Kapitel 12

Claire

"Kann ihr mal bitte jemand sagen, dass sie gefälligst aufhören soll, zu simulieren?!", schrie Umbridge erzürnt, was meine eigene Wut nur steigerte. Merkte sie eigentlich nicht, dass Allie gerade halb am Verrecken war?

"Meine Güte, regen Sie sich nicht so auf, das gibt nur Falten! Allie hat ernsthafte Probleme, also seien Sie endlich leise, wenn Sie nicht wollen, dass ich meinen Zauberstab gegen Sie verwende!", rief ich aufgebracht und zog demonstrativ meinen Zauberstab. "Und so etwas lassen Sie auf diese Schule gehen? So ein Benehmen lassen Sie auch noch durchgehen, wie es aussieht. Das werde ich Cornelius berichten", erklärte Umbridge dem Schulleiter mit ihrer typischen Schulmädchen-Stimme. Dumbledore schüttelte nur den Kopf. "Miss Jackson hat wirkliche Probleme und das weiß Cornelius sicherlich auch. Und was Miss Trescott betrifft: So etwas lasse ich selbstverständlich nicht durchgehen. Ich werde mit ihr reden und bitte Sie darum, mir das Ganze zu überlassen. Sie dürfen jetzt gehen", mischte sich der Weißbärtige endlich mal ein. Die Kröte ließ daraufhin ein wütendes Schnauben verhören, drehte sich um und ging davon - nicht ohne extre hart mit ihren Pumps aufzutreten, sodass es klackerte.

"Miss Trescott, wir beide werden Alyson in den Krankenflügel bringen. Die Übrigen gehen bitte gemeinsam mit ihren Hauslehrern in ihre Schlafsäle", stellte Dumbledore klar, woraufhin Marco und Julie protestierten. Dumbledore ließ das so stehen und brachte Allie mit meiner Hilfe in den Krankenflügel.

"Legen wir sie hier ab", schlug Dumbledore vor, weshalb wir genau das taten. Allie murmelte die ganze Zeit etwas und zuckte oft zusammen. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte in ihren Kopf hineingucken und sehen, was sie sah. Leider ging das nicht. Mittlerweile wusste ich zwar, wie ich zu reagieren hatte, wenn Allie wieder eine Vision hatte, aber trotzdem fühlte ich mich jedes Mal wieder hilflos, wenn ich sie da so liegen und leiden sah. Letztes Jahr, als ihre Visionen das erste Mal so richtig anfingen, da war ich wirklich so hilflos wie noch nie gewesen. "Damals" war sie plötzlich umhergetorkelt und hatte irgendwas vor sich hingebrabbelt. Irgendwann war sie dann wirklich wie ein nasser Sack umgefallen, war pausenlos am Zucken gewesen und hatte sogar geschrien - das würde ich wohl nie vergessen. Obwohl, wer weiß, immerhin hatte ich seit diesem Jahr das Gefühl, irgendwas vergessen zu haben, nur wusste ich leider nicht, was.

Aber warum zur Hölle hatte Allie wieder eine Vision gehabt? Es war doch jetzt lange Zeit gut gewesen und sie hatte eine Methode gefunden, die Visionen zu verhindern.

"Professor? Ich habe eine Frage", murmelte ich und sah den Schulleiter an. "Was gibt es denn?", erkundigte er sich mit seiner typisch freundlichen Opa-Stimme. "Wieso konnte Allie die Vision dieses Mal nicht abwehren? Ich bin mir sicher, dass sie alles Mögliche getan hat", fragte ich den Professor leise. Er sah mich über seine Halbmondbrille hinweg ernst an. "Nun ja. Sicherlich hat Alyson die Visionen die letzten Wochen gut abhalten können, richtig? Aber irgendwann... da wollen die Visionen einfach raus. Und das war eben heute der Fall. Je mehr Alyson übt, desto länger wird sie die Visionen abwehren können, aber sie werden immer irgendwann ausbrechen - meist dann sogar schlimmer, als wenn sie in regelmäßigen Abständen kommen", erklärte Dumbledore mir ernst und klang aufrichtig besorgt. "Moment, bedeutet das, dass sie die Wahl hat, zwischen regelmäßig solche "Anfälle" bekommen oder aber nur alle paar Monate diese "Anfälle", dafür aber schlimmer? Das ist doch schrecklich! Gibt es keine Möglichkeit, dass sie die Visionen immer unterdrücken kann?", fragte ich den Schulleiter besorgt. Wenn meine beste Freundin für den Rest ihres Lebens unter diesen Visionen leiden müsste - damit würden weder sie noch ich klarkommen. Das war doch kein Leben!

