Kapitel 19
Claire
Ich war seit Georges eindeutiger Aussage zu seinen Gefühlen so ziemlich jedem aus dem Weg gegangen oder hatte nur das nötigste gesagt. Nicht einmal Allie hatte ich an mich rangelassen, was bewies, wie sehr mir Georges "Korb" wehgetan hatte. Obwohl es jetzt schon eine Woche her war, fühlte ich noch immer diese Leere in mir, als wäre da ein Loch, welches sich nur sehr langsam, wenn gar nicht schloss. Natürlich war das idiotisch und vielleicht auch übertrieben, aber ich war ein Teenager mit gebrochenem Herzen, ich durfte übertreiben. Und an einem Sonntagnachmittag alleine in meinem Bett zu liegen durfte ich deshalb auch.
"Trescott", riss mich Daphne Greengrass aus meinen Gedanken, weshalb ich aufsah. Die Blondine war mit Abstand die Netteste in meinem Zimmer, was neben Pansy Parkinson und Millicent Bulstrode auch nicht sonderlich schwierig war. "Was gibt's?", murmelte ich und setzte mich auf meinem Bett auf. "Ich frage mich nur, wieso du noch hier bist. Es ging das Gerücht um, du würdest dich heute mit George Weasley treffen", erklärte Daphne mir und hob eine Augenbraue. Dieses Gerücht ging um? Wer auch immer es in die Welt gesetzt hatte, ich würde ihn oder sie umbringen. Aber für den Moment würde ich erste einmal mitspielen. Vermutlich hatte George dieses Gerücht selbst in die Welt gesetzt, warum auch immer er das getan hatte. Vielleicht wartete er ja irgendwo auf mich.
"Und wo genau treffe ich mich angeblich mit dem?", erkundigte ich mich und sprach das "dem" mit so viel Abscheu wie nur möglich aus. Ich wollte George nicht mehr auf romantische Weise lieben, also musste ich so tun, als würde ich ihn verabscheuen. Das war vielleicht eine bessere Taktik als ihm nachzuweinen und zu hoffen, dass er doch zu mir kommen und mir sagen würde, wie sehr er mich liebte.
"Am See. Wieso willst du das wissen? Das solltest du doch wissen", erwiderte Daphne etwas verwirrt. "Weil ich von diesem Treffen nichts weiß und ihn jetzt fragen gehen will, ob er davon weiß", erklärte ich ihr und stand auf. "Danke übrigens für deine Hilfe. Du hast was gut bei mir", fügte ich hinzu, ehe ich das Zimmer verließ und mich auf den Weg zum See machte.
Und meine Vermutung, dass George selbst in die Welt gesetzt hatte, wir würden uns treffen, stellte sich als wahr heraus, da ich den Rotschopf im Gras sitzend erkannte. Er hatte eine Picknickdecke ausgebreitet und sah sich um. Wieso sollte George sich jetzt mit mir treffen wollen, wo er vor ein paar Tagen noch gesagt hatte, er hätte keine Gefühle für mich - zumindest nicht solche Gefühle, die ich für ihn empfand. Vielleicht wollte er auch nur ein freundschaftliches Treffen mit mir. Aber wieso hatte er mich dann nicht einfach gefragt? Erst nachdem ich es gedacht hatte, fiel mir ein, dass ich ihm ziemlich erfolgreich aus dem Weg gegangen war. Er hatte also gar keine Chance gehabt, mich persönlich zu fragen.
Als sein Blick den meinen traf, stand George langsam auf und kam auf mich zu. Groteskerweise stellte ich mir vor, dass er wie in einem dieser typischen Liebesfilme in Zeitlupe auf mich zugerannt kam, seine Arme ausbreitete und mich hochheben und küssen würde, sobald er mich erreicht haben würde. Clary hatte mich definitiv zu oft dazu gezwungen, Liebesfilme zu sehen. George hatte mir ganz deutlich mitgeteilt, dass er mich nicht liebte, dementsprechend würde er mich mit Sicherheit nicht noch einmal küssen.
"Claire? Jemand anwesend?", riss mich George aus meinen klischeehaften Teenagerfantasien und wuschelte mir durch die Haare. Einen Augenblick lang sah ich ihn verwirrt an, schüttelte dann meinen Kopf und hoffte, dass der Blick den ich in diesem Moment aufsetzte, gleichgültig wirkte.
"George. Wieso erzählst du jedem, wir würden uns treffen?", fragte ich in kalt, woraufhin er nur grinste. "Wieso wohl? Du bist mir die ganze Zeit aus dem Weg gegangen, da konnte ich dich ja schlecht selbst fragen, richtig? Und ich wollte dich treffen." "Und wieso?", erwiderte ich nur monoton und George sah mich verwirrt, jedoch trotzdem grinsend an. "Na, weil ich dir was sagen will." Er wollte mir was sagen? Was wollte er mir denn sagen? Wollte er mir sagen, dass er mich doch liebte? Nein, wahrscheinlich wollte er mir nur mitteilen, dass Fred und er wieder eine neue Nasch- und Schwänzleckerei entwickelt hatten und eine Testerin suchten. Ich sollte mir auf keinen Fall Hoffnungen machen.
