Kapitel 18
Allie
"Versuch' es erneut, Alyson. Es ist wichtig, dass du das kannst", redete Firenze weiter auf mich ein und ich stöhnte genervt auf. "Firenze, es funktioniert einfach nicht, okay? Ich kann nicht mehr, ich sitze seit einer Stunde hier und habe noch keine dusselige Vision bekommen. Ich habe zufälligerweise auch noch ein Privatleben, muss Hausaufgaben machen und so langsam hab ich auch keine Kraft mehr für den Mist", erwiderte ich ausgelaugt und ließ mich nach hinten ins Gras fallen. Die beiden Lehrer sahen sich an und ich erkannte Ratlosigkeit in ihren Blicken. Vermutlich wussten sie genauso wenig wie ich, wie das hier funktionieren sollte. Ich schaffte es schon nicht, in die "Visions-Trance" zu fallen, wie Trelawney und Firenze meine "Anfälle" nannten. Nicht einmal einen Visions-Fetzen bekam ich zu sehen. Es machte mich fertig und so langsam fing ich wirklich an zu zweifeln, ob ich es jemals schaffen würde, meine Visionen komplett zu unterdrücken.
Firenze seufzte schließlich und beendete die Stille zwischen uns. "Alyson, ich weiß, das ist sehr schwierig. Aber du darfst auf keinen Fall aufgeben. Denn wenn du das tust, gibst du auch die Hoffnung auf. Und das darfst du auf keinen Fall."
Ich schlug meine Hände vor mein Gesicht und stieß einen verzweifelten Laut aus. Seit etwa fünfzehn Minuten durfte ich mir diese schlauen und unglaublich tiefgründigen Sprüche von Firenze nun schon anhören und so langsam wollte ich meinen Kopf einfach nur noch gegen eine Wand hauen, um anschließend in mein Kissen zu weinen.
"Miss Jackson, ich kann mir vorstellen, dass das nervig und anstrengend für Sie ist, aber Sie müssen uns vertrauen", mischte Trelawney sich nun ein und ich richtete mich wieder auf. Am liebsten hätte ich so etwas gesagt wie: "Nein, ich muss nämlich niemandem vertrauen!" und mich dann beleidigt in eine Ecke gesetzt, aber ich wurde in etwas weniger als zwei Monaten sechszehn, ich musste mich erwachsener verhalten als ein bockiges Kind. So langsam fing ich an, die Zeit, in der einem bockig sein noch verziehen wurde, zu vermissen.
"Ja, ich weiß, Professor. Aber ich bin keine Maschine. Auch mein Limit ist irgendwann erreicht", entgegnete ich und fuhr mir einmal durch meine erdbeerblonden Haare. Firenze sah mich nachdenklich an, ehe er etwas sagte. "Ich denke, du solltest es noch einmal versuchen, Alyson. Einmal, in Ordnung?" Ich stöhnte genervt, nickte dann aber, weil ich wusste, dass Firenze nicht locker lassen würde. "Noch ein einziges Mal. Wenn es nicht funktioniert, kann ich gehen, okay?" Die beiden Lehrer nickten und ich setzte mich im Schneidersitz hin.
"Lassen Sie alle Gedanken los, Miss Jackson", wies Trelawney mich mit gruselig klingender Stimme an. Sie klang eher, als würde sie den Teufel beschwören, als wenn sie mir helfen wollte. "Professor, wären Sie so freundlich, mich nicht abzulenken?", erwiderte ich nur genervt, damit ich mich konzentrieren konnte, um "alle Gedanken loszulassen". Und das konnte ich nicht, wenn die zugegebenermaßen verrückte Lehrerin mich die ganze Zeit vollquatschte.
Sie war tatsächlich still und ich schloss meine Augen. Ich bemühte mich, nichts mehr zu denken, doch immer wieder schlichen sich Claire und Marco in meine Gedanken, vor allem, weil ich seit fast einer Woche mit keinem von beiden geredet hatte. Ging es Claire mittlerweile besser oder quälte sie sich noch immer wegen ihrer Gefühle für George? Hatten sie und George vielleicht endlich darüber gesprochen oder hatten sie sich überhaupt wieder gesehen? Und wie ging es Marco? Würde er bei unserem nächsten Treffen wieder so durchdrehen und mich sogar bedrohen? Würde er sich entschuldigen? Und wieso hatte er überhaupt so reagiert, wie er nun mal reagiert hatte?