"Nun, es gibt eine Möglichkeit, aber die erfordert viel Disziplin, Schweiß und Ausdauer, um sie zu erlernen. Und nur qualifizierte Seher können Leuten diese Methode beibringen. Aber das wird lange dauern", murmelte Dumbledore leicht bedrückt. "Und wir haben keine qualifizierten Seher?", fragte ich ihn leise. Dumbledore holte tief Luft. "Doch. Eine Seherin haben wir da. Sybill Trelawney."

Das war doch nicht sein Ernst. Diese Frau war keine qualifizierte Seherin, sondern... eine Verrückte. Ich hatte sie nicht im Unterricht, aber Allie und seit diesem Jahr auch Clary hatten mir genug über sie erzählt.

"Diese Frau ist doch nicht qualifiziert für so was, oder?!", brachte ich meine Überraschung zum Ausdruck. "Doch. Die einzig Qualifizierte, die wir haben", erklärte der Professor mir und meine Kinnlade klappte runter. Als ich Dumbledores Blick sah, räusperte ich mich. "Gut. Dann eben die. Sagen Sie ihr, dass sie Allie das beibringen soll. Ansonsten komme ich. Mit Zauberstab", bat ich den Schulleiter in einem vielleicht nicht ganz so netten Ton. Zu meiner Überraschung nickte er sogar. "Das werde ich. Aber jetzt hole ich erst einmal Madam Pomfrey, damit sie sich Allies Zustand mal näher besehen kann", erwiderte Dumbledore und machte sich aus dem Staub.

Immerhin etwas.

Frustriert ließ ich mich auf einen Stuhl neben Allies Bett fallen und sah die Rothaarige an. Erneut fühlte ich eine Welle der Hilflosigkeit in mir hochkommen und ich wünschte mir, ich könnte irgendetwas tun, um Allie zu helfen.

"Al? Ich weiß, du hasst diesen Spitznamen, aber immer, wenn ich dich damit aufziehe, dann lachen wir hinterher. Gott, wie bescheuert das ist, ich rede mit dir, obwohl du mich vermutlich nicht mal hörst, sondern gerade durch die Hölle gehst. Wie war das? Wenigstens ist es da warm, was? Oh man. Wie erbärmlich. Ich tue ja gerade so, als ob du hier gerade verreckst. Ich... scheiße, ich hasse es, mich so hilflos zu fühlen. Weißt du, was ich meine? Es fühlt sich an, als wäre ich umzingelt von 20 Todessern - ohne Zauberstab. Genauso fühlt sich das an. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Wenn es da irgendeine Methode gäbe, deine Visionen wegzubekommen, ich würde es sofort tun. Auch wenn das irgendwelche Nachteile für mich hätte, es wär' mir egal. Ich würd's ohne zu zögern tun. Einfach, weil du meine beste Freundin bist. Nein, du bist mehr als das - meine Schwester. Wenn auch nicht meine leibliche, aber das ist mir egal. Es fühlt sich so an, als seist du meine Schwester und das ist doch das, was zählt, richtig? Ach, übrigens, vielleicht hast du's ja mitbekommen, Dumbledore spricht mit Trelawney, die dir dann irgendeine Methode beibringen soll, deine Visionen abzuwehren. Mir gefällt die Vorstellung zwar nicht, dich mit dieser Verrückten alleine zu lassen, aber wenn es hilft, ist das doch besser als gar nichts, oder? Du merkst schon, ich brabbele schon wieder - Tante Aussie würde jetzt ausrasten und sagen, ich wäre viel zu gefühlsduselig. Oh man, ich weiß noch, als wir Tante Aussies Kleiderschrank ausgeräumt und sie nachgeahmt haben. Meine Güte war die wütend. Aber wir hatten unseren Spaß. Oder als wir-"

Weiter kam ich nicht, denn ich hörte Schritte und Stimmen.

"Ich werde mich um sie kümmern, versprochen, Professor", ertönte Madam Pomfreys Stimme. Ihre Stimme würde ich mittlerweile unter Hunderten erkennen. Ich hatte letztes Jahr so viel Zeit hier im Krankenflügel verbracht, es hatte teilweise drei Stunden gedauert, bis man mich wieder in den Unterricht hatte schleifen können.