"Hör zu, Claire... weißt du noch das Gespräch, das wir geführt haben wegen unseres Kusses im drei Besen? Ich denke schon, denn ich war, nun ja, ein ziemlicher Arsch, richtig? Ich hab's auf die Hormone geschoben, was so nicht ganz richtig ist. Ich habe auf jeden Fall Gefühle für dich, Claire, aber ich will dir auch keine Hoffnungen auf eine lange Beziehung machen, denn wie du weißt, ist dieses Jahr mein letztes Schuljahr und ich weiß nicht, ob eine Fernbeziehung so halten würde. Und... ja. Das war es eigentlich auch schon. Du musst mich jetzt für den sprunghaftesten Jungen auf Erden halten und ich verstehe es auch, wenn du gar keine Beziehung mehr mit mir willst oder so und-"
Ich wusste nicht, wieso, aber ich ließ ihn nicht weiterreden, sondern zog ihn am Kragen zu mir runter und küsste ihn. Es war ein kurzer, im Vergleich zu dem im Drei Besen schüchterner Kuss, aber trotzdem war er wunderschön und meinetwegen konnte dieser Moment niemals enden. Mission "George verabscheuen" war hiermit gescheitert. Aber ganz so einfach wollte ich ihn dann doch nicht davonkommen lassen.
"Wofür war der?", fragte George mich überrascht und sah mich mit einem warmen Lächeln an. "Dafür, dass du in der nächsten Zeit erst einmal keinen mehr bekommst. Ich will, dass du mir beweist, wie viel dir wirklich an uns liegt. Ich will nicht eines dieser Teenagermädchen sein, dass sofort wieder auf den Kerl reinfällt. Ich möchte den wahren George kennenlernen, deine romantische Seite kennenlernen und schöne Momente mit dir erleben. Und wenn ich überzeugt bin, gibt's den nächsten Kuss", grinste ich den Rothaarigen an, der daraufhin ebenfalls anfing zu grinsen. "Du bist ein ganz schönes Biest, Goldkehlchen, weißt du das?" Ich nickte. "Ja, Kürbiskopf, das weiß ich."
George runzelte die Stirn. "Kürbiskopf?" Lauthals fing ich an zu lachen. "Wenn du mich Goldkehlchen nennst, nenn' ich dich halt Kürbiskopf." Der Rotschopf nickte und wuschelte mir erneut durch die Haare.
"Nenn' mich von mir aus auch Birnenkompott, ich werde dich weiterhin Goldkehlchen nennen." "Einen Versuch war es wert", brummte ich, ehe George mich an der Hand nahm und mich zu der Picknickdecke zerrte.
***
"Der Tag war schön", teilte ich George mit, als wir vor der großen Treppe angelangt waren. "Ja, das fand ich auch." Und der Tag war wirklich wunderschön gewesen. Wir hatten uns unterhalten, gelacht, über die pinke Pest gelästert und ich hatte über George gelernt, dass er gerne mal in den Urwald reisen würde, um den Versuch zu wagen, mit Affen zu sprechen. Daraufhin hatte ich gefragt, ob das eine Anspielung auf mich oder mein Aussehen hatte sein sollen, was er zu seinem Glück verneint hatte. Anschließend hatte er versucht, mich zu küssen und beinahe hätte ich mich darauf eingelassen, ehe mir eingefallen war, dass ich ihn eine Zeit lang nicht küssen wollte und das durchhalten wollte, also hatte ich versucht, ihn zu kitzeln, nur war der Rothaarige zu meinem Pech nicht kitzelig und so war dieser Versuch kläglich gescheitert und eher peinlich gewesen.
"Schlaf gut, Goldkehlchen", murmelte George und nahm meine Hände in seine. Allein diese Berührung sorgte dafür, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch Achterbahn fuhren und mein Herz schneller zu schlagen schien. "Du auch, Kürbiskopf", erwiderte ich lächelnd. George löste eine seiner Hände und tat so, als würde er mir eine Haarsträhne hinters Ohr klemmen. Sein Finger hob mein Kinn sanft an und einen Moment lang sahen wir uns einfach nur in die Augen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie nicht einfach nur braun waren, sondern sie zur Pupille hin dunkler waren. Außerdem wurde die Iris von einem fast schwarzen Ring umrahmt, was das Braun der Iris noch mehr hervorhob und noch intensiver wirken ließ.
Fast zu spät bemerkte ich, dass Georges Kopf sich immer weiter auf meinen zubewegte. Merkte er nicht, dass er es heute nicht mehr schaffen würde, mich zu küssen?
Ich tat so, als würde ich ihn ebenfalls küssen wollen, doch kurz bevor sich unsere Lippen berührten, zog ich meinen Kopf weg und wuschelte ihm durch die Haare.
"Ich kriege heute wirklich keinen Kuss mehr, richtig?", stellte er fast ein wenig enttäuscht fest. "Netter Versuch, aber nein. Schlaf gut", erwiderte ich und lächelte. "Du auch", entgegnete er und ging dann in Richtung Gryffindor-Gemeinschaftsraum.
Ich ließ den Nachmittag noch einmal Revue passieren, begann, wie eine Irre zu grinsen und machte mich auf den Weg zum Slytherin-Gemeinschaftsraum.
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Eigentlich sollte dieses Kapitel komplett anders sein. Aber gut. Hier ist der Versuch, Clorge wieder näher zueinander zu führen. Und wehe es beschwert sich einer, das Kapitel sei langweilig. ._.
bye. xx
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