", erklärte Marco mir leise. "Aber... so lang war sie dieses Mal gar nicht", nuschelte ich. "Hm. Dann weiß ich auch nicht. Was ist denn passiert?", erkundigte der Braunhaarige sich. "Ich konnte niemanden erkennen. Wie immer war es ziemlich dunkel. Aber da war ein Satz, der mich beunruhigt hat. 'Keiner von beiden kann leben, während der andere überlebt.'", murmelte ich. "Okay, das ist beunruhigend", stimmte Marco mir zu. "Ich weiß. Ich wüsste zu gern, was es zu bedeuten hat", murmelte ich und sah meinen besten Freund an. "Anderes Thema, wo sind Claire und Julie?" "Die sind beim Essen. Und ich glaube, Claire vermöbelt dabei Malfoy. Der hat sich ein wenig über dich lustig gemacht", erzählte Marco mir. "Ach, hat er das? Ist mir egal", erwiderte ich. "Und jetzt geh' was essen." "Ich lass' dich doch nicht alleine!", erwiderte Marco entrüstet. "Doch. Tust du. Wir wollen ja nicht, dass du verhungerst", entgegnete ich. Schließlich gab Marco sich geschlagen und verließ den Krankenflügel.
Ich schloss kurz die Augen und dachte nach. Was hatte mir diese Vision sagen wollen? Ich verstand es einfach nicht. Okay, letztes Jahr hatte ich die Visionen auch nicht verstanden, allerdings hatte das in einer kompletten Katastrophe, sprich mit Cedric Diggorys Tod und Voldemorts Rückkehr geendet, weshalb ich dieses Mal sofort verstehen wollte, was es damit auf sich hatte. Denn eine Vision und das Gefühl etwas vergessen zu haben, das konnte nur Schlimmes bedeuten.
"Wie fühlst du dich, Jackson?", hörte ich die Stimme Madam Pomfreys. Letztes Jahr hatten wir uns des Öfteren gesehen, was zu einer Art Freundschaft zwischen uns geführt hatte. "Ich fühl' mich super", nuschelte ich und hob einen Daumen. "Na dann geht's ja. Hast du Hunger?", erkundigte die Krankenschwester sich. "Nein, dazu ist mir zu schlecht", murrte ich und zog mir die Decke über den Kopf, weshalb Madam Pomfrey nur lachte. "Dann isst du morgen aber was, einverstanden?" "Einverstanden", erwiderte ich, ehe mir die Augen zufielen und ich ins Land der Träume abdriftete.
***
"Jackson. Jackson, wach auf."
Jemand rüttelte an mir, weshalb ich die Augen öffnete und in Madam Pomfreys Gesicht sah. "Morgen", nuschelte ich und rieb mir die Augen. "Wie fühlst du dich? Meinst du, du kannst in den Unterricht gehen?", erkundigte die Krankenschwester sich. Ich nickte. "Gut. Dann solltest du vorher frühstücken. Dein Koffer ist in deinem Zimmer, deine Freundin Miss Trescott war so freundlich, ihn dorthin zu bringen", erklärte Madam Pomfrey mir. Ich nickte, stand auf und quälte mich, müde wie ich war, in den 7. Stock.
Erst, als die fette Dame das Passwort verlangte, bemerkte ich, dass mir genau dieses fehlte.
"Keine Ahnung. Kommen Sie, Sie wissen, wer ich bin!", murrte ich. "Ja, trotzdem brauchst du das Passwort. Vorher lasse ich dich nicht herein", beharrte die fette Dame. Olle Kuh.
Ich beschloss also in meinen Klamotten vom Vortag nach unten zu gehen und mich an den Gryffindor-Tisch zu setzen. Es waren noch nicht viele da, vermutlich machten sich die meisten gerade erst fertig. Ich begann zu essen, als ein weißblondes, leider gutaussehendes Etwas meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Und leider erblickte die Kakerlake mich ebenfalls, weshalb er böse grinste. Wie zufällig lief er am Gryffindor-Tisch vorbei und sah mich gehässig an.
Als er gegenüber vor mir stand, tat er so, als sei ihm schwindelig und hielt sich theatralisch am Tisch fest.
"Träume und Realität, Träume und Realität", spottete die kleine Ratte. Ich hatte das wirklich gesagt, während ich die Vision gehabt hatte? Scheiße.
"Weißt du, Malfoy, du hast einen Oscar verdient für diese Leistung. Deine Stimme klingt echt weiblich. Macht wohl der Stimmbruch", erwiderte ich trocken und trank einen Schluck Orangensaft. "Wenigstens bin ich kein Freak, der Aufmerksamkeit erregen will, indem er ständig ohnmächtig wird. Diese Masche mag letztes Jahr funktioniert haben, aber langsam wird's peinlich, Jackson", konterte der Slytherin, während sich Crabbe und Goyle, seine Bodyguards, neben ihm positionierten. "Wenigstens brauche ich keine Aufpasser, die mich bei Wortgefechten beschützen. Und Erstklässler schikanieren zeugt auch nicht gerade von Mut. Ach ja, stimmt, deshalb bist du ja auch in Slytherin. So feige, wie du bist", schoss ich zurück. "Ach, willst du also behaupten, Slytherins seien feige? Das wird Trescott aber gar nicht gefallen", spottete Malfoy. "Nicht alle Slytherins sind feige und das weiß Claire auch", entgegnete ich. Malfoys Augen verengten sich zu Schlitzen, aber das machte mir keine Angst.