"Miss Trescott. Sie auch wieder hier. Sie haben Glück, dass morgen Sonntag ist. Ich schätze, Sie kriege ich so schnell nicht hier raus, stimmt's oder hab ich recht? Aber bitte, legen Sie sich in ein Bett, sonst beklagen Sie sich morgen früh wieder über Rückenschmerzen und das Gefluche muss ich wirklich nicht haben", erklärte Madam Pomfrey mir und ich nickte einfach. Ich hatte keine große Lust mehr als das Nötige zu sagen. "Gut. Professor, ich wünsche Ihnen eine gute Nacht", sagte Madam Pomfrey an Dumbledore gewandt.

Bevor Dumbledore ging, sah er mich noch einmal an.

"Miss Trescott?"
"Hm?"
"Bitte bedrohen Sie meine Lehrkräfte nicht noch einmal. Vor allem nicht eine aus dem Ministerium", bat der Schulleiter mich. Ich zuckte mit den Schultern. "Mal sehen."

Professor Dumbledore nickte und ging davon.

"Sie sieht schlimmer aus als die letzten Male", stellte die Heilerin trocken fest. "Was Sie nicht sagen. Zuckungen sind nach Visionen bei ihr ja normal, aber das?", erwiderte ich besorgt. Madam Pomfrey nahm sich einen Stuhl und setzte sich auf die andere Seite von Allies Bett. "Ich verstehe, dass Sie sehr besorgt sind. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Miss Jackson bei Visionen nicht umkommen kann und auch keine anderen Verletzungen davon tragen kann. Und auch reale Schmerzen verspürt sie nicht - nur sogenannte unreale Schmerzen. Sie denkt, sie hätte Schmerzen, aber es ist eher, als verspüre sie die Schmerzen in einem Traum und nicht in der wirklichen Welt." Ich sah die Heilerin an. "Das macht die Sache nicht gerade besser. Dann trägt sie vielleicht keine Verletzungen davon, aber was ist mit ihrer Psyche? Wenn sie dauernd irgendwelche Sachen sieht, die nicht gerade toll sind und dann noch dauernd unreale Schmerzen hat, dann geht das doch auf die Psyche oder sehe ich das falsch?" "Nein, das ist schon richtig. Aber Professor Dumbledore möchte jetzt zum Glück endlich das "Training" mit Professor Trelawney einleiten", erklärte mir Madam Pomfrey mit grimmigem Gesichtsausdruck.

Moment mal? Endlich?

"Sie wollten schon länger, dass er das in die Wege leitet?", fragte ich die Grauhaarige, die daraufhin nickte. "Schon seit letztem Jahr. Was denken Sie denn, warum ich des Öfteren pampig reagiert habe? Warum es jedes Mal bei einer von Miss Jacksons Visionen laut wurde?", erwiderte Madam Pomfrey.

Und genau in diesem Moment empfand ich die tiefste Sympathie für sie, die ich für jemanden empfinden konnte. Sie war wenigstens nicht eine von denen, die letztes Jahr nur hatte zusehen wollen, was sich noch entwickelt. Anders als Dumbledore, wie Allie mir erzählt hatte.

"Sie sollten jetzt schlafen. Ich passe weiter auf und sobald Miss Jackson aufwacht, wecke ich Sie. In Ordnung?", schlug die Heilerin mir vor. "Ich kann doch jetzt nicht schlafen", entgegnete ich trocken. "Nicht, wenn ich mir solche Sorgen mache."

Madam Pomfrey seufzte, stand auf und ging an ihren Medikamentenschrank. Sie holte ein Fläschchen hervor und hielt es mir vor die Nase. "Trinken Sie", befahl sie mir mit sanfter Stimme. Als sie meinen misstrauischen Gesichtsausdruck sah, schüttelte sie nur grinsend den Kopf. "Das ist nur ein Schlaftrank. Der macht nichts. Der hilft nur beim Einschlafen", erklärte sie mir, woraufhin ich das Fläschchen an mich nahm. "Ich weiß nicht. Das fühlt sich falsch an", erwiderte ich nur. "Trinken Sie, sonst flöße ich es Ihnen ein", drohte sie mir, weshalb ich das Fläschchen murrend trank und mich in das Bett neben Allie legte.

"Wecken Sie mich sofort, wenn sie wach ist", war das letzte, das ich murmeln konnte, ehe mir die Augen zufielen.

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Hi. :3

Ja, nachdem es hier lange Zeit still war, heute gleich 2 Kapitel. Was haltet ihr von Claires Sicht?

Ich hoffe, ihr seid mir nicht allzu böse, aber ich muss mich hier auch nicht rechtfertigen.

bye. xx

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