"Es funktioniert einfach nicht, tut mir leid", gab ich schließlich auf und rieb mir die Schläfen. Ich bekam Kopfschmerzen von dem ganzen Denken und den ganzen Versuchen, nichts zu denken. "In Ordnung. Dann werden wir es nächste Woche weiter versuchen. Es wird klappen, Alyson, versprochen", versicherte Firenze mir und ich nickte nur. Wieso schaffte ich es nicht, nichts zu denken? Das konnte doch nicht so schwierig sein.
"Das erfordert eine Menge üben, es ist nicht verwunderlich, dass du es noch nicht geschafft hast", versuchte Firenze mich zu überzeugen, doch ich seufzte nur, schulterte meinen Rucksack und verabschiedete mich, um mich anschließend in meinen Gemeinschaftsraum zu begeben. Ich machte mir zwar noch immer meine Gedanken um meine Freunde, aber mein Kopf schmerzte, als würde jemand von innen mit einem Hammer dagegen zu schlagen.
Auf dem Weg in mein Schlafzimmer tippte mir jemand auf die Schulter, weshalb ich gestöhnt nervte. "Wer bist du und was willst du?", fragte ich also fauchend und drehte mich zu der Person um. Ich erkannte einen Rotschopf mit braunen Augen, Sommersprossen und schmalem Gesicht. Natürlich ein Weasley, wer kam sonst auf die Idee, mich auf dem Weg in mein Bett anzuhalten. "Hey, ich bins nur, George. Ich wollte dich etwas wegen Claire fragen", antwortete er mir und ich schüttelte nur den Kopf. "Wenn du etwas über Claire wissen willst, frag sie selbst." "Und wie soll ich das deiner Meinung nach anstellen? Sie geht mir schon die ganze Woche lang aus dem Weg oder antwortet nur mit "Ich muss Hausaufgaben machen" und haut dann wieder ab. Wieso tut sie das?", erkundigte er sich und sah mich verzweifelt an. Erneut schüttelte ich nur den Kopf. War er wirklich so blöd oder tat er nur so?
"George, mal im Ernst, wie würdest du es finden, wenn du an einem Tag mit jemandem rumknutschen würdest und dieser jemand dir dann sagen würde, dass es die Hormone waren, huh?", versuchte ich ihm klarzumachen, was los war. Der Rotschopf schien einen Moment lang verwirrt zu sein, ehe er anscheinend begriff. "Claire steht auf mich?" Nachdem er es ausgesprochen hatte, klappte seine Kinnlade runter und er riss seine Augen auf. Da das Bild, das sich mir dort bot irgendwie belustigend war, ließ ich ihn einige Sekunden lang so stehen, ohne auf seine Frage zu antworten. Er schien von selbst zu merken, dass ihm, würde er weiterhin so stehen bleiben, Fliegen in den Mund fliegen würden, weshalb er sich fing und sich am Kopf kratzte. "Sie... sie weiß, dass ich nächstes Jahr nicht mehr an der Schule bin? Selbst wenn wir eine Beziehung eingehen würden, würde sie nicht lange halten. Nach der Schule würden sich unsere Wege trennen und-" Damit er nicht weiter solch einen Unsinn von sich gab und vielleicht auch, damit ich so schnell wie möglich in mein Bett kam, unterbrach ich ihn. "George. Georgie. Hör zu. All das interessiert Claire nicht. Claire möchte nur eine Beziehung mit dir, sie möchte Zeit mit dir verbringen und einfach mit dir im Hier und Jetzt leben. Und das solltest du auch wollen, wenn du sie magst. Also bitte, überleg' dir einfach, ob du in sie verliebt bist und dann mach' das Beste aus eurer verbliebenen Zeit, in der du noch an der Schule bist."
Ich blieb noch kurz stehen, um George Zeit zu geben, mir noch zu antworten.
"Bedeutet das, wenn ich jetzt wirklich mit Claire zusammen kommen würde, würdest du mir nicht drohen, mir alle Knochen zu brechen, wenn ich mit ihr Schluss machen würde, weil ich von der Schule gehen würde?"
"Wie kann man in einem einzigen Satz so oft das Wort "würde" benutzen?"
"Beantworte mir einfach meine Frage."
Grinsend ließ ich den Rotschopf kurz warten, denn obwohl ich Kopfschmerzen hatte, machte es Spaß, ihn so zu sehen. Es war lustig, wie sehr er wissen wollte, ob ich ihm drohen würde oder nicht.
"George, ich bitte dich. Ich bin ihre beste Freundin. Ich muss dir damit drohen."
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Uff, wie gut, dass ich hier niemandem regelmäßige Updates versprochen habe.
bye. xx
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