"Du solltest dich jetzt wohl besser verziehen, Malfoy. Hier stinkt's nach Arroganz und Feigheit", ertönte Marcos Stimme hinter dem Blondschopf. Dieser drehte sich um und feixte. "Noch mehr stinkt's hier nach Schlammblut und Blutsverräter", erwiderte Malfoy. "Aber wieso hältst du dich dann weiterhin hier auf? Bist du nicht zu gut, um deine Zeit mit solch schäbigen Leuten wie uns zu verschwenden?", konterte ich und grinste. "Du hast recht, Schlammblut", stimmte Malfoy mir zu und ging an den Slytherin-Tisch.
Marco und ich sahen uns an und begannen zu lachen. "Dieser aufgeblasene Trottel hat auch echt keine Ahnung", spottete Marco. "Ja, das stimmt wohl. Aber danke für deine Hilfe", lächelte ich. "Kein Problem. Ich muss dann auch", erklärte er mir. Ich nickte nur und er begab sich an den Ravenclaw-Tisch.
Ich hingegen aß eine Schale Müsli. Die große Halle füllte sich weiter und irgendwann ließ sich Ginny Weasley neben mir nieder. "Hey. Wie geht's dir?", erkundigte der Rotschopf sich.
Im Gegensatz zu ihrem Bruder Ron mochte ich Ginny wirklich gerne. Sie akzeptierte es wenigstens, dass ich eine Freundin in Slytherin hatte.
"Mir geht's prima", erklärte ich ihr lächelnd. "Freut mich. Ich hab gehört, dass du Umbridge heute in der ersten und zweiten hast. Erzählst du mir dann, wie sie ist? Ich hab sie nämlich erst morgen", erzählte Ginny mir. "Ähm, ja, kann ich machen. Aber wer ist Umbridge?", fragte ich sie irritiert. "Die neue Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Eine aus dem Ministerium", erklärte Ginny mir und machte Würggeräusche."Na ja, vielleicht solltest du dir jetzt was anderes anziehen gehen", schlug Ginny mir grinsend vor. Ich sah an mir herunter. "Sollte ich wohl. Bis dann", verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg zum Gemeinschaftsraum.
Schlau, wie ich war, hatte ich natürlich vergessen, Ginny zu fragen, wie das Passwort war. Also stand ich dort wieder und hatte das dumpfe Gefühl, ich würde zu spät zum Unterricht kommen. Das wäre ja ein guter erster Eindruck.
"Mimbulus Mimbeltonia", ertönte eine Stimme hinter mir, welche ich unter tausenden erkennen würde.
Neville Longbottom.
Mein Schwarm seit der zweiten Klasse.
Ich erinnerte mich genau an den Moment, in dem ich dem tollpatschigen aber unglaublich liebenswürdigen Jungen vor mir verfallen war. Wir hatten Kräuterkunde gehabt und hatten einen Aufsatz über Alraunen und ihre Wirkung schreiben müssen und ich hatte mich verdammt schwer damit getan. Nicht, weil ich nichts verstand, sondern einfach, weil ich Kräuterkunde unglaublich langweilig fand.
Da hatte ich also im Unterricht gesessen und mich viel mit Claire unterhalten, um mich abzulenken, als mich jemand von hinten angesprochen hatte.
"Nicht für alle Lebewesen sind die Schreie der Alraune gefährlich. Sonst könnten sich Sumpfkrattler nicht von ihnen ernähren."
Er hatte so überzeugt und gleichzeitig so nervös und zögernd geklungen. Ich hatte es außerordentlich niedlich gefunden und da hatte meine Schwärmerei für Neville Longbottom begonnen, die mittlerweile in eine Verliebtheit umgeschlagen war.
Das Porträt der fetten Dame schwang zur Seite und Neville trat ein. Schnell ging ich ihm hinterher.
"Danke", murmelte ich und lächelte. "Kein Problem! Wenigstens ist das mal ein Passwort, das ich mir merken kann. Ich hab nämlich eine Mimbulus Mimbeltonia!", rief Neville begeistert. "Das freut mich", lächelte ich zurück und hoffte fast schon, dass er in endloses Gerede über die Pflanze verfiel. Die Einzelheiten interessierten mich nicht wirklich, aber es war immer wieder süß, wenn er voller Stolz von seinder Leidenschaft redete. Leider wurde mein Wunsch nicht erfüllt, dafür fielen Neville meine Klamotten auf.
"Wo ist deine Uniform?", fragte er mich verwirrt. "In meinem Zimmer. Bin dieses Jahr das erste Mal hier oben", lachte ich. "Ach ja, stimmt. Wie geht's dir?", erkundigte er sich besorgt. "Mir geht's super. Es ist alles in Ordnung", lächelte ich. "Okay. Das ist gut", sagte er und umarmte mich, was mich überraschte, weil es gar nicht zu Nevilles Art passte, aber es war definitiv keine negative Überraschung. Ich erwiderte die Umarmung selbstverständlich und wollte eigentlich nicht loslassen. Irgendwann lösten wir uns jedoch und ich war ein wenig traurig.
"Ich sollte mich umziehen gehen", nuschelte ich und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.
Als ich meine Uniform dann angezogen hatte, schien ich auf dem Weg in den Unterricht noch immer auf Wolken zu schweben.
Doch sollte sich dies in der darauffolgenden Stunde ändern.
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